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Adam Ries und das Silber vom Schreckenberg

Dr. Hermann Schnabel
MünzenRevue 2/1992 S.176f

(vor 500 Jahren: Bergwerk Schreckenberg eröffnet und Adam Ries geboren)


Bereits im 12. Jahrhundert hatten große Silbererzfunde im Freiberger Raum Sachsen zu einem der wichtigsten Bergbauländer des Heiligen Römischen Reiches gemacht. Als am 27. Oktober 1492 der Bergmann Kaspar Nietzel bei der Silbererzsuche auf dem Schreckenberg bei Annaberg-Buchholz fündig wurde, erhob sich wegen der bedeutenden Silbererzader ein großes "Berggeschrey". So nannte man in alten Urkunden den einsetzenden "run" auf die Schätze im Berg. Aus vielen Teilen Deutschlands, vor allem aus dem Harz, strömten Bergleute ins Erzgebirge.

Der Landesherr, Herzog Georg, ging zielstrebig vor. Bereits am 11. Februar 1493 wurde die erste Bergordnung erlassen: "Reformacio der Bergwergk ufm Geyer und Schreckenberge". Außerdem sah er, um ausufernden wilden Siedlungen entgegenzusteuern, den Bau einer planmäßig angelegten Stadt vor. Eine entsprechende Kommission wurde ernannt. Schon 1496 wurde die "Neustadt oder Neue Stadt bei dem Schreckenberge" gegründet. Herzog Georg verlieh ihr das Stadtrecht. In seinem Auftrag begann 1498 der Bau der berühmten St.-Annen-Kirche. 1525 war der Bau vollendet. Auf Bitten von Herzog Georg gab Kaiser Maxirnilian I. 1502 der Bergstadt den Namen St. Annaberg.

Höhepunkte der Silbererzgewinnung waren die Jahre 1492 bis 1507, 1535 bis 1538 und 1566 bis 1567. Etwa 2000 Bergleute arbeiteten in den Gruben des Schreckenbergs.

Die Annaberger Münzstätte, die das Silber des Schreckenbergs für ihre Prägungen einsetzte, wurde 1498 gegründet und bestand bis 1558. Nur während der Kipper- und Wipperzeit kam es danach noch einmal zu einer Prägetätigkeit in den Jahren 1621 bis 1623.

Nach dem Ursprungsort des Silbers wurden die neuen Dreigroschenstücke Schreckenberger genannt. Sieben von ihnen wurden auf den rheinischen Goldgulden gerechnet. Ihr Feingehalt betrug 861 ‰. Sie sind auch unter dem Namen Engelgroschen bekannt. Anlaß dazu gab der Engel auf der einen Münzseite, der die Kurschwerter, die Insignien des Erzmarschallamts, hält. Auf der anderen Seite der Dreigroschenstücke befindet sich das fünfteilige Wappen der Herzöge von Sachsen.

Wappen der Schreckenberger (Herzschild: Herzogtum Sachsen, links oben: Thüringen, rechts oben: Landsberg, links unten: Pfalz Sachsen rechts unten: Meißen).

1492, im gleichen Jahr, in dem das Silber des Schreckenbergs entdeckt wurde und einen wirtschaftlichen Aufschwung in diesem Teil des Erzgebirges in Gang setzte, wurde in Staffelstein bei Bamberg in Mainfranken Adam Ries geboren.

Als Rechenmeister der Deutschen ging er in die Geschichte ein. Die Redewendung "das macht nach Adam Ries ... " bezeugt nicht nur seine Volkstümlichkeit, sondern auch seinen Einfluß auf viele Generationen, die nach seinen Rechenbüchern das moderne Rechnen im Gegensatz oder in Ergänzung zu den Methoden des Mittelalters erlernten.

Nach Aufenthalten in Zwickau, 1509, und später in den Jahren 1518 bis 1522/23 in Erfurt siedelte Adam Ries 1522/23 nach Annaberg über. Dort kaufte er ein Haus, wurde Bürger der Stadt und heiratete 1525. Seine Tätigkeit war immer eng mit dem Bergbau, dem Hüttenwesen und der Verwaltung verbunden. Er wurde Rezeßschreiber, also herzoglicher Bergbeamter. Ihm oblag die Buchführung über die Gewinnabführung an die Eigentümer der Gruben sowie an den Landesherrn. Zu errechnen und bewerten hatte er die Erträge, Schulden und Produktionskosten - also auch das Controlling, wie man heute sagen würde. Außerdem leitete er eine Rechenschule und fungierte als beauftragter öffentlicher Rechner. Als sogenannter Gegenschreiber hatte er die Eigentümer und ihre Anteile an den Zechen zu erfassen. Dazu kamen die Angaben über den Metallgehalt der Erze, die durch "Probieren" erfaßt worden waren, und die Berichte über die Münzstätten.
Als "Zehntner" war Adam Ries "Finanzbeamter", der für die korrekte Abgabe des "Zehnten" an den Landesherrn verantwortlich war.
In diesen Funktionen kam er mit allen Etappen des Silbers, beginnend bei seinem Abbau als Erz über seine Verhüttung bis hin zur Münzprägung, in Berührung.
Wegen seiner großen Verdienste wurde Adam Ries 1539 zum Kurfürstlich-Sächsischen Hofarithmeticus ernannt. - Auch publizistisch war Adam Ries aktiv und erfolgreich. Zwischen 1518 und 1522 verfaßte er das Manuskript "Beschickung des Tiegels ... ", also Aufgabenstellungen der Probierkunde, der Analytik des Feingehalts der Erze oder Münzen. Sein erstes Rechenbuch "Rechnung auff der linihen ... " vollendete er 1518. 1522 erscheint sein zweites und erfolgreichstes Rechenbuch "Rechnung auff der linihen/und federn ... ". Sein drittes Rechenbuch wird 1550 in Leipzig gedruckt. In seiner Schrift "bedencken ... " setzt er sich mit den volkswirtschaftlichen Auswirkungen von Münzmanipulationen auseinander und warnt vor ihnen.

Nach 35 Amtsjahren starb Adam Ries 1559 in Annaberg. In dieser Zeit hatte er drei ernestinischen und vier albertinischen Wettinern treu gedient. Anläßlich seines 500. Geburtstags 1992 wird die Stadt Annaberg in vielfältiger Weise das Jubiläum begehen. Es fällt zusammen mit dem 500. Jahrestag der Entdeckung der Silbervorkommen im Schreckenberg. Unter den vielen Gästen, die nach Annaberg kommen, werden auch Nachfahren von Adam Ries sein. 3206 wurden ermittelt. Einige leben in Amerika, dessen Entdeckung ebenfalls 1992 Anlaß zu 500-Jahr-Feiern ist.

Titelblatt des ersten Rechenbuchs (1518) von Adam Ries, hier 3. Auflage von 1530.

Erstmals das Bildnis von Adam Ries: Titelblatt der Auflage 1550 seines Rechenbuches

Siehe auch Medaillen mit Bildnissen von Adam Ries



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