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Dedikationsmedaille der Stadt Nürnberg für Kaiser Karl V. von 1521
"gehört zu den besten Beispielen der frühen deutschen Medaillenkunst" [H. Maué]

Am 28. Juni 1519, 5 Monate nach Ks. Maximilians Tod, wurde sein Enkel Erzherzog Karl, inzwischen Kg. Carlos I von Spanien, von den Kurfürsten in Frankfurt zum Nachfolger des Kaisers gewählt. 16 Monate später reiste Karl aus Spanien zur Krönung in Aachen (23.10.1520) an. Man erwartete, dass der erste Reichstag nach der Krönung anschliessend in Nürnberg stattfinden würde. So stand es in der Goldenen Bulle von 1356 und so war es mit Karl vereinbart. Für die Reichsstadt Nürnberg, Aufbewahrungsort der Reichskleinodien, war dies eine grosse Ehre. Zu den umfangreichen Vorbereitungen in Nürnberg gehörte auch die Anfertigung eines außergewöhnlichen Geschenkes, das den Geschmack wie auch das technische Geschick Nürnberger Handwerkerkunst widerspiegeln sollte ("nicht der werdt sondern die arbeit und die kunst" wurde hervorgehoben). Man entschied sich für eine Dedikationsmedaille auf den Kaiser und beauftragte die fähigsten Bürger der Stadt, den Künstler Albrecht Dürer und den technisch erfahrenen Medailleur Hans Krafft mit der Ausführung.
Bis zu 100 dieser ungewöhnlich grossen Medaillen mit hohem Relief wollte die Stadt fertigen lassen. Sie sollten dem Kaiser geschenkt werden, wenn dieser zum Reichstag in Nürnberg einzog.

Zum Entwurf der Medaille durch Albrecht Dürer (1471-1528)
Albrecht Dürer fertigte Entwurfszeichnungen für die Dedikationsmedaille, konnte sich dabei aber nur auf graphische Blätter und Beschreibungen stützen. Dürers Bildnis zeigt Karl daher wenig lebensnah sondern betont das Repräsentative: Karl erscheint erstmals gekrönt und im Prunkharnisch. Vorbild für die Rückseite war der ebenfalls in Nürnberg entstandene Locumtenenstaler (Statthaltertaler) des Kurfürsten Friedrich der Weise. An die Stelle des königlichen Adlers tritt aber nun der kaiserliche Doppeladler. Dürers Werkzeichnungen haben sich leider nicht erhalten.

Morton & Eden, London (12.2005) #41: £170,000 realised and (12.2009) #233: £225,000 realised, ex Slg. Fürstenberg (1933)
Berühre die Abbildung, um die Rückseiten zu sehen.
Silbermedaille 1521 auf Ks. Karl V., Nürnberg.     Ø 71,2 mm, 197,04 g.
Mende 13, Habich 18, Bernhart 62, Scher 77.

Vs.:   im vertieften Innenfeld : CAROLVS:V: - :RO:IMPER:
Karl im Zierharnisch mit Ordenskette und Goldenem Vlies. Krone mit Lilienreif und zwei Bügeln.
Umrahmung aus zwei Blattkränzen, dazwischen 14 gekrönte Wappen (im Uhrzeigersinn oben beginnend): Kastilien, Aragón, León, Neapel, Sizilien (?), beide Sizilien, Jerusalem, Sevilla (thronender König),
Neu-Kastilien, Galizien, Alt-Valencia, Toledo (Krone), Granada und Navarra.
Oben: Die Säulen der Herkules mit Spruchband PLUS ULTRA (Karls Devise), dazwischen Krone,
Feuereisen und funkender Feuerstein (aus der Ordenskette).

Rs.:   im vertieften Innenfeld: Nimbierter Doppeladler, das Feld gut ausfüllend.
Brustschild: Österreich|Burgund.
Jahreszahl 15- 21 zwischen den Adlerflügeln (2. Reversstempel)
Umrahmung aus zwei Blattkränzen, dazwischen 13 gekrönte Wappen: Sardinien, Córdoba, Korsika,
Murcia (6 Kronen), Jaén (gekrö. Büste), Algarve (3 Morenköpfe), Algeciras, (N), Mazarrón,
Terrae occidentales (leeres Schild), Minorca (Schildkröte), Mallorca, Kanarische Inseln und Gibraltar.
Das N im Kreis symbolisiert Nürnberg.
Der Rat der Stadt Nürnberg hatte noch im Juni 1520 seinen in Augsburg weilenden Ratsschreiber mit Erkundigungen zu Heraldik, Devise und Titel des Kaisers beauftragt. Bemerkenswerterweise kommen nur Wappen des mütterlichen Erbes aus Spanien im Wappenkranz vor. Vielleicht sollte damit Karls Machtzuwachs gegenüber seinem Vorgänger Ks. Maximilian angezeigt werden.

Eine technische Glanzleistung
Die Stärke der Medaille beträgt im Randbereich etwa 7 mm. Auf dem abgesenkten Innenfeld der Vorderseite erhebt sich ein bis zu 5 mm hohes Relief. So entsteht ein ungemein plastischer Eindruck. Als Prägung mit 71 mm Durchmesser stellt diese Medaille eine herausragende technische Leistung dar.

Zur Herstellung geprägter Medaillen durch Hans Krafft d.Ä. (1481-1542)
Kurfürst Friedrich der Weise hatte 1507 repräsentative Statthaltermedaillen nach Entwürfen von Lucas Cranach in Auftrag gegeben. Sie sollten ein hohes Relief aufweisen, wie bei Gussmedaillen üblich. Sie sollten aber geprägt werden, denn Prägungen ermöglichen schärfere Konturen und glänzend verdichtete Oberflächen. Das hohe Relief machte die Prägungen aber sehr schwierig. Erst 1513 gelang es Hans Krafft in Nürnberg, von einem Stempelpaar 74 Ausprägungen im Gewicht von zwei Gulden zu schlagen, bevor einer der Stempel riß. Hans Krafft war also 1520 auf die Herausforderungen der Dedikationsmedaille gut vorbereitet, sowohl als Stempelschneider wie als Prägetechniker. Er hat wahrscheinlich die folgenden Techniken einsetzen müssen:
- Die zu prägenden Schrötlinge wurden gegossen, erhitzt und dann überprägt.
- Die Prägung geschah mit der Schraubenpresse, einer neuen Vorrichtung zur kontrollierten Druckausübung.
- Die Prägung wurde aufgeteilt auf zwei Stempel je Seite, einen für den Aussenkranz und einen für den Innenbereich.

Im August 1520 entschied der Kaiser, seinen ersten Reichstag nicht in Nürnberg, sondern 1521 in Worms abzuhalten. Für Nürnberg war dies eine herbe Enttäuschung. Die Arbeit zur Medaille war inzwischen soweit fortgeschritten, dass die Stadt sie nicht abbrechen wollte. Mit Schreiben vom 17. Feb. 1521 wurde der Nürnberger Delegation in Worms unter dem Siegel der Verschwiegenheit ein Muster der Medaille zugesandt. Die Delegation sollte in Erfahrung bringen, wie opportun eine Übergabe der Medaillen in Worms sein würde und wie die anderen Reichsstädte mit Geschenken verfahren wollten. Das unbekannte Antwortschreiben veranlasste die Stadt, das Vorhaben der Dedikationsmedaille zurückzustellen. Die Gründe sind unbekannt: vielleicht war ein Geldgeschenk willkommener, vielleicht war das bartlose Bildnis nicht mehr zeitgemäss. Der Kaiser hatte sich inzwischen einen Bart wachsen lassen, der sein Erscheinungsbild erwachsener machte.
Auf seiner Reise in die Niederlande zeigte Dürer im Juni 1521 die Medaille Margarete von Österreich. Doch sie fand kein Gefallen am Werk, wohl wegen dem jugendlichen Bildnis (Dürers Bericht). Der Kaiser bekam die Medaille wohl nie zu Gesicht.
1613 waren 24 der Medaillen sowie die dazugehörigen Stempel im Nürnberger Rathaus inventarisiert und aufbewahrt. Anfang des 19. Jh. gelangten die Prägestempel in Privatbesitz. 1906 berichtet G. Habich: "Bei dem Versuch einer Neuprägung, der vor geraumer Zeit auf der Münze in München angestellt wurde, gingen sie beim ersten Schlag in Stücke". Die verloren gegangene Prägeerfahrung des Hans Krafft wäre offensichtlich sehr nützlich gewesen! Von den Medaillen sind 12 Originale erhalten. 1987 begab sich Hermann Maué auf Spurensuche und rekonstruierte die Geschichte dieser bemerkenswerten Medaille.

Lit.:
• Hermann Maué,   Die Dedikationsmedaille der Stadt Nürnberg für Kaiser Karl V. von 1521,
    in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 1987, S.227-244.
• H. Maué,  Hans Krafft   in: S.Scher (Ed.), The Currency of Fame: Portrait Medals of the Renaissance,
    1994, p.203-204.
• H. Maué,  Benvenuto Cellinis Ausführungen zur Münz- und Medaillenprägung - Beobachtungen an
    geprägten Renaissance- und Barockmedaillen
,   in: Interdisziplinäre Tagung zur Geschichte der
    neuzeitlichen Metallgeldproduktion, Tagung in Stolberg(Harz) im April 2006, S.151-172.
• P. Grotemeyer (1970) und H. Maué (1987 & 2006), in Aussschnitte über Hans Krafft (PDF-Datei ohne Abb.).
• Germanisches Nationalmuseum Nürnberg: Das Nürnberger Exemplar der Dedikationsmedaille.
• Rainer Wohlfeil,   Porträtgalerie: Bildnisse zur Kaiserwahl   (zum Vergleich mit Dürers Medaillenbildnis).

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