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Das Münzwesen und die Münzen Erfurts
Leitzmann, J.



§ 1 : Überblick der Geschichte Erfurts und dessen Regierungsveränderungen.   _ S.1
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§ 2 : Erfurts Gerechtsame und Handel.   _ S.3
Noch zu Anfang des dreizehnten Jahrhunderts finden wir zu Erfurt eine kaiserliche Burg, auf welcher die Grafen von Kefernburg und Gleichen gemeinschaftlich das Burggrafenamt verwalten und vom Kaiser zu Lehen trugen.
Hinsichtlich der Gerichtsbarkeit stand Erfurt nicht unter dem damals bestehenden Landgericht, sondern hatte das Recht erlangt, daß seine Bürger nur vor der städtischen Behörde belangt werden konnten. Diese städtischen Gerichte waren zweierlei: die höheren, sie verwaltete der Erzbischof von Mainz im Namen des Kaisers, welcher zur Ausübung derselben einen Schultheiß nebst übrige Gerichtspersonen ernannte; die niederen verwaltete unter dem Namen des Vogteigedinges der Graf von Gleichen.
Um die Mitte des 13. Jahrhunderts, in jener unruhigen, unter dem Namen des großen Interregnums bekannten Zeit, würde Erfurt sich eine unbedingte Freiheit verschaft haben, wenn nicht Mainz zu aufmerksam gewesen wäre, doch gingen die kaiserlichen und etwaigen landgräflichen Rechte verloren. In einer Urkunde des Erzbischofs Gerhard von 1289 werden die mainzischen Rechte in Erfurt aufgezählt, als: die hohe und peinliche Gerichtsbarkeit, die Freizinsen, das Münzrecht mit dem Schlagschatz, der Marktzoll nebst Markt- und Handelspolizei, die Aufsicht über Maaße und Gewichte, aber noch findet man kein landesherrliches Recht, sondern die Beamten sind der Schultheiß, der Vizdum [Vicedominus, Stellvertreter des Bischofs], der Markt- und Münzmeister mit sämtlichen Unterbeamten. Um diese Zeit kaufte die Stadt von den Grafen von Gleichen mit Bewilligung des Erzstiftes das Vogteigedinge.
Erfurts höchste Blühte war zu Anfang der 15. Jahrhunderts, wo durch Anschluß an den Hansebund, Handel und Gewerbe ungemein gehoben wurden, allein diese wachsende Macht trug auch schon den Keim ihres Verfalles in sich, sie erregte den Neid der Großen, des Erzbischofs von Mainz, so wie der sächsischen Fürsten, welche beide sich bestrebten, Erfurt ihrer unbedingten Oberherrschaft zu unterwerfen; doch scheiterte diese Ausführung an der großen Liebe der Bürger für ihre Freiheit, die sie mehrfach durch ihre Unbändigkeit teuer genug bezahlen mußten. Der Stolz und die unbesonnene Verschwendung des Rates, mehrere kostspielige Kriege und Feste, bedeutende Brände und innere verderbliche Unruhen verringerten mit reißender Schnelligkeit das ungeheuere Stadtvermögen, so daß sich Erfurt, welches der wachsenden Macht der beiden Nebenbuhler, Mainz und Sachsen, nicht mehr gewachsen war, beiden in die Arme warf, um wenigstens von einem nicht ganz erdrückt zu werden. Die große Schuldenlast von 500.000 Gulden wurde der Bürgerschaft bekannt und führte das bekannte "tolle Jahr" [1509-10] herbei, welche die Stadt in die Reichsacht stürzte. In dieser Not wandte sich die Stadt an den Erzbischof und bat um Hilfe. Albert der Zweite, ein staatskluger Mann, so wie seine Nachfolger ergriffen mit Freude diese Gelegenheit, sich als die Beschützer der Stadt aufzuwerfen, stillten durch weise Anordnungen den Aufruhr und suchten durch treffliche Einrichtungen, wiewohl unter vielen Kämpfen, den Wohlstand der Stadt wieder zu heben.
Nicht unwahrscheinlich ist es, daß Erfurt als Mittelpunkt und gewissermaßen als Tauschplatz zwischen Ober- und Niederdeutschland, keine unbedeutende Stapelstadt war, indem ihrer in dieser Eigenschaft im Anfange des neunten Jahrhunderts bereits gedacht wird. Nach den Capitularibus regum Francorum Tit.VII cap.2 verordnet Kaiser Karl der Große im Jahr 805, daß diejenigen Kaufleute, welche ihre Waren an die wendischen Völker verhandeln wollen, unter anderen ihre Niederlagen und Stapel zu Erfurt halten sollen. Als Handelsplatz erhielt Erfurt den Straßenzwang aller durch Thüringen geführten Güter, sie wurde mithin auch der Sitz des thüringischen Geleites. Alle Güter, welche aus den deutschen Seestädte nach Nürnberg, Bayern und Schwaben, von Leipzig und aus der Mark nach Frankfurt, den Rheingegenden und den Niederlanden zugeführt wurden, mußten durch Erfurt. Von hier holten die Bewohner der umliegenden Gegenden ihre Waren und so entstand ein beträchtlicher Spekulations- und Speditionshandel, der Erfurt zu einer nie wieder erreichten Größe erhob.

§ 3 : Geschichte des Münzwesens. Erste Periode: Die zweiseitigen Denare, Dickpfennige. _ S.4

§ 4 : Zweite Periode: Die Brakteaten. _ S.5

§ 5 : Dritte Periode: Die kleinen Brakteaten und Hohlpfennige. _ S.12

§ 6 :   Erfurt im Besitze des Münzrechtes.   _ S.14
Eine neue Periode in der Münzgeschichte Erfurts beginnt mit der Erwerbung Capellendorfs. Diese Herrschaft gehörte den Burggrafen von Kirchberg. Einer dieser Namens Hartmann verkaufte sie im Jahre 1347 an einen Bischof Heinrich von Hundolff, der sie im folgenden Jahre 1348 der Stadt Erfurt käuflich überließ und ihr sogar die Hälfte der Zahlung aus besonderer Liebe und Freundschaft schenkte. Mit dieser Herrschaft war die Ausübung des Münzrechtes verbunden. Dadurch sah sich mit einem Male die Stadt im Besitze einer Gerechtigkeit, nach welcher sie so lange vergebens gestrebt hatte. Kaiser Karl bestätigte diesen Kauf im Jahre 1352. Bisher hatten die Erzbischöfe ihre Münze zu Erfurt von Zeit zu Zeit an dortigen Magistrat verpachtet, worüber mehrere Urkunden in dem Provinzial-Archiv zu Magdeburg noch vorhanden sind. Nach einer solchen vom Jahre 1341 schloß der Erzbischof Heinrich mit der Stadt einen Vertrag, in welchem festgesetzt wird, dass dieselbe Münze zu Erfurt bis zum Tode des Erzbischofs unverändert und selbst dann, nachdem neue geprägt worden sei, noch ein halbes Jahr im Umlaufe bleiben sollte, cf. Falckenstein I.c.p.219. Ein ähnliches Übereinkommen wurde mit dessen Nachfolger, dem Erzbischof Gerlach, im Jahre 1352 getroffen, jedoch mit der Beschränkung, daß schon nach Verlauf von drei Jahren wieder neue Münze geprägt werden könne. Nach der Besitznahme der Herrschaft Capellendorf befürchtete der Erzbischof Gerlach große Nachteile für seine Münze und beeilte sich, wo möglich noch den größten Gewinn aus ihr zu ziehen, er überließ daher sie, so wie die zur Ausprägung nötigen Gerätschaften, mit Einwilligung seines Domkapitels, der Stadt eigentümlich im Jahre 1354 gegen Erlegung von 3000 Mark Silber und verzichtete zugleich zu Gunsten der Stadt auf die bisherige Erhebung des ehemaligen Schlagschatzes; behielt sich jedoch das Wiederkaufsrecht vor. Von nun an war der Schlagschatz der Stadt und diese, damals in großen Mitteln, bedurfte keiner solchen Zubuße, sondern stellte die seither übliche jährliche Umprägung der Pfennige ein. Daß aber, wie Wolff in seiner Geschichte des Eichsfeldes berichtet, über hundert Jahre die Münze gänzlich geruht habe, läßt sich bei dem großen Handelsverkehr der Stadt nicht erwarten, vielmehr wurde von Zeit zu Zeit fortgeprägt, wobei man aber den alten Stempel beibehielt, und da bei der jedesmaligen Prägung neuer Münzen ein Übereinkommen mit dem Erzbischof nicht nötig war, so liegt darin der Grund, warum wir keine schriftlichen Nachrichten aus dieser Zeit über die Münze besitzen.
Zu den ältesten Münzen dieser Zeitperiode gehört noch ein Brakteat, welcher in einem Schilde das Familienwappen des Erzbischofs Heinrich III. Grafen von Vierneburg, der 1328 bis 1353 regierte, führt, worüber man dessen Kopf mit der Inful und darum die Umschrift MARTIN' erblickt. Er mag in einer Zeit ausgeprägt sein, in welcher derselbe das Münzrecht noch selbst ausüben ließ. Die übrigen von der Stadt geprägten Pfennige tragen teils das Bild des sitzenden Erzbischofs, teils dessen Brustbild mit einem Krumm- oder Kreuzstab und einem Buche in der Hand. Diese mögen die letzten sein, welche vor 1354 ausgeprägt worden sind. Mit dem völligen Besitz des Münzrechts hörte die Darstellung des erzbischöflichen Bildes auf den Münzen auf und dessen Stelle vertrat das Stadtwappen, ein sechsspeichiges Rad, allein immer noch mit der Umschrift MARTIN' um jedenfalls die Ehrerbietung gegen den Schutzpatrons nicht zu verletzen. Alle diese Pfennige sind von reinem fünfzehnlötigen Silber und im Jahr 1840 wurden davon am Datenberg unweit Tabarz im Herzogtum Gotha von einigen Arbeitern gegen 9 Pfund im Gewicht ausgegraben. Unter ihnen befanden sich auch viele von Schwarzburg, Mansfeld, Arnstadt, Gotha, Eisenach, Mühlhausen, Nordhausen, Weißensee u.s.w.; sie sind größtenteils in das herzogliche Cabinet zu Gotha gekommen, doch auch eine bedeutende Anzahl davon in meine Sammlung. Als abweichende Stempel findet man das Rad in einem Schilde, zwei Räder neben einander, dieselben aber nur zur Hälfte dargestellt. Von der ersten Gattung mit einem Rad hat man auch einen halben Pfennig, Scherf genannt, der sehr selten ist und in nur wenigen Exemplaren sich in dieser großen Masse befand. Ich habe ihn bereits in meiner numismatischen Zeitung, Jg.1840 Tab.III N.21 abbilden lassen.
Die hierher gehörigen Urkundenauszüge, so viele ich habe auffinden können, sind: ...
Von dem Jahre 1373 bis 1422 findet sich über das Münzwesen Erfurts keine Nachricht vor und eben so wenig lassen sich aus genanntem Zeitraume bestimmte Münzen ausweisen. Ein Umstand, der die Angabe Falkenstein's zu bestätigen scheint, daß der Rat zu Erfurt in diesen Jahren nicht habe münzen lassen. Dies lässt sich einigermaßen dadurch erklären, daß in dieser Zeit die aufkommenden Groschen sich über ganz Sachsen, Thüringen und die angrenzenden Länder verbreitet hatten, so daß sie die beliebteste Münze ausmachten, mit welcher man weit und breit Handel treiben konnte. Fast alle Verträge und Käufe wurden in dieser Münzsorte abgeschlossen, auch in Erfurt waren sie allgemein gültig und der Stadtrat hatte sogar deren Annahme verfügt, weil damals Sachsen der Schutzherr Erfurts und seines Gebietes war. Dies erläutert eine Beschwerde des Landgrafen Ludewig von Hessen, welche er im Jahre 1440 an den Rat richtete, und worin er sich beklagte, daß man seine zu Schmalkalden geschlagenen Groschen verboten habe, und bitten, man solle sie eben si wie die der Fürsten zu Sachsen und Thüringen gelten lassen. Dabei darf man nicht übersehen, daß diese Groschen von der Größe eines halben Guldens und so dick wie unsere gegenwärtigen Groschen waren, mithin nicht ausreichend für den Kleinhandel; gewiß hat nun Erfurt in der Ausprägung der bisherigen Pfennige, deren 12 auf eine neuen Groschen gingen, fortgefahren, oder es waren von den früheren Geprägen noch deren so viele im Umlauf, daß eine Reihe von Jahren die weitere Ausprägung unterbleiben konnte. Von jenen meißnischen Groschen wurden im Jahre 1830 zu Erfurt bei Wegräumung des Brandschuttes an der Marktstraße eine große Anzahl, gegen 500 Stück, aufgefunden, ein Teil davon kam nach Leipzig, und 300 in meine Hände. Unter ihnen waren nur sehr wenige Erfurter Groschen vom Jahre 1468, aber durchaus keine hessischen. Im Rathausarchiv zu Erfurt befindet sich noch eine Urkunde vom Jahr 1452, nach welcher ein Bürger namens Hans Fungke in demselben Jahr sich anheischig macht, drei Jahre hindurch, alljährlich dreißig Mark Silber in erfurtischen Pfennigen auszuprägen, welche zur Entrichtung der Freizinsen benötigt wurden. Ich wede die Abschrift derselben dem Abschnitt über Freizinsen beifügen. Mit dem Jahr 1468 fühlte man den wieder eingetretenen Mangel an Scheidemünze und der Rat sah sich genötigt, das durch den Nichtgebrauch verjährte Münzrecht mit dem Erzbischof Adolph zu erneuern; demnach wurden nicht allein Pfennige und Scherfe wieder geschlagen, sondern auch eine für Erfurt ganz neue Gattung, die großen Groschen, wie sie seither aus der erzbischöflichen Münze zu Heiligenstadt hervorgegangen waren. Merkwürdig ist es, daß diese Groschen zugleich die ersten Münzen sind, denen die Jahreszahl aufgeprägt wurde. In der Vertragsurkunde des Erzbischofs Adolph mit der Stadt vom Jahre 1468 erklärt sich der Erstere dahin, daß er dem Rat, welcher die Münze allezeit zu gebrauchen das Recht gehabt hätte, die weitere Ausprägung zugesteht, so wie die Annahme eines Münzmeisters, doch sollte der Schlagschatz, welcher nach der Urkunde des Erzbischofs Gerlach der Stadt überlassen worden war, zwischen dem Erzbischof und dem Rat geteilt werden. Wollte aber Letzterer keinen Schlagschatz erheben, so solle er dem Erzbischof so viel, als der Schlagschatz betrüge, entrichten, dagegen sollte der Rat, so lange er münze, mit keiner anderen silbernen Münze beschwert werden, würde er aber dies zu tun unterlassen, so sollte das Erzstift, wie zuvor geschehen, zu Heiligenstadt oder anderswo silberne Münzen schlagen dürfen. Daraus ersieht man, das Erfurt vor dieser Zeit von der zu Heiligenstadt geprägten erzbischöflichen Münze, welche in ganz geringhaltigen Groschen bestand, überschwemmt worden war. Die darüber ausgestellte Urkunde befindet sich in einem Erfurter Copialbuche des Provinzial-Archivs zu Magdeburg.
Diese neue Ausprägung geschah in feinem Silber, wie die Groschen, welche 14lötig sind, zur Genüge dartun, sie scheinen sehr angenehm gewesen und von den angrenzenden Bewohnern wegen ihres feinen Gehaltes mit einem Aufgeld angenommen worden zu sein, daher erließ in Jahr 1469 der Rat ein Verbot bei 50 Mark Silber Strafe und fünf Jahre Landesverweisung, des Aufkaufens und Einwechselns inländischer Münzen, um sie in das Ausland zu schaffen. Ein Einwohner, der deshalb überführt würde, sollte vorgenannte Strafe erleiden, ein Ausländer aber nie wieder das Erfurtische Gebiet betreten. Außer dieser Groschen findet man auch Pfennige und Scherfe mit dem Rade und der Umschrift ERFORD jedoch ohne Jahreszahl. In jener für Erfurt günstig scheinenden Periode, die aber wahrhaft verderblich war, wo der Erzbischof Diether vom Kaiser Friedrich nicht anerkannt wurde, finden sich Spuren vor, daß Falschmünzer zu Erfurt fremde Münzsorten von schlechtem Gehalt nachahmten, wogegen 1477 die Kurfürsten zu Mainz, Trier und Pfalz, sowie der Herzog von Jülich den Rat auffordeten, solche Verfälscher zu bestrafen. Aus dieser Zeit haben wir auch städtische Pfennige und Scherfe, letztere mit der Jahreszahl 74 (1474), sie führen das Rad, teils allein, teils auch mit den capellendorfischen Pfählen und sind sehr geringhaltig, kaum sechslötig. Ihrer geschieht Erwähnung in einer 1476 ausgestellten Urkunde bei Faber von den Freizinsen p.89. Der Landgraf Wilhelm von Hessen suchte im Jahr 1490 abermals bei dem Rat nach, seinen Groschen im Erfurtischen Gebiet Geltung zu verschaffen, und schickte deshalb im genannten Jahre seinen Münzwardein Conrad Nolde mit einem Beglaubigungsschreiben nach Erfurt, um darüber zu verhandeln. Dies muß eineigen Erfolg gehabt haben, denn im Jahre 1492 zeigte der selbe Landgraf dem Rat an, daß er Hans von Gotha zum Münzmeister in Schmalkalden angestellt habe. Um diese Zeit geschieht mehrerer Konferenzen, welche von verschiedenen Orten in Münzsachen gehalten wurden, Erwähnung, dies berechtigt zu der Annahme, daß damals das Münzwesen in eine ziemliche Verwirrung muß geraten sein. So wurden in einem zu Oschatz im Jahr 1490 gehaltenen Konvent die Erfurtischen Groschen mit den Pfählen und dem Rade geprüft, es gingen deren 36 auf ein Lot und es hielt die Mark 4½ Lot fein. Obwohl die sächsischen Fürsten in demselben Jahre an die Stadt Erfurt ein Schreiben ergehen ließen, mit ihnen um des allgemeinen Besten willen von gleichen Korn und Schrote auszuprägen, nämlich die Mark Groschen aus 5 Lot und 101 Stück auf dieselbe zu schroten, desgleichen Pfennige zu 4½ Lot fein und deren 37 auf ein Lot, so scheint doch der Rat nicht darauf eingegangen zu sein, denn es haben sich bis jetzt keine Groschen von diesem vorgeschriebenen Gehalte vorgefunden. Neben jenen geringhaltigen Groschen, zu deren Ausprägung sich der Rat, wegen zunehmender Ausfuhr der feinhaltigen und wegen gleich geringen Münzfußes der Nachbarstaaten, veranlaßt sah, wurden fleißig kleine einseitige Pfennige und Scherfe geprägt. Sie führen im Schilde das Rad, oben ein E als Anfangsbuchstaben der Stadt und zu den Seiten, die Jahreszahl. Ich besitze deren mit 95. 96. 97 und 98. Einige davon nebst mehreren anderen aus der Umgebung wurden im Jahre 1848 bei der Reparatur im Dom von einem Maurergehilfen in der Turmmauer gefunden und gelangten in meine Hände.

§ 7 :   Das Markgewicht.   _ S.18
In den älteren Zeiten, wo das edle Metall noch unvermischt ausgeprägt wurde, bediente man sich bei größeren Zahlungen der Waage und wog sich sowohl ungemünztes als gemünztes Gold und Silber nach Pfunden oder nach Marken zu. Diese Gewichtsmarken waren aber nicht völlig gleich und man richtete sich größtenteils nach der, welche in den nächstgelegenen Handelsstädten eingeführt war. So finden wir die Mark von Köln, Troyes, Magdeburg, Erfurt, Wien etc.
Der bedeutende Handel Erfurts hatte der auch daselbst eingeführten Mark eine weite Verbreitung verschafft, welche nach Zurücksetzung der Prager Mark im fünfzehnten Jahrhundert in ganz Sachsen allgemeine Annahme fand, bis die Kölnische, zum Reichsmünzfuß erhoben, sie nebst den übrigen verdrängte. Die Mark hielt 8 Unzen oder 16 Lot, wurde häufiger bei Silber- als bei Goldzahlungen gebraucht, und seitdem man anfing die Silbermünzen mit Kupfer zu versetzen, unterschied man die feinen Mark, d. h. 16 Lot reines Silber, von der lötigen oder rauhen Mark, welche 16 Lot vermischtes Silber enthielt. Nun hat man gemeiniglich die Erfurter Mark der Kölner gleich geachtet, allein dem war nicht so, wie sich aus dem "gründlichen und ausführlichen Bericht von Bergwerken", herausgegeben von dem fürstlich braunschweigischen geheimen Bergrat und Stallmeister Georg Engelhardt von Löhneiß, ersehen läßt, derselbe sagt S.187: "Die Beschickung der Münze, so nach Reichs Schrot und Korn geschieht, ist nach der Kölnischen Mark, wiewohl die Nürnbergische und Erfurtische Mark ein Quentlein und mehr schwerer ist, als die Kölnische." Durch diese Bemerkung gewinnt man bei Feststellung der Erfurter Mark den Anhalt, daß sie mit der Nürnberger übereinstimmte. Das Verhältniß der Nürnberger zu der Kölnischen Mark hat uns der Hofkammerrat Hirsch in seinem Reichs-Münz-Archiv in der im Vorbericht befindlichen Tabelle hinterlassen, welche der markgräflich Ansbachsche Münzverwalter Franz Taurinus zu Schwabach nach genauer Prüfung entworfen hat. Er sagt daselbst: 100 Mark Nürnberger Gewicht gleichen sich vollkommen aus mit 102 Mark 5 Lot 2 Quenten 25/62 Pf. Kölnischen Gewichts, oder 100 Kölnische Mark sind gleich 97 Mark 11 Lot 1 Quente 1⅓ Pf. Nürnberger Gewichts. Daraus geht hervor, daß die Nürnberger und somit auch die Erfurter Mark um 1 Quente 21/104 Pfennig schwerer ist, als die Kölnische, oder die Kölnische besteht in 65,536 Richtteilen, somit enthielt die Erfurter 67,0746/13.
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§ 8 :   Münzwesen der Stadt seit 1500.   _ S.20
Nach dem sogenannten tollen Jahre befand sich Erfurts Staatsvermögen in der größter Zerrüttung, dies bewog den Rat, gleich den Nachbarfürsten vom Jahr 1521 ab ganz geringhaltige Silbermünzen, bestehend in großen Groschen und einseitigen Pfennigen, auszuprägen, die kaum eine Spur von Silber an sich tragen; sie sind selten und ich besitze deren von den Jahren 1521 und 1525. Bei dem im Jahr 1525 ausgebrochenen Bauernaufstand, wo von diesem Gesindel alle Gold- und Silbergefäße den Kirchen entwendet wurden, nahm der Rat den schweren silbernen Sarg, welcher die Gebeine des Adolarius und Eodanus umschloß, aus dem Stifte beati Mariae virginis, um ihn vor der Raubgier zu sichern, in Verwahrung, allein eingetretener Geldmangel veranlaßte ihn, denselben einzuschmelzen und Pfennige daraus prägen zu lassen, die schon damals den Namen Sargpfennige erhielten. Sie zeichnen sich vor allen übrigen durch nichts aus, sind einseitige Hohlpfennige, mit dem Rad und darüber stehende Buchstaben E, wie deren früher uns später mehrere ausgeprägt wurden. Dominicus in seiner Geschichte Erfurts, cf. I.Teil p.174, irrt sehr, wenn er unter N.2 einen bischöflich halberstädtischen Pfennig für einen solchen ausgibt. Im Jahr 1531 wurde der Münzmeister des Bischofs zu Münster zum Tode verurteilt, weil er die Münzen vieler Fürsten und Städte, namentlich auch der Stadt Erfurt und zwar ganze und halbe Pfennige, nachgeprägt hatte. Der Rat suchte sie wieder einzulösen und gab für drei oder vier Stück einen neuen Pfennig.
Diese neue Münze bestand teils in Pfennigen, deren beide Seiten geprägt waren, teils in einseitigen Hellern. Erstere trugen auf der Hauptseite ein behelmtes Wappen mit dem Rad, desgleichen ein solches auf der Rückseite mit den Pfählen, darüber 1534; letztere zwei neben einander stehende Wappenschilde, rechts das Rad, links die Pfähle, darüber 1534 und unten ein E. Die Heller der späteren Jahre haben nur ein halbes Rad und die drei Pfähle nebst unvollständiger Jahreszahl, nämlich 40, 41 u.s.w. statt 1540, 1541. Im Jahr 1543 wurde Erfurt von einer Menge ausländischer geringhaltiger Münzen überschwemmt, wodurch sich der Rat genötigt sah, eine Verordnung zu erlassen, nach welcher jede fremden Münzsorten auf ihren wahren Wert herabgesetzt wurden. Vorzüglich betraf dies meklenburger ganze Taler, dänische und schwedische halbe und henneberger kleine Münzsorten. Die gegen Ende des vorigen Jahrhunderts aufgekommenen Taler fanden überall großen Beifall, auch Erfurt führte sie ein und ließ solche zuerst im Jahr 1548 prägen. Gemeiniglich nimmt man an, daß die auf ihnen vorkommende Umschrift auf den damaligen Religionskrieg hindeute, dem Kaiser den schuldigen Gehorsam nicht zu versagen, aber dabei auch der angenommenen lutherischen Religion treu zu bleiben. Von diesem Jahr an wurden alljährlich eine große Menge Heller, ähnlich denen von dem Jahr 1540 geprägt, die ich bis zum Jahr 1569 vollständig besitze, der letzte ist von dem Jahr 1609.
Die große Verschiedenheit des inneren Gehaltes der Münzen, welche von Fürsten und Städten ausgeprägt wurden, veranlaßte den Kurfürsten zu Sachsen zu einer Vereinigung derselben, in welcher eine allgemeine Feinausprägung festgesetzt wurde; auch Erfurt hatte sich dieser Ordnung 1571 unterworfen. Es ist daher ein Irrtum, wenn eine geschriebene Chronik sich bei demselben Jahr so ausdrückt: "Nachdem auch des Reichs publicierte Münzordnung mitbrachte, daß kein Kurfürst einem Stande oder einer Stadt seine Münzgerechtigkeit zukommen lassen sollte, derohalben die kurmainzischen concessionen zu münzen, der Stadt Erfurt geschehen, nicht mehr gelten; dazu die Stadt das Schloß Capellendorf, dazu sie auch einen Münzgerechtigkeit erlangt hatte, vor Zeiten nicht mehr in ihren Händen war, und ihr also das Münzen verboten war, hub sich der Rat von nächsten Jahren 1570 und 1571 an, sich danach zu richten." Jenes Reichs-Münzedikt, gegeben zu Augsburg 1559 sagt: "Ferner als sich auch erfinden thut, daß etlich, so zu münzen Freiheit erlangt, Ir gerechtigkeit andern verkaufen, verleihen, oder in andern weg vergönnen und zustellen, daraus nicht geringer schaden dem gemeinen nutz ein Zeit lang entstanden, daß die Münzen hiedurch in abfall kommen, so setzen, ordnen und wollen wir, daß sich alle münzgenossen jetz gemelder unziemlicher Ding enthalten und mit den münzmeistern oder jemandt andern außerhalb gebürlichen Besoldung in keinen weg pacisciren oder einig gething machen, sondern daß ein Jeder Münzherr oder Stand auf sein selbs eignen Costen und Verlag, mit golt silber und allen andern, die münz, so er anderst münzen will, verlegen, zu dem unser und des reichs und sein münz frei ohn alle gefehrte auffrichtig halten soll." In dem zu Speier 1570 gegebenen Reichstags-Abschiede §.132 steht: "daß wer sein Münzrecht untreulich mißbraucht, desselben verlustig sein soll. Wer ferner ein Münzrecht hat, soll es keinem andern verkaufen oder verleihen und es sollen daher alle genießliche verbotnen pacta, Geding oder Verschreibung cassirt und keineswegs vollzogen werden." Da aber Erfurt auf legale Weise von dem mainzischen Erzbischofe Gerlach das Münzrecht erkauft hatte, sich bei Ausprägung seiner Münzen den Bestimmungen der Kreisstände anschloß, dieser Vertrag aber kein genießlich verbotener war, so hatte jene kaiserliche Verordnung auf Erfurt keinen Bezug. Weiter sagt jener Reichsabschied: "obwohl in dem Münzedikte jedem Münzherrn oder Stande geringe Münzsorten, als Pfennige und Heller, so viel man deren in seinem Gebiete bedürfe, zu münzen erlaubt sei, doch daß der Pfennige nur 636 auf die cöllnische Mark gehen und daß aus derselben feinen Mark nicht mehr als 11 Gulden und 5 Kreuzer an Hellern ausgebracht werden sollen, so ist doch am Tage, wie verächtlich diesem Edikte zuwider gehandelt wird, da etliche Münzstände auf die Mark an Pfennigen über 8-900 aufgestückelt, an den Hellern auch kein Maaß gehalten, darum sie alle gute Reichsmünze häufig aufwechseln, in den Tiegel werfen, zu bösen Pfennigen oder Hellern vermünzen und damit alle Lande ausfüllen, dagegen wir gebührlich ernstliche Strafe vorzunehmen uns vorbehalten. Damit aber solch übermäßig betrüglich Pfennig und Heller Münzen abgeschafft werden möge, setzen und wollen wir, daß das Pfennig und Heller Münzen durchaus hiermit verboten und eingestellt werden soll." Diese Strenge veranlaßte mehrere Münzstände, auch die Stadt Erfurt, das bisherige Ausprägen der geringen Pfennige und Heller auszusetzen, und wir finden daher bis zum Jahr 1595 keine solche Scheidemünze von der Stadt. Da sie nun wegen der vielen im Umlauf befindlichen meißnischen Groschen, auch keine größeren Münzen ausprägen ließ, so trat sehr bald ein abermaliger Mangel an Scheidemünzen ein, demnach ersuchte der Rat die Kreisstände, ihm die Ausprägung von Dreiern, Pfennigen und Hellern zu gestatten. Ein solches Gesuch hatte der Rat abermals im Jahr 1588 bei dem zu Frankfurt an der Oder gehaltenen Kreiskonvente eingereicht, welcher Bescheid ihm darauf geworden, habe ich nicht auffinden können. Daß aber Erfurt vom Jahr 1592 wieder münzte, wird aus dem Abschied des obersächsischen Kreises von demselben Jahr, zu Leipzig gehalten, ersichtlich. Bei dieser Versammlung wurde der erfurtische Münzmeister Hans Liphart, welcher zuvor Wardein und Münzmeister zugleich, aber noch nicht auf die Ordnung vereidigt war, in Eidespflicht genommen. Dieser erscheint in seinem Amt bis zum Jahr 1599, ihm zur Seite stand 1597 Hans Weber als Wardein. Obigem Verbot zuwider muß der Rat um das Jahr 1595 abermals geringhaltig haben ausprägen lassen, weil der obersächsische Kreiskonvent zu Frankfurt an der Oder in seinem Bericht vom Jahr 1595 erwähnt, daß in Erfurt allerhand der Münzordnung zuwiderlaufe. Gegen diese Beschuldigung scheint der Rat sich damit verwahrt zu haben, daß jene ungesetzlich geprägten Münzen von Betrügern ausgegangen seien, denn der Kreisabschied zu Wittenberg 1596 befiehlt der Stadt, auf solche Betrüger ein scharfes Auge zu haben und sie hart zu bestrafen. Auf dem zu Leipzig im Jahr 1597 gehaltenen Kreistag erscheint der Wardein Hans Weber, um Rechenschaft über die zu Erfurt ausgeprägten kleinen Münzen, als Dreier und Pfennige, abzulegen, doch wird er dessen mit dem Bemerken überhoben daß, weil die Stadt bei dem großen Sterben wenig geprägt habe, er das nächste Jahr wieder erscheinen solle. Auf dieses große Sterben ließ der Rat eine Gedächtnismünze prägen, die in Gold und Silber vorgefunden wird, und mit deren Stempel noch zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts Silbermünzen nachgeschlagen wurden. Im folgenden Jahr kam eine ähnliche Münze zum Vorschein, welche eine ausführlichere Inschrift enthält. Der Münzmeister Hans Liphart starb 1599 und an seine Stelle kam Florian Gruber, er wurde auf dem obersächsischen Kreistag im genannten Jahr in Pflicht genommen und mußte auf Befehl des Stadtrats im Jahr 1600 den 27. Oktober Freipfennige prägen, die feine Mark zu 14 Lot 16 Grän; also fast immer noch nach dem alten Fuß, wie bereits im Jahr 1452 Hans Fungke zu prägen verbindlich gemacht wurde.
Einen sehr interessanten kupfernen Rechenpfennig des Münzmeisters Florian Gruber habe ich erst kürzlich entdeckt und für meine Sammlung erhalten, er ist von der Größe eines Vierpfennigstückes, äußerst selten und enthält in seiner Umschrift eine geschichtliche Notiz, welche ich in keiner Chronik angetroffen habe.
Einer wiederholten Aufforderung von Seiten der Kreisstände, die geringhaltige Ausprägung der kleinen Münzen einzustellen, scheint der Rat nicht nachgekommen zu sein, denn es finden sich deren von dem Jahr 1595 bis 1598 vor. In dem 1602 in Jütebock ausgestellten Bericht des obersächsischen General-Wardeins Christoph Biener finde ich folgende Notiz: "Die wohlgeborenen und edlen Herrn, Grafen zu Schwarzburg und Honstein lassen zu Erfurt auf Vergünstigung eines erbaren Rats-Münze und durch ihren Münzmeister Florian Gruber und Wardein Hans Weber, welche Ihre gräfliche Gnaden dazu bestellen und annehmen lassen, ganze, halbe und Ortsthaler, Groschen, Dreier und Pfennige münzen." Weiter befindet sich darin: "Der erbare Rat der Stadt Erfurt läßt kleine Münzsorten, als Dreier, Pfennige und Heller münzen, deren gehen 41 auf das Lot, thun auf eine Mark 626 Stück, solche probiert hält die Mark 4 Lot fein scharf, es sind also solche Pfennige in Schrot die Mark um 26 Stück zu schwer oder gut, und an Korn bestehen sie gegen des heiligen Reichs Münz- und Probations-Ordnung." Aus dieser Angabe ist ersichtlich, daß jene mehrfachen Ermahnungen des Kreistages endlich den Rat vermocht hatten, bessere Münzen ausprägen zu lassen; allein nur wenige sind von diesen Pfennigen noch vorhanden, sie sind einseitig, führen zwei neben einander gestellte Wappenschilde, das Rad und die Pfähle, darüber 16E02. Man kennt deren bis zum Jahr 1622, von welchem ich einen einseitigen Silberheller besitze, der ein ausgeschweiftes Schild mit einem Rad trägt, darunter +E+ und neben dem Schild die Jahreszahl 16-22, ein ganz zierlich ausgearbeiteter Stempel; von der größeren Gattung wurden im Jahr 1844 einige 50 Stück zu Gebesee in einem Grabgewölbe aufgefunden, die sämtlich in meine Hände gelangten. Auf den mit der Jahreszahl 1603 versehenen Pfennigen befindet sich unter dem Wappen ein G als Anfangsbuchstaben des Münzmeisters Florian Gruber. Wie lange derselbe seinem Amte vorstand, habe ich nicht auffinden können, er muß es vor 1607 aufgegeben und sich anderswohin gewendet oder privatisiert haben, erst im Jahr 1615 erscheint er in gleicher Eigenschaft zu Nordhausen, wo er im genannten Jahr als Münzmeister angenommen wurde. Seine Stelle in Erfurt erhielt im Jahr 1607 Hieronymus Kronberger, 1609 auch Gronberger geschrieben, welcher auf mehreren Münzen ein G auch H.G. zum Münzzeichen führte. Zu gleicher Zeit erwähnt eine Urkunde von 1607 einen Andreas Wachsmuth, welcher der Falschmünzerei verdächtig ist. Hier kann ich nicht unterlassen, der Zeitfolge gemäß einer thalerförmigen Denkmünze zu erwähnen, welche im Jahr 1603 angefertigt wurde. Die Veranlassung dazu gab ein vom Rat angeordnetes feierliches Schießen, welches am 19. August genannten Jahres vor dem Johannistor abgehalten wurde. (Weinrich) in seiner kurzgefaßten und gründlichen Nachricht von Erfurt beschreibt p.25 denselben Taler, setzt aber am Schluss der Inschrift noch hinzu A.C.M.DC.III was ich jedoch auf keinem Exemplar angetroffen habe. Nicht minder verdient eine einseitige silberne Gedächtnismünze Erwähnung, welche von der Größe eines halben Guldens, aber nur 19 Gran schwer ist und Nachrichten über das im Jahr 1611 stattgefundene Sterben enthält.

§ 9 :   Die Kipperzeit.   _ S.24
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§ 10 :   Erfurt unter schwedischer Besatzung, und bis 1670.   _ S.28
...
Seiten 30-31 fehlen

§ 12 :   Münzwesen von 1756-1802.   _ S.34
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§ 13 :   Die Freipfennige.   _ S.36
Die Entstehung der Freigüter, sagt Faber in seiner historisch-juristischen Abhandlung von den Freigütern und Freizinsen im Erfurtischen p.19, ist im elften oder zwölften Jahrhundert zu suchen und steht in der engsten Verbindung mit der Verfassung der erzstiftisch mainzischen Dienstmannschaft in und um Erfurt. Es gab bereits im elften Jahrhundert in Erfurt und dessen Gebiete eine Menge dem Erzbischof von Mainz dienstbare Leute, die keine eigene Erbschaften, sondern größtenteils Lehn- und des Erzbischofs eigene Güter besaßen. Diese machte Erzbischof Adalbert der Erste um das Jahr 1120 zu freien Leuten, gab ihnen ihre Besitzungen als ein freies Eigentum und behielt sich von allen diesen Gütern nur einen Zins vor, den sie alljährlich zum Andenken an die erlangte Freiheit entrichten mußten, und der deshalb Freizins genannt wurde. Dieser besteht in einer geringen Abgabe und beträgt meistenteils von einem Gut nicht mehr, als einen oder einen halben Freipfennig, welcher in einer festgesetzten Zeit entrichtet werden mußte und zwar vom ersten Werktag nach Martini bis zum Elisabethtag, also volle acht Tage, daher erhielt diese Woche den Namen "die Freiwoche". An jedem dieser Tage, mit Ausnahme des Sonn- oder Festtages, wurde dieser Zins in den Morgenstunden von 6-11 Uhr eingenommen, wer nach Verlauf dieser Frist seinen Zins nicht entrichtet hatte, der verfiel in eine Strafe, welche sich von Tag zu Tag steigerte und schon nach dem drittmaligen Erinnern, oder Klopfen, wie es genannt wurde, 10 Taler für die Freizins-Einnehmer, 60 Groschen für den Gerichtsvogt und 20 Groschen für den Gerichtspedellen betrug. War nach der dritten Klopfung ein Jahr verflossen und der Zins nicht entrichtet, so wurde der Zinspflichtige verklagt, konnte er sich nicht verantworten, so zog der Zinsherr das Gut ein, doch stand dem seitherigen Eigentümer die Vergünstigung zu, besonders wenn er unvermögend war, nach Verlauf eines Jahres um einen billigen Preis es wieder an sich zu bringen. Die Entrichtung dieses Freizinses bestand in der damaligen Geldsorte, welche wir unter dem Namen Brakteaten kennen. Er gab deren zwei Gattungen, die größeren zum Wert eines Pfennigs, danarius, die kleineren zum Wert eines halben Pfennigs, obolus genannt. So lange diese Münzsorte in gutem reinen Silber ausgeprägt wurde, fand sich der Zinsherr befriedigt, als jedoch gegen das Ende des dreizehnten Jahrhunderts das Münzwesen zu Erfurt sehr in Verfall geriet und die Pfennige nur zwölflotig ausgeprägt wurden, sah sich der Zinsherr durch den ihm dabei zu Teil werdenden Verlust genötigt, solche fernerhin nicht anzunehmen, und verordnete, daß dieser Zins in eigens zu diesem Zweck aus feinem Silber geschlagenen Pfennigen, welche Freipfennige genannt wurden, entrichten werden mußte. Wenn gleich über deren erste Ausprägung keine geschichtliche Nachricht vorhanden sind, so vermute ich doch aus oben angeführtem Grunde, daß dies zuerst um 1300 geschehen sei. Dieser Vermutung scheint der XXXIII. Paragraph der im Jahr 1306 entworfenen Statuten der Stadt Erfurt zu bestätigen, worin es heißt: "welcher Mann Erdengeld oder Erbzins geben soll, der mag eine Mark Silber dem Erbherrn geben, wenn er's annehmen will, wo nicht, so gebe er ihm zwei Pfund Erfurter Pfennige vor eine Mark." Die Ausprägung dieser Freipfennige geschah sowohl in Erfurt, als auch in der erzbischöflichen Münze zu Heiligenstadt, und es ist unwahrscheinlich, daß der Kurfürst in den Jahren, in welchen der Rat zu Erfurt seine Münze nicht in Stand hatte, oder nicht ausprägte, solche Freipfennige in Heiligenstadt ausmünzen ließ. Daß dies aber, wie Wolf in seiner Geschichte des Eichsfeldes II.Bd. p.164 angibt, in dem ganzen Zeitraum von 1345 bis 1468 geschehen sei, so daß Erfurt seine Freipfennige lediglich von Heiligenstadt her hätte holen lasse müssen glaube ich durch eine gegenwärtige noch im Ratsarchiv zu Erfurt befindliche Urkunde widerlegen zu können. Nach dieser verpflichtet sich im Jahr 1422 ein erfurter Bürger Hans Fungke, drei Jahre hindurch die Freipfennige aus fünfzehnlotigem Silber zu Erfurt zu prägen. Ich werde diese Urkunde dem Schluss dieses Paragraphen anfügen. Auch Falkenstein und vor ihm Gudenus in seiner historia Erfurtensis geben an, da vor 1468 über hundert Jahre zurück, die Bürger aus Heiligenstadt ihre Freipfennige hätten holen müssen. Bei letztgenanntem Jahr sagt Falkenstein: "Hierauf hob der Rath an, im mainzischen Hofe, wo das Münzeisen war, die silbernen Freipfennige zu münzen und von St. Elisabethtage an eine Woche lang zu verkaufen, damit wurden die Freizinsen im mainzischen Hofe entrichtet und galt einer 4½ Pfennige. Dadurch wurde der Stadt das onus los, solche aus Heiligenstadt, oder andern mainzischen Münzen zu holen, welches sie über hundert Jahre lang hat thun müssen." Im Jahr 1468, wo die Stadt hinsichtlich der ferneren Münzprägung mit dem Erzbischof Adolph einen neuen Vergleich schloß, fing auch der Rat an, neue Freipfennige schlagen zu lassen und an die zinspflichtigen Bürger zu verkaufen. Daß in diesem Zeitraum vielleicht öfters zu Heiligenstadt solche Freipfennige ausgeprägt wurden, allein mit Unterbrechung, und daß auch der Rat zu Erfurt solches tun ließ, bestätigen die vorhandenen geschichtlichen Nachrichten. Auch späterhin wurde damit fortgefahren, wie solche Pfennige aus den Jahren 1528, 1654 und 1660 beweisen. Nach einer im Ratsarchiv befindlichen Nachricht vom Jahr 1600 ließ der Rat durch den erfurtischen Münzmeister Florian Gruber abermals solche Freipfennige schlagen, welche in der Mark 12 Lot 16 Grän fein halten mußten. Um dieselbe Zeit, entweder vor oder nach Gruber, befand sich im Dienste des Rates ein Münzmeister mit Namen Heinrich, dem ebenfalls der Auftrag gegeben wurde, neue Freipfennige zu prägen. Die darüber noch vorhandene Handschrift ist ohne Jahreszahl und befindet sich am Schluss abgedruckt. Über die Ausprägung dieser Freipfennige gibt uns der Küchenmeister Nicolaus Engelmann in seiner 1495 angefertigten Freizins-Ordnung folgende Nachricht: "Der Münzmeister soll alle Jahre zeitlich vor Martini zu dem Küchenmeister kommen und ihn bitten, so er ein Münzeisen bei sich hätte, darauf nicht neulich gemünzt, und das zum Münzen noch tauglich wär, daß er ihm solches leihen wolle. So er dann so eins finden mag, leihet er es ihm, wo aber keines da ist, darauf vor 4 oder 5 Jahren nicht gemünzet, oder das zu der Münze nicht tauglich wäre, solches soll der Münzmeister dem Rathe und der Rath soll alsdann ein neues Eisen auf seine Kosten schmieden, darnach den Münzmeister bei den Küchenmeister schicken und ihn fragen lassen, was für ein Gepräge darauf geschnitten weden soll. Alsdann bespricht sich der Küchenmeister mit den Amtleuten und sagt es dem Münzmeister, und darum soll der Münzmeister das Eisen zeitlich von Martini fordern und münzen, ob sich nach dem Münzen befinde, daß die Pfennige an Gewicht und Gehalt nicht genugsam befunden, daß er vor der Zinszeit andere machen möchte und die Zinsleute nicht damit gesäumt werden. Dernach gießt der Münzmeister die Schrot und plettet die Pfennige, und alsbald er damit fertig ist, soll er zum Küchenmeister gehen und ihm das ansagen und bitten, ihm zu erkennen zu geben, auf welchem Tage er kommen und münzen solle; das sogt ihm der Küchenmeister. Alsdann soll er mit einem Knechte oder Knaben kommen und im erzbischöflichen Hofe zu Erfurt in der alten Kapelle münzen, und dieweil er drinnen münzt, zu essen und zu trinken haben, so gut als die Amtsleute essen und trinken. So der Münzmeister alsdann ausmünzt, sagt ihm der Küchenmeister, daß er auf einen nämlichen Tag zu Mittag erscheine, die Münze und zwei des Raths Kämmerer mit zwei Knechten mit sich bringe und giebt solches dem Vitzdum, Siegeler, Schultheißen und Freiboten auch zu erkennen, die alle essen zu Mittage im gemelden Hofe und so man gegessen hat, soll der Münzmeister alle Pfennige, die er gemünzt hat, auf den Tisch schütten und sagen: nach altem löblichen Herkommen und aus Kraft meines gnädigsten Herrn und seiner fürstlichen Gnaden und Stifts hergebrachter löblicher Herrlichkeit und Obrigkeit, habe ich die Freipfennige bearbeitet und geprägt, und bitte, man wolle sie aufziehen, wägen, zählen und probieren lassen; ich will verhoffen, sie sollen an Schrot, Gewicht und Korn gerecht und wie verordnet, sich befinden, und wo sie die anders finden würden, daß sie er jetzt sagen und hernach schweigen. Darauf lassen die Amtleute dem Münzmeister seine Waage aufziehen und sehen, ob sie gleich hanget und mit dem ersten gleichen Loth, darnach jeglichem eine Mark der gemünzten Silberpfennigen mit demselben wägen, wiegen und zählen, sollen derselben 38 auf ein Loth und 600 auf eine Mark gehen; findet sich dann, daß die Zahl und Gewicht recht sind, heißen sie alsdann die Kämmerer und den Münzmeister entweichen und und bereden sich und lassen sie wieder zu sich kommen und sagt einer der Amtleute: Sie haben die neue Münze an Gewicht und der Zahl recht gefunden, wollen aber dieselbe hernach probieren lassen, und wo sie an Gehalt geringer, denn geordnet, befunden, solle ein Ehrbarer Rath ihrem gnädigsten Herren den Bürgern zu Erstattung thun, darum so sollen sie zeitlich vor Martini gewacht werden. Alsdann bittet der Münzmeister im Beisein der Kämmerer, die Amtleute, daß sie erlauben wollen, daß ein Ehrbarer Rath die neuen Pfennige ausgeben und verkaufen lassen möge. Solches erlauben die Amtleute. Alsdann giebt der Münzmeister dem Küchenmeister das Eisen, darauf diesmal gemünzt ist, der behält solches im Hofe. So das alles geschehen ist, geben die Raths Kämmerer den nachgeschriebenen von den neuen Pfennigen: nämlich dem Vitzdum, dem Schultheißen, dem Küchenmeister, dem Freiboten, dem Koch, dem Kellner, dem Pförtner, jeglichem einen Schilling, das sind 12 Pfennige und dem Küchenknaben 6 Pfennige, macht zusammen 7½ Schilling."
Wie lange dieser Freipfennig im Gebrauch blieb, kann zwar nicht genau bestimmt weden, allein wir haben dergleichen vom Jahr 1660 und dies müssen unstreitig die letzten gewesen sein, da, wie Falkenstein in seiner Chronik angibt, sie 1664 bereits abgeschafft waren. Sie wurden damals mit 4½ Pfennig Usualmünze, worunter meißnische Pfennige oder ein halber hessischer Weißpfennig verstanden wurde, gleich gestellt. Dies bestätigte eine neue im Jahr 1708 vom Kurfürsten Lothar Franz erlassene Freizins-Ordnung.

§ 14 :   Die Denkmünzen der Stadt.   _ S.39
...

§ 15 :   Erfurter Marken.   _ S.40
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§ 16 :   Urkunden.   _ S.41
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:   Taf.I.   _ nach S.52

Zweite Lieferung (Schluß) 1864 : Beschreibung der Münzen


I :   Münzen mit dem Bilde des Kaisers: N.1 ff   _ S.53
II :   Münzen der Erzbischöfe: N.6 ff   _ S.54
III :   Münzen nach Verpachtung des Münzrechtes geprägt.   _ S.73
III A :   - mit dem Bild des Erzbischofs in ganzer Figur und mit Umschrift: N.194 ff   _ S.73
III B :   - mit dem Brustbild des Erzbischofs und Umschrift: N.238 ff   _ S.75
III C :   - mit Turmgebäuden und Umschrift: N.272 ff   _ S.77
III D :   - mit dem Bild des Erzbischofs in ganzer Figur, aber ohne Umschrift: N.276 ff   _ S.77
III E :   - mit dem Brustbild des Erzbischofs, allein ohne Umschrift: N.330 ff   _ S.80
IV :   Münzen der Stadt nach selbst erlangtem Münzrecht, nach 1352 geprägt: Nr.353ff   _ S.81
V :   Freipfennige: N.366 ff   _ S.82
VI :   Münzen der Stadt, nach 1450 geprägt: N.390 ff   _ S.84
VII :   Münzen von den Erzbischöfen geprägt, nachdem der Stadt das Münzrecht entrissen worden war: N.570 ff   _ S.94
VIII :   Münzen während schwedischer Besitznahme geprägt: N.763 ff   _ S.106
IX :   Marken der Stadt: N.787 ff   _ S.109
X :   Denkmünzen auf besondere Ereignisse und gelehrte Männer geprägt: N.800-856   _ S.110-119



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