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Die Zeit der Kipper und Wipper (1618-1623)

Richard Gaettens
in: Inflationen - das Drama der Geldentwertungen vom Altertum bis zur Gegenwart
2. Aufl., 1955.   Auszug: S.74-95 ohne Abbildungen und ohne Anmerkungen

1. Die Reichsmünzordnung von 1559
2. Der Reichstag zu Regensburg 1603
3. Die Entwicklung der Münzverhältnisse im Niedersächsischen Kreis
4. Die Entwicklung der Münzverhältnisse im Obersächsischen Kreis
5. Die Münzwirren in den Habsburger Ländern, vor allem in Böhmen
6. Die Verhältnisse im Fränkischen und Schwäbischen Kreis und in der Schweiz
7. Die wirtschaftlichen Auswirkungen und die zeitgenössischen Flugschriften
8. Rückkehr zu gesunden Verhältnissen im Nieder- und Obersächsischen Kreis
9. Das Ende der Kipperzeit in den Habsburger Ländern


1. Die Reichsmünzordnung von 1559
Die Keime für das Eintreten von Schwierigkeiten in den Geldverhältnissen des deutschen Münzwesens zu Anfang des 17. Jahrhunderts lagen schon in der Reichsmünzordnung von 1559 begründet. Sie hatte eine starre Festlegung der Wertverhältnisse von Gold und Silber gebracht, also eine Doppelwährung, deren Gefahren wir schon bei der Betrachtung der römischen Münzverhältnisse begegnet sind.

Die deutsche Silbergewinnung, deren wichtigste Produktionsstätten sich im Harz, im sächsischen und böhmischen Erzgebirge und in Tirol befanden, hatte 1560 ihren Höhepunkt überschritten. Die Nachfrage nach Silber und nach Umlaufgeld wurde aber ständig größer. Das bedingte ein Steigen der Silberpreise, und zwar bald über den Preis, der der Reichsmünzordnung zugrunde gelegt war, so daß der Silberwert der einzelnen Stücke den Nominalwert überstieg. Die Folge war natürlich, daß die guten Reichstaler und Guldiner in den Schmelztiegel oder trotz des Ausfuhrverbotes in die Nachbarländer wanderten. Dazu kam, daß die deutsche Handelsbilanz eine passive war. So wurden aus Italien, England den Niederlanden (mit Ausnahme der spanischen), Polen und Ungarn mehr Waren eingeführt, als in diese Länder ausgeführt wurden. Nur bezüglich der Spanischen Niederlande, der Schweiz und Lothringen lagen die Verhältnisse umgekehrt.

Eine weitere Schwäche der Reichsmünzordnung von 1559 war dann vor allem, daß sie den Feingehalt für die kleine Münze, die Groschen, Kreuzer und Pfennige viel zu hoch angesetzt hatte. Die Folge davon war, daß die Prägung dieser kleinen Münzsorten, deren Ausstückelung natürlich viel mehr Arbeit und damit Kosten verursachte, mit Verlust für die Münzherren verbunden war. Über den Gewinn bzw. Verlust bei den großen Münzen, auch grobe Sorten genannt, und dem Kleingeld gibt der sächsische Münzmeister Heinich von Rehnen einen aufschlußreichen Kostenanschlag. Für 100 Mark fein Silber berechnete er bei Talern und Guldenstücken einen Gewinn von 14 Fl. 17 Gr. 10½ Pf, bei den Reichsgroschenstücken schon einen Verlust von 18 Fl. 2 Gr. 11 Pf und bei den Dreierstücken einen solchen von 46 Fl. 6 Gr. 11 Pf. Es liegt auf der Hand, daß die Münzherren aus diesem Grunde vor allem große Münzen und nur ganz wenig kleine Münzsorten nach dem Reichsfuß ausprägen ließen. Das führte zu einem schweren Mangel an Kleingeld. Kleine Münzherren mit einem weiten Gewissen suchten diesem durch Ausmünzung geringhaltiger kleiner Sorten entgegen den Vorschriften der Reichsmünzordnung abzuhelfen. Da auf diesem Wege auch die Ausprägung der kleinen Sorten Gewinn brachte und die Nachfrage nach ihnen auch in den Nachbarterritorien sehr groß war, wurden vielfach besondere Münzstätten, sog. Heckmünzen, nur zum Zwecke der Ausprägung derartiger Kleinmünzen eingerichtet. Diese Münzstätten waren von den Kreisen nicht zugelassen und anerkannt, aber ihre Tätigkeit wurde nicht mit Erfolg unterbunden. Die Wirkung war, daß mit diesen geringhaltigen, kleinen Sorten, die überall für den täglichen Kleinhandel fehlten, die guten Reichstaler und Gulden aufgekauft wurden.

2. Der Reichstag zu Regensburg 1603
Zu Anfang des 17. Jahrhunderts hatten sich die Verhältnisse schon so ungünstig entwickelt, daß sich der Reichstag zu Regensburg 1603 eingehend mit den Münzverhältnissen befassen mußte. Der Reichstagsabschied ist voll von Klagen über die Zerrüttung im Münzwesen und fordert von allen Kreisen sachverständige Vorschläge, "Bedenken", die unverzüglich an die kurfürstliche Kanzlei nach Mainz gesandt werden sollten; alsdann wollte der Kaiser einen besonderen Münztag für das ganze Reich einberufen.

3. Die Entwicklung der Münzverhältnisse im Niedersächsischen Kreis
Der Kreis- und Probationstag des Niedersächsischen Kreises zu Halberstadt vom 6.-12. Mai 1604 beschäftigte sich eingehend mit dem Reichstagsabschied von 1603 und die an die Kurfürstliche Kanzlei in Mainz einzureichenden "Bedenken". Es lag ein umfangreicher Bericht des Generalkreiswardeins Christoph Biener vom 15. Februar 1604 über die Münzverhältnisse im Kreise vor, der für uns heute sehr aufschlußreich für die Gründe der Münzzerrüttung ist. So finden wir in dem Bericht zunächst den Hinweis, daß zwar eigentlich nicht mehr als 3 oder 4 Münzstätten in einem Kreis bestehen sollten, mit Ausnahme der Stände, die eigene Bergwerke hätten. Aber der Größe des Kreises wegen wären 6 Kreismünzstädte, Lübeck, Hamburg, Rostock, Bremen, Braunschweig und Magdeburg, zugelassen. Daneben aber wäre auch anderen Städten, die die Münzgerechtigkeit hatten, gestattet, im eigenen Ort zu prägen. Die Stände jedoch wollten sich nicht mit einer Münzstätte genügen lassen, und so finde man in Klöstern, Flecken und Dörfern Münzen errichtet, welche den in Reichsabschieden so streng verbotenen Heckmünzen sehr gleich und ähnlich wären.

Biener fährt dann fort, daß aus der Vielheit der Münzen und Münzstädte großer Schaden und Nachteil entstehe, weil der eine Münzmeister dem andern den Ankauf des Silbers hochsteigere. Die Folge solcher Steigerung des Silbers aber wäre, daß geringere Münze gemünzt und keine beständige Münze der Münzordnung gemäß. Er fährt wörtlich fort: "Denn da die Silber teurer, muß der Münzmeister dem Kauf nach münzen und das Münze geringer machen, wie solches die tägliche Erfahrung bezeugt, und wurde also das Silber dadurch also oft und hoch gesteigert, daß zuletzt die Münze eitel Kupfer werden müßte." Biener legt danach ganz klar dar, wie die Münzen unter solchen Umständen immer schlechter werden müssen. Im Absatz 5 seines "Bedenkens" weist er darauf hin, daß die Münzherren den Münzmeistern und Wardeinen eine genügende Besoldung und Unterhalt gewähren müßten, damit sie ehrbar und treulich handelten und nicht andern ihre Münzen um einen hohen oder geringen Schlagsatz verleihen, verkaufen oder verpachten, wodurch es vorkäme, daß Kauf- und Handelsmänner, die nichts von den Dingen gelernt hätten, ,solche Münzen an sich brächten, um dadurch ilhre Praktiken zu treiben, wie die tägliche Erfahrung bezeuge. Danach ist es also schon sehr verbreitet gewesen, daß Münzen an Leute verpachtet und verkauft wurden, die die Münze nur fiskalisch ausnutzen wollten. Wir haben hier also ähnliche Erscheinungen, wie sie zur Katastrophe der Schinderlinge geführt haben. Biener erklärt sich dann klar gegen alle derartigen Münzverpachtungen, tritt für ein Niedrighalten der Silberpreise und das Ausmünzen guter Münze ein.

Dann kommt er darauf zu sprechen, daß das Extrahieren, Auskippen und -wippen, Granalieren und anderer Betrug in der Münze so allgemein geworden wäre, daß vornehme Kauf- und Handelsherren, aber auch gemeine Leute dies ohne alle Scheu täten. Viele Kaufleute und Eigennützige wechselten sich gute Reichsmünzen ein, nicht um damit Ware einzukaufen, sondern um sie an fremden Orten hoch anzubringen. Damit verdienten sie an dem Gelde mehr als an der Ware und führten so das gute Geld aus dem Lande. Ferner weist er darauf hin, daß die zu gering befundenen Münzen in den Tiegel gebracht und ausgerottet werden müßten, was aber niemals wirklich geschähe. Die Leute erklärten, sie hätten kein gutes Geld; wenn ihre Geschäftspartner das fremde und ausländische nicht nehmen wollten, könnten sie eben nicht zahlen. Wer aber Geld nötig hätte, der nähme dann doch das schlechte Geld und verlöre daran. Die Untertanen müßten den Schaden tragen und alles wegen der verringerten Münzen teurer kaufen.

Wir sehen in diesem Bericht, wie ein wirklich Sachverständiger, der die ganzen Verhältnisse überblickt, die Ursachen der Münzverschlechterung dargelegt hat. Wesentlich auf Grund dieses Berichtes ist der Abschied des Kreis- und Münzprobationstages zu Halberstadt vom Jahre 1604 verfaßt. Erst 1607, auf neuerliche Anmahnung Kaiser Rudolphs II. an die Kreise wegen der nicht eingezogenen "Bedenken", schickte der Niedersächsische Kreis diesen Abschied des Kreistages 1604 unverändert an die Kurfürstliche Kanzlei nach Mainz. In solch verzögernder Weise haben die Kreise die Dinge behandelt.

1609 sandte der Administrator des Erzbistums Magdeburg, Christian Wilhelm, an den Kurfürsten Christian II. von Sachsen ein Münzbedenken, wie dem Münzunwesen bis zu einem dereinstigen Reichsschluß zu steuern, und ob es nicht möglich sei, daß der Ober- und Niedersächsische Kreis gemeinsam vorgingen. Ein Erfolg war diesem Schritt nicht beschieden. Auch 1616 wurde vergeblich ein Zusammengehen beider Kreise angestrebt.

Da der vorgesehene Reichsmünztag noch immer nicht durchzuführen gewesen war, übersandte 1616 der Kaiser den Kreisen einen Münzediktentwurf zur Begutachtung. Darin wurden die schwersten Strafen für alle Münzaufkäufe, Auswechslungen von Münzen, Münzverfälschungen usw. angedroht. Exempel sollten statuiert werden und die Überführten lebendig verbrannt werden. Die schlechten Münzen sollten eingezogen, zerschnitten und eingeschmolzen werden, vor allem die 3-Batzen- und die 3-Kreuzer-Stücke.

Der Niedersächsische Kreis war durchaus einverstanden und wünschte die Veröffentlichung des Ediktes, aber es erfolgte letzten Endes doch nichts. Das rapide Fortschreiten der Geldentwertung und die politischen Entwicklungen überholten den letzten Versuch, das Münzwesen wieder in gesunde Bahnen zu führen. Auf dem Kreisdeputationstag vom 10.-14. Juni 1616 zu Lüneburg wurde noch einmal eingehend erörtert, auf welche Weise die Münzzerrüttung abzustellen wäre. Es wurden auch in energischer Sprache Vorschläge gemacht, aber sie sind niemals beachtet oder angewandt worden. Der Kreis- und Münzdeputationstag zu Braunschweig vom 22.-30. September 1617 war für eine ganze Reihe von Jahren der letzte. Die auf ihm gefaßten Beschlüsse kamen nicht zur Ausführung. Die Entwicklung der Münzverhältnisse ging über alle gesetzlichen Vorschriften und Einrichtungen hinweg und steuerte in die Jahre hinein, die den Namen: "die Zeit der Kipper und Wipper" in der Geschichte bekommen haben.

Im Niedersächsischen Kreise war es vor allem das Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel, in dem sich die Münzverhältnisse binnen kurzem ganz unvorstellbar entwickelten. Der Herzog Friedrich Ulrich hatte 1616 Anthon von Streithorst zum Statthalter ernannt, der seinen Bruder Joachim von Streithorst, ferner Henning von Rheden, Barthold von Reitenberg und Arndt von Wobersnow zu Landdrosten als seine nächsten Mitarbeiter ernannte. Von diesen Landdrosten zog zunächst Arndt von Wobersnow und dann auch Henning von Rheden das Kippermünzwesen im Herzogtum auf. Die Akten des späteren Prozesses gegen die Gebrüder Streithorst und die Landdroste geben gute Einblicke, wie sich die Dinge entwickelt haben. Schon 1617 fing Arndt von Wobersnow mit der Einrichtung von Kippermünzstätten an. Der Jude Nathan Schay und der Münzmeister Hansen Lachertrieß waren dabei seine ersten Helfer. Mit Groschen, die den frommen Spruch "Ahn Gottes segen ist alles gelegen" trugen, begannen sie. Von diesen Groschen, die 1617 und 1618 geprägt wurden, gingen 210 Stück auf die Mark, während an guten Groschen 110-130 Stück und an den von 1610-1617 geschlagenen schlechten Groschen nicht mehr als 160-170 Stück auf die Mark ausgebracht waren. 1619 prägten sie aber in zahlreichen Münzstätten schon 260-270 Groschen aus der Mark. 1620 schaltete sich dann auch der Landdrost Henning von Rheden in diese Einrichtung von neuen Münzstätten und die Ausprägung der "bösen Münzen" ein. Aus der Anklageschrift können wir uns einen Begriff machen, mit was für hergelaufenem Gesindel diese Münzstätten, im ganzen 32, eingerichtet und geführt wurden:
"Darauff hatt Hennig von Rehden nicht weiniger als der von Wobersnaw solch leidig muntzwesen zu treiben auch angefangen, und haben Sie es nicht bey einer muntzstad bewenden laßen, sondern durchs gantze Land da sie der von Wobersnaw, und der von Rehden Regenten gewesen in Stätten, Clostern, Clausen, Fürstlichen Cantzleyen auff Dorffern auch woll im Felde, Muntzsteten mit großen kosten der einzig und allein auff E.F.G. redundiret anrichten und zusahmen lauffen lassen, allerley loß gesindelein, das sich verschellet alle das Ihrige herdurch gebracht, falsche Muntzmeistere, Ohme, Muntzere, verdorbene Goltschmiede, Grob: vnd kleinschmiede, Schuster, Schneider, Discher, verdorbene Krueger und Gastgeber, Alchimisten, Zolnere, kutzschere, Taglöhner, Jäger, darunter Abdecker oder Schinder, aus dehnen Muntzmeistere, Oehme, Muntz Schmiede, Muntzverleggere, Factoren Muntzschreiber gemachet. Dies gesindlein hatt durch Verfelschung der Muntzen, den da ist keine gehörige ordenung oder einsehen gewesen, so viel alsbald gewonnen, das die Muntzmeistre vnd factoren sich hoch bereichet Gutsch vnd Reit Pferde zugelegt, theils ihre eigene Trumpeter und Spielleute gehalten, taglich panquetiret, sich vbermeßig gekleidet zue dische auff furstliche ahrt blaesen lassen, dehnen Oheme Muntzmeistere zu lohn vnd verehung geben mussen, was sie nur begehret vnd angefordert, gefolget, die Muntzmeistere vnd factoren haben ein jeder bey 10. 20. 30. 40. 50. 60. vnd mehr tausent ahn Reichs-Goltgulden, Ducaten, Rosennobeln, Portugalösern und stadlichen gulden und silbern klenodien in vorrath gebracht, stattliche heusere vnd gueter an sich gehandelt, die heuser mit einer großen Copia alles dessen was ein mensch wunschen muchte, erfullet, ihre kinder vber die massen prechtig gehalten, mit großem gelde ausgesteveret, vnd noch viel tausent Reichs bey Stätte und sonsten in verzinsung leggen konnen."

1620 wurden schon 320, 1621 330 Groschen aus der Mark ausgemünzt; außerdem ging man 1620 zum Prägen der verbotenen 3-Bätzner, 12-Kreuzer-Stücke, auch Schreckenberger genannt, über. In anderen Ländern wurden diese aus vierlötigem Silber und nicht mehr als 80 Stück aus der Mark geprägt; in den Braunschweigischen Münzstätten der Landdroste von Wobersnow und von Roheden wurden aber 110, 115 und 120 Stück aus der Mark geschlagen, und zwar schließlich aus einlötigem (!) Silber und zuletzt aus weißgesottenem Kupfer. Um zu verschleiern, von wem und wo die Stücke geprägt waren, wurden an Stelle des Münzherren Sprüche und nur Teile des Landeswappens, vielfach frei kombinierte Phantasiewappen, gebracht.

Zur Beschaffung des Silbers für die vielen Münzstätten waren zahllose Agenten, meist Juden, im Lande und auch in den Nachbarländern unterwegs, wo sie die guten alten Münzen aufkauften. "Es ist zu erbarmen das viel gueter leute in Stätten und Dorffem durch diese occasion zur geldtmercanz, auswechselung, wippen und kippen verleitet, und die gantze land mit ungerechtigkeit und sunden als einer pest angesteckt wurden" heißt es in der Anklageschrift. Und weiter: "Insonderheit ist durch diese boese muntze alles guete gelt ... aufgewechselt und in Tiegel gefallen." über ganz ähnliche Verhältnisse werden wir später auch Nachrichten aus dem Obersächsischen Kreis und den Habsburger Ländern finden.

Natürlich stiegen die alten Reichstaler dauernd im Kurse der Kippermünzen, wie z. B. aus Urkunden des Archives der Stadt Braunschweig zu ersehen ist. In der Zeit vom April bis September des Jahres 1621 stieg der alte Reichstaler in Kippermünzen von 3 auf 8 Taler. Er wurde bezahlt
bis 16. Aprilmit 3 Talern
bis 27. Aprilmit 3 Talern 11 Mariengroschen 6 Pfennigen
bis 8. Maimit 3 Talern 18 Mariengroschen
bis 13. Maimit 4 Talern
bis 12. Junimit 4 Talern 9 Mariengroschen
bis 26. Junimit 4 Talern 12 Mariengroschen
bis 24. Julimit 4 Talern 18 Mariengroschen
bis 30. Julimit 5 Talern 12 Mariengroschen
bis 1. Augustmit 6 Talern
bis 12. Augustmit 6 Talern 18 Mariengroschen
bis 19. Augustmit 7 Talern
bis 28. Augustmit 7 Talern 9 Mariengroschen
bis 4. Septembermit 7 Talern 12 Mariengroschen
bis 16. September  mit 8 Talern

Die Kurssteigerung war zu gewissen Zeiten, so Ende Juli, direkt sprunghaft. Schritt mit ihr hielten natürlich alle Preise. Die Teuerung nahm 1621 sehr gefährliche Formen an. Ähnliche Verhältnisse entwickelten sich in der Grafschaft Stolberg, ja selbst in den niedersächsischen Städten, so vor allem in Goslar. Die Auswirkungen der katastrophalen Geldentwertung wollen wir später zusammenhängend betrachten und uns zunächst der Entwicklung im Obersächsischen Kreis und in den habsburgischen Ländern zuwenden.

4. Die Entwicklung der Münzverhältnisse im Obersächsischen Kreis
Die Kerngebiete des Obersächsischen Kreises waren Kursachsen und Kurbrandenburg; zu diesem Kreis gehörten aber auch die beiden Herzogtümer Pommern-Stettin und Pommern-Wolgast und im Westen die Thüringer Länder. Der wichtigste Münzstand des Obersächsischen Kreises war Kursachsen mit seinen bedeutenden Silbergruben im Erzgebirge.

Sowohl die Kurfürsten von Sachsen wie die sächsischen Stände hatten dem Münzwesen stets ihre besondere Aufmerksamkeit geschenkt, war doch das Münzwesen aufs engste mit dem Silberbergbau, dem Eckpfeiler des sächsischen Wohlstandes, verbunden. Schon seit 1540 hatten die sächsischen Stände das Privileg erhalten, daß die Landesherren an dem Korne der Münzen nicht ohne ihr Gutachten, ihren Rat und ihre Bewilligung änderten. Die Reichsmünzordnung war von den sächsischen Ständen mit Mißtrauen aufgenommen worden; man hatte Sorge, daß der Silberpreis, der für die Rentabilität der Bergwerke von entscheidender Bedeutung war, durch sie herabgedrückt würde. Der Kurfürst von Sachsen hatte schon 1549 und 1558 eigene Münzordnungen mit Zustimmung der Stände erlassen. Nach diesen Münzordnungen wurden die sächsischen Guldengroschen (Taler) 8 Stück auf die rauhe Mark zu 14 Lot 8 Grän ausgeprägt, während die Reichsmünzordnung von 1559 den Feingehalt auf 14 Lot 4 Grän festgesetzt hat. Die Folge war naturgemäß die Ausfuhr der besserhaltigen sächsischen Taler. 1571 führte daher Kurfürst August dann doch die Reichsmünzordnung ein. Nunmehr trat erstmalig am 16. Juni 1571 der Probationstag des Obersächsischen Kreises zusammen. Die Akten der Probationstage sind die Quelle für alle Fragen der Entwicklung der Münzverhältnisse des Obersächsischen Kreises. Aus ihnen ersehen wir, daß in Sachsen ganz vorwiegend grobe Sorten, also Taler und Teilstücke, geprägt wurden.

Auf dem Landtag zu Torgau von 1609 kamen die Münzwirren, die durch das Einströmen geringhaltiger fremder Münzen unter gleichzeitiger Ausfuhr guthaltiger sächsischer Taler immer schärfere Formen angenommen hatten, eingehend zur Erörterung. Die Erklärungen der Stände zeigen, daß man klar die Bedeutung geordneter und guter Münzverhältnisse erkannte; heißt es doch u. a.: " ... denn die guten Münzen und Bergwerke haben die Gewerbe und Handel in diesem Lande nach sich gezogen, dadurch dann Zoll und Gleithe Land und Straßen gebaut werden konnten"; daher hielten sie dafür, "daß im Münzwesen dies das Hauptfundament, darauf alles gegründet, sei, daß der Kurfürst nicht allein kein böses Geld nehme, sondern auch kein anderes als in der Reichsmünzordnung vorgeschriebenes gangbar sein lasse". Zur Besserung des Münzwesens schlugen die Stände vor, daß sich der Kurfürst mit den Ständen des Ober- und Niedersächsischen Kreises zur Aufrechterhaltung der Reichsmünzordnung verpflichte, daß er den Silberpreis erhöhe, mehr kleine Münzen an Groschen und Dreiern schlagen lasse, auch wenn er dabei am Schlagschatz Verlust erleiden müsse, und schließlich, daß er mit den Reichsständen eine Valvation vereinbare.

Auf Antrag des Kurfürsten wurde auf dem nächsten Probationstage zu Leipzig (1609) ein Valvationsedikt erlassen, nach dem der Reichstaler mit 28 anstatt mit 24 Groschen bewertet wurde. Das bedeutete den ersten Schritt zur Aufhebung der Reichsmünzordnung; aber die Hoffnung, damit die Ausfuhr der Taler zu unterbinden, erfüllte sich nicht. Im Herbst 1610 beschloß man eine neue Kreismünzordnung, mit der man formell den Boden der Reichsmünzordnung von 1559 verließ. Danach wurden die Groschen 8lötig 133 aus der rauhen Mark, die Dreier 4lötig 276 aus der rauhen Mark und die Pfennige 4lötig 859 aus der rauhen Mark ausgeprägt. Damit wurde die Ausprägung auch der kleinen Münze gewinnbringend; bedenklich aber war, daß manche der Münzstände, besonders die kleineren, nunmehr anfingen, immer geringhaltigere Münze auszubringen, um den Nutzen recht zu erhöhen. Die Folge war, daß der Kurs der Reichstaler ständig stieg, was auf der anderen Seite Anlaß gab, die kleine Münze immer geringhaltiger auszuprägen. Voran gingen die Fürsten von Anhalt, die Grafen von Barby und die Herzöge von Pommern.

Auf dem Probationstag von 1617 wußte man sich keinen Rat, die immer stärker ansteigende Flut kleiner, schlechter Münzsorten einzudämmen. Nach dem Bericht des Generalwardeins Rentzsch war die Quelle der Münzverschlechterung vornehmlich in Pommern, in den Harzdynastien und den sächsischen Herzogtümern (also Thüringen) zu suchen. Danach wurden 1618 durchschnittlich 150-160 Groschen statt 133, aber 1619 schon 200 Groschen aus der rauhen Mark ausgeprägt. Der letzte Münzprobationstag wurde 1619 abgehalten. Man einigte sich über eine "per tolerantiam beliebte Temporal-Reduction und Valvation", ein Edikt, welches am 8. Februar 1620 auch in Kursachsen veröffentlicht wurde.

Die Folge war, daß die Münzmeister der Kreisstände um Enthebung von ihrem Eid auf die Kreisverfassung baten. Nun hörte jede Ordnung, jede Richtlinie im Obersächsischen Kreis auf; jeder Münzstand prägte nach seinem eigenen Gutdünken. Der Obersächsische Kreis trat damit in die uneingeschränkte "Zeit der Kipper und Wipper" ein.

In Kursachsen begann man mit der Ausprägung sog. "Interims- oder Usualmünzen", die als reine Landesmünzen gedacht waren, denn daneben wurden Taler nach der Reichsmünzordnung weiter geschlagen. Für die Prägung der Usualmünzen, die in Sachsen in erster Linie in groben Sorten, in sog. doppelten und einfachen Engeltalern bestanden - sie erhielten ihren Namen nach dem die kursächsischen Wappen haltenden Engel -, wurde eine große Zahl von neuen Münzstätten in fast allen größeren Städten eingerichtet, so in Chemnitz, Zwickau, Pirna, Wittenberg, Naumburg, aber auch an vielen kleinen Orten wie Grossenhain, Gommern, Taucha, Delitzsch, Düben, Bitterfeld usw. Bei all diesen Münzstätten handelte es sich um solche, die vom Kurfürsten verpachtet wurden. Es schwebt noch ein gewisses Dunkel darüber, wer den Kurfürsten Johann Georg zu diesen Maßnahmen veranlaßt hat; wahrscheinlich ist es der Kammerrat Christoph Carl von Brandenstein gewesen.

Die Nachrichten über die Tätigkeit der einzelnen Münzstätten sind durchweg dürftig; nur über die beiden Münzen in Dresden, wo neben der alten Münze noch eine zweite, die sog. Granalienkasse, errichtet war, und über die Münze in Annaberg liegen die Abrechnungen vor. Danach wurden in diesen drei Münzstätten 12½ Millionen Gulden Usualmünze geprägt. Man kann sich daraus ein Bild machen, mit welchen Massen von Kippergeld die vielen Münzstätten das Land überschwemmten.

Wie gelang es nun, alle diese Münzstätten mit dem nötigen Silber und Kupfer zu versorgen? In Leipzig, das als Messestadt schon von jeher eine große Bedeutung für den Münzwechsel und den Metallhandel hatte, wurde eine Silbereinkaufshandlung errichtet. Um den Strom des guten Reichsgeldes besonders nach Leipzig zu ziehen, griff man zu dem Mittel, in den Valvationsedikten den Kurs der groben Geldsorten für Leipzig höher festzusetzen als sonst in Deutschland. Die Folge war, daß alle Kaufleute ihre Wechselzahlungen nach Leipzig in Gold oder Reichstalern leisteten. Der Zustrom von Gold und Silber war infolgedessen ganz außerordentlich. Neben dieser Silbereinkaufshandlung in Leipzig unterhielten die Münzmeister einen Kreis von Silberaufkäufern, meist Juden, Kipper und Wipper genannt. Nach erhaltenen Wochenzetteln der Dresdener Münze wurden dort wöchentlich für 15 000 Gulden Granalien, Bruchsilber, aufgekauft, für die fast immer dieselben Lieferanten auftraten.

Im Anfang führte die Inflation an Usualmünzen zu einer scheinbaren wirtschaftlichen Blüte. Verkehr, Handel und Produktion hoben sich; aber gleichzeitig fingen die Preise an zu steigen. Zunächst empfanden dies die Festbesoldeten und Empfänger von Renten und Zinsen, während die im wirtschaftlichen Leben Stehenden die Preissteigerung ja mitmachten. Bereits im Frühjahr 1621 wurden im ganzen Kurfürstentum Klagen über die unerschwinglichen Preise laut. Die Landleute begannen die Zahlung für ihre Waren in Reichstalern zu verlangen, und lehnten die Usualmünzen ab. Ein gutes Bild über die Verhältnisse gibt die Bewegung der Getreidepreise.
So kostete in Dresden
der Scheffel Weizen:1600-16202 Reichstaler 15 Groschen
16215 Reichstaler 13 Groschen
162211 Reichstaler 5 Groschen
der Scheffel Roggen:  1600-1620  2 Reichstaler
16214 Reichstaler 19 Groschen
16229 Reichstaler 19 Groschen
162311 Reichstaler 10 Groschen

Anders als in Kursachsen entwickelten sich die Verhältnisse in den sächsischen Herzogtümern und den Schwarzburgischen und Reuß'schen Ländern. Auch hier wuchsen die Kippermünzstätten überall aus dem Boden, aber es wurden in der Hauptsache die in dem kaiserlichen Poenaledikt von 1616 besonders genannten 3-Batzen-, also 12-Kreuzer-Stücke, und vielfach auch die Doppelstücke davon, die 24-Kreuzer-Stücke sowie 3-Kreuzer-Stücke geprägt. Ganz besonders blühte das Kipperunwesen in der Grafschaft Mansfeld, wo neben den 12-Kreuzer- und 3-Kreuzer-Stücken in größtem Umfange 6- und 3-Pfennig-Stücke und noch kleinere Nominale in reinem Kupfer geschlagen wurden. Die verschiedenen Grafen von Mansfeld, Brüder und Vettern, errichteten in ihrem kleinen Ländchen 40 Kippermünzstätten, deren Pächter recht beträchtliche Summen pro Woche als Pacht zahlten. Ähnliche Verhältnisse herrschten in Anhalt und Barby. Alle diese Gebiete wurden besonders mit Kupfermünzen überschwemmt. Wieder anders lagen die Verhältnisse in Brandenburg, wo der Kurfürst seine Kippermünzen, vorwiegend in 12-, 6- und 3-Gröscher, in den Münzstätten Cölln und Crossen hat prägen lassen. Daneben haben fast alle brandenburgischen Städte einseitige Kipperpfennige aus Kupfer, die sie vielfach mit einem weißen Silbersud versahen, ausgemünzt, so Berlin, Cölln, Frankfurt a. O., Brandenburg, Neu-Ruppin, Fürstenwalde, Beeskow, Cottbus, Crossen, Prenzlau, Stendal usw.

5. Die Münzwirren in den Habsburger Ländern, vor allem in Böhmen
Die Entwicklung der Münzwirren in den Habsburger Ländern setzte erst nach der Schlacht am Weißen Berge (1620) und der Rückgliederung Böhmens in die Kronländer ein. Kaiser Ferdinand II. hatte Fürst Carl zu Liechtenstein zum Statthalter von Böhmen ernannt. Nach kurzer Zeit schon griff dieser in die Verhältnisse der Prager Münze ein, und bald sollte die Entwicklung eine katastrophale Wendung nicht nur für das Münzwesen Böhmens, sondern auch das Österreichs und Mährens nehmen.

Auch in Österreich spielte infolge des dringenden Geldbedarfs, den der Krieg auslöste, die Frage der Verpachtung der Münzen, ja des ganzen Münzregals eine Rolle. Als erster hatte der Graf Paul Sixt Trautson seine Münze an die Wiener Juden Veit Prodt und Abraham Riß verpachtet, die sie von Schloß Falkenstein bei Nikolasburg nach Wien verlegten. Die Versuche des Abraham Riß, auch die kaiserliche Münze in Wien zu pachten, scheiterten; aber es wurden wegen deren Verpachtung im Frühjahr 1621 Verhandlungen mit dem niederösterreichischen Kammerrat Matthias von Blomstein gepflogen. Auch dieser Vertrag kam nicht zustande, da die Hofkammer mit der Wiener Judenschaft wegen Verpachtung des Wiener Münzwesens in Verhandlung trat.

In Mähren hatte der Erzbischof von Olmütz, Kardinal Franz von Dietrichstein, 1621 die Münzen zu Brünn und Olmütz an ein Judenkonsortium auf ein Jahr verpachtet.

In Böhmen übertrug Fürst Carl zu Liechtenstein zunächst dem ältesten der Prager Juden "Jacoben Passeni" den ganzen Ankauf des Silbers für die Münze, wobei Passeni ein Preis von 25 Fl. für die Mark fein Silber zugestanden wurde. Um diesen Preis und einen Nutzen von 12 Fl. pro ausgemünzter Mark fein Silber zu sichern, verfügte Fürst Liechtenstein unter dem 16. März 1621, daß aus der Prager Mark zu 8 Lot 2 Quintel 10 Doppelguldiner oder 20 Guldiner ausgeprägt werden sollten, was auf die feine Mark 35 Fl. 38 Kr. macht. Welch enorme Verschlechterung des Münzfußes diese Verfügung bedeutete, erkennen wir, wenn wir beachten, daß bisher die Guldiner oder Taler ein Feingehalt von 14 Lot 1 Quintel zu 9¾ ganze Taler aus der Wiener Mank ausgeprägt waren, was auf die Prager Mark umgerechnet 8,8 Stücke oder aus der feinen Prager Mark 19 Fl. 39 Kr. ergeben hätte. Die Verschlechterung des Münzfußes betrug also fast 100%. Aber schon am 11. Juni 1621 erhielt der Prager Münzmeister Heubner vom Fürsten Liechtenstein die Anweisung, die ganzen und doppelten Guldiner aus 7lötiger Mark auszumünzen; gleichzeitig verfügte er, daß die doppelten Guldiner die Wertzahl 150 statt 120, nämlich Kreuzer, und die einfachen 75 statt 60 erhalten sollten. Am 29. Oktober 1621 wurde in, wie es hieß, Berichtigung eines Schreibfehlers der Feingehalt weiter auf 5 Lot 2 Quintel herabgesetzt, aber schon unter dem 23. September 1621 war eine kaiserliche Resolution erfolgt, daß in allen Erbländern aus der 9lötigen Wiener Mark 17 31/40-Stücke Taler zu 150 Kreuzern zu prägen seien und demnach die Wiener Mark zu 79 Fl. auszubringen sei.

Eine entscheidende Wendung erhielten die Dinge in den Habsburger Ländern durch den am 18. Januar 1622 zu Wien abgeschlossenen Vertrag, mit dem das ganze Universal-Münzwesen im Königreich Böhmen, Österreich u. d. Enns und Mähren an Hannsen de Witte und seine Mitkonsorten verpachtet wurde. Wer aber waren nun die Mitkonsorten von Hannsen de Witte? An erster Stelle finden wir den Fürsten Carl zu Liechtenstein, an zweiter Stelle Albrecht von Wallenstein, an dritter Stelle Paul Michner, Freiherr von Waitzenhofen, an vierter Stelle Johann de Witte und an fünfter Stelle den Juden Jacob Basseny (Passeni); außerdem gehörten dem Konsortium noch zehn ungenannte Mitglieder an. An Pacht hatte das Konsortium an den Kaiser für das Jahr 6 Millionen Gulden zu 60 Kreuzer zu zahlen. Der Vertrag war unter starker Einflußnahme des Fürsten Liechtenstein und des Kanzlers, des Fürsten Johann Ulrich von Eggenberg, zustande gekommen und wurde unter dem 1. Februar 1622 bekanntgegeben. Damit ging das ganze böhmische, österreichische und mährische Münzwesen auf dieses Konsortium über.

Im Absatz 8 des Vertrages wird bestimmt, daß aus der Mark 79 Fl. geprägt werden sollten, dabei wird nicht ausdrücklich gesagt, daß die Wiener Mark gemeint ist, während in der kaiserlichen Resolution vom 23. September 1621 ausdrücklich verfügt wurde, daß aus der Wiener Mark 79 Fl. auszubringen wären. Fürst Liechtenstein, der mit kaiserlicher Resolution vom 17. Januar 1622 zum Statthalter von Böhmen mit unbeschränkter Machtvollkommenheit ernannt worden war, verordnete nun, daß alles, was früher bezüglich der Wiener Mark bestimmt wäre, auch für die Prager Mark Gültigkeit habe, und daß aus der Prager Mark 79 Fl. ausgemünzt werden sollten, was einen weiteren Rückgang des Feingehaltes bedeutete.

Das Konsortium begann alsbald seine Ausprägungen in den Münzen von Prag, Kuttenberg, Joachimsthal, Brünn, Olmütz und Wien. Am 24. März 1622 erließ Fürst Liechtenstein ein Münzpatent, wonach die Ausfuhr der guten und die Einfuhr geringhaltiger Münzen in Böhmen streng verboten wurde. Im Lande begann nunmehr ein lebhafter Aufkauf der guten alten Münzen, die in großen Mengen in die Schmelztiegel der Münzstätten wanderten. Auch in Schlesien traten die Agenten des Konsortiums als Aufkäufer von Pagament auf; dadurch entstanden Schwierigkeiten mit den Pächtern der Münze zu Neiße, die der Bischof von Breslau am 10. August 1621 an Andreas Reber, Adam und Friedrich Schaefer verpachtet hatte. Sie wurden dadurch beigelegt, daß auch die Münze in Neiße an das Prager Konsortium überging gegen eine Entschädigung der alten Pächter durch ein Drittel des Nutzens der Neißer Münze.

Die Überschwemmung mit dem geringhaltigen Geld und sein dauerndes Sinken im Feingehalt führten dazu, daß der Dukat allmählich auf 16 Fl. 54 Kr. und der alte Reichstaler auf 11 Fl. 15 Kr. stiegen. Nach dem Patent vom 27. Januar 1622 hatten die Dukaten in neuer leichter Münze 6 Fl. 45 Kr. und die alten Reichstaler 4 Fl. 30 Kr. gelten sollen. Tatsächlich wurde aber das 2½fache gezahlt, und gleichzeitig damit hatte eine große Teuerung eingesetzt, die Begleiterscheinung aller Münzverschlechterungen. Die Folge davon war eine allgemeine Beunruhigung. Die Lebensmittelhändler wollten gegen "langes Geld", wie die Kippermünzen in Österreich hießen, nicht mehr verkaufen. Aufläufe und Unruhen drohten in Wien auszubrechen. Darüber war das Jahr des Pachtvertrages abgelaufen. Die Geldnot der kaiserlichen Regierung war jedoch zu groß, um trotz der drohenden Verhältnisse in Wien und der allgemeinen Unzufriedenheit das Münzwesen einfach wieder in eigene Regie zu nehmen. Der Pachtvertrag wurde daher vorläufig bis Ende März 1623 verlängert. Soweit zunächst die Verhältnisse in den Habsburger Ländern.

6. Die Verhältnisse im Fränkischen und Schwäbischen Kreis und in der Schweiz
Im Fränkischen Kreis prägten die Markgrafen von Brandenburg in zahllosen Münzstätten Kippergeld, aber auch die Reichsstadt Nürnberg und die Bistümer Würzburg und Bamberg beteiligten sich an der Ausprägung der "bösen Münze". Der Schwäbische Kreis und der Bayerische Kreis, in denen vor allem die Herzöge von Württemberg und Bayern in großem Umfange Kippermünzen prägten, blieben gleichfalls von der Geldkatastrophe nicht verschont. Auch auf das schweizerische Gebiet griff das Kipperunwesen über, wo sich besonders die Bischöfe von Chur und die kleinen münzberechtigten Herren, wie die Haldensteiner, umfangreich an dem Geldschwindel beteiligten.

Die Gründe für die plötzlich überhandnehmende Ausprägung der schlechten Münze lagen aber nicht nur in den aus der Reichsmünzordnung von 1559 entstandenen Verhältnissen auf dem Gebiete der kleinen Münzsorten, wie wir sie kennengelernt haben, sondern auch auf politischem Gebiet. Die Erkenntnis, daß die politische Gesamtlage einen großen Krieg erwarten ließ, war schon seit 1615 allgemein. Daher begannen alle Fürsten und Stände sich auf diesen Krieg vorzubereiten, d. h. zu rüsten. Um diese Rüstungen zu finanzieren, suchten die Münzherren aus dem Münzschlag durch ständige Verringerung des Feingehaltes und des Gewichtes soviel Gewinn als möglich herauszuholen. So erleben wir mit der sog. Kipper- und Wipperzeit eine Geldentwertung, eine Inflation von gewaltigem Ausmaß, nicht, wie man annehmen möchte, am Ende eines großen Krieges, sondern am Anfang eines solchen, die noch dazu die weitere Eigentümlichkeit aufwies, daß es mitten im Krieg im Jahre 1623, also im Grunde genommen noch in seinem ersten Stadium, gelang, zu gesunden Geldverhältnissen zurückzukehren.

7. Die wirtschaftlichen Auswirkungen und die zeitgenössischen Flugschriften
Die Zeit der Schinderlinge lag über 150 Jahre zurück; auch war von der damaligen Katastrophe nur ein Teil Süddeutschlands und der Habsburger Länder betroffen. So standen alle Kreise, nicht nur die breite Masse, sondern auch der Handel und die Verwaltung den mit der Geldaufblähung und Münzverschlechterung verbundenen Fragen völlig verständnislos gegenüber. Die leichte Geldbeschaffung brachte für die Münzherren, ihre Verwaltungen und alle jene, in deren Taschen unmittelbar der erste Segen der Geldflut floß, ein leichtes Geldausgeben mit sich. So ergoß sich die Masse des neuen Geldes bald durch tausend Kanäle in alle Kreise, die direkt oder indirekt mit der Wirtschaft, mit Handel und Wandel zusammenhingen. Alle Welt hatte viel Geld und glaubte, im Handumdrehen reich werden zu können. Die Leutebrachten ihr gutes erspartes Geld zu den Wechslern und Aufkäufern der Münzen und freuten sich an der Masse des erhaltenen neuen Geldes. Man verfiel dem Zauber der Zahl und geriet direkt in einen Taumel des Reichswerdens. Der Geldstrom führte besonders in betriebsamen, fleißigen Gegenden, wie im Kurfürstentum Sachsen, zunächst zu einer Belebung der Wirtschaft, der Bautätigkeit und zu Gründungen neuer Unternehmungen. Die unvermeidliche Folge des Geldreichtums war aber das Anziehen aller Preise. Zwischen Geldvolumen und Preisen besteht ein Abhängigkeitsverhältnis, dessen Gesetzmäßigkeit man damals noch nicht kannte, das sich aber automatisch Geltung verschaffte. Ehe man es sich versah, standen die breiten Massen wie die Regierungen einer ständig wachsenden Teuerung gegenüber, die sich zwangsläufig in erster Linie auf alle Festbesoldeten, also die Beamten, Lehrer, Pastoren und außerdem auf alle jene, die von Renten lebten, schwer auswirkte. Hunderte von Flugschriften, zum größten Teil von Geistlichen, die ja selbst zu den von der Teuerung besonders Betroffenen gehörten, berichten uns über die Verhältnisse. Sie sehen in den Vorgängen das Werk des Teufels und in den Münzern und Aufkäufern der guten Münzen, die den Namen "Kipper und Wipper" erhielten, Teufelsknechte, gegen die sie die Hilfe Gottes, der Regierungen und der Landesherren anriefen. Daß das Übel von den Landesherren selbst, den Inhabern des Münzregals, im Grunde genommen ausging, erkannten sie nicht, da sie die Fragen rein vom Religiösen her und ohne Verständnis der wirtschaftlichen Vorgänge behandelten.

Aber auch Gegenschriften erschienen, fast immer anonym, jedoch nicht immer ohne Geist. Aus einer solchen mit Titel "Expergatio oder Ehrenrettung der armen Kipper und Wipper, gestellt durch Kniphardum Wipperium, Frankfurt 1622" erfahren wir manch Interessantes, besonders wie sich die Geldflut der schlechten Münzen auf die verschiedenen Schichten des Volkes auswirkte. So lesen wir:
"Keiner will in jetziger Zeit der Katze die Schelle anhängen oder, wie Johannes dem Herodes die Wahrheit sagen. Aber auf die armen Schelme, die Kipper und Wipper, schimpft jedermann, während diese doch bei solchem Wechselgeschäft nichts aus eigener Macht tun, sondern, was sie tun, geschieht alles mit Wissen, Willen und Beifall der Obrigkeit. Und leider bekommen sie in jetziger Zeit viel Konkurrenten. Denn sobald jemand einen Pfennig oder Groschen bekommt, der ein wenig besser ist als ein anderer, so will er sogleich damit wuchern. Deshalb geht es auch so her, wie die Erfahrung zeigt: die Ärzte verlassen ihre Kranken und denken viel mehr an den Wucher als an Hippokrates und Galenus; die Juristen vergessen ihre Akten, hängen ihre Praxis an die Wand, nehmen die Wucherei zur Hand und lassen über Bartholus und Baldus lesen, wer da will. Dasselbe tun auch andere Gelehrte, studieren mehr Arithmetik als Rhetorik und Philosophie; die Kaufleute, Krämer und andere Handelsleute treiben in jetziger Zeit ihr größtes Gewerbe mit der kurzen Ware, die mit dem Münzstempel bezeichnet ist."

Die Teuerung brachte es auch schon damals mit sich, daß die Arbeiter Erhöhung der Löhne und neben Geldzahlungen besondere Lieferung an Lebensmitteln verlangten. In der Streithorst'schen Anklageschrift heißt es:
"Die Löhne bey den Bergwerken sein gestiegen vnd hatt man allerhand vorschueb mit korn vnd Victualien thuen mussen, damit die Bergleute welche sehr schwierig gewesen, vnd Theils auff die vnrichtigen muntze gelauffen, etwas gestillet vnd bey der Bergkarbeit erhalten."

Ich habe schon das Steigen der Kornpreise in Dresden erwähnt; das Chronicon Islebiense berichtet über die Verhältnisse des Jahres 1621 in der Grafschaft Mansfeld und über die Teuerung unter Nennung von Preisen. Danach kostete ein Scheffel Weizen 10 fl., ein Scheffel Korn (Roggen) 8-10 fl., ein Scheffel Gerste 5 fl. An Fleisch, Fischwerk, Lichter, Butter und anderem zur Leibesnotdurft sei fast nichts zu bekommen gewesen, so habe der Rat selbst über 100 Stück Rindvieh einkaufen müssen, um das Fleisch zu billigem Preise zu verkaufen. Aus dem Jahre 1622 wird berichtet, daß die Bergleute am 6. Februar einen Aufstand angezettelt und die Münzer auf dem Lande und zu Mansfeld, welche Kupfergeld herstellten, geplündert und denselben alles abgenommen hätten. Vom 8. Februar wird gemeldet, daß tausend Mann in die Neustadt haben kommen und die Kipper und Krämer haben plündern wollen; weil so große Teuerung gewesen, daß sie sich mit dem wöchentlichen Lohn nicht hätten behelfen können, hätten die Gewerkschaften einem jeden etliche Scheffel Getreide vorleihen müssen. Die Kupfermünzen, die gerade in der Grafschaft Mansfeld besonders stark ausgeprägt wurden, aber, wie wir gesehen haben, auch in den Städten des Kurfürstentums Brandenburg, machten auch das Kupfer selbst zu einem begehrten Artikel. Die Hausfrauen brachten ihre kupfernen Pfannen und Kessel in die Münzen. Aus einem Zentner Kupfer erzielte man 400, ja 500 Gulden. Die Fülle des Geldes brachte es mit sich, daß alle Welt ihre Schulden, auch die rückständigen Steuern, bezahlte. Aber schließlich merkte man doch, daß Geld und Geld etwas Verschiedenes sein konnte. Es kam zu vielen Klagen wegen der Rückzahlung alter Schulden in schlechtem Gelde. Juristen verfaßten dicke Broschüren über diese Frage, unzählige Rechtshändel drehten sich darum.

Wie wir aus sächsischen Quellen wissen, weigerte sich die Landbevölkerung, ihre Erzeugnisse in die Städte zu bringen und dort gegen Kippermünzen (Usualmünzen genannt) zu verkaufen. Sie wollte in Reichstalern bezahlt sein. Aus Städten des Erzgebirges hören wir, daß öffentliche Sammlungen angeordnet wurden, um die Geistlichen und Lehrer vor der äußersten Not zu schützen, lauter Erscheinungen, die uns aus den bitteren eigenen Erfahrungen einer noch nicht weit zurückliegenden Zeit wohl vertraut sind. Trotz ganz verschiedener wirtschaftlicher Verhältnisse sind die Auswirkungen der Kipperzeit doch schon die gleichen gewesen wie die der Inflationen des 20. Jahrhunderts, nur mit dem Unterschied, daß der gesunde Sinn der Bevölkerung und auch das Verantwortungsgefühl der Landesherren und der Obrigkeit noch mitten im Kriege den Weg zu geordneten Münzverhältnissen zurückfinden ließen.

8. Rückkehr zu gesunden Verhältnissen im Nieder- und Obersächsischen Kreis
Zuerst betrat der Niedersächsische Kreis den Weg zur Gesundung der Verhältnisse. Schon seit 1619 waren auf den Kreistagen immer wieder die argen Münzverhältnisse zur Sprache gekommen, aber ein gemeinsames Vorgehen war nicht zu erreichen, zumal die Verhältnisse in dem nördlichen Teil des Kreises, in den Hansestädten Hamburg, Lübeck, Wismar, im Herzogtum Schleswig-Holstein, für das König Christian IV. von Dänemark Mitglied des Kreises war, und in den Mecklenburgischen Herzogtümern wesentlich anders als in den Braunschweiger Herzogtümern und im Erzbistum Magdeburg lagen. Diese nördlichen Teile des Kreises begannen ihre eigenen Wege zu gehen. Schon 1618 hatten die Städte Lübeck und Hamburg einen Münzvertrag abgeschlossen, dem im Januar 1620 die Herzöge von Mecklenburg und die Stadt Bremen im Vertrage zu Wismar beitraten. Der Reichstaler wurde auf 42 Schilling lübisch tarifiert, allerdings schon im April auf 48 Schilling erhöht. Es wurden aber darüber hinaus wichtige Beschlüsse gegen die Kipperei gefaßt. So wurde jegliche Verpachtung von Münzstätten verboten. Der Kreistag zu Lüneburg vom April 1621 setzte eine Kommission zur Feststellung der Gründe der Münzzerrüttung und der Mittel zu ihrer Beseitigung ein. Das ausführliche Gutachten dieser Kommission, welches dem Kreistag von Lüneburg 1623 vorgelegt wurde, war der entscheidende Anstoß zur Beendigung der Kipperzeit im Niedersächsischen Kreise.

Allerdings hatte der nördliche Teil des Kreises auf Einladung des Königs von Dänemark im März 1622 zu Hamburg auf einem Kommunikationstag einen Münzvertrag abgeschlossen, dem die beiden Herzogtümer Mecklenburg, Sachsen-Lauenburg und die Städte Lübeck, Hamburg und Bremen, ferner die beiden zum Obersächsischen Kreise gehörigen Herzogtümer Pommern angehörten. In diesem Vertrage war die wichtigste Entscheidung, daß der Reichstaler, den man zunächst auf 3 Mark lübisch festsetzte, vom Tage Gregorii des Jahres 1623 aber auf 2½ Mark lübisch reduziert werden sollte. Wenn auch dieser Vertrag als "interim" bezeichnet war, so verhinderte er doch, daß auf dem Kreistag von Lüneburg vom 6. Juli 1622 für den ganzen Kreis bindende Beschlüsse gefaßt werden konnten. Der Kreistag entschied sich für die Rückkehr zum Taler zu 24 Groschen, wie ihn die Reichsmünzordnung von 1559 vorsah. Ferner beschloß er, daß die Doppelschillinge, Doppelgroschen und Doppel-Mariengroschen aus Talersilber zu prägen wären, während für die einfachen Groschen ein Feingehalt von 8 Lot, für die Dreier ein solcher von 5 Lot und für die Pfennige von 3 Lot 6 Grän festgesetzt wurde. Im übrigen wurde das Verpachten von Münzstätten verboten und viele alte Bestimmungen wieder erneuert. Wenn auch die Mitglieder des Hamburger Münzvertrages nicht zu bewegen waren, sich diesen Beschlüssen anzuschließen, so war dieser Kreistag doch der Wendepunkt in den Münzwirren der Kipperzeit.

In der Zeit vom 21.-25. Oktober 1622 fand nach fünfjähriger Pause wieder ein Münzprobationstag, und zwar zu Halberstadt, statt. Die Münzmeister und Wardeine wurden neu vereidigt, indem man auf den Speyerischen Reichsabschied von 1570 zurückgriff, der die Präsentation eines jeden Münzmeisters von den Ständen auf einem Probationstag und seine Vereidigung, sowie Examen und Qualifikation der Wardeine vorsah. Alle die hergelaufenen Münzmeister der Kipperzeit verschwanden; der Anfang zur Gesundung des Münzwesens war gemacht.

In Obersachsen verging noch ein volles Jahr, bis auch dort der Weg zu gesunden Verhältnissen zurückgefunden wurde. Schon im Jahre 1622 waren in verschiedenen Orten, so in Naumburg, Wittenberg und Freiberg, Unruhen ausgebrochen. Die geheimen Räte richteten im Sommer 1621 an den Kurfürsten von Sachsen die Bitte, die Pachtmünzen aufzuheben. Auf die Neujahrsmesse 1622 berief der Kurfürst den engeren Ausschuß der Stände nach Leipzig. Wir besitzen ein Gutachten, das von diesem Ausschuß über die Ursachen und Mittel zur Abstellung der Kipperei und Wipperei vorgelegt wurde. Irgendwelche Folgen hatte die Ausschußsitzung nicht. Auf dem Landtag zu Torgau im Februar 1622 kam es infolgedessen zu eingehenden Erörterungen über die Geldverhältnisse und die Teuerung. Die Stände forderten den Kurfürsten dringend auf, die Pachtmünzen aufzuheben und zur Reichsmünzverfassung von 1559 zurückzukehren; aber auch der Landtag hatte mit diesen Vorstellungen keinen Erfolg. Die Pachtmünzen arbeiteten noch das ganze Jahr 1622 weiter.

Erst im Juni 1623, zu einer Zeit, da in einem großen Teil Deutschlands die Kippermünzen längst geschlossen waren, entschied sich der Kurfürst, eine Kommission aus den Kammer- und Bergräten, den Obersteuereinnehmern und den Rentmeistern zu bilden und dieser fünf Fragen zur Geldkrise vorzulegen. Die Antwort erfolgte in kürzester Frist in Form eines langen Gutachtens, in dem vor allem die Rückkehr zur Reichsmünzverfassung von 1559 mit einem Taler zu 24 Groschen und die Devalvierung der Usualmünzen verlangt wurden. Bereits am 13. Juni wies der Kurfürst den Dresdener Münzmeister an, sich nach der Münzordnung von 1559 in allen Punkten zu richten, und kündigte an, daß von Michaelis an die Münzprobationstage des Obersächsischen Kreises wieder abgehalten werden sollten. Die Pachtmünzen wurden aufgehoben. Am 31. August wurde die Rückkehr amtlich in einem Münzmandat und in einer Taxordnung bekanntgegeben.

Alle Usualmünzen wurden von den staatlichen Kassen angenommen und dann an die Dresdener Münze zum Umprägen in gute Münze abgeliefert. Die Münze zahlte die ausgeprägte gute Münze an die Kassen zurück, die die Verluste zu tragen hatten. Die schwersten Verluste gingen natürlich zu Lasten der Kaufleute, Handwerker, Bauern und Arbeiter, da ihnen die Kassen die Usualmünzen nur zu stark reduzierten Kursen abnahmen. Besondere Schwierigkeiten machte die Frage der Rückzahlung der Steuerdarlehen, die in Usualmünzen geleistet waren. Der Krieg schob die Klärung der Frage immer weiter hinaus. Erst 1650 regelte ein Patent diese Frage; die Kapitalien wurden mit rd. 14% zurückgezahlt.

9. Das Ende der Kipperzeit in den Habsburger Ländern
Noch später als in Sachsen wurde in den Habsburger Ländern die Kipperzeit beendet. In Wien drohte im Juli 1623 ein Aufstand. Am 3. Juli wurde auf kaiserliche Entschließung hin die Ausprägung leichter Münzen eingestellt. Mit einer Resolution vom 1. August 1623 wurden die Statthalter von Böhmen und Mähren, Fürst Liechtenstein und der Kardinal Fürst Dietrichstein, davon verständigt, daß von nun an in allen Erbkönigreichen und -ländern der Reichstaler zu 14 Lot 1 Quent fein 9¾ aus der Wiener Mark ausgeprägt werden sollte. Aber so einfach war die Lösung nun doch nicht, denn das ganze Land war überschwemmt mit den "langen Münzen", den ganz geringhaltigen Doppeltalern, Talern und halben Talern des Münzpächterkonsortiums. Am 19. Oktober wurden Graf Meggan, Graf Carl von Harrach, Hans Unterholzer und Jacob Berchthold als Kommissare abgeordnet, um mit den niederösterreichischen Landtagsverordneten wegen der Münzkalada zu verhandeln. Die dann beschlossene Münzkalada schrieb nach dem Patent vom 14. Dezember 1623 folgende Einlösungswerte vor:
"Nemlich diejenigen (Münzen), so Unseres eigenen Schlags oder Prägs seyn, als die Doppel- oder Drithalbe-Gulden, ohne Unterschied des geringen oder groben Geprägs auf 20 guter Kreuzer an Reichsmünz, der einfache Gulden, so mit der Zahl 75 gezeichnet auf 10 kr., der 48er auf 6 kr., der 24er auf 3 kr., der 12er auf 6 Pfen. und der Groschen oder drei einschichtige Kreuzer auf 1½ Pfen."

Der Einlösungstermin wurde wegen der ungeheuren Menge des umlaufenden Geldes mehrfach bis Ende 1625 verlängert. Der Verlust beim Umtausch betrug 86,7%, d. h. für 100 Taler Kippermünzen wurden 13,3 Taler Reichsmünze ausgezahlt.

Der Vertrag vom 18. Januar 1622 hat dem Pächterkonsortium, zu dem in erster Linie Fürst Carl zu Liechtenstein, dann Albrecht von Wallenstein und wohl sicher auch der kaiserliche Kanzler Fürst Johann Ulrich von Eggenberg gehörte, denn sein Mitwirken beim beschleunigten Abschließen des Vertrages und seine späteren Transaktionen lassen das vermuten, ungeheure Gewinne gebracht. Damit kauften sie einen großen Teil der in Böhmen konfiszierten protestantischen Güter auf. Daß der Vertrag von langer Hand vorbereitet scheint, darauf wies ich schon hin. Wahrscheinlich war der Anlaß dazu der Wunsch, in großem Umfange konfiszierte Güter kaufen zu können und über die Münzpachtung sich die nötigen Mittel dafür zu beschaffen, wobei, wie wir gesehen haben, Fürst Liechtenstein in skrupellosester Weise für die betrügerischste Ausnützung des Münzregals sorgte.

Schon im Dezember 1623 wurde der Kaiser darauf hingewiesen, daß das Konsortium den Vertrag nicht eingehalten und viel geringer als vorgesehen gemünzt habe. Der Kaiser übertrug darauf hin dem Grafen Siegmund von Wolkenstein die Aufgabe, Erhebungen anzustellen. Solange aber Fürst Liechtenstein und Fürst Eggenberg auf ihren einflußreichen Posten saßen, war eine wirkliche Untersuchung nicht durchzuführen. Erst unter Kaiser Ferdinand III. wurde die königlich böhmische Münz- und Konfiskations-Laesion-Aus- und Verrichtungskommission bestellt, an deren Spitze Graf Siegmund von Wolkenstein trat. Die gegen die Fürsten von Liechtenstein - Fürst Carl war am 12. Februar 1627 gestorben - und Fürsten von Eggenberg angestrengten Prozesse und ihre noch erhaltenen Akten geben manche interessanten Aufschlüsse. Es entbehrt nicht eines gewissen Reizes, daß wir ein Schreiben des Fürsten Carl zu Liechtenstein vom 20. Januar 1624 an Kaiser Ferdinand besitzen, in dem er sich für die Gebrüder von Streithorst, die wir als die Verantwortlichen für das Kippermünzwesen im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel kennengelernt haben, einsetzt. Man sieht daraus die engen Verbindungen zwischen den einzelnen führenden Köpfen.

Die Kipper- und Wipperzeit war die erste große Inflation nach der römischen Münzkatastrophe des dritten Jahrhunderts. Sie hat viele große Vermögen und die Ersparnisse des breiten Bürgertums, die sich in der langen Friedenszeit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts angesammelt hatten, vernichtet. So hat die Zeit der Kipper und Wipper den materiellen Wohlstand Deutschlands stärker zerstört als der Dreißigjährige Krieg in seinen sonstigen unmittelbaren ökonomischen Auswirkungen. Es war schon etwas Wahres daran, wenn in den Flugschriften das böse Geld mit der Pest verglichen und seine Wirkung mit dieser gleichgestellt wurde.

Gustav Freytag hat uns in seinen "Bildern aus der deutschen Vergangenheit" diese Zeit in lebhaften Farben geschildert:
"Und jetzt folgte dem Taumel, dem Schrecken, der Wut eine trostlose Ernüchterung. Die Menschen sahen einander an wie nach einer großen Pest. Wer sicher auf seinem Reichtum gesessen hatte, war heruntergekommen. Mancher schlechte Abenteurer ritt jetzt als vornehmer Herr in Samt und Seide. Im ganzen war das Volk viel ärmer geworden. Es war lange kein großer Krieg gewesen und viele Millionen in Silber und Gold, die Ersparnisse der kleinen Leute, hatten sich in Dorf und Stadt vom Vater auf den Sohn vererbt; dieses Sparbüchsengeld war in der bösen Zeit zum größten Teil verschwunden, es war verjubelt, für Tand ausgegeben, zuletzt für Lebensmittel zugesetzt. Aber nicht dies war das größte Unheil, ein größeres war, daß in dieser Zeit Bürger und Landmann gewaltsam aus dem Gleise ihrer redlichen Tagesarbeit herausgerissen wurden. Leichtsinn, abenteuerndes Wesen und ein ruchloser Egoismus griffen um sich. Die zerstörenden Gewalten des Krieges hatten einen ihrer bösen Geister vorausgesandt, das feste Gefüge der bürgerlichen Gesellschaft zu lockern und ein friedliches, arbeitsames und ehrliches Volk zu gewöhnen an das Heer von Leiden und Verbrechen, welches kurz darauf über Deutschland hereinbrach."

Geldgeschichtlich hat die Kipperzeit zweifellos auch eine positive Seite gehabt. Denn die Erkenntnis brach sich Bahn, daß neben dem Währungsgeld auch eine Kreditmünze für die kleinen Werte nötig wäre. Schon der Beschluß des Lüneburger Kreistages vom 6. Juni 1622, den Feingehalt der Dreier auf 5 Lot, den der Pfennige auf 3 Lot 6 Gr. festzusetzen, während die Reichsmünzordnung von 1559 als niedrigsten Feingehalt 62/9 Lot festgesetzt hatte, war ein Schritt nach dieser Richtung. Die Entwicklung der Scheidemünze erhielt durch die Kipperzeit ihren entscheidenden Anstoß.

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