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Kleine Münzgeschichte der Stadt Hannover
Reiner Cunz
Aus dem Ausstellungsführer 1991 hier ein Auszug ohne Abbildungen
Hohlpfennige (1438-1482)
Erste Groschen (1482-1501)
Neue Groschen (1501-1535)
Mariengroschen (1535-1590)
Taler (1590-1618)
Gute und schlechte Apfelgroschen (1618-1622)
Vom Goldgulden bis zum einseitigen silbernen Pfennig (1622-1674)


Der Erwerb des Münzrechts durch die Stadt.
Für den Übergang des Münzrechts an die Stadt läßt sich kein bestimmtes Datum nennen. Es handelt sich vielmehr um eine längere Entwicklung in fünf Stufen. Am Anfang dieses Prozesses stand die Urkunde von 1241 mit dem Mitspracherecht bei der herzoglichen Münzprägung. Ein zweiter Schritt war der gemeinsame Erwerb des herzoglichen Münzrechts durch Ritterschaft und Rat im Jahre 1322. Der ordnungsgemäße Weg zum Erwerb eines städtischen Münzrechts wäre die Verleihung durch den deutschen König gewesen. Von dem Herzog konnte man sich im Prinzip nur das Nutzungsrecht, d. h. nur die Einkünfte aus dem Betrieb der Münzstätte gegen eine einmalige Entschädigungssumme abtreten lassen. Im Laufe des Mittelalters kam es in zunehmendem Maße zu einer Umwandlung fürstlicher Herrschaftsrechte in Geld, d. h. zu deren Verkauf, Verpachtung oder Verpfändung. Es ging Hannover zu diesem Zeitpunkt wohl in erster Linie um die Münzprägung als Einnahmequelle, nur so ist die Beibehaltung der Münzverrufungen bei den Ständeprägungen zu erklären, und nicht so sehr um die Ausübung eines eigenen Münzrechts. Der dritte Schritt, die Prägung mit eigenem Bild bzw. eigenem Namen, war nicht mehr sehr groß. Weil es dagegen offenbar keinen Widerstand gab, erlangte man diesen Aspekt des Münzrechts, der eigentlich an eine ordnungsgemäße Münzrechtsverleihung gekoppelt war, quasi gewohnheitsrechtlich. Es waren zunächst Gemeinschaftsmünzen von Rat und Ritterschaft, die geprägt wurden. Erkennungsmerkmal war das gleichbleibende Münzbild: der Helm mit aufwendiger Helmzier. Er fand sich sowohl auf den einseitigen hohlen Helmpfennigen, die sich wegen der häufigen Verrufungen im Detail durch kleine Beizeichen unterschieden, als auch auf zweiseitigen Witten. Ihren Namen hatten diese Mehrfachpfennige wohl wegen ihrer weißen Farbe. Der vierte Schritt war das Zurückdrängen der Ritterschaft aus der Münzpolitik. Der erwähnten Wittenprägung lag ein Vertrag des wendischen Münzvereins aus dem Jahre 1406 zugrunde. Er nannte neben den vier Städten des Münzvereins nur noch die Stadt Hannover als Partner. Eine völlige Gleichstellung von Ritterschaft und Rat gab es zu diesem Zeitpunkt offenbar schon nicht mehr. Der Stadt kam eine dominierende Rolle zu. Sie scheint die hannoverschen Stände als gemeinsame Münzrechtsinhaber gegenüber den anderen vertragschließenden Städten vertreten zu haben. Vielleicht war ihre Unabhängigkeit in münz- und geldpolitischen Fragen zu diesem Zeitpunkt sogar schon weiter gediehen. In einem besonderen Bereich der Geldpolitik, im Bereich der Barrenwährung, war die Stadt auf jeden Fall unabhängig. Der fünfte und letzte Schritt wurde mit der alleinigen städtischen Münzprägung vollzogen. Auch hier wurde das Recht, mit eigenem Bild bzw. Namen zu prägen, gewohnheitsrechtlich erworben. Kompliziertere Rechtsverhältnisse, wie in Hannover, waren in der deutschen Münzgeschichte durchaus nicht einmalig.
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Hohlpfennige (1438-1482)


Zum Begriff des Hohlpfennigs.
Um 1130 kam in Deutschland eine ganz neue Art von Pfennigen aus einseitig beprägtem dünnem Silberblech auf. Für die Zeit des regionalen Pfennigs mit zeitlich und räumlich eingeschränkter Umlaufsfähigkeit des Geldes im Marktverkehr bezeichnet man diese Münzen als Brakteaten. Diese Periode lief in den meisten Fällen Ende des 13. Jahrhunderts aus. Ab dem 14. Jahrhundert werden diese Blechmünzen heute von der numismatischen Forschung als Hohlpfennige bezeichnet, weil sie in der Regel nicht mehr den strengen Zwängen der vorausgegangenen Phase unterlagen. Auch waren sie in ihrem äußeren Erscheinungsbild kleiner und schlichter geworden. Die hannoverschen Hohlpfennige unterlagen vielleicht bis 1438, ebenso wie die braunschweigischen (bis 1412). dem überkommenen Wechsel- und Währungszwang und sind deshalb als Ausnahme von der Regel anzusehen. Die Münzprägung der meisten südniedersächsischen Städte konzentrierte sich im ausgehenden Mittelalter noch auf die traditionelle Prägung von Hohlpfennigen.
Der Beginn einer eigenständigen städtischen Münzgeschichte.
Über die Frühzeit der städtischen Münzprägung haben wir nur recht lückenhafte Nachrichten. Am Beginn stand die Prägung von Hohlpfennigen. Vom 5. Mai 1438 stammt ein Eintrag in das Ratsprotokollbuch der Stadt Hannover, der von einer Anordnung zur Prägung neuer Pfennige berichtet. Für das gleiche Jahr wird von der Einstellung des Heinrich Berner aus Braunschweig als Münzmeister berichtet. Von einer Mitwirkung der Ritterschaft war in beiden Fällen keine Rede mehr. Deshalb wurde dieses Jahr als Beginn der rein städtischen Münzprägung angesehen, ohne daß eine formale Münzrechtsverleihung durch den deutschen König Albrecht II. (1438-1439) stattgefunden hatte. Im Spätmittelalter, in der Blütezeit der Hanse und des sächsischen Städtebundes, gehörte Hannover wiederholt zu den Bündnispartnern dieser Gemeinschaften mit wechselnder Zusammensetzung. All diese Maßnahmen standen im Zusammenhang mit dem Bemühen um Loslösung von der welfischen Landesherrschaft und um Erlangung der Reichsfreiheit. Den Status einer freien Reichsstadt hat Hannover allerdings niemals erreicht. In der Münzgeschichte zeigt sich aber manches von diesem Streben.
Das Münzbild.
Die bildliche Darstellung auf Münzen, Siegeln und Wappen war in vielen Fällen, so auch in Hannover, eng verwandt. Die ersten rein städtischen Hohlpfennige zeigten das "Kleeblatt", das eigentlich ein Marienblümchen war, als städtisches Zeichen. Später kam auf den hannoverschen Münzen auch noch das Siegel- bzw. Wappenbild vor. Dieses bestand aus zwei Elementen: erstens der symbolischen Darstellung einer befestigten Stadt, der sogenannten Stadtburg, darüber zweitens der welfische Löwe als Symbol des Stadtherren. Aus dem alten Siegel, kombiniert mit dem städtischen Zeichen, entstand 1534 das neue Siegel mit dem Kleeblatt im geöffneten Tor der Stadtburg.
Münzvereine.
Im Münz- und Geldwesen wie auch in anderen Bereichen verlor das deutsche Königtum im Laufe des Mittelalters an Bedeutung als zentrale politische Kraft. Großräumige Münz- und Geldpolitik zur Überwindung der monetären Zersplitterung blieb der Eigeninitiative von Fürsten und Städten überlassen. Eine für die Zeitspanne von der Mitte des 14. bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts geradezu typische Erscheinung waren die sogenannten Münzvereine. Es handelte sich um Bündnisse zu münz- und geldpolitischen Fragen, die allerdings vor dem Hintergrund sonstiger politischer Strukturen und Zusammenschlüsse geschlossen wurden. Hannover suchte schon Ende des 14. Jahrhunderts die Einbindung in die überregionale Münz- und Geldpolitik verschiedener Hansestädte. Einige Städte aus dem lübischen und dem sächsischen Bereich der Hanse kooperierten in monetären Fragen mehr oder weniger eng. Einige gruppierten sich zu dem sogenannten "wendischen" Münzverein im Norden, der sich an der lübischen Währung orientierte, andere zu einem (nieder-)sächsischen Münzverein im Süden. Sie entstanden kurz hintereinander: 1379 der wendische Münzverein, und 1382 folgte das erste Bündnis einiger sächsischer Städte nördlich sowie westlich des Harzes. In dieser Zeit wurden weitere Münzbündnisse geschlossen, die wegen der räumlichen Nähe hier Erwähnung finden sollen. Im Süden und Osten des Harzes traten wettinische Städte (1381) und nordthüringische Städte (1382) zusammen. Die Münz- und Geldpolitik von Hannover schwankte entsprechend der währungsgeographischen Grenzlage der Stadt. Bisweilen orientierte man sich nach Süden und dann wieder nach Norden. Der "sächsische Münzverein" war eine lockere Folge von münz- und geldpolitischen Verträgen. Hannover schloß sich meist diesen sächsischen Städten an. Nur einmal war die Stadt Hannover Vertragspartner der vier Städte, die den Kern des wendischen Münzvereins bildeten: Hamburg, Lübeck, Lüneburg und Wismar. In ihrer Bedeutung waren die sächsischen Münzbündnisse nicht mit dem wendischen Münzverein vergleichbar.
Die Namen der Münzvereine sind nicht zeitgenössisch. In den Quellen kommen sie nicht vor. Strenggenommen kann man in diesem Zusammenhang auch noch nicht von "niedersächsisch" sprechen, da der Begriff zu dieser Zeit noch nicht allgemein gebräuchlich war. Ganz Norddeutschland östlich von Werra und Thüringer Wald wurde im Spätmittelalter noch als "Sachsen" bezeichnet. Mit dem Bündnis über Barrensilber (1382) beteiligte sich Hannover schon vor dem Beginn der rein städtischen Münzprägung an der gemeinsamen Geldpolitik der sächsischen Städte. Es folgten Münzverträge unter Beteiligung von Hannover in den Jahren 1461 und 1490. Beiden Verträgen war kein großer Erfolg beschieden; so wurden beispielsweise auch keine Gemeinschaftsmünzen geprägt.

Erste Groschen (1482-1501)


Anfänge der Groschenprägung in Niedersachsen.
Das Geldwesen des Spätmittelalters war im niedersächsischen Raum gekennzeichnet von einer Konkurrenz zwischen einseitigem Hohlpfennig und zweiseitigem Groschen. Die Beibehaltung der Hohlpfennige wurde von der Stadt Braunschweig propagiert, obwohl die Zeit der lukrativen Münzverrufungen seit dem frühen 14. Jahrhundert endgültig vorbei war. Die gemeinsame Münz- und Geldpolitik des wendischen Münzvereins wurde zum Wegbereiter für die Etablierung eigenständiger Groschensorten in Niedersachsen. Der endgültige Durchbruch im südlichen Niedersachsen gelang aber erst der umfangreichen Groschenprägung der Stadt Goslar. Zwischen Braunschweig und Goslar spielte sich ein Ringen um die Führungsrolle im Münz- und Geldwesen ab. Groschen waren das Vielfache eines Pfennigs wert. Oft wurden sie zu zwölf Pfennigen gerechnet. Sie vereinfachten den Zahlungsverkehr erheblich, denn bis zu dieser Zeit gab es ja im wesentlichen nur Pfennige als Münzsorte. Größere Beträge brauchten fortan nicht mehr Pfennig für Pfennig abgezählt werden. Für Goslar war die Groschenprägung eine Möglichkeit, in eine Marktlücke zu stoßen und sich für das in erheblichen Mengen geförderte Bergsilber des Rammelsberges eine gewinnbringende Form des Absatzes in einem großen Gebiet zu sichern.
Erste Groschen, nach dem Vorbild des wendischen Münzvereins.
Im Jahre 1482 prägte Hannover die ersten Schillinge. Es waren die ersten hannoverschen Münzen mit einer Jahreszahl. Auf Münzen wurden Jahreszahlen überhaupt erst in dieser Zeit um 1500 üblich. Vorbild für die ersten städtischen Groschen in Hannover waren lübische Schillinge nach einem Vertrag des wendischen Münzvereins aus dem Jahre 1468. Die Hansestädte Hamburg, Lübeck und Wismar, später kam Lüneburg hinzu, prägten diese Gemeinschaftsmünzen nach dem Standard der lübeckischen Währung. Man lehnte sich in Hannover mit der ersten Groschenprägung an eine bewährte und erfolgversprechende Münzsorte an. Es handelte sich aber um eine Nachahmung, die nicht durch einen formalen Anschluß an den Münzverein legitimiert war.
Der Einfluß der lübischen Währung reichte tatsächlich zeitweise auch in das südliche Niedersachsen hinein. Die Verbindung zum wendischen Münzverein hatte im Falle von Hannover ihre besondere Vorgeschichte. Bereits im Jahre 1406 hatten sich die hannoverschen Stände, vertreten durch die Stadt Hannover, allerdings nur vorübergehend, dem Münzverein angeschlossen. Damals wurde die Prägung von Witten beschlossen. Mit den Witten nach diesem Vertrag wurde in Hannover ein Schritt auf dem Wege zur Groschenprägung getan. Über die Zwischenstufe der einseitigen und zweiseitigen Mehrfachpfennige vollzog sich der Übergang von der Pfennigzeit zur Groschenzeit.
Der Münzmeister Hermann Prall aus Lüneburg war nach den schriftlichen Quellen in den Jahren 1482/1483 Münzmeister der Stadt Hannover. Einen seiner hannoverschen Münzstempel hatte er mit nach Lüneburg genommen, wo er bis zum heutigen Tage erhalten geblieben ist. Würde man die Aussage der Schriftquellen nicht kennen, wäre man geneigt, daraus auf einen Prägeauftrag der Stadt Hannover an die städtische Münzstätte Lüneburg zu schließen. 1482 änderte sich mit der Schillingprägung zugleich auch das Siegelbild geringfügig. Die Anbindung an den wendischen Münzverein war nicht von Dauer. Bereits 1490 beteiligte sich Hannover erneut an dem "sächsischen Münzverein".

Neue Groschen (1501-1535)


Der Hildesheimer Münzvertrag von 1501.
In dem Hildesheimer Münzvertrag von 1501 schlossen sich die Städte Braunschweig, Einbeck, Göttingen, Hannover, Hildesheim und Northeim mit dem Bistum Hildesheim sowie den braunschweig-lüneburgischen Fürstentümern Calenberg und Wolfenbüttel in Fragen der Münz- und Geldpolitik zusammen. Es wurden nach diesen Bestimmungen Hohlpfennige und drei Groschensorten geprägt. Der mittlere Wert war der Christophgroschen. Er war wertgleich zu den hannoverschen Schillingen von 1482 und den verwandten lübischen Schillingen. Da diese noch reichlich vorhanden waren, wurden sie weiter benutzt, und Hannover prägte gar keine Christophgroschen. Aber auch von den anderen Vertragspartnern wurden die Abmachungen nicht immer konsequent eingehalten. Lediglich Hildesheim, wo der Vertrag ja auch geschlossen worden war, prägte alle drei Groschensorten. Neue und relativ kurzlebige Groschensorten waren die Annengroschen und die Kreuzgroschen. Das Prägesystem leitete sich vom rheinischen Goldgulden als relativ wertbeständiger Leitwährung ab. Bei der Umrechnung des Goldguldens in die verschiedenen Groschensorten stößt man auch hier wieder auf das Zwölfersystem, das im Münz- und Geldwesen bis zur Einführung des Dezimalsystems im 19. Jahrhundert gang und gäbe war. Mit dem Hildesheimer Münzvertrag von 1501 entstand in Hannover ein Münzsystem, das die Bedürfnisse einer komplexer gewordenen Geldwirtschaft berücksichtigte. Hannoversche Kreuzgroschen wurden von der Edelherrschaft Lippe nachgeahmt. Das lippische Wappen, die Rose, war leicht mit dem hannoverschen Kleeblatt/Marienblümchen zu verwechseln, was für diese Nachahmung eine Rolle spielte.

Ein differenziertes Groschensystem mit unterschiedlichen Wertstufen.
rheinischer Goldgulden    Hohlpfennige
Annengroschen1/1224
(Christophgroschen)  1/2412
Kreuzgroschen 1/368
Der erste Münzmeister dieses neuen Abschnitts hannoverscher Münzgeschichte war Dietrich Prall, der ebenso wie sein Vater Lüneburger Münzmeister war. Auch er hat einen Münzstempel nach Lüneburg mitgenommen, wo er die Jahrhunderte überdauert hat. Da Prall sich die meiste Zeit in Lüneburg aufhielt, hatte er die Verwaltung der Münzstätte an seinen Münzgesellen Dietrich Becker übertragen, der später auch sein Nachfolger wurde.

Mariengroschen (1535-1590)


Die besondere Rolle der Mariengroschen im Münzwesen Südniedersachsens.
Der Mariengroschen war das geradezu typische Nominal für den südniedersächsischen Raum. Mariengroschen wurden erstmals im Jahre 1505 von der Stadt Goslar geprägt. In den folgenden 50 Jahren konnten sie sich aufgrund der immensen Goslarer Münzprägung im südniedersächsischen Raum durchsetzen. Der Mariengroschen wurde zu einem Begriff, der sich fest im niedersächsischen Geldwesen verankerte. Und so wurden, trotz der konfessionellen Spaltung des Reiches durch die Reformation, Münzen in Mariengroschenrechnung auch in den evangelischen Gebieten in großen Mengen geprägt. Die letzten Goslarer Mariengroschen wurden 1764 geprägt. Der Mariengroschen als Nominal bzw. als Rechenbegriff hatte sich unabhängig davon bereits verselbständigt und durchgesetzt. Er überstand in Niedersachsen die Geldkrisen und Münzreformen der Neuzeit, bis er, wie fast alle anderen Münzsorten, durch die Reichsmünzreform (1871-1878/1907) endgültig außer Kurs gesetzt wurde.
Hannoversche Mariengroschen.
Nach einer längeren Prägepause nahm man in Hannover im Jahre 1535 die Münztätigkeit wieder auf. Es sollten zwei sehr produktive Jahrzehnte folgen. Unruhige Zeiten waren vorausgegangen: 1532/1533 hatte sich die Stadt der Reformation angeschlossen. Konfisziertes Kirchensilber wurde 1535 zu Münzen verarbeitet. Es waren vor allem Mariengroschen, die in der Zeit bis 1554 geprägt wurden. Sie zeigten auf der Vorderseite das Kleeblatt, das ein Jahr zuvor Bestandteil des Siegels geworden war, und auf der Rückseite die namengebende Muttergottes. Sie fanden auch in der Reichsmünzgesetzgebung des 16. Jahrhunderts Erwähnung. Zu nennen sind die 2. Reichsmünzordnung, die 1551 in Augsburg von Kaiser Karl V. (1519-1556) erlassen wurde, und die 3. Reichsmünzordnung, die ebenfalls auf einem Reichstag zu Augsburg im Jahre 1559 unter Kaiser Ferdinand I. (1556-1564, Kaiser ab 1558) verabschiedet wurde. Die Reichsmünzordnungen versuchten eine Regelung des Münzwesens, grundsätzlicher und weitreichender als alle gesetzgeberischen Maßnahmen seit den karolingischen Münzreformen (um 800), durchzusetzen. Allerdings war ihnen dabei kein besonders großer Erfolg beschieden. Zwischen 1554 und 1585 hatte Hannover schon wieder seine Münztätigkeit für rund drei Jahrzehnte eingestellt.
Die Braunschweiger Münzgenossenschaft.
In dieser Prägepause blieb man in geldpolitischen Fragen nicht ganz untätig. Zunächst schloß sich die Stadt der Braunschweiger Münzgenossenschaft (1555-1568) an, die als Reaktion auf den Mißerfolg der Augsburger Reichsmünzordnung von 1551 entstanden war. Die Münzgenossenschaft richtete sich gegen die schlechter gewordenen Mariengroschen und bestimmte die Prägung von sogenannten Fürstengroschen zu 12 Pfennigen meißnischobersächsischer Währung. Hannover beteiligte sich nicht an der Prägung dieser Münzen.
Der Niedersächsische Reichskreis.
Das 16. Jahrhundert war eine Übergangszeit von älteren zu neueren Organisationsformen überregionaler Münz- und Geldpolitik. Münzvereine und Reichskreise standen sich als Ordnungsinstrumente gegenüber. Die Einteilung des Reiches in Verwaltungsbezirke, die Reichskreise, war das Ergebnis der Reichsreform an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit. Im Jahre 1512 wurde die endgültige Einteilung in zehn Reichskreise vollzogen. Sie hatten neben der Kontrolle des Münz- und Geldwesens nur wenige andere Funktionen. Ihre tatsächliche politische Bedeutung darf nicht überschätzt werden. Sie waren räumlich von wesentlich größerem Zuschnitt als die Münzvereine. In ihrer Wirksamkeit rangierten sie aber in der Regel hinter den Münzvereinen. Sieht man von vereinzelten früheren Belegen für den Namen Niedersachsen ab, so war es der Niedersächsische Reichskreis, der quasi namengebend für das heutige Niedersachsen wurde, wenngleich sich beide räumlich nicht decken und es auch keinerlei historische Kontinuität zwischen Reichskreisen und modernen Verwaltungsstrukturen gibt. Als der Niedersächsische Kreis um 1570 ernsthaft seine Tätigkeit als Kontrollorgan aufnahm, wurde die Braunschweiger Münzgenossenschaft überflüssig. Seitdem unterstand die Stadt Hannover zwar formell der Aufsicht des Niedersächsischen Reichskreises, sie war aber zunächst nicht auf den regelmäßigen Probationstagen vertreten, da sie keine Münzen zur Qualitätsprüfung vorzulegen hatte. Erst als der Reichskreis im Jahre 1585 erneut massive Beschränkungen bei der Ausübung des Münzrechts beschloß, wurde man in Hannover aktiv. Zur Aufrechterhaltung des Münzrechts wurde die Münzstätte erneut in Betrieb genommen. Hinzu kam ein immer deutlicher werdender Kleingeldmangel infolge unpraktikabler Bestimmungen der Reichsmünzgesetzgebung. Die Kleingeldkrise im ausgehenden 16. und beginnenden 17. Jahrhundert bereitete die erste Kipperzeit vor.

Taler (1590-1618)


Die ersten Guldengroschen und die Bedeutung des Talers als Leitwährung der Neuzeit. Vor rund 500 Jahren, im Jahre 1486, wurden die ersten Guldengroschen in der Grafschaft Tirol unter Erzherzog Sigismund dem Münzreichen (1439-1490) geprägt. Ab 1511 prägte man diese neue Silbermünze im Werte eines rheinischen Goldguldens hin und wieder auch in Niedersachsen. Nach den Joachimsthaler Guldengroschen (ab 1520) wurde diese Münzsorte kurz Taler genannt. Erst in den dreißiger Jahren des 16. Jahrhunderts gelang dem Taler in Niedersachsen der Durchbruch, aufgrund der hohen Produktivität einiger fürstlicher Harzmünzstätten.
Die hannoversche Münzgeschichte ist ein Kapitel der deutschen Münzgeschichte an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit. Die Einführung der Guldengroschen bzw. Taler gilt in der Münz- und Geldgeschichte als Wendepunkt vom Mittelalter zur Neuzeit. In seiner Rolle als Leitwährung wurde der Goldgulden des Spätmittelalters vom Taler der Neuzeit abgelöst. Die Prägung der ersten Guldengroschen bzw. Taler ist aus der Sicht der Numismatik im wahrsten Sinne des Wortes ein epochemachendes Ereignis.
Die Entstehung des neuzeitlichen Talerteilungssystems in Südniedersachsen.
Um 1570 setzte eine intensive Münz- und Geldpolitik des Niedersächsischen Kreises ein. Die Prägung des Kleingeldes wurde dabei neu geordnet. Der Hildesheimer Münzvertrag von 1501 hatte längst an Bedeutung verloren. Es wurde nun für die Fürstengroschen ein neues Münzbild eingeführt. Sie zeigten auf der Rückseite den Reichsapfel mit einer Wertzahl und wurden deshalb als Apfelgroschen bezeichnet. Gleichzeitig wurde die zwischenzeitlich wegen fortwährender Verschlechterung untersagte Prägung von Mariengroschen wieder erlaubt. Jedoch erst nach der Kipperzeit wurde die Mariengroschenprägung wieder allgemein aufgenommen. Es bildete sich schon um 1570 die für das südliche Niedersachsen in den folgenden Jahrhunderten maßgebliche parallele Unterteilung des Talers in Apfelgroschen bzw. Gutegroschen oder Mariengroschen aus. Auch hier begegnet man wieder der Zwölf als grundlegender Recheneinheit im Münz- und Geldwesen.
Taler    Pfennige
Gutegroschen1/2412
Mariengroschen    1/368

Anfänge der Talerprägung in Hannover.
Gemessen an der allgemeinen Entwicklung blieb die Münzprägung der Stadt Hannover mit dem Festhalten an der Groschenmünze sehr lange den traditionellen mittelalterlichen Verhältnissen verhaftet. Erst 1590, rund ein Jahrhundert nach den ersten Guldengroschen, wurden die ersten hannoverschen Taler geprägt. Von dem ersten Talerstempel ist sogar ein kostbarer Goldabschlag bekannt. Hannover war damit der letzte niedersächsische Münzstand, der im 16. Jahrhundert die Talerprägung begonnen hat. "Taler" mit der Jahreszahl 1482 waren spätere Gußfälschungen, wohl zur Täuschung von Sammlern. Es handelte sich um eine Vergrößerung des Schillings aus diesem Jahr. Taler gab es zu diesem frühen Zeitpunkt überhaupt noch nicht, denn erst vier Jahre später wurden ja die allerersten Guldengroschen hergestellt.

Gute und schlechte Apfelgroschen (1618-1622)


Die erste Kipper- und Wipperinflation (1618-1621/1624).
Die erste Kipper- und Wipperinflation ist zweifellos eine der interessantesten Perioden der deutschen Münz- und Geldgeschichte. Sie war die erste gesamtdeutsche Inflation. In ihrem Ausmaß kamen ihr erst wieder die beiden ebenfalls kriegsbedingten Inflationen des 20. Jahrhunderts nahe. Der habilitierte Germanist und Schriftsteller Gustav Freytag (1816-1895) hat eine sehr anschauliche und ausführliche Darstellung dieser Zeit in seinem Werk "Bilder aus der deutschen Vergangenheit" gegeben. Es ist zwar eine literarische Darstellung, die er aber direkt aus den historischen Quellen, aus zeitgenössischen Flugblättern, schöpfte. Ein kurzer Ausschnitt sei hier wiedergegeben:
"Die neuen Heckenmünzen wurden als Nester des Teufels verschrien, die Münzer und ihre Agenten, die Geldwechsler und wer sonst aus dem Geldhandel Geschäft gemacht, wurden Gegenstände des allgemeinen Abscheus. Damals wurde in Deutschland für sie die Volksbezeichnung 'Kipper und Wipper' allgemein. Die Wörter kamen von den Niedersachsen [...] Man sang Spottlieder auf sie. In dem Ruf der Wachtel glaubte man ihren Namen zu hören, und der Pöbel schrie 'kippediwipp' hinter ihnen her, wie 'hepp' hinter den Juden."
Von dem Kippen und Wippen einer besonderen Geldwippe, mit der man gute Münzen zum Einschmelzen und Umprägen in schlechte Münzen aussortieren konnte, erhielten die damit beschäftigten Personen und auch die ganze münz- und geldgeschichtliche Periode ihren Namen. Mit der Geldwippe konnte man nur feststellen, ob die Münzen leichter oder schwerer als ein Prüfgewicht waren. Das genaue Gewicht einer einzelnen Münze ließ sich damit nicht feststellen.
Während die groben Sorten, d. h. Taler, Halbtaler und Vierteltaler, und auch die Goldmünzen im großen und ganzen wertstabil blieben, vollzog sich beim Kleingeld, zu dem die Groschensorten und die Pfennigwerte zählten, eine stetige Geldentwertung, d. h. eine stetige Verringerung des Silbergehalts. Der Taler stieg im Kurswert, gemessen an der Bewertung in Kleinmünzen. Die Ursachen lagen bei der Reichsmünzgesetzgebung des 16. Jahrhunderts, welche die Kleingeldproduktion zu teuer machte, und im mangelnden Verständnis für die Eigenschaften von Scheidemünzen. Einzig die Prägung unterwertiger Kleinmünzen war lukrativ. Man war in dieser Zeit daran gewöhnt, die Kaufkraft einer Münze nach ihrem tatsächlichen Wert entweder an Gold oder an Silber zu bemessen. Deshalb war der Gedanke einer kostendeckenden Prägung unterwertiger Münzen, allerdings mit staatlich garantierter voller Kaufkraft, sogenannter Scheidemünzen, nicht allgemein durchzusetzen. Ihren Namen erhielten die Scheidemünzen, weil es Partnern eines Geldgeschäftes damit möglich war, ohne eine Restschuld auseinanderzuscheiden. Der allmähliche Kaufkraftschwund des Kleingeldes eskalierte zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648). Es kam zu einer Hochkonjunktur in der Münzprägung. Falschmünzerei und häufiger Wechsel der Münzmeister waren schon fast Alltag im Münzwesen. Der Apfelgroschen, ohnehin eine der wichtigsten Münzsorten des ausgehenden 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts, wurde stark entwertet als Kippergroschen oder schlimmer Reichsgroschen zum berüchtigten und charakteristischen Nominal der ersten Kipperzeit. Die im Deutschen Reich regional unterschiedlich zwischen 1621 und 1624 durchgeführten Münzreformen beendeten diese kurze Zeit der Hochinflation. Nach der Kipperzeit konsolidierten sich die regionalen Rechnungssysteme.
Die Kipperzeit in Hannover (1618-1622).
Nach einer längeren Prägepause nahm Hannover im Jahre 1616 die Prägetätigkeit wieder auf. Dieser Schritt diente auch zur Aufrechterhaltung des Münzrechts. In den nächsten Jahren wechselten die Münzmeister in rascher Folge, wie es für die Kipperzeit ja typisch war. Den Produkten der Münzstätte wurde sogar noch zum Beginn der Inflationszeit gute Qualität bescheinigt. Während der Hochinflationsphase prägte die Stadt nur wenig. Zwischen 1620 und 1622 war die Münzstätte sogar für etwa 1½ Jahre stillgelegt worden. Hannover schloß sich mit seiner Prägetätigkeit nicht dem allgemeinen Trend an. Erneut traten konservative Züge städtischer Münz- und Geldpolitik hervor. Sie sind durchaus positiv zu bewerten, denn sie führten zu einer Schadensbegrenzung für die Stadt. Im deutlichen Kontrast dazu wurde von den Räten des Herzogs Friedrich Ulrich zu Braunschweig-Wolfenbüttel (1613-1634) in bis dahin nicht gekanntem Umfang schlechtestes Geld geprägt. Es gab darunter auch schlechte Kippergroschen, die in betrügerischer Absicht den guten hannoverschen Groschen in ihrem Aussehen angeglichen waren. Sie sind wahrscheinlich in einer illegalen Münzstätte in der Neustadt von Hannover entstanden. Während der Kipperzeit wurde erstmals in der deutschen Münz- und Geldgeschichte in großem Umfang, aber nur vorübergehend, Kupfergeld geprägt. Nicht wenige Stücke stammten aus der herzoglichen Produktion. In zahlreichen illegalen Münzstätten, den sogenannten Heckenmünzstätten, ging die Massenproduktion im Namen des Herzogs vonstatten. Es waren sicher über 30 solcher Münzstätten, wahrscheinlich aber noch sehr viel mehr. Die genaue Zahl wird sich wohl nicht mehr ermitteln lassen.
Hannover war eine calenbergische Landstadt, und das Fürstentum Calenberg gehörte damals Herzog Friedrich Ulrich. Der Herzog selbst ließ den Münzbetrügereien im Jahre 1622 Einhalt gebieten. Er erließ eine neue Münzordnung und kümmerte sich um die Bestrafung der Schuldigen. Die Strafverfolgung erstreckte sich mit Duldung des Rates auch auf die Stadt Hannover. Dort wurde nun eine herzogliche Untersuchungskommission tätig, denn etliche Bürger der Stadt waren in die dunklen Machenschaften der Kipperzeit verstrickt. Sie wurden verhaftet und zu Geldstrafen verurteilt. Damit endeten auch in Hannover die monetären Wirren der ersten Kipper- und Wipperinflation.

Münzvielfalt: vom Goldgulden bis zum einseitigen silbernen Pfennig (1622-1674)


Kontinuierliche Münzprägung zwischen zwei Geldkrisen.
Die Schlußphase der städtischen Münzgeschichte zeichnete sich durch eine besonders intensive und kontinuierliche Münztätigkeit aus. Sie umfaßte rund ein halbes Jahrhundert und war eingebettet zwischen die beiden Kipperinflationen, die beiden großen Geldkrisen des 17. Jahrhunderts. Die schlimmen Erfahrungen, die man während der katastrophalen Hochinflation zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges gemacht hatte, brachten vorübergehend einen Umschwung in der Prägepolitik und die Einsicht in die Notwendigkeit, den Zahlungsverkehr mit hochwertigen Zahlungsmitteln zu versorgen. Nach der ersten Kipperzeit, im wesentlichen während der zweiten Amtszeit des Münzmeisters Tönnies Bremer (1622-1628). war die Produktion der Münzstätte für fast ein Jahrzehnt vor allem auf die Deckung des Bedarfs an Goldmünzen und groben Sorten ausgerichtet. Unter Moritz Bergmann (1628-1666). dem nächsten Münzmeister, folgte eine lange Periode, die überwiegend der Kleinmünzenprägung gewidmet war. In den allerletzten Jahren der Münzstätte, zur Zeit des Münzmeisters Andreas Schele (1666-1674). kam es zum ersten Mal in ihrer Geschichte zu einer Massenproduktion, die zudem unkontrollierbar geworden war und der nur mühsam Einhalt geboten werden konnte. Dazu konnte es kommen, weil die Stadt das Interesse an einer eigenständigen Münzpolitik verloren hatte und die Münzstätte an den Großkaufmann Johann Duve verpachtet hatte. Zeichen einer Stabilisierung im Münzwesen der Stadt waren die ausgesprochen langen Amtszeiten der letzten Münzmeister. Mit Abstand am längsten in der gesamten städtischen Münzgeschichte, für insgesamt 38 Jahre, war Moritz Bergmann tätig. Während seiner Amtszeit, in den Jahren 1637-1639, kam es zur Verlegung der Münzstätte an den Klostergang. In den neuen Werkstätten wurden zwar Maschinen für die Herstellung von Münzrohlingen, aber keine Prägemaschinen eingesetzt. Die Münzprägung im engeren Sinne war weiterhin Handarbeit. Dabei sollte es bis zur Einstellung der Prägetätigkeit bleiben. Beachtlich war dennoch die hohe Produktivität des Betriebes. Auch über die personelle Ausstattung der Münzstätte sind wir für das 17. Jahrhundert gut unterrichtet. Neben dem Münzmeister und dem Wardein für die Qualitätskontrolle waren 2 bis 3 Gesellen und 1 bis 2 Lehrlinge tätig.
Zum Schluß: Massenproduktion im Vorfeld einer neuen Inflation.
Andreas Schele war in den Jahren 1666-1674 als letzter städtischer Münzmeister tätig. Ihm oblag lediglich die technische Führung des Münzstättenbetriebes. Die wirtschaftliche Verantwortung lag bei dem Ratsherrn und Großunternehmer Johann Duve. Er war als Ratsmitglied von der Stadt zum Münzherrn ernannt worden, d. h., das Münzwesen wurde ihm als besonderer Zuständigkeitsbereich übertragen. An ihn hatte der Rat dann auch die Münzstätte für einen geringen Betrag verpachtet. Der gewinnbringende Betrieb der Münzstätte und die Aufsicht über das Münz- und Geldwesen lagen in einer Hand. Eine unabhängige Kontrolle gab es folglich nicht mehr. Damit hatte man seitens der Stadt nicht nur die Verantwortung für die Unterhaltung der Münzstätte, sondern auch eine eigene Prägepolitik aufgegeben. Dies wurde dem Rat erst allmählich in seiner ganzen Bedeutung bewußt, als über Jahre hinweg eine Massenproduktion von neuen, bis dahin ungebräuchlichen Münzsorten stattfand: Mehrfachwerte des Mariengroschens. Duve hatte in Bausubstanz und Ausstattung der Münzstätte erheblich investiert. Auf ein Vielfaches dieser Investition wurde aber sein Gewinn aus dem Betrieb der Münzstätte geschätzt. Er hatte es übertrieben und damit zweifelsohne seinen Anteil an der Schließung der Münzstätte.
Geldgeschichtlich gesehen befand man sich in der Frühphase der zweiten Kipperinflation. Diese wurde ungewollt eingeleitet durch die Münzreform von Zinna, die im Jahre 1667 von Kurbrandenburg und Kursachsen beschlossen wurde. 1668 traten die Herzöge zu Braunschweig und Lüneburg dem Bündnis bei. Die neuen Münzen dieser Reform waren die 2/3 Taler und ihre Teilwerte. Die Reform scheiterte und führte zu einer Inflation im ausgehenden 17. Jahrhundert. Die guten Absichten hatten sich ins Gegenteil verkehrt. Aus einer Reform war eine Krise geworden. Diese Geldverschlechterung war auch durch einen erneuten Reformversuch, die Münzreform von Leipzig aus dem Jahre 1690, nicht mehr aufzuhalten. Mit dem Münzbild der Stadt Hannover ließ Duve die neuen Nominale des Zinnaer Vertrages prägen. Es waren in Hannover fast ausschließlich Teilwerte des 2/3 Talers. Nur ein einziges Mal, im Jahre 1674, dem letzten Prägejahr der städtischen Münzstätte, wurden ganze 2/3 Taler mit der Nominalbezeichnung 24 Mariengroschen ausgegeben. Aber damit endete die städtische Münzreihe. In Anbetracht der Unmenge minderwertiger Zweidrittel- und Teilwerte aus den verschiedensten deutschen Münzstätten wurde eine bewährte Kontrollmaßnahme wiedereingeführt. Hochwertige Stücke erhielten an vielen Orten Gegenstempel als Erkennungszeichen. Unter den markierten Stücken befanden sich auch solche aus Hannover, die in Straßburg gestempelt worden waren.
Konflikte mit dem Landesherrn und Schließung der Münzstätte.
Die Herzöge zu Braunschweig und Lüneburg hatten sich im Laufe des Mittelalters fast völlig aus der Münzpolitik zurückgezogen. In der Neuzeit machten sie diese Entwicklung wieder rückgängig. Im niedersächsischen Münz- und Geldwesen des Spätmittelalters dominierten die Städte nicht zuletzt durch die Münzvereine, die sich vor allem auf die Städte stützen konnten. In der Frühneuzeit entstand eine Konkurrenzsituation zwischen den Städten und den welfischen Landesherren, in der sich die Fürsten langfristig durchsetzen konnten. Das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg stellte gemeinsam mit dem Erzbistum Magdeburg die Direktoren bzw. kreisausschreibenden Fürsten des Niedersächsischen Reichskreises. Die Reichskreise waren durchaus auch ein Machtmittel fürstlicher Münzpolitik. Nach der ersten Kipperinflation stellte der Niedersächsische Reichskreis seine Tätigkeit als überregionales Kontrollorgan im Münz- und Geldwesen ein. Es folgte in Niedersachsen eine Zeit der Münzordnungen welfischer Fürsten, die sich auch gegen die münzprägenden Städte richteten. Die Herzöge äußerten nicht nur ihren Machtanspruch, sondern sie waren auch tatsächlich mächtig genug, um die Städte langfristig gesehen aus der Schar münzprägender Stände erfolgreich zu verdrängen.
1670 wandte sich Herzog Johann Friedrich zu Braunschweig und Lüneburg (1665-1679) an die münzberechtigten Städte seines Fürstentums Calenberg wegen der Prägung schlechten Kleingeldes. In der gleichen Angelegenheit und unter Androhung des Verlustes des Münzrechts wandte er sich an Hannover in den Jahren 1673 und 1674. Die Behauptung des Führungsanspruches im Münz- und Geldwesen war gepaart mit Bemühungen zur Inflationsbekämpfung. Diese massiven Eingriffe des Landesherrn führten letztlich zur Einstellung der Prägetätigkeit in Hannover. Damit war aber keine endgültige Aufgabe des Münzrechts beabsichtigt gewesen. In den Jahren 1677,1695 und 1708-1714 beschäftigte sich der Rat der Stadt mit der Wiederaufnahme der Münzprägung. In den 60er und 70er Jahren des 17. Jahrhunderts gaben alle münzprägenden Städte des Fürstentums Calenberg ihre Münztätigkeit auf: Göttingen im Jahre 1664, Hameln im Jahre 1673, Hannover im Jahre 1674 und Northeim im Jahre 1676. Kurze Zeit später, im Jahre 1680, stellte auch die Stadt Braunschweig im Fürstentum Wolfenbüttel ihre Münztätigkeit ein. Die beiden welfischen Residenzen Hannover und Braunschweig hatten es schwer, in münzpolitischen Fragen ihre Souveränität gegen die Interessen ihrer absolutistischen Landesherren zu behaupten. Hannover gehörte in Nordwestdeutschland zur ersten Gruppe der Schließungen städtischer Münzstätten, die nach dem Dreißigjährigen Krieg einsetzten und mit dem neuen Deutschen Reich (1871/1918) endeten. Die Städte waren sehr viel früher von einem großen Münzstättenschwund betroffen als die Fürstentümer.
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