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      Verprägungen: Offener Linienkreis wegen Doppelschlag      

Hier werden einige Hammerprägungen gezeigt, die eine bestimmte Verprägung aufweisen: Der Linienkreis zwischen Feld und Umschrift ist an einer Stelle offen und versetzt. Damit verbunden ist ein lokaler "Doppelschlag". Als "Doppelschlag" bezeichnet man das Auftreten versetzter Konturen, die von einer Überprägung mit demselben Stempel stammt. "Doppelschlag" bedeutet also nicht "Prägung mit zwei Hammerschlägen", denn bei Mehrfachschlägen ohne Stempelversatz entsteht kein "Doppelschlag".


Niederlande, Ks. Karl V.: Courte (Deut) 1545.     Kupfer, Ø 20 mm, 1,7 g.
Vs.: (Mz. Lilie):CAROLVS·D:G·V·IMP·HISP·REX·1545
Zum Vergleich, ein fehlerfreies Exemplar aus Antwerpen.
Der Linienkreis zwischen Feld und Umschrift der Vorderseite öffnet sich bei 11 Uhr. An dieser Stelle verspringt auch die Krone und rutscht auf der Stirn bis knapp über die Augen. Der Sektor 11-1 Uhr erfuhr eine Überprägung, die nur bei 11 Uhr ein Versatz zum restlichen Münzbild aufweist.
Die Vorderseite dürfte vom Oberstempel geprägt worden sein, der mehrfach unter variablen Winkeln geschlagen wurde und dabei verrutschen kann.


Juan II., Kg. von Kastilien und Leon, 1406-54: Dobla o. J., Sevilla.     Ø 26 mm, 4,53 g.
Auf der Rückseite wurde ein Randbereich an der linken Wappenecke überprägt, links unten ohne, links oben mit Versatz zur übrigen Prägung. Der Der Oberstempel wurde dafür vermutlich etwas nach links oben geneigt, sonst wäre das Wappen stärker betroffen. Bei der Nachprägung blieb der Stempel links in der "Spur" der Vorprägung, während er oben nach aussen verrutschte.


Spanien, Ks. Karl V.: Doppeldukat o. J. (vor 1539), Valencia.   Ø 27 mm, 6,98 g.
Dieses merkwürdige Stück gilt als Unikum. Das verunstaltete Auge liegt auf dem erhabenen Zentralpunkt, der vermutlich aus technischen Gründen vor der Gravur des Stempels entstand. Der Randbereich bei 9-12 Uhr wurde versetzt überprägt. Ist dem Kaiser dadurch "die vordere Zacke aus der Krone" gefallen?


Böhmen, Ks. Ferdinand I.: Taler 1559, Kuttenberg.   Ø 39 mm
Diese Grossilbermünze hat auf der Vorderseite eine kleine Fehlstelle bei 11 Uhr.


Kirchenstaat, Paul V., 1605-21: Quadrupla 1608, Rom.   Ø 31 mm, 13,37 g.
Im Sektor 12-3 Uhr findet sich ein Doppelschlag am Hinterkopf und am Heiligenschein sowie eine versetzte Überprägung der Umschrift.

Die obigen Beispiele von Verprägungen haben folgendes gemeinsam:
- Betroffen ist meist nur eine Münzseite, vermutlich die vom Oberstempel geprägte Seite.
- Betroffen ist hauptsächlich der Aussenbereich in einem engen Sektor.
- Der Linienkreis zwischen Feld und Umschrift ist korrekt ausgeprägt bis auf die Fehlstelle, wo ein erheblicher Versatz auftritt. Der offene Linienkreis erscheint also spiralförmig.
- Die Fehlstelle entstand durch einen Hammerschlag auf den versetzten Stempel, ein sog. "Doppelschlag".

Wie kommen solche lokalen Doppelschläge zustande?
Es scheint vielfach mit mehreren gezielten Hammerschlägen geprägt worden zu sein.
Zwei aufschlussreiche Aufsätzen legen diese Möglichkeit sehr nahe:
1. Adolar Wiedemann hat die erhaltenen 217 Stempel der Stadt Isny aus der Zeit 1508-1555 untersucht und katalogisiert. In seiner Veröffentlichung von 1976 kam er in "Überlegungen zur Prägetechnik" zum Ergebnis, dass die Prägung sektorweise mit mehreren Schlägen auf den entsprechend geneigten Oberstempel erfolgte. Mit der einen Hand umschloss der Münzer Unterstempel, Schrötling und Oberstempel, wobei er die Neigung des Oberstempels vorsichtig nach Gefühl verändern könnte. Mit der anderen Hand führte er den Hammer.
2. Walter Kühn hat 1989 in "Zur Hammerprägung der spätmittelalterlichen Münzen in Groschengröße" diese Vorstellungen weitgehend bestätigt, erweitert und verschiedentlich belegt. Demnach wurden Münzen in Groschengrösse sektorweise geprägt, etwa mit vier Schlägen über Kreuz.
3. Siehe auch: Henner R. Meding, Die Hestellung von Münzen, GiG Frankfurt 2006, S.44f (Die Art der Schläge auf den Oberstempel bei der Prägung).
Welche Verbreitung diese Technik der "Mehrschlagprägung" erfuhr, ist unbekannt.

In Anlehnung an die Aufsätze von Wiedemann und Kühn ist zu vermuten, dass obige Münzen sektorweise teilüberlappend geprägt wurden. Wegen einer Teilverschiebung des Oberstempels passt der letzte Sektor nicht mehr zum ersten Sektor. Dort entsteht dann in der Überlappung ein deutlicher "Doppelschlag".

Münzen ab Groschengrösse wurden offenbar gerne mit mehreren Schlägen geprägt. So konnte ein Münzer ohne Hilfe und mit vertretbarem Kraftaufwand prägen. Nur wenn der Stempel für einen der Schläge verrutschte, ergab sich ein sichtbarer sog. "Doppelschlag", auch wenn dafür gar kein zusätzlicher Hammerschlag erfolgte.





Die beiden folgenden Verprägungen liegen etwas anders: Jetzt ist der Linienkreis an zwei fast gegenüberliegenden Stellen versetzt unterbrochen.



Pommern-Stettin, Philipp II., 1606-18: Goldgulden 1614, Stettin.   Ø 22 mm, 3,16 g.
PHILIPPVS·II·DVX·STETIPOM - Büste   //   ALLES·ZV·SEINER·ZEIT·1614 - Feder und Schwert.
Zum Vergleich, ein fehlerfreies Exemplar. (beide unter Hildisch 73 u. Fb.2083)



Pommern, Bogislaw XIV., 1625-37: Reichstaler 1633, Stettin.   Ø 40 mm, 28,25 g.
BOGISLAVS·XIV·D.G·DVX·S·P.C·ET·V·P.R·1633· // EP.CAM·CO·GVTZK.TER·LEOB·ET·BV·DOM
Vergleiche dazu ein sehr ähnliches aber fehlerfreies Exemplar.
Ein Grossteil der Vorderseite wurde mehrfach versetzt teilüberprägt: Die Bordüren erscheinen doppelt. Rechts rücken in der Legende BOGISLAVS die Buchstaben A und V zusammen. Sie sind geschwächt ausgeprägt, wobei sich die hintere A-Flanke mit der vorderen V-Flanke verstärkt überlagert. Der Sektor 3-6 Uhr ist letztlich etwas nach rechts oben verrutscht. Im Bereich 5-7 Uhr fällt V·D·G·D mit dem D·G·D der Vorprägung teilweise verstärkend zusammen. Die Prägung für 6-10 Uhr ist nach links versetzt.

Fazit :  Jede Hammerprägung hat ihr ganz individuelles Aussehen. Ein Doppelschlag kann eine weitere interessante Note hinzufügen, über die nachgedacht und gerätselt werden kann.


Lit.:
• Adolar Wiedemann, Die Prägestempel der ehemals Freien Reichsstadt Isny im Allgäu -
  Einige Überlegungen zur Prägetechnik
in: Beiträge zur Süddeutschen Münzgeschichte, Festschrift zum
  75-jährigen Bestehen des Württembergischen Vereins für Münzkunde e.V., 1976, S.125-127.
• Walter Kühn, Zur Hammerprägung der spätmittelalterlichen Münzen in Groschengröße
  in: NNB 10/1989, S.232-240.

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