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Münzmeister Ulrich Gebhart
[auch als Ulrich Gebhardt bekannt]

Gebhard Martin
money trend 6/1995 S.6-14

Gliederung
1. Leipzig am Anfang des 16. Jahrhunderts
2. Vorgeschichte zur Neueröffnung der Leipziger Münzstätte
3. Zum Herkommen des Ulrich Gebhart
4. Ulrich Gebhart kommt als Münzmeister nach Leipzig (1518/1519)
5. Zwischenspiel in Joachimsthal (1519-1522)
6. Ulrich Gebhart zum zweiten Mal in Leipzig (1522-1526)
7. Gebhart wieder als Münzmeister in Joachimsthal (1526-1530)
8. Ulrich Gebharts dritte Arbeitsperiode in Leipzig (1530-1532)
9. Epilog


Urlrich Gebhart gehört - vor allem was seine Tätigkeit in Leipzig betrifft - zu den "weissen Flecken" auf der numismatischen Landkarte. Das ist um so verwunderlicher, da nach der Ersterwähnung durch J. und A. Erbstein in den "Erörterungen ... " Fachkollegen aus Osterreich und später der Tschechoslowakei sich des Münzmeisters intensiv angenommen haben - aber das bezieht sich auf sein Münzmeisteramt in JoachimsthaI (heute Jáchymov). Über sein Wirken in Leipzig schreibt Haupt*:
"Leipzig: Ulrich Gebhart 1518-1532 mit Unterbrechungen."

Auf diese Aussage beschränkt sich im Grunde bis heute das Wissen über Leben und Wirken dieses bedeutenden Münzmeisters. Die vorliegende Untersuchung setzt sich das Ziel, möglichst umfassend die Leipziger Zeit Gebharts darzustellen, wobei seine Arbeit in Joachimsthal des übergreifenden Verständnisses und der Beziehungen wegen kurz mit erläutert werden muss. Das erschlossene umfangreiche Quellenmaterial gibt dazu Gelegenheit. Trotzdem bleiben noch Fragen offen, die im Augenblick noch nicht (oder auch niemals) zu klären sind. Aber wer Ulrich Gebhart wirklich war, wie er lebte und was er leistete, kann heute schon dargestellt werden.

1. Leipzig am Anfang des 16. Jahrhunderts

Leipzig hatte, als Ulrich Gebhart in der Stadt tätig war, seine erste grosse Blüte hinter sich. Sie war verbunden gewesen mit dem erneuten Aufschwung des Silberbergbaus - diesmal im westlichen und mittleren Teil des Erzgebirges - und mit dem Entstehen und der Prosperität solcher Bergstädte wie Schneeberg und Annaberg, aber auch mit der weiteren Fördertätigkeit in alten und neuen Gruben um Freiberg. Der Rat der Stadt Leipzig, einige Bürgermeister vor allem, beteiligten sich von Anfang an durch den Erwerb von Kuxen (Gesellschaftsanteil an einer bergrechtlichen Gesellschaft) am Aufschwung des Bergbaus, hatten z.T. anfangs finanzielle Erfolge durch reiche Erträge in einigen Gruben. In diese Entwicklung war die Handelsstadt Leipzig auch dadurch eingebunden, dass sich Metallhandelsfirmen hier etablierten, dass die Fugger, WeIser und andere Handelshäuser ihre Faktoreien in der Stadt errichteten. Nicht zuletzt beteiligten sich die vermögenden Schichten an der Bergbau-Spekulation.

In den letzten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts hatte sich das Bild der Stadt auch äusserlich gewandelt. Eine rege Bautätigkeit war Ausdruck des sich entwickelnden Handels und Wandels geworden, Spiegelbild der Entwicklung der ökonomisch führenden und politisch entscheidenden Schichten der Stadtbevölkerung*. Bei genauer Betrachtung wird deutlich, dass vor allem bei der Beteiligung am Bergbau in kurzer Zeit riesige Vermögen entstanden waren, aber bei Fehlspekulationen auch ein schneller, tiefer Fall erfolgen konnte, der mit sozialem Abstieg verbunden war.

ersten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts zeigten Ausläufer dieser Entwicklung; der "Höhenflug" war zunächst vorbei. Die Jahre von etwa 1510 bis 1535 wurden, wie in den Akten nachzulesen ist, tief durch andere Ereignisse mitgeprägt:
- Viele Jahre in diesem Zeitraum waren ausgesprochene Pestjahre mit schrecklichen Folgen für die ansässige Bevölkerung.
- Es waren auch die Jahre intensiver Auseinandersetzung mit den Anhängern der lutherischen Lehre .
- Wegen der Türkenkriege mussten spezielle Steuern ("Türkensteuer") aufgebracht, Heerfahrt geleistet, eine Menge Waffen für die Stadt angeschafft, Bauten für die Verteidigung errichtet, die durchziehenden Soldatenhaufen verpflegt werden. - Und nicht zuletzt - an das oben Gesagte anschliessend: Der Rat hatte mit seinem Kuxbesitz vor allem auf dem Schneeberg keine glückliche Hand. Über Jahre mussten erhebliche "Zubussen" geleistet werden - der Ertrag war mässig.
Das sind die Jahre, die für die Leipziger Münzstätte mit dem Namen Ulrich Gebhart verbunden waren.

2. Vorgeschichte zur Neueröffnung der Leipziger Münzstätte

Mit dem Namen Gebhart ist eine "Denkschrift" verknüpft, die in dreifacher Ausfertigung vorliegt, zweimal im Stadtarchiv Leipzig und einmal im Staatsarchiv Dresden*. Der Titel lautet:

"Ein Anschlag, die Gold-Münze zu Leipzig wieder aufzurichten." (Im Dresdner Exemplar heisst es - sicher aus Versehen - "Goldwaage".)

Die drei Exemplare stimmen im Inhalt überein; die orthographischen Unterschiede sind wohl auf Spracheigenheiten der Abschreiber zurückzuführen. Im ersten Satz heisst es: "Dieweil Ulrich Gebbehardt sich zu einem Goldmünzmeister angegeben und zu münzen unterstehen will ... "

Damit ist deutlich gemacht, dass es sich um die geplante Neuaufrichtung der Leipziger Münzstätte, die seit den Umprägungen der Löwenpfennige geruht hatte, durch Ulrich Gebhart handelt. Glücklicherweise trägt eines der drei Aktenstücke, das Dresdner, ein Datum, so dass wir den Vorgang zeitlich einordnen können. Die Bezeichnung der Akte lautet:

"N° 299 vnndericht der goltmunze durch hrn cesar alher geschigkt do Mitwoche nach oc(u)li anno XVIII."

Cäsar Pflug war der damalige herzogliche Amtmann in Leipzig und hatte dieses Schreiben am 10. März 1518 nach Dresden gesandt. Offensichtlich war damit ein Abschluss von Verhandlungen fixiert. Aber was war dem vorangegangen?

In Leipzig hatte bis 1512 eine Münzstätte bestanden; anfangs durch Heinrich Stein, nach seinem Tode durch dessen Sohn Gerhard Stein betrieben, der noch 1512 in grossen Mengen die sogenannten Löwenpfennige umschlagen musste. Seitdem war die Münze geschlossen. Eine Schossabrechnung in den Leipziger Stadtkassenrechnungen lässt aber mit Sicherheit darauf schliessen, dass das Haus der Münzstätte weiterhin für den Münzbetrieb vorbehalten wurde, indem der Landrentmeister Georg von Widebach im Namen des Landesherrn Herzog Georg die Schosszahlungen für das Münzgebäude leistete*. Leipzig blieb auch "Oberhauptwechsel"*, was bei der dominierenden Stellung der Stadt im Territorium verständlich ist.

Auch noch 1513 beschäftigten sich viele Ratsbeschlüsse mit den Löwenpfennigen, von denen noch nicht einmal die Hälfte mgeschlagen sei*, und in diesem Zusammenhang auch mit der dazu nötigen, aber eben fehlenden Münzstätte.

"Vnd dieweil dann der wechsel ader die muncz czum umbschlaenn noch nicht bestalt, ..."*

Grösstes Interesse daran hatte die Kaufmannschaft der Stadt, hatten vor allem die Grosshandelskaufleute, denn in einer ausgesprochenen Handelsstadt, wie es Leipzig in den sächsischen Landen war, strömte Geld aus allen Himmelsrichtungen zusammen, gute und "böse" (minderwertige) Münzen. Es musste aber immer gutes Geld parat sein, um die Geschäfte abwickeln zukönnen.* Dazu kam die Notwendigkeit, unbekanntes Geld zu probieren und fremdes Geld zu wechseln. Deshalb drang der Rat als Interessenvertreter der Besitzbürger immer stärker darauf, in Leipzig wieder eine Münzstätte einzurichten.

Die früheste Aktivität stammt aus dem Jahre 1513, wo es in den Ratsbeschlüssen heisst (sicher im Nachgang zur oben erwähnten Feststellung):

"Zcum andern wollen die Rethe die goltmuncz vorsuchen zubestellen domit der Handel gefordert" (wird).*

Der erste Schritt war, dass im selben Jahr ein Sebald Streubel zum Ratsprobierer angenommen wurde (den es oft neben dem Probierer, in der Münzstätte in Leipzig gegeben hat)*. Streubel sass im Gewölbe, des damaligen alten Rathauses und wurde auch dafür, bezahlt, dass er den Zeiger der Rathausuhr immer genau stellte.

Offensichtlich hatte sich wegen einer neuen Münzstätte noch nichts getan; denn Michaelis 1515 reisten alle drei Bürgermeister nach Dresden, um mit dem sächsischen Herzog wegen der Münze zu handeln.* (Wir finden heute solche Nachrichten oft nur, weil die Spesenabrechnungen erhalten geblieben sind!).

Im folgenden Jahr fuhren der Stadtschreiber und ein weiterer Ratsherr wieder an den Hof nach Dresden, um "der golt muncz halben" zu verhandeln.*

Offenbar geschah immer noch nichts; denn die Beschlüsse des Rats und die Reisen nach Dresden häuften sich, immer mit dem Ziel, in Leipzig wieder eine Münzstätte einzurichten. 1517 heisst es in den «Decreta Senatus»:

"Zum anderen beschlossen sie, dass Andreas Matstadt, Michael Buffeler und (Hieronymus) Walther gen Dresden reisen sollen und Handlung gewarten der Goldmünze halben und Fleiss anführen, dass die auf den nächsten Markt möge bestallt werden."*

Alle drei waren Ratsleute; die Bedeutung für den Handel geht aus der Formulierung und der beruflichen Position der Beteiligten deutlich hervor:
- Michael Buffeler, Leiter der "Gesellschaft des Zinnkaufs"
- Hieronymus Walther, Gesellschafter der Schützschen Kupfergesellschaft, Faktor der Welser
- Andreas Matstadt, Faktor der Fugger in Leipzig.

Die Stadtväter korrespondierten auch mit dem Münzmeister von Eger, um bestimmte Probleme, die mit der Errichtung einer neuen Münzstätte zusammenhängen, fachmännisch klären zu lassen, vielleicht auch, um sich nach einem geeigneten Münzmeister umzusehen. Im August 1517 reiste der Egerer Münzmeister im Auftrag des Rats zunächst nach Schneeberg, um "von der goltmuncz zu handeln", dann nach Dresden und schliesslich nach Leipzig, sicherlich, um dem Rat von den Ergebnissen seiner Reise zu berichten. Dafur wurde er mit 2 Schock 27½ Groschen = 147½ Groschen gut bezahlt.* Neben weiteren Reisen nach Dresden verfasste der Rat eine Aufstellung von Problemen, die er mit dem Obermarschall dort klären wollte. Punkt 8 in der im Dresdner Archiv erhalten gebliebenen Akte lautet unter der Überschrift "Raths zu Leipzig Gebrechen": "Goldmuntz 8 Item das wir keynen golt muntzmeister haben."*

Möglicherweise deutet diese Formulierung darauf hin, dass eine positive Entscheidung zugunsten der Wiedereröffnung der Münzstätte schon gefallen war, nun aber noch ein geeigneter Münzmeister gefunden werden musste.

3. Zum Herkommen des Ulrich Gebhart*

Wir wissen schon, wer der "kommende Mann" der Leipziger Münzstätte sein wird: Ulrich Gebhart. Aber woher kam er und wie waren seine bisherigen Lebensumstände, dass er sich eine solche Vertrauensstellung erringen konnte?

Gerade bei dieser Frage, die doch recht interessant und aufschlussreich in soziologischer Hinsicht ist, sind die bisherigen Forschungsergebnisse mager. Was lässt sich belegen?

Ulrich Gebhart war in erster Ehe mit einer Tochter des einflussreichen Leipziger Ratsherrn Matthes Wegel verheiratet.* Nach deren Tod heiratete er Anna Hornung, ebenfalls aus Leipzig.* Aus erster Ehe sind vier Kinder, Hieronymus, Christoff, Judith und Martha, nachweisbar, aus zweiter Ehe nur eine Tochter Anna.* Probszt behauptet, dass der bekannte Budweiser und Prager Münzmeister Tobias Gebhart ebenfalls ein Sohn Ulrich Gebharts gewesen sei.* Geboren ist er erst im Jahre 1537. Schon deshalb ist eher anzunehmen, dass er ein Sohn des Erasmus Gebhart, Bürger zu Joachimsthal, eines Bruders Ulrich Gebharts, war, der wahrscheinlich ebenfalls an der Münzstätte Joachimsthal arbeitete.*

Woher kam Gebhart? - Ein ebenfalls noch nicht gelöstes Problem. Immerhin sind einige Überlegungen dazu möglich.
- Sein Bruder Gabrine (Gabriel) lebte um 1533 als Bürger in Krakau. Geboren war er laut Bürgerbrief in Ingolstadt.
- Ein weiterer Bruder Assmus (Erasmus) war Bürger in St. Joachimsthal.*
- Fiala spricht davon, dass Ulrich Gebhart aus einer in Schneeberg ansässigen Gewerkenfamilie stammen könnte.*
- Ulrich Gebharts Besitz in Zwickau war sehr umfangreich, wie noch dargelegt wird.*

Damit sind vier Städte genannt, die Geburtsort Gebharts sein könnten. Wenn Müller eine Aktennotiz in den Leipziger Stadtkassenrechnungen aus dem Jahre 1487 auf die Hochzeit Gebharts bezog*, so ist diese Behauptung nicht mehr zu halten. Über Gebharts Geburtsjahr wissen wir heute genau Bescheid; denn eine Medaille aus dem Jahre 1530 mit seinem Porträt (Abb. 1) lässt entsprechende Rückschlüsse zu.


Abb. 1: Medaille mit dem Porträt Ulrich Gebharts, 1530

Die Umschrift lautet: VTZ·GEBHART·SE(I)N / (A)LTERS·IM·LI·AN:M·D·XXX.*
Damit ist eindeutig bewiesen, dass er 1479 oder 1480 geboren wurde.

Andere Informationen bis zu der Zeit, da er sich für Leipzig bewarb, sind bisher nicht gefunden worden, ausser zu seiner Berufsausbildung: Er war Goldschmied, wie aus einer Bestätigung von drei Proben hervorgeht, die er vor seiner Anstellung vor dem Rat ablegen musste.* Mit diesen Fähigkeiten bewarb sich Ulrich Gebhart durch erhalten gebliebene handschriftliche Briefe bei Herzog Georg, indem er seine Vorstellungen von der Münztätigkeit darlegte. Die Briefe sind nicht datiert, dürften aber aus dem Jahre 1518 stammen. Der erste Brief beginnt mit den Worten:

"Durchlauchtiger hochgeborener Fürst, gnädigster Herr, ich habe verstanden, wie e. f. g. nicht übel geneigt sei, die Goldmünze in e. f. g. Stadt Leipzig wieder aufzurichten, welche eine zeitlang bisher ist verblieben ungenutzt. Deshalb ich von etzlichen redlichen Handelsleuten angeredet (wurde), mit Bemeldung, was (für eine) Beschwerung gemeinen Händlern und Schaden e. f. g. Landen und Leuten damit eingeführt, dieweil dann viele geringer geschlagene Gulden gegen Leipzig kommen ..."*

Er habe auch schon dem Rat zu Leipzig auf dessen Erfordernis seine Probierkünste vorgeführt. Weiter schreibt er, dass er ein Münzer sei, Gold- und Silbermünzen zu schlagen.

"... in rechter Probe, in gleichem Schrot, nicht allein nach der Mark, sondern auch nach dem Stück, wie nun das sein mag, so verhoffe ich, dass mit Gottes Hilfe also zu werken und zu setzen und getreulich zu verwesen, wo e f g mir die aus gnädigem Gemüt vergönnen wolle, darum ich e f g untertänig bitte und gebeten will haben ..."*

Der zweite Brief Gebharts an Herzog Georg* beschränkt sich nicht auf allgemeine Aussagen, sondern enthält konkrete Vorschläge, wie die Münzung aussehen soll. Aber im Grunde geht es ihm auch hier darum, die Münzstätte Leipzig zu übernehmen.

Hochinteressant ist zunächst die Mitteilung, dass ursprünglich Stefan Gemlich für die Übernahme der Münzstätte vorgesehen war. Er sollte Schwertgroschen (105 Stück auf die Mark; 4½ Lot ½Grän fein) und Goldgulden (12 Stück auf die Mark; 18 Karat 6 Grän) fertigen. Ihm wollte der Herzog 300 bis 400 Gulden am Anfang der Münztätigkeit leihen und alle Jahre 200 bis 300 Mark Silber nach Leipzig liefern lassen. Aber Gemlich habe wegen der Ausmünzungsbedingungen abgelehnt, obwohl er auch den Silberkauf bekommen hätte wie in Sankt Annaberg. Es war derselbe Gemlich, mit dem Gebhart bald darauf in Joachimsthal arbeiten wird. Anschliessend stellte Gebhart seine Münzrechnung auf. Er hielt sich dabei an die Vorgabe für Gemlich.

4. Ulrich Gebhart kommt als Münzmeister nach Leipzig (1518/1519)

Wir sind damit wieder bis zu jenem Punkt vorgedrungen, da die "Denkschrift" angefertigt wurde, die Gebhart als möglichen Münzmeister für Leipzig vorschlug, also 1518. Es heisst dort weiter:

"... Dieweil Ulrich Gebbehart sich zu einem Goldmünzmeister angegeben und zu münzen unterstehen will und doch Verlegens an Goldgulden und Silber bedarf, so ist bedacht, dass er einen redlichen Vorstand durch 3, 4 oder 5 Personen unserem gnädigsten und gnädigen Herrn allhier zu Leipzig vermachen soll auf 1000 Gulden, dergestalt, ob einige Gebrechen an ihm befunden (werden), dass sich alsdann unser gnädigster und gnädiger Herr, auch diejenigen, die ihm etwas untergeben, an solchem Vorstand zu erholen wüssten, ..."*

Es ging also darum, dass einige reiche Leipziger Bürger für den sich bewerbenden Gebhart bürgen sollten, denn er musste ja zunächst einmal Gold und Silber verlegt bekommen. Es wird dann im einzelnen vorgeschlagen, wie zu verfahren sei.

Für Herzog Georg war sicher folgender Gedanke besonders wichtig:
"Der Münzmeister soll unserem gnädigsten und gnädigen Herrn von einer jeglichen Mark Geldes einen halben Gulden zum Schlägeschatz geben."*

Gebhart hatte eingewilligt, auf eigene Kosten die Proben zum Probierer Hans Riss nach Zwickau zu schicken - wenn er die Erlaubnis erhielte, "Granalia Bruch und geringes Gold, auch Pagament gekorn und Silberwerk einzukaufen"*. Dem Amtmann und dem Rat zu Leipzig sollte das Wardeinsamt befohlen werden, und der Eisengräber durfte die Prägeeisen bei seinem Eide nur dem Wardein aushändigen, der sie ausserhalb der Prägezeit zu verwahren hätte.

Neben den Goldgulden wollte Gebhart auch halbe Groschen und Heller münzen. Nur wenn ihm das erlaubt werde, würde er die Münzstätte übernehmen. Eine besondere Bitte Gebharts bestand darin, dass ihm Herzog Georg die Münzstätte auf fünf oder sechs Jahre verschriebe, damit nicht ein anderer seines Handwerks daran Gefallen fände, nachdem er sie in Gang gebracht hätte.
Unter diesen Bedingungen wurde Gebhart als Münzmeister in Leipzig eingesetzt. Die Akten erfassen auch seine Übersiedlung in die Stadt.

"Item dem neuen Probierer und Münzmeister für seine Zehrung herzuziehen und für etliches Probiergeräte, das Streubel im Probiergewölbe gelassen, gegeben IIII ß XII gl" (= 252 Groschen).*

Im gleichen Jahr 1518 wurde seine vorläufige Wirkungsstätte lokalisiert.

"Item der Münzmeister hat heuer des Streubels Gewölbe ohne Zins innegehabt."*

Das war jenes schon erwähnte Gewölbe im Untergeschoss des damaligen Rathauses.

Auch die Finanzangelegenheiten wurden nach seinen Vorstellungen geklärt. Auf Befehl des Herzogs Georg bewirkten der Amtmann Cäsar Pflug und der Rentmeister Georg von Widebach einen "Recess" zwischen dem Rat der Stadt und Ulrich Gebhart, nachdem die Bürger Franz Honsberg, Hans Wegel (beide seine Schwäger) und Sixten Stuplin sich als selbstschuldige Bürgen gegenüber dem Rat bekannten und alle ihre Besitztümer dafür verpfändeten. Dafür würde der Rat dem Münzmeister im folgenden Jahr Geld verlegen.*

Eine gleiche Vereinbarung wurde dann am 14. Februar 1519 ebenfalls ins Schöffenbuch aufgenommen, nur war hier die Rede davon, dass der Rentmeister und die Stadt das Geld vorstrecken würden.* Dass der Rat dann auch wirklich Geld gab, weisen die Stadtkassenrechnungen schon im Jahre 1518 aus.

"Item es überantwortet auch dieser Rat dem neuen Rat den Münzmeister mit IIIJCXXX fl (= 380 Gulden), die ihm der Rat zur Verlegung der Münze vorgestreckt, tuen 150 Schock 30 Groschen."*

Am Rand wurde hierzu bemerkt: "Hieran hat er bezahlt 250 Gulden Restat noch ICXXX fl."

Wichtig sind nun die drei Fragen, wann Gebhart mit der Münzung begann, was er prägte und wo sich die Münzstätte befand. Im Weimarer Staatsarchiv liegen die Probationslisten für Leipzig mit dem Titel "Probation der Montz so zu Leyptzk durch vnserer gnedigsten vnnd gnedien hern Newe Munzmeister An golt gulden halbe g(roschen) vnnd hellern gemacht sein folgend hirnach vnderscheidenlich".*

Die Prägezeiten waren für die einzelnen Nominale unterschiedlich:
- Halbe Groschen: vom 15. Juni 1518 bis 10. Oktober 1519
- Heller: vom 14. Mai 1519 bis 1. Oktober 1519
- Goldgulden: vom 17. Mai 1518 bis 18. Juli 1519.

Bei den Hellern war die Jahresangabe nicht zu ersehen. Der Verfasser hat sich aus bestimmten Gründen für die Prägung im Jahre 1519 entschieden. Davon wurde auch der Gesamtprägezeitraum berührt.

Die Prägezeit Ulrich Gebharts während seiner 1. Periode in Leipzig reichte vom 17. Mai 1518 bis zum 10. Oktober 1519. Aus den Unterlagen ergibt sich weiterhin, dass sich der Münzmeister - von Ausnahmen abgesehen - an die Ausmünzungsbestimmungen hielt. Von den halben Groschen wurden 64 Werke mit insgesamt etwa 2543 Mark ausgebracht, von denen 39 der Vorschrift gemäss, 21 zu gut und 4 zu gering beschickt waren. Bei den Hellern waren es insgesamt 23 Werke mit 463 Mark, von denen 19 "bestanden" und 4 "zu gering" waren.

Bei den Goldgulden wurde nicht von "Werken", sondern von "Prüfungen" gesprochen, wobei mit den angegebenen Terminen eindeutig die Prägedaten gemeint waren. Normalerweise wurde eine Prüfung vorgenommen, bei Massen über 8 Mark 2 Prüfungen (mit einer Ausnahme). Insgesamt fanden 25 Prüfungen statt (bei 17 Werken); das Gesamtgewicht betrug 152 Mark 9 Lot. Die Güte wurde nicht vermerkt; sie stimmte offenbar. Auf der "Handlung zu Zeitz", am 12. Oktober 1519, wurde in einem Protokoll der Umstände dieser Leipziger Prägungen besonders gedacht.* Wardein war demnach Hans Plassbalck, dessen Name in den Leipziger Ratsakten oft genannt wird.

Bei den Silbermünzen wurde gerügt, dass "wider die Ordnung zu viel gut befunden", also zum Teil zu gut geprägt wurde. Auch sollte der Münzmeister "hinfort nicht mehr soviel Heller ohne besondere Erlaubnis schlagen".

Zweifellos waren die 1½ Jahre seiner Tätigkeit in Leipzig auch eine Zeit der zunehmenden Anerkennung seiner Leistungen durch die Behörden und den Münzherrn selbst. So berichtete der Rentmeister Georg von Widebach am 5. September 1519 an Herzog Georg über eine Visitation Gebharts in den Münzstätten Magdeburg und Halberstadt, bei der Gebhart feststellen konnte, dass dort nur schlechte Pfennige geprägt würden gegen die Abrede.*

Wahrscheinlich auf behördliche Anordnung fertigte Gebhart in dieser Zeit ein (allerdings undatiertes) Münzgutachten an, in dem die sächsischen und brandenburgischen Goldgulden nach eingehender Probe ausführlich miteinander verglichen wurden. In diese Untersuchung wurden auch neue brandenburgische Silbermünzen einbezogen, von denen 8 Stück auf den Gulden gehen sollten.*

Die dritte Frage beschäftigte sich mit dem Ort der damaligen Münzstätte. Bisherige Vermutungen konnten durch neue Aktenfunde bestätigt werden. Seit Mitte des 15. Jahrhunderts wurde ein Haus am Markt gegenüber dem Rathaus "bei der Münze" genannt.* Daraus konnte geschlossen werden, dass sich im Nebenhaus die Münzstätte befand. Einen Beweis gab es bisher nicht; jetzt ist er zu belegen (Abb. 2).


Abb. 2: Gebharts Münzstätte befand sich in einem der Häuser am Alten Markt zu Leipzig, gegenüber dem Rathaus (Abbildung aus dem Jahre 1547 - Ausschnitt)

1504 wohnte in diesem Haus der Münzmeister Stein. Der Landrentmeister Georg von Widebach übernahm das Haus "in solut. dedit", also in Abzahlung einer Schuld, von Stein.* Es ist erwiesen, dass dieser zum gegebenen Zeitpunkt von Widebach ein Darlehen über 2000 Gulden aufnahm.* 1518 bezahlte der Landrentmeister den Schoss des "Münzhauses", also zu Gebharts Zeit.* 1519 verkaufte Georg von Widebach sein Haus und Hof am Markt, "die Münze genannt", wie er das von Stein erhalten hatte, an Dominicus Bonat.* Der Beweis,·dass dieses Haus auch die Münzstätte war, wird durch die Stadtkassenrechnungen von 1520/21 erbracht. Dort heisst es: "Georg von Widebach t(enent = schuldet) alter Schuld als bei den Schoss von der Münze (!) vom Jahre 1519, den Dominicus Bonat (!) als sein Geld bezahlen soll ..."* - weil er ja jetzt in diesem Haus wohnt.

1518 - einige Jahre früher - war das noch anders.

"Item es hat auch der Rat dem Rentmeister Georgen von Widebach beiden Schoss von der Münze vom Jahre 1518 erlassen, darum dass der Münzmeister darinnen gewohnt" (hat).*

Ende 1519 wohnte Gebhart nicht mehr in der Münze. Zunächst hatte er sich am 12. Oktober 1519 ein eigenes Haus für 400 Gulden in der Burgstrasse gekauft*, ohne aber Bürger der Stadt zu werden. Kurze Zeit danach verliess er Leipzig für einige Zeit, um in Joachimsthal zu arbeiten. Seine Verbindung zur Stadt blieb weiterhin eng.

5. Zwischenspiel in Joachimsthal (1519-1522)

Nach doch recht kurzer Zeit als Münzmeister in Leipzig verliess Ulrich Gebhart seine bisherige Arbeitsstelle und nahm den Dienst bei den Grafen Schlick in Joachimsthal auf. Die Frage nach dem "Warum?" drängt sich auf. Es mögen mehrere Gründe für den Wechsel vorhanden gewesen sein, der ganz bestimmt nicht gegen den Willen seines bisherigen Münzherrn erfolgte.

In Konradsgrün, in der Nähe der späteren Neuansiedlung Sankt Joachimsthal, wurden seit etwa 1516 ergiebige Silberfunde verzeichnet, so dass sich die Anlage einer neuen Münzstätte erforderlich machte, wenn man nicht bei der weniger ertragreichen Silberlieferung vor allem nach Nürnberg und Augsburg verbleiben wollte. Am 9.1.1520 kam es deshalb nach langen Verhandlungen zu einem böhmischen Landtagsbeschluss mit der Münzungsbewilligung. Über diese Ereignisse gibt es eine umfangreiche Literatur, die - bei bestimmten inhaltlichen Unterschieden - doch bis heute zu einigermassen abschliessenden Erkenntnissen geführt hat.*

Joachimsthal lag wohl in Böhmen, war aber - wie Arnold und Quellmalz hervorheben - "in bergbauadministrativer und bergbautechnischer Hinsicht eng mit den sächsischen Bergbaurevieren verbunden. Sächsische Berg- und Münzbeamte arbeiteten im Dienste der Grafen Schlick"*, unter ihnen auch Ulrich Gebhart. Die Beziehung der Grafen Schlick zur Stadt Leipzig war besonders eng. In der für uns wichtigen Zeit zwischen 1516 und 1533 besuchten führende Leute aus Joachimsthal 32mal Leipzig, wurden vom Rat empfangen und bewirtet, führten Verhandlungen. Es waren dies die Brüder Schlick selbst, ihr Berghauptmann Heinrich von Conritz (Könritz), zugleich Begründer und erster Leiter der Münzstätte, der Bürgermeister und der Stadtschreiber von Joachimsthal*. Die Handelsstadt Leipzig prosperierte mit an den Silberfunden in der böhmischen Stadt.

In diesen Verhältnissen lag wohl ein Grund, Ulrich Gebhart nach Joachimsthal "auszuleihen". Möglicherweise stagnierte auch die Materialbereitstellung für die Leipziger Münzstätte, vor allem an Gold. So kam es dazu, dass Gebhart im Herbst des Jahres seine Tätigkeit in Joachimsthal aufnahm. In der "Sarepta und Chronica der Bergstadt St. Joachimsthal" von Matthesius aus der Mitte des 16. Jahrhunderts hiess es zum Jahr 1519: "Diss Jar hat man hir erstlich die alten Joachimstaler gemünzet".*

Jäger hat im Weimarer Staatsarchiv die Akten über die Verhandlungen der sächsischen Fürsten mit den Brüdern Schlick vom 28.2.1520 über die Ausmünzung von Guldengroschen gefunden. Der Münzfuss sollte wie in Sachsen gehandhabt werden. Als Garantie sei gegeben, dass der Münzmeister in Joachimsthal sächsischer Untertan sei und die Münzen zweimal im Jahr auf dem Markt in Leipzig probiert werden sollten.*

Neben Gebhart als Münzmeister war zunächst jener Stephan Gem(l)ich als technischer Leiter tätig, der ursprünglich die Leipziger Münzstätte aufrichten sollte. Die ersten Münzen wurden wohl noch 1519 geprägt*, sie trugen allerdings kein Münzzeichen und keine Jahreszahl. Dem folgten Münzen mit Jahreszahlen 1520 und einem Kreuz als Münzzeichen. Bis 1520 wurden Groschen, Vierteltalergroschen, Halbtalergroschen und Talergroschen (Guldengroschen) geprägt*, dazu 2-, 3- und 4fache Talergroschen 1520. Die Zuteilungen an die Münzmeister werden aber bis heute von Nemeškal als problematisch bezeichnet.*

Von 1521 und 1522 sind keine Prägungen bekannt. In dieser Zeit fanden Verhandlungen zwischen den Grafen Schlick, dem Augsburger Geschäftshaus der Welser und dem Leipziger des Hieronymus Walther wegen Lieferung von Kleingeld und Vorschüssen statt.* Es ist anzunehmen, dass bestimmte Schwierigkeiten im "Münzgeschäft" auftraten.

6. Ulrich Gebhart zum zweiten Mal in Leipzig (1522-1526)

Den bisherigen Ansichten, Ulrich Gebhart habe sich auch nach 1522 immer in Joachimsthal aufgehalten, stehen eine ganze Reihe Zeugnisse in Akten entgegen, die mit einiger Sicherheit seine Anwesenheit und auch eine bestimmte Münztätigkeit in Leipzig bezeugen. Allerdings kann man auch nicht übersehen, dass er den Schoss für sein Haus in der Burgstrasse ab 1521/22 bis 1525/26 schuldig blieb. Aber da eine solche Situation auch bei anderen vermögenden Leuten wie Bürgermeistern u. a. immer wieder verzeichnet wurde, ist davon höchstens abzuleiten, dass Ulrich Gebhart in dieser Zeit keine besonders grossen Einkünfte hatte. Immerhin war er aber am 10. Oktober 1522 in der Lage, eine Schuld von 175 Gulden nach Halle zu bezahlen.* In allen Aktenstücken wurde vom "Münzmeister Ulrich Gebhart" gesprochen, seine berufliche Position auch in dieser Zeit genannt. Dies geht auch aus einem Vorgang hervor, der auf dem "Tag zu Naumburg" behandelt werden sollte.

"Ist vor gut angesehen, dass Ulrich Gebhart hinaus sollte geschickt werden, nachdem er der Geldmünze verständig (ist) und die Silbermünze nach der Goldmünze ihm auch gereicl;lt soll werden ... Gedachter Ulrich Gebhart, Goldmünzer, hat bei Herzog Georg, wie die Räte gesagt (haben), angeregt und gebeten, dass ihm erlaubt möchte werden, dieweil er itzo kein Gold hat, dasselbe auch nicht bekommen kann, welches aus dem bestehe, dass die Gesellschaft itzo alles Gold in die Niederlande führte und Kronen münzen liesse, daran sie merklichen Gewinn schafften, dass er in den Leipziger Märkten Guldengroschen, Zins- und halbe Groschen ... münzen möchte."*

Hier ist keine Rede davon, dass sich Gebhart nicht in Sachsen aufhält, etwa in Joachimsthal.

Seine Anregung wurde aufgegriffen, und auf der Handlung zu Naumburg am 1. August 1523 wurde festgelegt, dass an Kurfürst Friedrich und Herzog Johann die Bitte zu richten sei, dem Goldmünzmeister zu Leipzig (!) die Prägung von Guldengroschen zu gestatten.* So konnte dann Ulrich Gebhart die (heute sehr seltenen) Klappmützentaler in Leipzig prägen (Abb. 3), und zwar im Zeitraum zwischen 1523 und 1525.*


Abb. 3: Leipziger Klappmünzentaler Ulrich Gebharts

In dieses Bild scheint ein Vorgang so gar nicht zu passen, der für uns manche Fragen aufwirft. Das Stadtarchiv Zwickau konnte auf Anfrage ermitteln, dass ein Ulrich Gebhart am 10.6.1525 das Bürgerrecht der Stadt Zwickau erwarb.* Leider waren keine anderen Angaben vorhanden. Es wäre zu einfach, die Sache damit abzutun, dass es sich um einen anderen Ulrich Gebhart als unsere Bezugsperson handelte - was ja durchaus möglich ist. Aber manche Überlegungen sprechen doch für "unseren" Gebhart. Er hatte in Leipzig kein Bürgerrecht. Es ist also nicht auszuschliessen, dass er es in Zwickau erwarb (woher er möglicherweise stammte). Die Lage der Stadt zwischen Leipzig und Joachimsthal könnte auch eine Rolle gespielt haben. Und frappierend ist auf jeden Fall, dass er in Zwickau, wie sich bei Erbschaftsangelegenheiten später herausstellte, grossen Besitz hatte. Die immer wieder publizierte Münztätigkeit Gebharts in Zwickau ist allerdings auszuschliessen. Vielleicht gibt das Archiv dieser Stadt, langfristig durchforscht, noch einige Antworten auf diese Fragen.

7. Gebhart wieder als Münzmeister in Joachimsthal (1526-1530)

Für die Zeit ab 1526 sind die Verhältnisse klarer zu erkennen. Dort sprechen die geprägten Münzen mit dem Zeichen Ulrich Gebharts, einem Kreuz auf der liegenden Mondsichel, eine deutliche Sprache. Dieses Zeichen könnte dem Familienwappen Gebharts entlehnt sein (das ähnlich dem Wappen des schon erwähnten Tobias Gebhart war).

Fiala beschrieb es so: "... gespaltener Schild, in welchem rechts ein waagerechter Balken, links ein aufgerichteter, nach rechts gewendeter Panther, welcher in der erhobenen Pranke entweder einen Stern oder einen über einen Halbmond gestellten Stern hält ..."*

Später korrigierte Fiala seine Ansicht: "Utz Gebhart führt im Wappen einen aufgerichteten beflügelten Greifen, der in den erhobenen Pranken einen Gegenstand - ein Kreuzchen - hält, Münzzeichen des Utz Gebhart Kreuzchen über Halbmond ..."*

1526 wurde Ulrich Gebhart wieder als Münzmeister in St. Joachimsthal berufen. Seine ersten Prägungen in diesem Jahr, gekennzeichnet durch das oben beschriebene Münzzeichen, waren Halbtaler (Abb. 4). 1527 prägte er Taler, Halbtaler und Groschen, 1528 dieselben Nominale.


Abb. 4: Halber Joachimstaler 1526, in der Umschrift der Rückseite (über dem Löwenkopf) das Zeichen
Ulrich Gebharts

Das Jahr 1528 brachte einen wichtigen Einschnitt in der Entwicklung der Joachimsthaler Münzstätte. Die Münzgenehmigung für die Grafen Schlick wurde aufgehoben, und die Münzstätte wurde zur königlichen Münze. Ulrich Gebhart blieb als Münzmeister weiter im Amt, nunmehr auf König Ferdinand I. vereidigt. Die neue Münzinstruktion vom 30.11.1528 sprach von dem "Erbar unser getreuer Ulrich Gebhart unser Münzmeister in Sanct Joachimstal bey unserer Münz daselbst."*

Gebhart prägte ohne Jahreszahl, aber mit seinem Münzzeichen Taler und Halbtaler, mit Jahreszahl und Münzzeichen 1529 Doppeltaler und Taler, 1530 Taler (Abb. 5)


Abb. 5: Taler (Guldiner) o. J. (1530) der königlichen Münzstätte Joachimstal,
oben in den Umschriften das Zeichen Ulrich Gebharts

und Halbtaler*, dazu Sonderprägungen wie Pesttaler (Abb. 6)


Abb. 6: Joachimsthal, Pesttaler o. J. mit dem Zeichen Ulrich Gebharts auf Vorder- und Rückseite
[hier als Kopie aus dem Harz mit Jz. 15-28]

und Medaillen. Fiala kommt hier wie auch schon früher darauf zu sprechen, dass Gebhart die Stempel geschnitten habe, aber Peuerlein komme eher dafür in Frage. Im Jahre 1530 verliess Ulrich Gebhart endgültig Joachimsthal.*

Auch in der Periode 1526 bis 1530 war die Verbindung zu Leipzig eng geblieben. Zunächst summierten sich die Schulden an Schosszahlungen von Jahr zu Jahr, bis sie 1530 die Höhe von 8 Schock 6 Groschen erreicht hatten.* Gebhart hat offenbar die gesamte Zeit keine Schosszahlungen geleistet. Laut dem Türkensteuerbuch besass er 1529 weiter sein Haus in der Burgstrasse und bezahlte diese Steuer für ein ausgewiesenes Vermögen von 227½ Schock Groschen (= 13 650 Groschen)*. Seine finanziellen Verhältnisse waren gut, da er z. B. seinem Schwager 100 Gulden für zwei Jahre leihen konnte.* In diesen Jahren war seine erste Frau bereits gestorben und er mit Anna geb. Hornung verheiratet.

In Akten über Erbschaftsangelegenheiten aus den Jahren 1529 und 1530 wurde Gebhart mehrmals ausdrücklich als "Münzmeister in Sanct Joachimsthal" bezeichnet, seine dortige Tätigkeit damit gekennzeichnet.*

8. Ulrich Gebharts dritte Arbeitsperiode in Leipzig (1530-1532)

Die Auskünfte, die uns die Akten über den letzten Aufenthalt und seine Münzmeistertätigkeit in Leipzig geben können, sind dürftig. Seine Anwesenheit in der Stadt wird bezeugt, als er am 15. Juli 1531 vom Rat das Geld für eine zweitägige Reise nach Grimma - sicher im Auftrage des Rats und vielleicht in einer Münzsache - zurückerhielt.*

Auch in anderen Angelegenheiten ist er als Münzmeister in den Akten verzeichnet, so in einer Geldsache* und bei der Entpflichtung seiner Bürgen von 1518 bzw. 1519.* Er hatte also das vom Rat und Rentmeister vorgestreckte Münzkapital vollständig zurückgezahlt. Im Jahre 1531 wurde sein Schwager Hans Wegel zum Vormund der Kinder aus der ersten Ehe eingesetzt.* Dass seine Schossschulden sich weiter summierten, sei nur am Rande vermerkt.

Am spärlichsten sind aktenkundige Nachweise seiner Münztätigkeit in dieser letzten Periode. In der ehemaligen Münze am Markt konnte sie kaum stattfinden, denn schon 1529 wurde im Türkensteuerbuch ein Nickiaus Kuffner als Besitzer des Hauses ausgewiesen.* Den einzigen Beweis für die damalige Münztätigkeit Gebharts geben die vorhandenen Münzen. Sie sind sämtlich bei den Erbsteins verzeichnet und tragen das Münzmeisterzeichen Gebharts.
- Nr.152 1531 _ Georg, Leipziger Schautaler, nur 2 Exemplare, Stempel eventuell von Melchior Peuerlein, der damals in Leipzig war.*
- Nr.153 1531 _ Georg, Kleine Schaumünze. Stempel eventuell von Melchior Peuerlein.*
- o.Nr. 1532 _ Georg, Taler. Sehr selten. Mit des Herzogs Zahlenmonogramm.*

An dieser Aufstellung wird deutlich, dass in diesen Jahren kein normaler Prägebetrieb existierte, so dass wohl darin auch der Grund für den Weggang des Münzmeisters zu sehen ist. Seit 1532 war Ulrich Gebhart in gleicher Funktion in Riechenberg bei Goslar im Dienste des Herzogs Heinrich d. J. zu Braunschweig-Wolfenbüttel tätig.* Übrigens folgte er damit dem Beispiel des hervorragenden Leipziger "Eisengräbers" Melchior Peuerlein, der ebenfalls 1532 in den Dienst Herzog Heinrichs d. J. getreten war.*

9. Epilog

Das Kapitel Gebhart war nach dessen Weggang aus der Stadt Leipzig noch lange nicht abgeschlossen - vor allem für einen bestimmten Personenkreis, der ihm nahestand. Die Stadtkassenrechnungen verzeichneten noch bis 1536/37 unter dem Namen "Ulrich Gebhart Müntzmeister" seine immer weiter angelaufenen Schoss schulden beim Rat der Stadt.* Es ist anzunehmen, dass er noch lebte. Anders war es im folgenden Jahre. Am 19.10.1537 verkaufte "Wolf Breuser, der Ältere, in Vollmacht Frauen Anna, Utz Gebharts seligen nachgelassen Witfrau", das Wohnhaus in der Burgstrasse.*

Daraus ergibt sich, dass Ulrich Gebhart 1536/37 gestorben war, wohl nicht in Leipzig.

Es hatte aber schon wesentlich früher, noch zu seinen Lebzeiten, gerichtliche Auseinandersetzungen um den Besitz Gebharts gegeben, und zwar zwischen Gabriel Gebhart von Krakau und Assmus Gebhart aus Joachimstahl, seinen Brüdern, auf der einen, und Hans Wegei, seinem Schwager aus erster Ehe, auf der anderen Seite.* Die beiden Brüder wollten Gebharts Zinsen und Güter, die er in Zwickau (!) besass, verkaufen, "derhalben, dass sie das Geld höher anlegen und geniessen möchten".

Dagegen prozessierte Hans Wegel im Namen der vier Kinder seiner verstorbenen Schwester, der ersten Ehefrau Gebharts, die noch als ihr Mutterteil 4000 Gulden in diesem Besitz stehen hatten. Das bestritten die Brüder Gebharts. Der Entscheid des Rats lautete: Sie sollten alles verkaufen und das Geld zu getreuen Händen beim Rat zu Zwickau (!) oder Leipzig deponieren, bis sie sich miteinander einigten. Beide Parteien nahmen diese Regelung an. Für uns ist bedeutsam, dass Gebhart grosse Kapitalien in Zwickau stehen hatte und - wie schon angedeutet - seine Bindungen an diese Stadt eng waren.

1539 kam es dann zur Versorgungsregelung mit Anna Gebhart für die Kinder aus erster und zweiter Ehe.* Daraus ergibt sich, dass aus der zweiten Ehe nur ein Kind entsprossen war, dem u.a. 24 silberne Löffel zugesprochen wurden (es war die Tochter Anna). Offenbar lebte die Witwe Anna Gebhart nicht in guten Verhältnissen, denn ihr Schwager Assmus Gebhart wurde vom Rat gebeten, ihr zu helfen.

1541 war sie dann wieder verheiratet, und ihr Mann Peter Wiedersdorf empfing als Stiefvater das Erbteil der Tochter Anna vom Rat der Stadt. Zum Abschluss kam der erwähnte Hausverkauf allerdings erst 1545, nachdem der Käufer den Rest der Kaufsumme der ehemaligen Frau Ulrich Gebharts ausgehändigt und er damit vollständiger Besitzer geworden war.*

Mit diesen Gedanken soll die Untersuchung zu Ulrich Gebhart ausklingen. Zweifellos haben andere Personen aus der verzweigten Familie an verschiedenen Orten - auch im Münzwesen - eine bedeutende Rolle gespielt. Aber das ist ein anderes Kapitel der Münzgeschichte.

Der Quellennachweis [*: Fußnoten 1-91] kann bei der Redaktion angefordert werden. Wegen des Umfangs muss hier auf die Veröffentlichung verzichtet werden.


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