Startseite Numismatische Texte

Benvenuto Cellini: Mehr Effekt mit der "Schraube"

Text von Helmut Caspar
(in: money trend 12/1994, S.104f)

und Ergänzungen:
Bilder einiger seiner Münzen und Medaillen
Auszüge aus Cellinis Schriften


"Cellini, mit seiner Kunst und seinem Lebenswandel, ist für uns ein trefflicher Standpunkt, von dem man, in Absicht auf neue Kunst, vorwärts- und rückwärtsschauen kann", schrieb 1796 Johann Wolfgang von Goethe seinem Freund Heinrich Meyer nach Rom und bat ihn, auf die "Cellinischen Medaillen" zu achten. Die wechselvolle Vita des Goldschmieds, Bildhauers, Stempelschneiders und Münztechnikers Benvenuto Cellini (1500-1571) hatte es dem Dichter so sehr angetan, dass er dessen selbstverfasste Lebensbeschreibung ins Deutsche übersetzte. Goethe hielt die 1558 begonnenen Aufzeichnungen des Florentiners für bedeutsamer als dessen Goldschmiedearbeiten, Gussfiguren, Medaillen und Münzen. Das Urteil von Kunsthistorikern über Cellinis Werk reicht von "exzellent und epochal" bis "zweitklassig". Die Autobiographie, die von Selbstlob nicht frei ist, verdient als Zeugnis eines umtriebigen Künstlerlebens in bewegter Zeit auch heute Beachtung. Es versteht sich, dass der begeisterte Münzen- und Medaillensammler Goethe, angeregt auch durch die Lektüre der Cellinischen Schriften, einiges unternahm, sich in den Besitz von Stücken des Meisters zu bringen. Wo keine Originale zu haben waren, begnügte er sich mit Abformungen. Seinem Freund Meyer schrieb der Dichter, "Abdrücke von seinen Münzen" würden zur "Zierde unserer Sammlung" gereichen. Zu den "Münzen" zählte Goethe auch Medaillen.

Der Florentiner mit zeitweiligem Arbeitsplatz in Rom hinterliess neben seiner Lebensbeschreibung auch Abhandlungen, in denen er althergebrachte Techniken der Goldschmiedekunst, Bildhauerei, Giesserei und Münzprägung und von ihm entwickelte neue Verfahren beschrieb. In einer Veröffentlichung des Gewerbemuseums Basel haben Ruth und Max Fröhlich vor mehreren Jahren die "Trattati" Cellinis übersetzt und kommentiert. Darin findet man Bemerkungen des Künstlers über die Art und Weise, wie man mit Hilfe von Punzen Münzen- und Medaillenstempel herstellen und vervielfältigen kann und wie mit der "Schraube" beziehungsweise einem mit Eisenkeilen versehenen Eisenrahmen makellose Prägungen erzielt werden können.

Im Jahre 1529 zum Münzeisenschneider an der der päpstlichen Münze zu Rom ernannt, schuf Cellini für Papst Clemens VII. Münzen- und Medaillenstempel und prägte mit ihnen auf neue Weise. Damit sicherte er sich das Wohlwollen des aus der Familie Medici stammenden Papstes, der von 1523 bis 1534 auf dem Heiligen Stuhl sass. In das Pontifikat Clemens VII. fiel 1527 die Plünderung Roms und des Vatikans durch deutsche Landsknechte und spanische Marodeure. Das entsetzliche Ereignis ging als "Sacco di Roma" in die Geschichte ein. Der Heilige Vater kam in kaiserliche Gefangenschaft und konnte sich erst nach Monaten durch eine riesige Lösesumme freikaufen. Der ebenfalls gefangene Cellini schmolz in der Engelsburg kirchliches Gerät aus Gold und Silber ein, um die Forderungen der Kaiserlichen zu befriedigen.

Zwei Jahre später stand der Goldschmied und Münzeisenschneider so in der Gunst des mit dem Schrecken davon gekommenen Papstes, dass er dessen Münzen gestalten durfte. Das rief manche Neider auf den Plan. "Ich kam zum Papst und zeigte ihm das Goldblech, worauf schon Gott Vater im Umriss eingegraben war, welche Figur, auch nur so angelegt, schon mehr bedeuten wollte als das Wachsmodell, so dass der Papst erstaunt ausrief: Von jetzt an will ich dir alles glauben, was du sagst, und ich will dir hierzu noch einen andern Auftrag geben, der mir so lieb ist wie dieser und lieber. Das wäre, wenn du die Stempel zu meinen Münzen übernehmen wolltest. Hast du jemals dergleichen gemacht, oder hast du Lust, so etwas zu machen?" Der Neunundzwanzigjährige übernahm den ehrenvollen Auftrag. Nicht ohne Selbstgefälligkeit notierte er: "So ... schnitt (ich) zwei Formen mit der grössten Sorgfalt, prägte sogleich eine Münze in Gold aus, und eines Tages (es war an einem Sonntag nach Tische) trug ich die Münzen und die Stempel zum Papste. Da er sie sah, war er erstaunt und zufrieden, sowohl über die Arbeit, die ihm ausserordentlich gefiel, als über die Geschwindigkeit, mit der ich ihn befriedigt hatte. Darauf ich, um die gute Wirkung meiner Arbeit zu vermehren, die alten Münzen vorzeigte, die für die Päpste Julius und Leo gemacht worden waren."

Cellini war einer derjenigen Künstler, die die Münztechnik merklich vorangebracht haben. Seine Bemühungen in der Mitte des 16. Jahrhunderts lagen im Trend. Da sich die manuelle Prägung für grossformatige, hochreliefierte Medaillen nicht eignete, weil die Stücke vorgegossen werden mussten und die Präger kaum die notwendige Muskelkraft aufbrachten und Stempel oft sprangen, mussten andere Verfahren und neue Geräte her. Ausserdem waren talergrosse Münzen in grosser Zahl für den allgemeinen Geldverkehr zu prägen. Die Handhabung der herkömmlichen Werkzeuge war kräftezehrend und, wie Doppelschläge und Stempelrisse zeigen, ungenau. Kein geringerer als Leonardo da Vinci konstruierte einen fünf Meter hohen Fallhammer, bei dem ein schweres Gewicht auf den oberen Stempel fiel. Die Erfindung hatte keine praktischen Folgen, weil sie zu umständlich zu handhaben war. Der Fakt aber, dass sich der bedeutende Maler, Zeichner und Techniker, wie Cellini, mit Münzen- und Medaillenherstellung befaßte, ist für sich schon bemerkenswert und zeigt, wie gross das Bedürfnis für Neuerungen auch auf diesem Gebiet war.

Benvenuto Cellini ging andere Wege. Er arbeitete nicht mit fallenden Gewichten, sondern mit einem Balancier [Gerät], den er "Schraube" nannte. In seinen "Trattati" (Kapitel XVII) bemerkt Cellini, dass die Presse eiserne Arme mit einer Länge von mindestens sechs Ellen besitzen muss. Vier Männer könnten damit ihre Kraft auf die Stempel, geschickt drehend, übertragen. Auf solche Weise habe er mehr als hundert Medaillen für Papst Clemens aus reinem Messing hergestellt, ohne sie vorher gegossen zu haben, berichtet Cellini.

Diese Information ist insofern wichtig, als es bis dahin nötig war, Medaillen mit hohem Relief zunächst zu giessen. Erst dann bekamen sie durch Einsatz der Ober- und Unterstempel scharfe Konturen und den begehrten Prägeglanz. Die Arbeit mit der "Schraube" war effektiver als die Verwendung von Keilen. In einen ebenfalls in den "Trattati" (Kapitel XVI) beschriebenen Rahmen aus Eisen wurde die gegossene und von Gussrückständen befreite Medaille getan. "Lege sie nun zwischen deine Prägeblöcke. Weil du sie gegossen hast, wird sie viel leichter auszuprägen sein und deine Stempel weniger ermüden." Druck wird auf die beiden gravierten Stempel durch Eisenkeile ausgeübt, die in dieses Korsett getrieben werden. Nach mehreren Schlägen sind die gewünschten Konturen erzielt, und die Keile können entfernt werden.

Das Verfahren war mühselig, deshalb empfielt Cellini die "Schraube", deren Anschaffung allerdings nicht billig ist. "Den Prägedruck mit einer Schraube zu übertragen, wenn du, Künstler, dich darauf verstehst, verursacht zwar mehr Kosten, ergibt aber bessere Resultate und schont vor allem deine Werkzeuge vor rascher Abnützung." Das war ein zu beachtender Faktor, denn oft genug zersprangen die mühsam hergestellten Stempel bei den ersten Prägungen, und es mussten neue angefertigt werden. "Was das Gold und das Silber angeht, prägte ich auch daraus eine ansehnliche Menge, ohne sie geglüht zu haben. Darum, obgleich das Verfahren kostspieliger erscheinen mag, möchte ich doch behaupten, dass es von geringerem Kostenaufwand ist, weil mit zwei Schraubenumdrehungen deine Medaille bestens ausgeprägt ist, während du mit hundert Hieben vorher kaum eine fertigstellst."

Wie sich zeigte, hatte Cellini Recht, wenn er seinen Mitmenschen die "Schraube" empfahl. Dieses Gerät, in Deutschland auch Anwurf oder Spindelpresse genannt, eroberte vom 16. Jahrhundert an die Münzstätten. Da die Spindelpresse lange als Betriebsgeheimnis bewahrt wurde, dauerte es seine Zeit, bis sie auch auf Grafiken sowie Münzen und Medaillen abgebildet wurde. Vom ausgehenden 17. Jahrhundert an, als dieses hilfreiche, oftmals auch verzierte Prägegerät Allgemeingut geworden war, ziert es auch die Titelseiten numismatischer Kataloge und Traktate.


Werke, die mit Sicherheit Benvenuto Cellini zugerechnet werden



Papst Clemens VII., 1523-34: Doppio carlino, Rom.     Ø 28 mm, 5,36 g.   Muntoni 43; Berman 841.


Alessandro de Medici, 1532-37: Testone o.J., Florenz.     Ø 36 mm, 10,04 g.   Ravegnani Morosini 1.


Papst Paul III., 1534-49: Scudo o.J.     Ø 25 mm, 3,37 g.   Muntoni 19; Berman 904.


Bronzemedaille auf Kg. Franz I. von Frankreich (1537)     Ø 43 mm
Signiert auf der Rs. und unerwähnt in seiner Autobiographie.
Dieses Exemplar ist ausgestellt im Bode-Museum, Raum 244, auch mit Rs. online im Interaktiven Katalog




Werke, die vorübergehend Benvenuto Cellini zugeordnet wurden



Papst Paul III,. 1534-49: Doppio fiorino di camera, Rom.     Ø 25 mm, 6,84 g.   Muntoni 2; Friedb.62.
Die Stempel dieser Münze wurde eine Zeitlang Benvenuto Cellini zugeschrieben, werden nun aber zweifelsfrei Leone Leoni
zugeordnet, der die Stempel 1539 fertigte, als sein Erzrivale Cellini wegen alter Verfehlungen im Gefängnis war.



Gussmedaille auf Kardinal Pietro Bembo (1470-1547).    Ø 56 mm.   Currency of Fame 64, dieses Stück.
Diese Medaille wurde/wird Cellini zugeschrieben, weil er in seiner Autobiographie berichtet, 1537 Bembo porträtiert zu haben, aber mit kurzen Bart. Cellini erwähnt den Pegassus auf der Rückseite, der aber von einem Kranz umgeben war. Cellini wollte Stempel anfertigen, es liegt aber ein Guss vor und Bembo wurde erst 1538 Kardinal.     [Ph.Attwood in: Currency of Fame, S.173f]


Auszüge aus Cellinis Schriften

Leben des Benvenuto Cellini, von ihm selbst geschrieben
( hier Übersetzung von Heinrich Conrad, Verlag C.H.Beck München, 1993 )
Auszug zur Begegnung mit Pietro Bembo:
20. Kap.: 1537
... So reiste ich denn von Rom nach Florenz, von Florenz nach Bologna, von Bologna nach Venedig und von Venedig nach Padua. Dort holte mich aus dem Gasthof mein lieber Freund Albertaccio del Bene in sein Haus. Am nächsten Tag ging ich, Herrn Pietro Bembo die Hand zu küssen, der damals noch nicht Kardinal war. Herr Pietro empfing mich auf die allerfreundlichste Weise; dann wandte er sich zu Albertaccio und sagte: "Benvenuto soll mit allen seinen Leuten bei mir wohnen, und wenn er mehr als hundert hätte; entschließt Euch nur und gestattet, daß Benvenuto bei mir wohne; denn ich gebe ihn Euch nicht heraus." So blieb ich denn und erfreute mich des Umgangs mit diesem trefflichsten Herrn.
Er hatte mir ein Zimmer bereiten lassen, das für einen Kardinal zu ehrenvoll gewesen wäre, und bei Tisch mußte ich beständig an Seiner Gnaden Seite sitzen. Dann bezeigte er im Gespräch auf das freundlichste seinen Wunsch, von mir abgebildet zu sein. Dies war auch mein eigener, sehnlichster Wunsch, und so bereitete ich mir in einem Schächtelchen das weißeste Modellierwachs und begann sofort die Arbeit. Am ersten Tage arbeitete ich zwei Stunden hintereinander und bosselte seinen geistreichen Kopf mit so guter Art heraus, daß Seine Gnaden ganz erstaunt darüber waren, denn er war zwar übergroß in seiner Wissenschaft und ein Dichter wunderbarer Art, aber von meiner Kunst verstand er ganz und gar nichts; darum glaubte er, ich sei mit meiner Arbeit schon fertig, als ich sie kaum erst begonnen hatte. Ich konnte ihm nicht begreiflich machen, daß ich noch vieler Zeit bedürfen würde, um meine Sache gut zu machen.
Endlich entschloß ich mich sein Bildnis so gut zu machen wie ich es nur vermöchte, und die erforderliche Zeit darauf zu verwenden. Da er nun den Bart nach venezianischer Sitte kurzgeschnitten trug, so machte es mir große Mühe, seinen Kopf so herauszubringen, daß er meinen eigenen Ansprüchen genügte. Schließlich kam ich damit zustande, und es dünkte mir das schönste Werk zu sein, das ich jemals in meiner Kunst geschaffen hätte. Er aber war ganz verwirrt, denn er hatte gedacht, ich könnte das Wachsmodell in zwei Stunden und den Stahlstempel in zehn Stunden machen. Als er nun sah, daß ich die Wachsarbeit nicht in zweihundert Stunden fertig brachte und gar noch Urlaub verlangte, um nach Frankreich zu reisen, da wurde er unruhig und bat mich nur noch, ich möchte doch wenigstens für die Rückseite der Schaumünze einen Pegasus inmitten eines Myrtenkranzes abbilden. Dies tat ich in etwa drei Stunden und brachte etwas recht Anmutiges zustande. Er war sehr befriedigt und sagte: "Das Pferd scheint mir zehnmal so schwer zu sein als das Köpfchen, mit dem Ihr Euch so sehr gequält habt; ich begreife nicht, was daran so schwierig sein kann."
Dann bat er mich, ich möchte doch noch den Stempel in Stahl schneiden. "Bitte, tut es doch", rief er aus, "wenn Ihr nur wollt, macht Ihr es ganz geschwind." Ich versprach ihm, ich wolle es tun; hier aber könne ich es nicht machen. Sobald ich eine Werkstatt einrichten würde, sollte die Arbeit unbedingt fertig werden.
Während ich an dieser Schaumünze arbeitete, hatte ich auch um drei Pferde gehandelt, die ich für meine Reise nach Frankreich brauchte; er aber ließ mich im geheimen beobachten, was er leicht tun konnte, da er in Padua im höchsten Ansehen stand. Als ich nun die Pferde bezahlen wollte, die ich für fünfzig Dukaten erstanden hatte, sagte ihr Besitzer zu mir: "Trefflicher Künstler, ich schenke Euch die drei Pferde." Ich antwortete ihm: "Nicht du schenkst sie mir; und von dem, der sie mir schenkt, will ich sie nicht, denn ich habe ihm nichts leisten können." ...

Benvenuto Cellini: Abhandlungen über die Goldschmiedekunst und die Sculptur
( Übersetzung von Justus Brinckmann, Leipzig 1867, digital in Bay.StaatsBibliothek )
Auszüge zur Prägetechnik:
• Kap.XVI.: Wie solche Medaillen geprägt werden.
Die Medaillen werden auf verschiedene Weisen geprägt. Das für eine derselben gebräuchliche Wort "Keilen" (coniare) kommt, wie ich gefunden habe, von einem Gebrauch bei der Art des Prägens, die es bezeichnet. Von ihr will ich zunächst reden, alsdann von der anderen, deren ich mich ausserdem bedient habe.
Behulfs des Keilens pflegt man einem 4 Finger breiten, 2 F. dicken und 1/2 Elle langen eisernen Rahmen herzustellen, dessen innerer leerer Raum in die Quere gemessen genau der Breite der viereckigen Medaillenstempel entspricht, damit sie fest hineinpassen und sich beim Prägen nicht mit der Medaille verschieben können. Bevor man an das Ausprägen der Medaille geht, prägt man eine bleierne, gibt dieser die Grösse, welche sie später in edlem Metall haben soll, formt sie in Formerde, wie schon beschrieben wurde, ab und giesst sie in Gold, Silber oder Messing. Der Ausguss und die Gusshaut werden mit der Feile weggenommen, die Spuren letzterer sauber durch Schaben verwischt. Diese Guss-Medaille legst du zwischen die beiden "tasselli", welche nun, da die Medaille schon ein starkes Relief zeigt, durch das Prägen bei weitem weniger angegriffen werden, als sonst der Fall wäre. Hast du die Stempel in den Rahmen gesteckt und diese aufrecht hingestellt, so schiebe sie an dessen eine Ende und nimm zwei eiserne Keile zur Hand, deren dünnes Ende wenigstens um die Hälfte schmäler als das Dicke ist und welche an Länge die Breite des Rahmens doppelt übertreffen. Diese Keile schiebe mit den Spitzen über- und gegeneinander in den oberhalb der Stempel im Rahmen freigebliebenen Raum und treibe bald diesen, bald jenen auf geschickte Weise ein, indem du deinen Gehilfen einen dicken Hammer gegen den Kopf des einen Keils halten lässt, und selbst mit einem anderen auf den Kopf des zweiten schlägst. Dies geschieht nur vorläufig um das Verrücken von Medaille und Stempel zu verhindern. Dann lege den Rahmen auf die Seite, stütze den Kopf des einen Keiles auf einen grossen Stein und schlage mit einem zweihändigen Hammer kräftig auf den Kopf des anderen. Dies Einkeilen wiederhole drei-, vier-mal oder öfter, indem du nach je zwei Schlägen den Rahmen umkehrst. Danach nimm die Medaille heraus. Ist sie von Messing, so hat sie vor dem Prägen weichgeglüht werden müssen, weil dies Metall an und für sich zu hart ist, um geprägt zu werden; dasselbe ist zwei- oder dreimal zu wiederholen, bis die Prägung gelungen ist. Hunderterlei kleine Kunstgriffe könnte ich noch aufzählen, will aber nicht zu weitschweifig sein in Erinnerung dessen, dass doch nur derjenige sie ohne grosse Mühen verstehen würde, welcher schon einige Kenntnisse von der Kunst besitzt. Soviel von der Prägeart, die "Keilen" heisst.
• Kap.XVII.: Ein anderes Verfahren, Medaillen mit der Schraube zu prägen.
Man verfertigt einen eisernen Rahmen der den oben beschriebenen um soviel an Länge übertrifft, dass er ausser den beiden "tasselli" auch die bronzene Schraubenmutter beherbergen kann, in welcher sich die eiserne Schraube auf und niederbewegt. Diese sei drei Finger stark und ihre Gänge viereckig, weil diese so mehr Kraft als in anderer Gestalt haben. Oben hat der eiserne Rahmen ein Loch zum Durchlassen der Schraube. Sind die Stempel mit dem zu prägenden Metall zwischen ihnen unter der Schraube gelegt, werden sie mit eisernen Keilen so befestigt, dass sie sich in keiner Weise verschieben können. Dann gefestigt man den Rahmen in einen Einschnitt am oberen Ende eines wenigstens 2 Ellen hohen Holzblockes: er muss genau in den Einschnitt passen und mit starken Klammern am Block festgehalten werden. Um das dicke obere Ende der Schraube legt man einen starken Eisenring mit zwei duchlöcherten Ansätzen, in welche man eine wenigstens sechs Ellen lange Stange befestigt, mit deren Hilfe dann vier Männer die Schraube drehen. Kraft dieser Vorkehrung prägte ich mehr als hundert von den für Papst Clemens bestimmten Medaillen aus dem reinsten Messing ohne sie vorher, wie es beim Keilen nötig war, gegossen zu haben. Ist auch das Prägen mit der Schraube kostspieliger, prägt es sich besser mit ihr; auch nützen sich die Stempel weniger ab. Die goldenen und silbernen Medaillen prägte ich stete ohne sie zuvor weich zu glühen. Im Grunde sind die Kosten auch nur scheinbar grösser, denn mit zwei Schraubendrehungen wirst du die Prägung der Medaille vollendet haben, während beim Keilen wohl hundert Schläge kaum ausgereicht hätten.



Fazit
Cellinis Verfahren mit der Schraube wirkte als "statischer Kraftverstärker" bedingt durch die langen Stangen und durch die geringe Neigung des Schraubengewindes. Vier Mann konnten gleichzeitig kräftig drücken.
Später kamen Schwungmassen an die Enden der Stangen hinzu. Die Maschine wirkte dann zusätzlich als "dynamischer Kraftverstärker". Mit langer Anlaufszeit und kurzer Abbremszeit wurde kinetische Energie in plastische Verformung umgewandelt.

Siehe auch H. Caspar: Exakte Gepräge mit der Schraube, money trend 9/2004, S.192-195.



Startseite Numismatische Texte coingallery.de