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Sintermetalle für Münzen und Medaillen

Peter Hammer
NNB 6/2009 S.228-231


1. Einleitung

Münzen und Medaillen werden im allgemeinen über eine Schmelze, über den flüssigen Zustand des Metalls, hergestellt. Im Gegensatz zum Schmelzen wird beim Sintern der Schmelzpunkt des Metalls nicht erreicht. Die einzelnen Metallteilchen sintern unter Druck und Temperatur so zusammen, dass der Zusammengehalt gewährleistet ist, jedoch noch Hohlräume vorhanden sind. Metallphysikalisch betrachtet, finden dabei Vorgänge der gegenseitigen Diffusion statt, die umso intensiver sind, je höher die Temperatur ist.

Um sintern zu können, muss zunächst körniges oder pulveriges Material vorliegen. Das kann bei der Gewinnung des Metalls bereits der Fall sein, wie z.B. beim Goldwaschen. Meist werden jedoch die Körner durch industrielle Verfahren hergestellt. Zu den wichtigsten Verfahren gehören die mechanische Zerkleinerung (Schlagmühlen bei Eisen), Verdüsen von Schmelzen, chemische Reaktionen und Elektrolyse. Die Körner werden dann in einer Form zusammengepresst - verdichtet - und einer Wärmebehandlung, dem eigentlichen Sintervorgang, unterzogen.

Die Vorteile des Verfahrens sind:
- es konnten Metalle gesintert werden, deren Schmelzpunkt nicht erreicht wird, z.B. Platin (1774° C, Wolfram (3380° C),
- verschiedenste Komponenten sind gleichmäßig mischbar, z.B. Kobalt mit Wolfram oder Aluminium mit Aluminiumoxid Al2O3, die schmelzmetallurgisch nicht mischbar sind,
- es ist ein geringerer Energieverbrauch nötig infolge niedrigerer Temperaturen, etwa nur 1/4 der Schmelztemperatur in Kelvin,
- es tritt kein Materialverlust auf.

Die Nachteile sind:
- die Herstellung eines Pulvers,
- die Presstechnik ist nur in einer Richtung möglich (für Münzen kein Nachteil),
- die Porigkeit der Erzeugnisse führt zu höherer Korrosionsgefahr.

2. Frühe Anwendung der Sintertechnik

Die Sintertechnik kam zunächst überall dort zur Anwendung, wo die Schmelztemperatur nicht erreicht wurde.
Die gesamte Herstellung keramischer Erzeugnisse beruht auf der Sintertechnik, weil die keramischen Werkstoffe sehr hohe Schmelztemperaturen (Quarz 1713° C, Aluminiumoxid 2050° C, Calciumoxid 2585° C) aufweisen. Aus den Tonteilchen oder Lehmteilchen wird ein Gegenstand geformt, der anschließend gebrannt wird. Dabei laufen bei hoher Temperatur Sintervorgänge ab. In späteren Jahren wird daher die Sintertechnik bei Metallen auch als Metallkeramik bezeichnet.
Zu den frühesten Anwendungen in der Metalltechnologie gehörte die Eisengewinnung im Rennfeuer. Auch hier wurde der Schmelzpunkt des Eisens von 1539° C nicht erreicht, und die Metallteilchen sintern noch unterhalb der Schmelztemperatur zusammen. Die entstehende Luppe wurde anschließend durch Hämmern verdichtet.

3. Münzen und Medaillen aus Sintermetallen

In der Münzgeschichte ist das Sinterverfahren für eine Vielzahl von Metallen nachgewiesen. Neueste Untersuchungen mit verschiedenen Methoden, z. B. ein Vergleich der Dichtemessung mit der chemischen Analyse, bringen weitere Erkenntnisse.


Abb.1: Sinterplatin, Russland, 3 Rubel 1828, Ø 23,5 mm, 10,4 g

Das Phänomen der hohen Porosität bei manchen keltischen, römischen und mittelalterlichen Edelmetallmünzen, die sich durch eine niedrigere Dichte als die kompakten Metalle auszeichnen, geben Hinweise, z.B. bei keltischen Goldnominalen, auf die Verwendung von Waschgold und den Vorgang einer Sinterung.
Zu den ersten großtechnischen Verfahren der Herstellung von Sintermünzen, die literarisch dokumentiert sind, gehört wohl das im Jahre 1826 in Russland angewendete Sinterverfahren für Platinmünzen (Abb.1). In dieser Zeit wurde der Schmelzpunkt von 1774° C noch nicht erreicht. Das Platin wurde aus einer Ammonium-Platin-Chlor-Verbindung als metallisches Platin ausgefällt, gepresst, bei 800 bis 1000° C gesintert, geschmiedet und geprägt.

Die Verwendung von Sintereisen erlangte großtechnische Bedeutung. Bestimmte Betriebe spezialisierten sich auf die Herstellung von Sinterteilen. Auf Sinterformteile aus Krebsöge (Krebsöge Sintermetall Bonn) weist eine Autoplakeue hin (Abb.2).


Abb.2: Sintereisen, Werbemarke von Krebsöge, ohne Jahr, 42,1 x 29,2 mm, 16,7 g

Aus Eisenpulver wurden Medaillen zu DDR-Zeiten im Eisen- und Hüttenwerk Thale hergestellt. Die Verwendung von Eisenpulver stellte primär eine Notlösung durch die Zwangsbewirtschaftung der Buntmetalle dar. Die Technologie konnte jedoch soweit getrieben werden, dass letztendlich gutaussehende und korrosionsfeste Medaillen entstanden.
Bei der Herstellung der Medaillen wird aus Eisenpulver zuerst ein Rohling (Grünling) gepresst, der die Form der Ronde besitzt. Dieser Rohling ist noch nicht mechanisch stabil. Er wird bei etwa 1100°C geglüht, wobei die Sintervorgänge ablaufen. Danach ist er so stabil, dass er zu einer Medaille geprägt werden kann. Durch die noch vorhandenen Poren ist die Korrosionsgefahr besonders hoch. Es wird daher eine Tränkung der fertigen Medaille in Lack oder Wachs angeschlossen. Es wurden zahlreiche Nachbehandlungsmethoden dieser Sintereisenmedaillen erprobt. Eine ansprechende kupferrote gleichmäßige Oberfläche mit ausreichendem Korrosionsschutz erbrachte eine Spritzung mit Kupferpulver in Zaponlack. Denselben Korrosionsschutz mit stahlgrauem Aussehen der Medaille lieferte die Spritzung nur mit Zaponlack der Medaille "650 Jahre Ehrenfriedersdorf" (Abb.3).


Abb.3: Eisen-Sintermedaille, 650 Jahre Bergstadt Ehrenfriedersdorf, 1989,
K. Müseler, Bd.III 15.4.169, Hersteller Eisenhüttenwerke Thale, Ø 60,1 mm, 74,6 g

Das Metallwerk Unterfranken in Bad Brückenau ist ein bedeutender Betrieb der Pulvermetallurgie, der heute mit der Herstellung von Zahnrädern, Pleueln, Gleitlagern u.a. Weltbedeutung besitzt. Zum 20-jährigen Bestehen der Firma im Jahre 1980 emittierte das Metallwerk eine aussagekräftige Sintermedaille (Abb.4), auf der neben der Ansicht des Werkes das Porträt von Prof. G. Zapf, einem Pionier der Pulvermetallurgie, dargestellt ist. Dieser Sintereisenmedaille ist Kupfer beigemischt, damit eine geringere Porosität und ein höherer Korrosionswiderstand erreicht wird.


Abb.4: Eisen-Sintermedaille mit Kupferanteil, 1980, Bad Brückenau, Ø 60,2 mm, 120 g



Abb.5: Bronze-Sintermedaille, Int. Pulvermetallurgische Tagung Dresden 1969, Ø 60,1 mm, 49,7 g

Kupfer und Kupferlegierungen, wie Sinterbronze, werden ebenfalls großtechnisch für Sinterteile wie Gleitlager, Buchsen, Formteile, Halbfabrikate und Filter eingesetzt. Zur IV. Internationalen Pulvermetallurgischen Tagung im Jahre 1969 in Dresden wurde eine Sinterbronze-Medaille (Abb.5) emittiert, auf der schematisch die Herstellung von Metallpulver durch Versprühen dargestellt ist. Sinterteile gerade aus Bronze können sehr unterschiedlich in der verwendeten Korngröße sein. Während man für Medaillen sehr feinkörniges Pulver verwendet, ist das Pulver z. B. für Filter grobkörnig. Auch für Sinterformteile mit geringer mechanischer und auch chemischer Beanspruchung verwendet man grobkörniges Material, wie auch für das Sinterformteil für die Umrahmung einer Ehrenmedaille (Abb.6) des Bergbau- und Hüttenkombinats Freiberg. Bei diesem Teil sind die großen Körner schon mit bloßem Auge zu erkennen.


Abb.6: Sinterbronze als Einrahmung einer Kupfernickelmedaille, ohne Jahr, Ø 40 mm, 200 g Gesamtgewicht

Silber wurde in Österreich zur pulvermetallurgischen Herstellung der Olympia-Münzen für die XII. Winterolympiade im Jahre 1976 verwendet. Man erhielt dichte, hellklingende Ronden, und es war möglich, einen Weißsiede- und Poliervorgang anzuwenden. Es wurde sehr optimistisch über die Anwendung der Pulvermetallurgie berichtet. Jedoch zeigt die Münze (Abb.7) keinen erfreulichen Anblick. Es gibt Stellen mit starker örtlicher Fleckenkorrosion in Form von dunklen Stellen, die auf eine höhere Empfindlichkeit des Sintermaterials hinweisen.


Abb.7: Sintersilber, 100 Schilling Österreich 1976, Ø 36 mm, 24,00 g, Ag640
[Ersatzbild entnommen aus: http://www.muenzkatalog-online.de/katalog/muenzen/muenze_5235.html]

Auch Aluminium wird pulvermetallurgisch zu Halbzeugen verarbeitet. Ein großer Fortschritt war dabei die Erkenntnis, dass ein Anteil von 6 bis 13 % Aluminiumoxid dem Sinteraluminium hohe mechanische Festigkeit auch bei hohen Temperaturen verleiht. Die Sintertechnik ermöglichte diese Zusammensetzung, die schmelzmetallurgisch nicht möglich ist. Eine Medaille (Abb.8) aus Sinteraluminiumpulver (SAP) weist auf den Besuch des Papstes Johannes Paul II. in Fulda im Jahre 1980 hin.


Abb.8: Aluminium-Sintermedaille, Papstbesuch Fulda 1980, Ø 60 mm, 40,7 g
[Ersatzbildbeschaffung bei Ebay, aber ohne Angaben zu Gewicht und Material]

Es ist anzunehmen, dass sehr viel Anstrengungen unternommen wurden, um den Herstellungsprozess der Münzrohlinge aus Sintermaterial zu verbessern. Ab und zu tauchen gesinterte Münzen auf, ohne dass diese als solche in der Literatur oder in Katalogen erwähnt werden. Ein 50-Cent-Stück von Liberia (Abb.9) ist als Probemünze aus Sintermaterial geprägt und als solche an den Flecken auf dem Revers und an dem porigen Rand zu erkennen. Die hier auftretenden großen Sinterteilchen und die großen Poren sind einer Korrosionsfestigkeit abträgig.


Abb.9: Sinterlegierung, Liberia, 50 Cents 1889, Ø 30,3 mm, 9,5 g
[Ersatzbildbeschaffung mislungen]

Wenn hochschmelzende Metalle verarbeitet werden, so werden meist nach neuesten Methoden Sinterverfahren angewendet. So lässt sich z.B. Nickel und Kobalt mit Schmelzpunkten von 1455 und 1492°C leichter über sintermetallurgische Verfahren als über Schmelzen darstellen, zumal heute Metallpulver direkt aus Erzen gewonnen werden. Für die Gewinnung von reinem Nickel-, Kupfer- und Kobaltpulver wird die Methode der Wasserstoff-Druck-Hydrometallugie angewendet.

Eine Kobaltmedaille (Abb.10) aus Sinterwerkstoff wurde von der Sherritt Mint in Kanada aus Anlass der Internationalen Kobalt-Konferenz in Gorham im Jahre 1979 geprägt.


Abb.10: Sinterkobalt, Kanada, Sherritt Mint (1979, ohne Jahr) Ø 32,8 mm, 13,2 g
[Ersatzbildbeschaffung mislungen]

4. Zusammenfassung

Gepräge aus Sinterwerkstoffen zeichnen sich infolge von Poren durch eine geringere Dichte gegenüber kompakten Werkstoffen aus. Die Poren können das Aussehen beeinträchtigell und die Korrosionsgefahr erhöhen. Münzen sind infolge des Umlaufs einem höheren Korrosionsangriff als Medaillen ausgesetzt. Heute ist man in der Lage durch den Einsatz von feinkörnigem Pulver sowie durch Druck- und Temperaturerhöhung bei der Verarbeitung den Porenanteil und die Porengröße zu senken und die Korrosion durch geeignete Beimengungen weiter zu vermindern.

Anmerkungen
1 P. Hammer: Metall und Münze. Leipzig 1993, S. 60.
2 F. Skaupy: Metallkeramik. Weinheim 1950.
3 A. Burkhardt, H. G. Bachmann, R. Dehn, W. B. Stern: Keltische Münzen aus latenezeitlichen Siedlungen des Breisgaus. In: Fundberichte aus Baden-Württemberg, Bd. 27, Stuttgart 2003, S. 294.
4 Patentschrift DD 299 999, Verfahren zur pulvermetallurgischen Herstellung von Prägeteilen aus Eisenbasiswerkstoffen., 03.07.89.
5 S. Schider: Pulvermetallurgische Münzherstellung einst und jetzt. Radex-Rundschau 1977,2, S.181-186.
6 Tuhin K. Roy: Hydrogen in Pressure Hydrometallurgy - An Analysis of early work. 9th Cultural Heritage Symposium, Laval University, Quebec ,Canada, 7.9.2007.
7 P. Hammer: Cobalt - ein seltenes Metall für Münzen und Medaillen. In: mt 7-8/1996, S.24-25.


Bemerkungen zu "Sintermetalle" (von Eberhard Link in NNB 7/2009, S.275)
Den Beitrag von Peter Hammer über Sintermetalle für Münzen und Medaillen im NNB 6/2009, S.228 ff., habe ich mit besonderer Aufmerksamkeit in mich aufgenommen, das liegt an dem in ihm u.a. vorgestellten russischen Drei-Rubel-Stück von 1828. Das war wohl die erste Münze aus Platin, die in St. Petersburg für den Umlauf geprägt wurde. Da damals Platin noch nicht geschmolzen werden konnte, mussten die Plättchen für diese frühen Stücke nach einem sehr klugen und unendlich umständlichen Verfahren pulvermetallurgisch hergestellt werden. Dass das aber gerade bei der zur Illustration herangezogenen Münze nicht der Fall war, zeigt sich schon in der - nicht übertrieben brillianten - Abbildung. Sie hat nach meiner Meinung schon die feine Ausprägung der Wäppchen auf den Flügeln des Zaren-Adlers. Sie repräsentieren die Territorien, die von den Moskauer Großfürsten zum russischen Reich zusammengezwungen wurden, so dass diese sich schließlich Zaren und Selbstherrscher von ganz Russland nennen konnten.
Ein Stück wie das abgebildete kann nach meiner Meinung nur eins mit einem alten Stempel auf ein späteres Plättchen aus geschmolzenem Platin geprägtes sein. Ergo ist das kein adäquates Beispiel für das interessante Thema.
Da ich in jüngeren Jahren auch eifrig Russland sammelte, wenn mich auch die Münzen nach westeuropäischem Muster, wie sie Peter der Große mit dem Knüppel einführte, nicht sonderlich interessierten, so hat sich doch vor Jahrzehnten ein Drei-Rubel-Stück von 1834 aus Platin dazugesellt. Obwohl es noch recht gut erhalten ist, ist nicht jedes der Wäppchen auf den Flügeln deutlich herausgekommen, was für gesintertes Platin spricht. Noch immer Sintermetall, obwohl es schon der siebte Jahrgang der Platin-Ausgaben war. Das ist aber nicht das einzige Indiz für Sintermetall. Sein spezifisches Gewicht ist 19,99, gegossenes Platin hat dagegen 21,46. Die Ursache liegt in der schwammigen Konsistenz des Sintermetalls. Und noch ein bezeichnendes Phänomen zeigen die echten alten Stücke der frühen Jahre: sie sind schwach magnetisch. Das kommt von geringen Mengen Eisen, die sie enthalten. Das geht bei meinem Exemplar so weit, dass ich es mit einem Magneten aus seinem Kompartiment im Schuber eines Beckenbauer-Kastens heben kann.
Nach alledem ist es vielleicht verständlich, dass es mich kitzelt, wenn wieder einmal prächtig erhaltene Platin-Münzen für sehr viel Geld den Besitzer wechseln, die nach meiner Meinung nicht immer das sind, was sie zu sein vorgeben. Aber darauf wende ich den alten Rechtsgrundsatz an "Volenti non fit iniuria" oder denke salopp "Nicht mein Bier!" Und ich denke an eine alte Anekdote von einem Sammler, der einem Händler - damals meist mosaischen Glaubens - vorjammerte, er sei anderswo mit einer Erwerbung für die Sammlung fürchterlich hereingefallen. Die kurze Antwort war: "Hättste was gelernt!" ...


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