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Löwentaler

Hans Herrli
MünzenRevue 7+8/1994 S.912 f


Löwentaler ist der deutsche Name der niederländischen Leeuwendaalder, einer Großsilbermünze, die von der Provinz Holland erstmals im Jahre 1575, während dem Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien, geprägt wurde. Im Laufe der Zeit entstanden verschiedene Varianten des Löwentalers, aber die in den Niederlanden entstandenen Münzen zeigen alle auf der Vorderseite einen geharnischten Ritter mit dem holländischen Provinzialschild und eine die Herkunft bezeichnende Umschrift. Auf der Rückseite findet sich der steigende Löwe von Holland und die Umschrift: CONFIDENS DOMINO NON MOVETUR (Wer Gott vertraut, wird nicht wankend).


Provinz Friesland Leeuwendaalder 1609 (Ø41 mm, Delm.852)

Der Löwentaler, der anfänglich 32 Stüber galt und damit etwas überbewertet war, wurde mit einem Rauhgewicht von 27,648 g und einem Feingewicht von 20,736 g ausgebracht. Nach Holland stellte schon 1578 auch Utrecht die Prägung der von den Generalstaaten gemäß der Genter Pazifikation von 1577 im Namen Philipps II. ausgegebenen Münzen ein und ging zum Löwentaler über; 1598 folgte auch Geldern diesem Beispiel und 1606 wurde der Löwentaler dann zu einer offiziellen Münze der Generalstaaten.

In die verwirrende Vielfalt der in den verschiedenen Provinzen der Niederlande umlaufenden Münztypen sollte 1659 eine allgemeine Münzerneuerung Ordnung bringen, doch gab es nachher immer noch vier verschiedene Arten großer Silbermünzen von unterschiedlichem Gewicht und unterschiedlicher Legierung: den Rijder (Reitertaler) zu 63, den Rijksdaalder (Reichstaler) zu 52, den Silberdukaten zu 50 und den Löwentaler zu nun 42 Stüber. Während der Rijder und der Silberdukaten, welche den früheren Nominalen des Ducatons und des Patagons entsprachen, für den inländischen Zahlungsverkehr bestimmt waren, diente der Reichstaler vorwiegend dem Handel mit den Ostseeländern, der Löwentaler hingegen dem Levantehandel. Bis zur Einstellung der Prägung der Löwentaler - die letzten entstanden 1713 in Westfriesland - entstand der Münztyp in nicht weniger als zwölf niederländischen Münzstätten.

Wie fast jede erfolgreiche Handelsmünze wurde auch der Löwentaler an zahlreichen Orten nachgeahmt, so im 17. Jahrhundert im dänischen Helsingör, in Emden, Jever, Brandenburg und Innsbruck, von den Grafen von Rietberg und in mindestens zwölf italienischen Münzstätten. Einige Münzherren, denen es hierbei vor allem um eine Maßnahme zur Förderung ihres Levantehandels ging, brachten ihre Löwentaler mit dem Silbergehalt der zeitgenössischen niederländischen Originale aus, änderten aber das Münzbild oder die Legenden so ab, daß die Imitationen klar als solche erkennbar waren. Neben diesen hauptsächlich nördlich der Alpen angesiedelten Münzstätten gab es aber auch andere, speziell in Italien, die nur auf ein betrügerisches Geschäft mit stark verschlechterten, anonymen oder nur schwer indentifizierbaren Prägungen aus waren. Da schon der ursprüngliche holländische Löwentaler nur 75% Silber enthielt und damit nicht gerade zu den silberreichsten Prägungen seiner Zeit gehörte, waren seine geringerwertigen Nachahmungen teilweise nur noch von einer kläglichen Qualität. Dies führte mit der Zeit dazu, daß die Münze, welche in Rußland "levok" hieß, dort die gängige Bezeichnung für schlechtes Silber lieferte, während sie im Orient, wo sie aufgrund einer Fehlinterpretation des rückseitigen Löwen mit dem arabischen Namen "Abu al kelb" (Vater des Hundes) bezeichnet wurde, von spanischen Piastern, venezianischen Talleri und österreichischen Maria-Theresien-Talern verdrängt wurde.

Obwohl der Löwentaler während dem größten Teil des 17. Jahrhunderts der wichtigste europäische Levantetaler war, sind heute wirklich guterhaltene Stücke aus niederländischen Münzstätten alles andere als häufig, einige der Nachahmungen sind sogar ausgesprochen selten. Ein Katalog aller bekannten Löwentaler und ihrer hauptsächlichen Varianten würde ein Buch füllen, dessen Inhalt dem nicht auf das Thema spezialisierten Sammler aber reichlich monoton vorkommen dürfte. Hier seien daher außer einem niederländischen Original nur einige der gelegentlich in Auktionen auftretenden Nachahmungen vorgestellt.


Erbherrschaft Jever, Carl Wilh. v. Anhalt-Zerbst (1667-1718): Löwentaler zu 40 Stüber, 1676.

Die seltenen Löwentaler zu 40 Stüber, die in Jever in den Jahren 1676-1678 entstanden, übernahmen den allgemeinen Typ der holländischen Originale, wobei ihnen zugute kam, daß auch das Wappen von Jever einen Löwen zeigt. Die Umschriften wurden aber geändert; dabei wurde, im Gegensatz zu allen anderen Nachahmungen, in Jever auch ein anderer Spruch auf die Rückseite gesetzt: IN DOMINO FIDuCIA NOSTRA (In Gott liegt unsere Zuversicht).


Stadt Emden: Löwentaler zu 40 Stüber, ohne Jahr.

Emden spielte immer eine gewisse Rolle in dem bis in das 19. Jahrhundert nicht sehr bedeutenden deutschen Orienthandel. Im westlichsten der deutschen Überseehäfen wurden nicht nur im 17. Jahrhundert Münzen für die Levante geprägt, sondern hier hatte später auch die am 8. Juli 1751 gegründete, wenig erfolgreiche Königlich Preußisch-Asiatische Compagnie ihren Sitz. Der Löwentaler aus Emden verrät seine Herkunft nicht nur durch die Wappen auf Vorder- und Rückseite, sondern auch durch die klare Herkunftsangabe, die man aber in diesem Falle auf der Rückseite suchen muß.

Ironischerweise wurde eine andere in Emden für den Levantehandel geprägte Münze, der Gulden zu 28 Stüber, ihrerseits in Italien von dem 1629-1658 in Modena regierenden Herzog Francesco I. d'Este nachgeahmt. Wie immer in solchen Fällen ging es auch hier primär um das Geschäft, doch wurde in Modena der Gegenreformation das moralisch etwas zweifelhafte Vorgehen damit gerechtfertigt, daß man damit den norddeutschen protestantischen Ketzern einen wirtschaftlichen Schaden zufüge.

Nach den zwei Münzen aus Deutschland sollen auch noch drei Stücke aus italienischen Münzstätten folgen.

Im 17. Jahrhundert blühte in zahlreichen italienischen Kleinstherrschaften, die wohlklingende Namen wie Loano, Massa di Lunigiano, Torriglia oder Tassarolo trugen, aber politisch und wirtschaftlich bedeutungslos waren, eine recht produktive Münzindustrie. Ihre Erzeugnisse, schlechte Nachahmungen beliebter Münzen aus ganz Europa, waren nicht für den Zahlungsverkehr der wenigen Einwohner dieser Territorien bestimmt, sie dienten einzig der mehr oder weniger betrügerischen, aber einträglichen Ausbeutung des guten Rufes der imitierten Prägungen. Zu den Münzen, die so entstanden, gehörten in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts Löwentaler, noch weitaus häufiger wurde aber etwas später, um 1660, ein anderer im Levantehandel beliebter Münztyp, der 1/12 Ecu Ludwigs XIV. von Frankreich, der in Italien Luigino hieß, nachgeahmt.


Correggio, Graf Camillo d' Austria (1597-1605): Löwentaler zu 70 Soldi.

Die Fürsten von Messerano, die Grafen Radicati von Coconato und die Grafen von Correggio, deren Löwentaler wir hier abbilden, gehörten zu den italienischen Territorialherren, deren Münzrecht nicht immer über jeden Verdacht erhaben war, die aber einen nicht unerheblichen Teil ihrer Einkünfte aus der Nachahmung fremder Prägungen bezogen.

Gewöhnlich schreckten die italienischen Heckenmünzstätten vor einer ganz genauen Kopie fremder Münzen zurück und blieben damit den Vorstellungen der Zeit noch im Rahmen der Legalität, doch ahmten sie ihre Vorbilder so nach, daß es nur Kennern gelang, Original und Imitation sicher zu unterscheiden. Auch die Legenden wurden in einer Weise abgefaßt und abgekürzt, daß sie zwar meist den Münzherrn nannten, daß aber nur wenige Zeitgenossen daraus tatsächlich die genaue Herkunft der Taler erkennen konnten. So trägt beispielsweise die Münze aus Correggio auf der Vorderseite die Umschrift: MOxNOx CAMxA VSxCOMxCO, die wahrscheinlich im vorgesehenen Umlaufgebiet des Talers, in den Ländern an den Küsten des östlichen Mittelrneeres, kaum jemand in: MOneta NOva CAMillo d'AUStria COMes COrreggio aufzulösen vermochte.


Messerano, Francesco Filiberto Ferrero-Fieschi, Fürst v. Maesserano und Markgraf v. Crevacuore 1584-1629 Löwentaler ohne Jahr.
MO NO ARG - ORDIN M C   //  CONFIDENS DNO NON MOVETVR

fehlt
Passerano, Graf Percivalle II Pallavicino-Radicati (1586-ca.1594) Mezzo Scudo al Leone
(halber Löwentaler 1589).

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