Startseite Texte zur Prägetätigkeit von Städten

Goslarer Münzen
von
Adalbert Büttner - Wolfgang Sobotta
1991

- hier kurze Auszüge ohne Abbildungen und ohne Fußnoten -

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Goslar als städtische Münzstätte
Der Übergang zur Groschenwährung
Der Mariengroschen   1505 - 1555
Die braunschweiger Münzgenossenschaft 1555 und die
    niedersächsische Kreismünzordnung 1568/1572

Zeit der Kipper und Wipper
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Goslar als städtische Münzstätte

Es war die Zeit des Aufstiegs der Stadt und der beharrlichen Bemühungen um die Hoheitsrechte und Besitzanteile am Rammelsberg. Der Übergang des Münzrechtes auf die Stadt erfolgte in einer längeren Entwicklung, für die es keine festen Daten gibt. Ein gewisses Mitspracherecht mag man aus dem großen Privileg des Stauferkaisers Friedrich II. von 1219 herauslesen.

Bei den Brakteatenprägungen des 13. Jahrhunderts (Abb. 14), also in der Zeit nach den Staufern, des Interregnums und der Schwäche des Reichsregimentes, wird der Rat sein Interesse an beständiger Währung für den täglichen Bedarf und den Handel energisch vertreten haben. Sicherlich hatte Goslar die Schwäche des Reiches genutzt, das Mitspracherecht am Geldwesen zu verstärken. Als 1290 Goslar die Vogteirechte über die Stadt kaufte, ging offenbar das nicht ausdrücklich genannte Münzrecht auf die Stadt über. Jedenfalls erschienen kleine kunstlos geprägte Brakteaten, aber von gutem Silber, etwa 12 - 13lötig (750-825/1000). Sie sind auffallend leicht (0,4-0,45 g), ihr Hälbling knapp 0,2 g). Diese leichten Pfennige lagen in einigen Schatzfunden des heimatlichen Umfeldes. Sie müssen nach der Zusammensetzung der Funde um die Jahrhundertwende und in den ersten Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts geprägt sein (Abb.15). Das kann als Bestätigung dafür angesehen werden, daß die Stadt zur Zeit, als die Schätze vergraben wurden, bereits im Besitz der Münze gewesen war. Vielleicht haben Goslars Kaufleute, deren Geschäftspartner in den Hansestädten saßen, darauf gedrungen, eine dem dortigen leichten Lübecker Geld angepaßte Münze an die Hand zu bekommen. Aus dem Gewicht der Brakteaten ergibt sich die Umstellung von der bisherigen auf eine den Hansestädten angepaßte Währung.

Eine städtische Münze wird erst 1331 urkundlich bezeugt. Da es neben dem Pfennig keine höheren Münzwerte gab, wurden alle größeren Handelsgeschäfte, Haus- und Grundbesitzverkäufe im 13. und 14. Jahrhundert auf Silbermark abgeschlossen. Das Silber wurde in Tiegeln zu kuchenförmigen Barren gegossen, die den Handelswert einer Gewichtsmark hatten. Wenn nötig, schnitt man zum Gewichtsausgleich Stücke vom »Kuchen« ab. Die Stempel der verantwortlichen niedersächsischen Stadt und des Silberbrenners garantierten den Silbergehalt des Barrens (Abb.16).

Die Goslarer Silbermark war 15lötig (937/1000 fein). Viele Verträge wurden aber wie im Nordharzgebiet auch sonst nach einem mit Kupfer versetzten Silber, daher argentum nigrum (»Schwarzsilber«) oder Usualsilber von 12⅘ Lot (800/1000) abgeschlossen. Im Vertrag mit den anderen niedersächsischen Städten von 1382 wurden 12¾ Lot festgesetzt. Das weitere Absinken des Barrensilbergehaltes ließ sich aber nicht aufhalten.

Münzen des späten 14. Jahrhunderts kennen wir bislang nicht. Die Prägungen werden gering gewesen sein, weil der Erzabbau im Rammelsberg durch Grubenwasser stark behindert war und zeitweise zum Erliegen kam. Ein Gemeinschaftsgroschen, den der Hildesheimer Bischof Johann III, ein Graf von Hoya, 1410 gemeinsam mit der Stadt Goslar prägte, hatte keine wirtschaftliche Bedeutung bekommen, weil unser Gebiet völlig auf die Pfennigwährung eingestellt war.

Der Adlerpfennig (1421) (Abb.17)

In den ersten Jahrzehnten des 15. Jh. prägte Goslar in bescheidenem Umfang dann Silberpfennige. Neben Simon- und Judaspfennigen und einem Schwertpfennig, deren Existenz durch verläßliche Nachrichten in den Göttinger Statuten gesichert, die aber verschollen sind, entstand ein leichter Pfennig, der sich weit über ein Jahrhundert hielt, wenn auch mit immer geringerem Silbergehalt, der Adlerpfennig. Es handelt sich dabei um einen einseitig geprägten Hohlpfennig nach der leichten Währung mit einem Gewicht von 0,48 g. Der Vogelkopf als Teil des Stadtadlers wurde auch als Eichmarke auf Gewichtsstücken verwandt. Ein solches Eichmaß mit drei eingravierten Vogelköpfen, vielleicht schon aus dem voraufgegangenen Jahrhundert, wurde in Goslar bei Ausschachtungen gefunden. Aus dem Adlerpfennig, dem »arnekop«, wurde im Volksmund der »hanenkop«. Unter diesem Spottnamen wurde er weithin zum Begriff für eine geringhaltige Münze und auch in die Amtssprache aufgenommen.

Der Matthiaspfennig (um 1437) (Abb.18-19)

Um 1437 erschien auf Goslars Pfennigen der Heilige Matthias. Damit nahm Goslar seinen dritten Domheiligen, und das nun für lange Zeit, ins Münzbild auf. Das Brustbild des Heiligen mit Beil und Buch, vielfach verschieden gezeichnet, hat nur selten kleine Beizeichen (Ringel, Kreuz, Stern). Mit diesem schweren Pfennig ging Goslar wieder vom leichten lübischen Fuß zum doppelt so schweren braunschweigischen Fuß über. Die benachbarte Stadt Braunschweig hatte den schweren Münzfuß nie verlassen. Dort wurde der Matthiaspfennig 1437 zum ersten Male genannt und dem »ewigen Pfennig« mit dem Bild des Löwen im Wert gleichgestellt. Im Münzvertrag der niedersächsischen Städte von 1461 war die Gleichwertigkeit der Pfennige Goslars und Braunschweig bekräftigt worden. Ein Jahrzehnt später merkten die Braunschweiger, daß Goslar den Silbergehalt seines Pfennigs in aller Stille herabgesetzt hatte und die schlechtere Münze die gute vom Markte verdrängte. Der Braunschweiger Rat ließ daraufhin die alten guten Goslarer Pfennige mit einem B stempeln und die neuen leichteren im Handelswert herabsetzen.

Der Übergang zur Groschenwährung

Der Pfennig reichte selbst für den gestiegenen Bedarf im Alltag als Zahlungsmittel nicht mehr aus. Längst waren, von Frankreich (1266) ausgehend, dann in Böhmen (ab 1300) und der Mark Meißen (ab 1338/39), geprägte dicke Silberlinge, Groschen (lat. grossus = dick), im Gebrauch.

In Goslar endete mit der Prägung eigener Groschen die Zeit der reinen Pfennigwährung. Der Matthiaspfennig wurde um 1/4 seines Silbergehaltes verringert und zum Teilstück der Groschen. Als Pfennig, der jeweiligen Groschenwährung angepaßt, ist er bis gegen Ende des 16. Jh. geprägt worden. Hatte er 1498 noch 0,15 g Silber, waren es 1505 noch 0,12 g und 1555 nur noch 0,08 g. Als Scherf (halber Pfennig) fungierte wahrscheinlich bis in die Mitte des 16. Jh. der Arenkop.

Goslar (Abb.20,21) begann als eine der ersten niedersächsischen Städte 1471 mit der Groschenprägung. Der Matthiasgroschen (so genannt nach seinem den hl. Matthias zeigenden Münzbild) hatte einen Wert von sechs Pfennigen und wurde sofort von der Bevölkerung angenommen, weil der Bedarf an größeren Geldstücken immer dringender wurde. Die seit längerer Zeit einströmenden fremden, zunächst Prager, später meißnisch-sächsischen Groschen konnten diesem Bedarf nicht genügen, zumal minderwertige Stücke zur Verunsicherung führten und viele Städte gezwungen waren, diese Groschen durch Gegenstempelung auf ihren tatsächlichen Wert einzustellen. Nur die so abgestempelten Groschen waren zugelassen, die anderen verboten.

An der frühen Entstehung und Entwicklung der Groschenwährung in Goslar wird nun wieder die enge Verbindung zum Goslarer Erzbergwerk deutlich.

Die Braunschweiger Fürsten hatten vor langer Zeit ihre Rechte an Forst und Berg der Stadt verpfändet. Die Arbeit im Berg hatte über 100 Jahre unter Wassernot gelitten, bis 1460 mit einer neuen Bergwerktechnik die Beherrschung der Grubenwasser gelang. Der Erzabbau entfaltete sich wieder. Damit stieg der gewinnbringende Bleihandel, und auch Silber für die Münzprägung war reichlich vorhanden. Goslar verdiente nicht nur an seinem Handel, sondern auch an seinen überall begehrten Groschen.

Ihre Vorderseite zeigt den Stadtadler und die Umschrift »MONETA NOVA GOSLARIENSIS«. Auf der Rückseite steht der Heilige Matthias, mit der einen Hand sein Marterwerkzeug, ein Beil, schulternd, in der anderen Hand ein Buch tragend. Die Umschrift lautet »SANCTUS MATHIAS«. Die ältesten Matthiasgroschen wiegen 2,34 g und sind 10 lötig (625/1000). Zwanzig Matthiasgroschen galten einen rheinischen Goldgulden.

Der Matthiasgroschen wurde in großen Mengen, später leider aber immer geringhaitiger, geprägt. Schrot und Korn sanken bald so weit ab, daß man im Jahre 1480 24 Stück und 1490 26 Stück für den rheinischen Gulden zahlen mußte. 1495 war das Korn auf 6 Lot (375/1000) und das Gewicht auf 2,01 g gesunken. 34 Stück entsprachen nun einem Goldgulden. Gleichzeitig wurde auch ein kleiner Matthiasgroschen, ein Vierpfenniggroschen, geprägt. Er hatte nicht die Bedeutung des größeren Groschens erreicht.

Einen großen Einschnitt bedeutete der »große« Groschen (»Bauerngroschen«) (Abb.22) - der erste von niedersächsischen Städten überhaupt geprägte Groschen zu 12 Pfennigen. Auf der Vorderseite erscheint das Stadtwappen, der Adler im Schild unter einem gekrönten und verzierten Helm. Auf der Rückseite sind die Apostel des Domstiftes dargestellt, Simon mit der Säge und Judas mit der Keule. Die Umschriften nennen das neue Geld Goslars und die Namen der Heiligen in vielen Varianten. Wegen der vom Volk als Harzer Bauern aufgefaßten Darstellung der Heiligen erhielt der rasch Popularität gewinnende neue Groschen den Namen Bauerngroschen (»burkrossen«). Die Prägung begann etwa 1481, also zu der Zeit, da sich der Bergbau für die Stadt und ihre Bürger so erfolgreich gestaltete.

Der Bauerngroschen sollte 12lötig (750/1000) sein. Die Abwertung begann jedoch schon nach wenigen Jahren. Bereits 1490 war der Silbergehalt auf 11 Lot 10 Grän (722/1000) herabgesetzt worden. 14 Stück entsprachen dem Goldgulden.

Der Bauerngroschen war sehr beliebt »alleman hadde dar leve to unde nem se lever wan jeunich ander gelt«, selbst dann noch, als er in Schrot und Korn immer schlechter und die Prägung in den ersten Jahren des 16. Jh. von der Stadt eingestellt wurde. So war er in Hildesheim noch 1514 neben dem Goldgulden ein beliebtes Taufgeschenk, vor allem natürlich die frühen guten Stücke. »ich gav dem kinde en gulden unde en der alleroldesten burkrossen ... unde de bademomen en burkrossen ... unde de magt en mathiger« (ich gab dem Kind einen Gulden und einen der allerältesten Bauerngroschen und der Bademume einen Bauerngroschen und der Magd einen Matthiaspfennig). In Halberstadt liefen sie noch 1536 um.

Der Mariengroschen   1505 - 1555

Goslars bisherige Münzen, Matthiaspfennige wie auch die Matthias- und Bauerngroschen, waren durch die ständige Verschlechterung in Verruf geraten. Es drohte ein Verbot, vor allem durch den Kurfürsten und die Herzöge von Sachsen. Die Kaufleute der aufstrebenden Messestadt Leipzig waren die Hauptabnehmer des Rammelsberger Bleis. Die Stadt mußte handeln. Sie schuf eine neue Währung: den Mariengroschen (Abb.23).

Er zeigt auf der Vorderseite wiederum Goslars Adler mit der Umschrift »MONETA NOVA GOSLARIENSIS«. Auf der Rückseite erscheint die gekrönte Madonna in Flammenglorie mit der Umschrift »MARIA MATER GRACIE«.

Der Mariengroschen war (wie der Bauerngroschen) wieder eine 12 Pfennigmünze (Schilling) von rund 2,9 g aus achtlötigem Silber (500/1000). Der bisherige große Matthiasgroschen war in Schrot und Korn so weit gesunken, daß er jetzt als 6 Pfenniggroschen zum halben Wert des Mariengroschens wurde, der kleine Matthiasgroschen (4 Pfennig) entsprechend zum 1/3 Mariengroschen (Körtling). 20 Mariengroschen waren zunächst einem rheinischen Goldgulden gleichgesetzt.

Das Wagnis gelang. Der neue Groschen wurde prompt in Stadt und Land angenommen und die niedersächsischen Städte übernahmen ihn: Braunschweig ab 1510, Hildesheim ab 1523 und später folgten auch Göttingen, Hannover, Northeim und Einbeck. Sie alle ordneten ihre kleineren Münzen in die örtliche Marienwährung ein. Für die ersten Jahrzehnte herrschten nun wieder geordnete Münzverhältnisse. Man sprach von einem Zeitalter des Mariengroschens. Im Jahre 1526 kündigte Herzog Heinrich der Jüngere von Wolfenbüttel, reich geworden an der Hildesheimer Stiftsfehde, die Pfandverträge über die von seinen Vorfahren der Stadt Goslar verpfändeten Rechte an den Forsten und dem Bergwerk und zahlte die hohen Pfandsummen bar zurück. Von Riechenberg aus leitete er den jahrzehntelangen Streit mit der Stadt, der nicht ohne Wirkung auf die Münze blieb. Er richtete 1531 in Riechenberg eine Münze ein, in der er bis zu seiner Gefangennahme in großem Umfange vor allem Taler prägte. In Goslar setzte der Verfall des Mariengroschens zwischen 1527 und 1530 ein, in den alle anderen Städte hineingezogen wurden (Abb.24). 1540 wog der Mariengroschen noch 2,3 g und enthielt 6 6/7 Lot Silber (430/1000).

Goslar erhoffte sich politisch Hilfe gegen den katholischen Fürsten durch den Beitritt zum Schmalkaldischen Bund, mußte sich aber sagen lassen, daß es sich um einen Bund zur Verteidigung der Religion und nicht wirtschaftlicher Interessen handelte. Als allerdings Herzog Heinrich schwere politische Fehler beging, griffen die Führer des Bundes, Johann Friedrich von Sachsen und der Landgraf Philipp von Hessen zu den Waffen, vertrieben 1542 den Herzog aus seinem Land und nahmen ihn, als er versuchte zurückzukehren, gefangen. Damit hatte Goslar den Zugang zu den Forsten und das Vorkaufsrecht auf das Rammelsberger Silber wiedergewonnen.

Die schmalkaldischen Fürsten richteten in Goslar ihre eigene Münzstätte ein und ließen mit dem aus Riechenberg herbeigeschafften Münzgerät durch den Münzmeister Gregor Einkorn ihre Bundestaler prägen. In den Jahren 1542 bis 1546 prägte Goslar in beachtlichen Mengen seine ersten Taler und die zugehörigen Halb- (Abb.25) und Vierteltaler. Auf den frühen Talern ist der Stadtadler auf der einen, die Madonna auf der anderen Seite dargestellt. Die Umschriften MONETA CIVITA IMPERIALIS GOSLARIENSIS und MARIA MATER DOMINI nennen die freie kaiserliche Reichsstadt und die Mutter des Herrn. Der Taler als größte deutsche Silbermünze entstand als Silberäquivalent des Goldguldens und hieß deshalb ursprünglich Guldengroschen (1484 erstmals geprägt). Den Namen Taler erhielt er von den um 1520 beginnenden Massenprägungen aus erzgebirgischem Silber in der böhmischen Münzstätte Joachimstal (»Joachimstaler«, »Taler«). Er lebt heute noch in dem Wort Dollar fort.

Der Taler wiegt in seiner endgültigen durch die Reichsmünzordnung von 1559/1566 festgelegten Ausprägung 29,23 g und hält 14 Lot 4 Grän Silber (888/1000). Es wurden 8 Stück aus der für das ganze Reich einheitlich geltenden kölnischen Mark (233,855 g) ausgebracht. Der Silbergehalt der Halb- und Vierteltaler ist dem der ganzen Taler völlig gleich, ihre Zaine werden aus dem gleichen Tiegel gegossen.

Mit dem entscheidenden Sieg Kaiser Karls V. bei Mühlberg 1547 war das Schicksal des Schmalkaldischen Bundes besiegelt. Herzog Heinrich der Jüngere von Braunschweig kehrte zurück und hatte sein Land schnell wieder fest in der Hand. Vor den Toren der Stadt, in Riechenberg, nahm er sofort die Münzprägung wieder auf, nachdem ihm die Erträge des Rammelsberges praktisch ungehindert zur Verfügung standen. Bald verlegte er seine Münzstätte nach Goslar in das Zehntgebäude am Vititor.

In diesen Jahren hatte Goslar noch einen letzten Versuch unternommen, seinen in Schrot und Korn immer weiter gefallenen Mariengroschen zu retten. Der kleine Mariengroschen war auf die Hälfte des ursprünglichen Wertes abgesunken. Er enthielt statt 1,46 nur noch 0,72 g feines Silber.

Diesem späten Mariengroschen wurde ein neuer Sechspfenniggroschen oder Matthier als Halbstück und ein neuer Vierpfenniggroschen als sog. Körtling (1/3 Groschen) zur Seite gestellt. Es ist ein hinhaltender Widerstand. Die Nachbarn ringsum sind zum Bruch entschlossen.

Der Matthier (1/2 Mariengroschen) hat auf der Vorderseite den Stadtadler mit der Umschrift MONE NO GOSLARI, auf der Rückseite stehen der Heilige Matthias und die Worte SANTVS MATTHIAS.

Der erste neue Matthier trug die Jahreszahl 1548, doch kam nach lebhafter Prägung schon im Jahre 1554 sein Ende mit dem Ausklang des Mariengroschens. Der Matthier hielt zunächst 4 1/2 Lot (277/1000) Silber, er sank bis 1554 auf 4 Lot ab und wog also in diesem letzten Jahr im Durchschnitt 1,426 g und hielt 0,356 g Silber, also recht genau die Hälfte eines Mariengroschens aus dem gleichen Jahr (0,72 g Silber).

Der Körtling (1/3 Mariengroschen) (Abb.26) trägt auf der Vorderseite den Stadtadler und die Umschrift MONETA NOVA GOSLARIE. Auf der Rückseite befindet sich ein Doppelkreuz mit den Worten O CRVX GLORIOSA (»Hochgerühmtes Kreuz«).

Das Rückseitenbild des Doppelkreuzes ist dem Tiroler Kreuz nachgebildet, obwohl es in Norddeutschland keine Kreuzer gab. Wie weit bei dieser Nachahmung die Absicht bestand, das geringhaltige Münzchen in den süddeutschen Raum einzuschmuggeln, ist nicht bekannt.

Die braunschweiger Münzgenossenschaft 1555 und die niedersächsische Kreismünzordnung 1568/1572

Nach langen Verhandlungen hatten sich die braunschweig-lüneburgischen Fürsten und die niedersächsischen Städte 1555 zur Braunschweiger Münzgenossenschaft zusammengeschlossen, deren wichtigste Bestimmung der Ersatz des Mariengroschens durch einen Fürstengroschen war. Als weitere Sorten waren Sechs-, Vier- und Dreipfennigstücke vorgesehen, von denen aber nur der Dreier geprägt wurde. Die Stadt Goslar, die ihren Mariengroschen bis zuletzt nicht aufgeben wollte, hatte weder an den Verhandlungen teilgenommen, noch war sie je dem Vertrag beigetreten, prägte aber Dreier nach der neuen Ordnung 1556/57 und wenige Jahrgänge des neuen Fürstengroschens. Bevor Goslar den Hammer niederlegte, wurden noch einmal 1565/66 Mariengroschen im alten Stil geprägt, die sich aber nicht gerade vorteilhaft von den leichten Groschen vor der Reform unterschieden.

Inzwischen hatte Kaiser Ferdinand II. 1559 eine neue Reichsmünzordnung erlassen, nachdem die Reformbedüftigkeit der voraufgegangenen Ordnung von 1551 erkannt war. Auch diese Änderung ließ sich auf die Münzverhältnisse des niedersächsischen Kreises nicht einfach übertragen, sondern wurde vom Kreis auf den Münztagen in Lüneburg 1568 und 1572 den Münzverhältnissen in unserem Gebiet angepaßt. Mit seinen wenigen Prägungen, zunächst dem Taler von 1581 und den Reichsgroschen, hielt sich Goslar an diese neue Ordnung (Abb.27). Die Pfennige allerdings, die in den nächsten Jahren im wesentlichen wohl für den innerstädtischen Gebrauch hergestellt wurden und bei denen es sich wahrscheinlich um die letzten Matthiaspfennige handelte, waren, wie der Generalwardein bei der Münzprobe feststellte, nicht der Reichsmünzordnung gemäß geprägt worden.

Nach einem Jahrzehnt Ruhe nahm Goslar die Prägung in bescheidenem Umfang wieder auf. Im Jahre 1605 hatte die Stadt ihren ersten Goldgulden geprägt (Abb.28). Er zeigt den Stadt adler und nennt auf der anderen Seite Kaiser Rudolf II. in der Umschrift um den Reichsapfel im Dreipaß. Es wurden insgesamt nur 335 Stücke geprägt, 72 aus der 18 Karat 6 Grän Gold enthaltenen Mark, also genau gemäß der Reichsvorschrift. Trotz der kleinen Zahl sind immerhin drei Exemplare bekannt. Das ausgestellte Stück stammt aus einem Schatzfund am Niedermain.

In den Jahren 1610 und 1611 wurden Reichstaler und dann in zwei Jahrgängen Goldgulden ohne Jahreszahl geprägt (Abb.29). Sie zeigen wieder unseren Adler frei im Feld. Auf der Rückseite befindet sich aber nun der gekrönte kaiserliche Doppeladler mit dem Titel Rudolfs II. Aus den Akten ergibt sich, daß die Goldgulden 1610/12 geprägt wurden. Die in den folgenden Jahren ausgegebenen Groschen hatten gegenüber dem guten Reichsgroschen von 1605 an Schrot und Korn verloren. Dieser Wertrückgang war bei den Dreipfennigstücken besonders bedenklich. Sie waren bereits Vorboten der großen Inflation.

Zeit der Kipper und Wipper

Die Geldkrise, die sich seit Jahrzehnten anbahnte, mündete 1618 in die erste große Inflation unserer Geschichte und vernichtete die mühsam aufrecht erhaltene Münzordnung. Überall waren die Kipper und Wipper am Werk, kauften gute Münzen auf, die zerhackt und gekörnt in überall aufschießenden Heckmünzen zu Massen schlechten Kleingeldes umgeprägt wurden. In unserem Gebiet waren es die Berater des Wolfenbütteler Herzogs Friedrich Ulrich, die in mehr als 30 heimlichen Münzstätten unvorstellbare Mengen Kippergeld prägten und unter die Leute brachten. Aber auch die Städte wurden in den Strudel gerissen. Der Goslarer Münzmeister Lafferdes lieferte 1618 zunächst Dreier, von denen 330 - 335 statt richtig 220 Stück aus der Mark geschlagen wurden. Dann aber wurden ausschließlich »gute« Groschen geprägt von immer schlechterem Schrot, wie auch ein Blick auf die ausgestellten Stücke zeigt (Abb.30). Die Ausschrotung aus der Mark stieg von 170 - 190 Stück im Jahre 1618 fortlaufend auf 280 Stück bis 1620 und endete schließlich auf der Höhe von 322 Stück im letzten Jahr. Der Kippergroschen wog 1621 noch knapp 1/3 des Reichsgroschens. Lafferdes wurde wegen der Beteiligung an der Kipperei entlassen, die Inflation ging weiter. Der an sich tüchtige Münzmeister Heinrich Köhne arbeitete in der alten Prägemünze mit 10 Eisenschlägern und bis zu 17 Lehrjungen. In normalen Zeiten hatte der Goslarer Münzmeister 1 - 2 Mitarbeiter.

Zu den Groschen kamen »Flitter«, geringwertige Kupferpfennige (Abb.31) und die, auch in anderen Gebieten geschlagenen, berüchtigten Schreckenberger (Abb.32), die ihren Namen von den einst sehr guten sächsischen Groschen aus dem Silber des erzgebirgischen Schreckenberges haben. Nach Ankauf eines Walzwerkes wurde in Goslar eine zweite Münzstätte eingerichtet. Hans Balder fertigte auf diesem Druckwerk Schreckenberger an. Zunächst wurden 90 Stück aus der Mark, mit fortschreitender Geldentwertung dann 130, 135 und schließlich 146 Stück pro Mark ausgeworfen. Ganze Säcke mit Schreckenbergern und Groschen wanderten in die Kämmerei. Mit der Geldentwertung kamen die Teuerung und die Not. Niemand wollte mehr für das schlechte Geld Ware liefern.

In Goslar rottete sich am 4. Februar 1622 das Volk unter Führung der Leineweber zusammen und plünderte die Häuser der zwei reich gewordenen Münzmeister, Henning Schreiber und Claus Oppermann, die aber beide nicht an der Stadtmünze beschäftigt waren. Dann zog die aufgebrachte Menge vor das Rathaus. Kanonen, die der Rat eilends von den Wällen hatte holen lassen, wurden nach Überwältigung der braven Stadtsoldaten umgedreht und auf das Rathaus gerichtet. Doch es gelang dem besonnenen Bürgersprecher, einen blutigen Aufstand zu verhindern. Der Rat versprach, das alte Geld einzuziehen und fortan gute Münze zu prägen. Damit war die Kipperzeit in Goslar vorbei, aber sie schwelte vielerorts weiter. Allerdings waren schon längere Zeit Bestrebungen der Münzstände erkennbar, den Münzverfall einzudämmen. Herzog Christian zu Celle hatte bereits im Herbst 1621 alle umlaufenden Münzen auf ihren tatsächlichen Wert herabgesetzt und die Reform in seinem Land durchgesetzt.

Der Wiederaufbau

Soweit das unter den Bedingungen des längst bis Niedersachsen vorgedrungenen Krieges möglich war, wurde die Wirtschaft wieder in Ordnung gebracht. Die Verarmung der Bevölkerung war aber nicht mehr rückgängig zu machen, und nun zog die Stadt Bilanz. Im Juni 1622 wurden aus der Kämmerei schwere Säcke voller Groschen und Schreckenberger, die nie in den Handel gelangt waren, in die Münze zum Einschmelzen gebracht. Die eingelieferten Kippermünzen beliefen sich auf den Wert von 29965 guten Reichstalern, 16 1/2 Groschen. Später aber hieß es dann:

»Bey Verenderung der geringen Muntz welche in Tiegell geworffen und zu gutem gelde gemacht, hat E. E. Radt verlohren 164690 Reichs-Thaler, 20 gute Groschen und 4 1/2 Pfennig«.

In Goslar prägte Hans Balder in der Druckmünze noch im Februar bis Mitte März neue Dreier. Dann wurde diese Münze geschlossen. In einer Münzrechnungsperiode von 67 Arbeitswochen zwischen dem 10. Februar 1622 und dem 8. Mai 1623 schaffte nun Münzmeister Georg Köhne mit seinen Gesellen und Helfern das Geld für die Reform der Wirtschaft. Zunächst setzte er die Prägung des dringend benötigten Kleingeldes in Form von Dreiern fort. Dann folgten »Gute Groschen« und schließlich im Herbst vollwertige Taler.

Insgesamt 20362 Stück 1/4 Taler (und Teilstücke) mit den Jahreszahlen 1622 und 1623 empfingen die Tafelherren (p) vom Münzmeister (Abb.33).

Im folgenden Jahr stellte die Stadt als Hilfe den Münzmeister Georg Oppermann an, der 1624 die Mariengroschenprägung leitete. Georg Köhne blieb noch bis 1629 im Amt und ergänzte die aufgebaute Währung 1628 durch Mariengroschen und schüsselförmige Silberpfennige, die zum Groschen gehören. Dazu kamen noch einige Taler und Goldgulden. Der Goldgulden zeigt jetzt den Adler im Schild unter reich verziertem Helm und auf der anderen Seite den Kaiserlichen Doppeladler, die Umschrift nennt den Namen Kaiser Ferdinands II (Abb.34). Geprägt wurden 6804 Stücke. Von der einige Jahre später (1636) ins Werk gesetzten ersten und einzigen Dukatenprägung haben sich von den 718 gemünzten Stücken heute noch drei Exemplare erhalten. Die Vorderseite ist ähnlich wie die des Goldguldens (behelmter Adlerschild), die Rückseite zeigt ein ungewöhnliches Bild: Kaiser Ferdinand II. mit Zepter und Reichsapfel vor der Silhouette der Stadt (Abb.35).

Nach dem grossen Krieg


Das Zeitalter des Absolutismus - Der Münzfuß von Zinna

Am Ende des 30-jährigen Krieges war die Welt verändert. Einst hatten die Städte in einem zähen langwierigen Ringen das Münzrecht erkämpft, um den willkürlichen und den Handel schädigenden Verrufungen der Fürsten zu begegnen. Es war ihnen aber dann doch nicht gelungen, eine stabile Währung auf Dauer zu erhalten. Die Stadt Goslar prägte noch einige Taler und Teilstücke (Abb.36). Jetzt waren die Rollen vertauscht. Die Fürsten hatten ein vitales Interesse daran, daß die von ihnen geschaffene Währung nicht durch geringerhaltiges Geld unterhöhlt wurde, und sie hatten jetzt die Macht, sich durchzusetzen. Sie bestimmten durch Edikte das Münzwesen. 1667 schlossen Kurbrandenburg und Kursachsen den Münzverein von Zinna. Der Anstoß ging von dem brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm aus, der das Einströmen schlechter Münzen aus den Nachbarstaaten nicht abwehren konnte und gutes Geld für sein stehendes Heer dringend brauchte. Der immer noch gültige Reichsmünzfuß von 1559/1566, nach welchem 98 Taler aus einer Mark Feinsilber geprägt werden sollten, wurde zunächst für das dringend benötigte Kleingeld (1667) durch einen 10 1/2 Taler Fuß abgelöst. Drei Jahre später schufen die Vertragspartner einen (Silber-) Gulden, geprägt nach dem neuen Fuß zu 2/3, 1/3 und 1/6 Taler. Die braunschweigisch-lüneburgischen Fürsten traten alsbald diesem Vertrag bei, der damit auch für die braunschweigisch-lüneburgischen Landstädte maßgebend wurde. Der Calenberger Fürst Johann Friedrich forderte von allen münzberechtigten Städten seines Landes in immer drohenderem Ton die Einhaltung der Satzung. Das konnten die Städte nicht, weil sie, anders als die bergbautreibenden Fürsten, kein Silber besaßen. Sie hätten bei jeder korrekten Prägung Verluste erlitten. Schließlich fügten sie sich. Hameln, Einbeck, Hannover und Northeim - Göttingen vielleicht schon einige Jahre vor Zinna - schlossen ihre Münzpforten endgültig. Zwischen 1668 und 1671 wurde in Goslar nur Kleingeld für den städtischen Bedarf geprägt, darunter neben dem Mariengroschen erstmals »vier gute Pfennigstücke«, die an die Stelle der Matthier traten. Zur Guldenprägung hatte Goslar die Münze für 400 Taler an den Münzmeister Christoph Henning Schlüter 1674 (1673) verpachtet. Nachdem Schlüter aber auch mit 350 Talern Pacht nicht auf seine Kosten kam, legte er 1676 sein Amt nieder. Solche Verpachtungen unterlagen an sich schon seit dem 16. Jh. dem kaiserlichen Verbot, das aber häufig mißachtet wurde.

Schlüters Prägungen nach dem Fuß von Zinna sind bekannt. Dazu zählen: 16 gute Groschen (= 2/3 Taler), 8 gute Groschen (= 1/3 Taler), die 1674 (Abb.37) und 1675 geprägt wurden und 4 gute Groschen (= 1/6 Taler), die nur 1674 entstanden.

Obwohl Prägungen von Pächtern immer der Gefahr eines zu geringen Silbergehaltes unterlagen, waren Schlüters 16 Gute Groschen doch so gut, daß sie 1681 von der Stadt Straßburg mit dem schönen Lilienstempel zu ihrem städtischen Verkehr zugelassen wurden. Diese Gegenstempelung einströmenden fremden Geldes war in Straßburg 1681 durch die französische Kriegskommandantur befohlen worden. Auch andere Münzstädte entschlossen sich zur Gegenstempelung. Bekannt ist ein Goslarer 16 Gute Groschenstück von 1675 mit den Gegenstempeln von Köln und Salzburg.

In den Jahren 1674, 1675 und 1676 (Abb.38) schuf Schlüter auch 24 Mariengroschen, die nach einem etwas anderen Schrot und Korn geprägt, aber auch als 2/3 Taler = 16 Groschen gehandelt wurden. Nach dem Abschied Schlüters überließ der Rat die Münze einem Unternehmer, Jakob Sampson, der auf eigene Kosten noch 1676 schlechte Matthier, Dreier und Hohlpfennige zu prägen begann, aber schon 1677 verjagt wurde. Danach ruhte für längere Zeit der Münzhammer in der städtischen Münze in Goslar.

Der Leipziger Münzfuß und das Ende der Münzprägung in Goslar

Die Reform von Zinna hätte ein erster Schritt zur deutschen Münzeinheit werden können, denn mit Brandenburg, Sachsen und Braunschweig-Lüneburg war ein großes geschlossenes Währungsgebiet geschaffen, von Fürsten, die unbedingt eine solide Währung haben und erhalten wollten.

Der Plan wurde durch die vielen kleinen Fürsten, die aus Gewinnsucht in großen Mengen minderwertige Gulden prägten, zunichte gemacht. In unserem Harzgebiet war das vor allem der Graf Gustav von Wittgenstein und Honstein, der in Ellrich, später in Klettenberg Unmassen Gulden mit frommen Sprüchen prägen ließ. Wenn die erbosten Fürsten eine seiner Münzstätten aushoben und zerstörten, machte er andererorts eine neue Heckenmünze auf. Von Ellrich hatte der Graf schon 1672 einen Dreier herausgehen lassen, der mit dem Goslarer Dreier verwechselt werden konnte und auch bis heute in Sammlungen unter Goslar liegt.

Die Stadt Braunschweig, durch Herzog Rudolf August 1671 mit Waffengewalt unterworfen, durfte mit seiner ausdrücklichen Genehmigung noch einige Jahre 2/3 Taler, 24 Mariengroschen u. ä. prägen. Ab 1680 ruhte auch hier der Hammer.

Es blieben Hildesheim bis 1772 und Goslar bis 1764. Eine geldwirtschaftliche Bedeutung nach außerhalb konnten beide Städte nicht wieder erlangen. Wenn unterwertiges Stadtgeld bis in fürstliches Gebiet gelangte, erfolgten sofort energische Mahnungen und Drohungen gegen die »schutzverwandten« Städte.

Nicht nur durch das schlechte Geld aus den Heckenmünzen der Duodezfürsten, auch infolge des ungeheuren Geldbedarfs durch die fortwährenden Kriege schritt die Geldentwertung rapide fort. Man hatte deshalb von einer zweiten Kipperzeit gesprochen. Wieder war es der Kurfürst von Brandenburg, der durch seinen Minister von Knyphausen als erster die Folgerung aus der sonst unaufhaltsamen Zerrüttung zog, indem er den Münzfuß erneut herabsetzte und zwar von 10 1/2 auf 12 Taler (aus der feinen Silbermark). 1690 wurde dieser Münzfuß in Leipzig von Kursachsen und den Fürsten des Hauses Braunschweig-Lüneburg übernommen. Er wurde auch allgemein gut beurteilt und durchgeführt, aber trotz energischer Ausschaltung der Heckenmünzen schwelte die Krise weiter. Außerdem schädigten weiter die Kriege, die den Geldbedarf aufblähten, die Währung. Schon wegen der Schwierigkeit, Silber zu beschaffen, beschränkte sich Goslar im wesentlichen auf die Geldprägung für den täglichen Bedarf in Stadt und Land. Im letzten Jahrzehnt des 17. Jh. hatte Goslar nur 1693 und 1695 geringhaltige Struwenpfennige (q), Hohlpfennige mit GOS, ausgegeben, im folgenden Jahrhundert noch 1707/1708 (Abb.39).

Taler waren noch zweimal geprägt worden, 1705 (Abb.40) durch den von der Stadt beauftragten fürstlich braunschweigischen Wardein I. A. Brauns und 1717, beide nach dem Schrot und Korn des alten Reichstalers. An sich war dieser als Handelsmünze seit Zinna schon ausgeschaltet. Solche Stücke wurden in der Regel sofort in der nächsten Münzschmiede zu schlechtem Geld umgeprägt. Der Rat der Stadt ernannte ihren Sechsmann (r) Johann Albrecht Herbst zum Direktor der Münze. Er arbeitete sich in die Münzkunst ein, probierte, mit welcher Münzsorte die Stadt am meisten verdienen könne und stellte fest, daß gegenüber den Vier- und Dreipfennigstücken bei den Sechspfennigmünzen ein guter Verdienst zu erwarten sei. Mit einem neuen Stoßwerk versuchte er sich 1709 auch an 2/3 Stücken (24 Mariengroschen), gab aber auf, weil er bei der Herstellung Verluste erlitt. Erst als er mit Matthiern 1713 gut verdiente, wurde ihm erlaubt, für 50 Mark Silber 2/3 Stücke zu prägen. Herbst starb im November 1714.

Bei diesem Münzmeister zeigte sich die Kalamität der Münzstätten, die nicht aus eigenen Bergwerken preisgünstig Silber erwerben konnten. Sie neigten zur Münzproduktion über den eigenen Bedarf hinaus, um Gewinn zu erzielen. Überdies bestand die Gefahr, daß am Silber gespart wurde. Mochte das letztere bei dem verläßlichen und tüchtigen Mann nicht zutreffen, Warnungen der braunschweigischen Bergbauverwaltung, nicht noch mehr Scheidemünzen in den Verkehr zu bringen, befolgte er jedenfalls nicht.

Bei seinem Sohn Hennig Albrecht Herbst, der 1715 die Münze übernahm, wurde eine Mengenbeschränkung erwartet, weil den öffentlichen Kassen der Überschuß an Scheidemünzen lästig wurde. Von ihm stammte neben Kleinmünzen vom Doppelgroschen abwärts das schöne und seltene 24 Mariengroschenstück von 1716 (Stadtwappen unter reich verziertem Helm).

Ende 1718 wurde die Münze geschlossen, aber schon 1721 wurden Verhandlungen mit dem fürstlichen Wardein Brauns aufgenommen. An der Münze der folgenden Jahre waren der Wardein Bähr, der »Direktor« Reinecke und ein Cramer von Clausbruch als Wardein beteiligt (Abb.41), bis 1725 Johann Heinrich Friese die Münze übernahm. Ob ihm die Münzen der folgenden Jahre, darunter der 24 Mariengroschen von 1727, zu verdanken sind, bedarf noch der Klärung. Ab 1732 übernahm jedenfalls sein Sohn Heinrich Christoph Rudolph Friese für zwei Jahrzehnte die Münze und versorgte die Stadt nach besten Kräften mit Münzen vom Doppelgroschen (1/12 Taler) bis zum leichten Kupferpfennig (Abb.42). Von den Goslarer Münzen, die Friese 1739 nach dem Leipziger Fuß geschlagen hatte, ist der 12 Mariengroschen ausgestellt (Abb.43). Seine 8 Guten Groschen sind nicht erhalten. Als Friese nach Berlin ging, wurde J. G. Friedrich Maetke beauftragt, Kleingeld und Kupferpfennige als Stadtmünze zu prägen. Einige Jahrgänge Kupferpfennige, auch nach seinem Abgang (1755), sind bekannt (Abb.44-47).

Der Siebenjährige Krieg (1756 - 63) brachte erneut eine schwere Geld- und Wirtschaftskrise, die auch Goslar nicht verschonte. Kurz vor Kriegsbeginn (1750) hatte der preußische Generalmünzmeister Graumann einen neuen Taler (nach dem 14 Talerfuß) geschaffen, der 100 Jahre für Preußen - und bald auch für Goslar - die wichtigste Kurantmünze sein sollte. Im Krieg aber verschlechterte Preußen seine neue Währung, doch ließ König Friedrich II. sofort nach dem Kriege den guten Fuß wieder herstellen.

Auch in Goslar suchte man nach Auswegen aus dem dringenden Geldmangel. Noch einmal wurde C. H. R. Friese 1763/64 tätig und versorgte die Stadt mit allen notwendigen Kleingeldsorten (Abb.48-51), darunter in großen Mengen besonders den 1/12 Taler »nach dem Reichsfuß«. In Goslar geprägtes Geld wurde aber nun durch den Berghauptmann, als minderwertiges Geld außer Kurs gesetzt, das vielleicht vor Friese von einem Bürger der Stadt geprägt worden war. So mußte die Stadt im Oktober 1764 bekennen, daß es nicht gelungen sei, das von Friese genau nach dem Reichsfuß geprägte Geld zu vertreiben und ein großer Vorrat zurückgeblieben sei, der verbiete, mit dem Münzen forzufahren. Das war das Ende. Die Goslarer Münze wurde endgültig geschlossen. Die Zeit der selbständigen Prägung der Städte war vorbei. Wie wir heute wissen, wäre auch einer neuen Münze nur kurze Zeit geblieben. 1802 kam Goslar zu Preußen. Mit dem Verlust der Reichsfreiheit erlosch auch das Münzrecht.




ERKLÄRUNGEN

(a): Denar (lat. denarius), Silbermünze der römischen Kaiserzeit, seit dem Mittelalter (Karolingerzeit) Bezeichnung für den Pfennig (silberne Münze mit dem Wert von 1/240 Pfund).Der Ursprung ist ungeklärt, als Wort kommt der Name z. B. auf den Gittelder Pfennigen vor, (Ielithis penning). Nachdem der Pfennig im 13. Jahrhundert aufgehört hatte, die einzige Münze zu sein, wurde er im 15. Jh. zur Scheidemünze und um die Mitte des 18. Jh. zur reinen Kupfermünze.

(b): Brakteat (lat. Bractea = dünnes Blech), Gelehrtenwort vom Ende des 17. Jh. für Hohlpfennige, besonders des 12. und 13. Jh. Eine Glosse zu einer Urkunde von 1368 nennt erstmals »einen holen Pfennig« bracteat.

(c): Münzfuß ist die vom Münzberechtigten erlassene Bestimmung über das Gewicht (Schrot) und den Feingehalt (Korn) einer Münze. Der schwere Münzfuß unterscheidet sich vom leichten dadurch, daß weniger Münzen von gleicher Benennung aus einer bestimmten Menge Gold oder Silber geprägt werden.

(d): Schrot und Korn werden durch den Münzfuß vorgeschrieben. Schrot bedeutet Rauhgewicht (Bruttogewicht) einer Münze, Korn das Feingewicht (Edelmetallanteil einer Metallmischung).

(e): Lot und Karat sind Maß und Gewichtseinheiten im alten Münzwesen. Sie bestimmen die Feinheit von Edelmetallen (Lot bei Silber, Karat bei Gold). Feinsilber ist 16-lötiges Silber. Bei 8-lötigem Silber beträgt der Anteil des reinen Silbers an der Gesamtmasse 50%. Feingold ist 24 Karat. Bei 12 Karat beträgt der Anteil des reinen Goldes an der Gesamtmasse 50%.

(f): Mark ist eine alte Gewichts- und Währungseinheit. Im 11. Jh. verdrängte die Mark das römisch-karolingische Pfund. Die bekannteste und wohl bedeutungsvollste Mark ist die »kölnische Mark« von 233, 856 g. Die erste deutsche Reichsmünzordnung von 1524 setzte sie als Grundgewicht im Münzwesen fest, als welches sie sich bis 1857 behauptete.

(g): Schwertpfennig wurde vermutlich nach dem Schwert auf dem Münzbild so bezeichnet.

(h): Hohlpfennige, auch Schüsselpfennige genannt, werden in der Numismatik die aus dünnem Silberblech einseitig geprägten Münzen (Brakteaten) genannt, bei denen das Bild der Vorderseite auf der Rückseite vertieft erscheint. Im 14. Jh. werden sie als »hole penninghe« bezeichnet. Die Schüsselpfennige haben eine konkave Form und einen Perlrand oder einen glatten Fadenstreifen . In Goslar endete die Prägung von Hohlpfennigen 1708.

(i): Gran oder Grän (lat. granum = Korn) ist ein kleines Münzgewicht. In England entsprach es seit dem 8. Jh. einem Weizenkorn = 0,045 g. Nach 1524 entsprach es in Deutschland 0,812 g.

(k): Zain oder Zahn ist ein in einer Sandform oder Gießflasche gegossener Metallstreifen, aus dem nach der Weiterbearbeitung die Rohlinge (Schrötlinge) für die Münzprägung ausgestanzt oder ausgeschnitten wurden.

(l): Münzvereine. In Deutschland bildeten sich seit dem Interregnum Landfriedensbünde (Vereinigungen von Landesherren und Städten). Daraus entstanden Münzvereine mit dem Ziel, innerhalb bestimmter Wirtschaftsgebiete für Münzen mit gleichem Wert zu sor-

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