Startseite Numismatische Texte

Das Münzwesen des Deutschen Reiches von 1500 bis 1566

Friedrich von Schrötter
in: Jb. für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft 35 (1911) S.129-172 und 36 (1912) S.99-128
sowie in: Aufsätze zur deutschen Münzgeschichte des 16. bis 19. Jhs., Hrsg. B. Kluge, Leipzig 1991, S.3-76
Hier ohne Einleitung und ohne Fußnoten wiedergegeben.
1. Teil : (Anfang)
I. Die Systeme der rheinischen Goldgulden und der tirolisch-sächsischen Silbergulden
II. Die Reichsmünzordnung von 1524
III. Der österreichische Münzfuß von 1524 und seine Übertragung auf Süddeutschland
2. Teil : (Fortsetzung)
IV. Die Reichsmünzordnung von 1551
V. Der Reichsmünztag zu Speier 1557 und die Reichsmünzordnung von 1559
V. Die Reichsprobierordnungen
Schluß
Anlage I. Der Münzfuß
Anlage II. Valvation fremder Goldmünzen, Nürnberg 1522



IV. Die Reichsmünzordnung von 1551

Der Reichstag von Worms beschloß am 4. August 1545, daß eine neue Münzordnung mit allem Ernst erwogen und inzwischen vom Kaiser gegen die Silberausfuhr, die Einfuhr fremder Münzen und die Verpachtung der Prägestätten eingeschritten werden sollte. Diese Beschlüsse wiederholte der Reichstag vom 30. Juni 1548 und setzte einen Münzdeputationstag in Speier fest.

Wir können wohl sagen, daß das deutsche Reich für eine allgemeine Münzordnung um 1548 reif war. Jene drei großen Geldgebiete der rheinischen Goldgulden, der tirolisch-sächsischen Silbergulden und des bayerisch-fränkischen Kleingeldes waren zur Einsicht gelangt, daß sie nicht mehr allein Gedeihliches erreichen könnten. Die Zeit des Goldguldens war abgelaufen, die Prägetätigkeit am Rhein ruhte 1530-1550 fast ganz, Bayern, Franken, Schwaben hatten eine größere zuverlässige Handelsmünze nicht schaffen können, die Herrscher von Tirol, Böhmen, Sachsen und Lüneburg konnten es, aber es mußten ihnen äußerst viel daran gelegen sein, ihren Silbergulden endlich die Qualität der anerkannten Reichswährungsmünze zu verschaffen.

Der Taler breitete sich jetzt troz allen Widerstandes nicht nur in Deutschland, sondern schon in ganz Europa aus. Die Hauptfrage mußte sich darum drehen, wie das Silber auszumünzen war, d. h., wieviel eine Mark Feinsilber vermünzt im Verhältnis zu anderen älteren Münzen, d. h. den Goldgulden, gelten sollte. Die Bergherren waren immer für möglichst hohe Ausbringung, sie anderen für niedrige, denn jene waren die Anbietenden, diese die Nachfragenden.

Die Verhandlungen begannen, solald durch das Augsburger Interim ein Scheinfriede zwischen den Konfessionen geschlossen worden war. Im Februar und März des Jahres 1549 fand ein Münztag zu Speier statt, wo am 2. Februar bestimmt wurde, daß nur noch die Bergherrn Taler münzen dürften und wo stark um den Fuß der Silbermünzen gestritten wurde.

Am 6. März erklärten die Gesandten von Österreich und Salzburg, warum man das Silber nicht mehr nach dem früheren Fuße ausbringen könne. Es gäbe keine zutage stehende Erzgänge mehr, auch keine so silberreichen wie früher. Jetzt müsse in die Tiefe in hartem Gestein gearbeitet werden, die Gänge und Stollen seien gremsig und arm an Gehalt. Außer diesen Stollen und Wasserhebewerken seine statt eines Arbeiters vier nötig. Dazu sei der Wald in der Nähe abgeholzt, alle Waren teurer als früher, man müsse viel Blei kaufen (zum Ausscheiden).

Darum könne man unmöglich noch die Mark zu 8⅓ Gulden ausmünzen. Da es ganz ungewiß sei, ob man die kölnische Mark Feinsilber zu 8⅓ Fl. (10 Fl., die Wiener zu 12) bekomme, schlugen sie einen Fuß von 8½ Fl. (10 Fl. 12½ Kr.) vor, womit man besser als die meisten münzen würde, was gewiß nicht zu bestreiten war, münzte doch Österreich seit 1524 zu 10,9, Sachsen zu 8,86 Fl. Die Gesandten sagten, ihre Münzen würden ausgewechselt und ausgeführt werden, wenn sie noch besser münzten. Werde aber ihr Vorschlag genehmigt, dann werde der König in seinen Landen die Münzzerrüttung abstellen und das in Augsburg beliebte Mandat nicht hindern.

Newald zeigt, daß es mit dem österreichischen, besonders dem Wiener Münzwesen seit der Türkenbelagerung i. J. 1529 recht mäßig bestellt war, und daß der dortige Betrieb bis zum Jahre 1551 nicht recht gedeihen wollte. Dieses wird wohl der Grund für Ferdinands Nachgiebigkeit gewesen sein, der aber auch mit den Jahren, wie uns Ranke erzählt, immer mehr aus einem spanisch zu einem deutsch gesinnten Fürsten wurde.

Welch ein Mandat aber gemeint war, das der König bestätigen wollte, wissen wir nicht. Bei Hirsch ist zwar ein Brabant den 31. Mai datierter Entwurf gedruckt, aber dieser beschäftigt sich nur mit dem Verbot von Münzschmelzen, Schmelzen (Körnen) des Kupfers und Abtreiben silberhaltigen Kupfers, das nur solchen Saigerhütten zustehe, die ungemünztes Bergmetall verarbeiteten. Sodann sollte der auf den 20. September 1549 prorogierte Münztag die Reichsmünzordnung feststellen und bis zu deren Publikation niemand weiter Taler münzen.

Über diesen Speierer Tag im Herbst 1549 haben wir bisher nur ganz unzureichende Nachricht aus dem Schriftwechsel des Herzogs Wilhelm IV. von Bayern mit seinem Gesandten Dr. Stockhammer. Ich habe deshalb die im Beliner Archiv befindlichen Akten darüber bunutzt.

Der Tag begann pünktlich am 20. September und dauerte etwa 2 Wochen. Kaiserliche Kommissare waren Philipp Bischof von Speier und Reinhard Graf von Solms und Herr zu Minzenberg, die dieses Amt schon im Frühjahre versehen hatten. Die Regentin der Niederlande hatte einen Rat, ihren Generalmünzdirektor und einen Probierer geschickt. Im ganzen waren 45 Personen versammelt.

Als einem Bedenken des Königs und anderer Bergherren - die Sachsen fehlten -, das am ersten Verhandlungstage verlesen wurde, ergibt sich, daß Österreich, Salzburg und Mansfeld an dem im Frühjahr vorgeschlagenen Fuß von 8½ Fl. (10 Fl. 12½ Kr.) aus der Kölnischen Mark "trotz der schweren Gebäuw der Berkwerk" festhielten und hierzu auch den Fürstenrat bewogen hatten. Aber man wollte gar kein Silbergulden zu 72 Kr. mehr münzen, sondern das größte Silberstück sollte nur ⅓ Goldgulden oder 24 Kr. wert sein. Weil diese kleinen Stücke mehr Kosten verursachten, sollte ihr Fuß um 2 Kr. billiger sein (10 Fl. 14 Kr. 1½ Pf.).

An demselben Tage wurde noch einiges an dem Fuße geändert und auch die Ausbringung der verschiedenen Pfennigarten bestimmt, in der Hauptsache aber war man einig; denn was damals und an den folgenden Tagen an Einwendungen gemacht wurde, betraf Nebensächliches. So meinten die Niederländer, der vorgeschlagene Fuß sei etwas besser als ihr eigener, sie würden diesen der Reichsmünze konformieren. Der brandenburgische Gesandte forderte besondere Pfennige für sein Land, und die Pommern legten dar, daß der an der Ostsee seit alters übliche Lübische Fuß nicht aufgegeben werden könne, besonders sei unmöglich, die Pfennige besser als zu 11 Fl. auszubringen.

Am 25. September überreichten die kurfürstlichen und fürstlichen Gesandten den kaiserlichen Kommissarien ihren Beschluß, daß die Prägung der Guldengroschen aufgehoben werden sollte. Aber an dem Fuß 8½ Fl. (10 Fl. 12½ Kr.) hatten die kurfürstlichen nach einigen Bedenken festgehalten.

Wer aber war es denn eigentlich, der den Ersatz der Silbergulden durch Drittelstücke vorgeschlagen und durchgesetzt hatte? Die Bergherren nicht, denn diese sagten, weil andere von den Guldengroschen absehen wollten, müßte der Fuß verbilligt werden. Die Norddeutschen wohl auch nicht, denn in der Instruktion für seinen Gesandten Dr. Thimotheus Jung hatte wenigstens Joachim II. von Brandenburg gefordert, daß die Münze so schwer und reich wie nur immer möglich geschroten würde; es sollte ein Silbergulden wie von alters einem rheinischen Goldgulden gleich gemünzt werden.

Ich glaube also, daß es die süddeutschen und rheinischen Fürsten waren, die gegen den Silbegulden Front machten, wenn ich auch leider die Gründe dafür nicht gefunden habe. Es läßt sich aber zweierlei vermuten: erstens, daß, wie man damals glaubte, kleinere Münzen die Warenpreise verbilligten, und zweitens, daß die Süd- und Westdeutschen von dem Silbergulden und seiner Gleichsetzung mit dem Goldgulden, für letzteren Gefahr fürchtend, meinten, daß kleinere Silberstücke nicht ebenso Währung sein könnten wie der Goldgulden. Bestimmt wissen wir, daß der Herzog von Bayern die Gleichsetzung beider Gulden für unbillig hielt, weil dadurch der Goldgulden nur noch höher im Zahlwert getrieben werden würde. Denn wer wolle im Reiche dafür sorgen, daß die Silbermünze den gleichen Gehalt behielte?

Aber der König war mit den anderen Bergherren an der Abschaffung der Silbergulden nur mit halben Herzen beteiligt. Da sich jetzt zeigte, daß die Mehrzahl gleiche Gesinnung hegte, so schlugen die Kaiserlichen Kommissare am 26. September einen anderen Weg vor, auf dem man zu einem allen Ständen genügenden Ziele kommen könne. Es sollten Silberstücke gemünzt werden, die einen Goldgulden oder 70 Kr. oder 28 rheinische Albus, niederrheinische Stüber oder böhmische Groschen zu gelten hätten.

Die Kommissare wußten aber wohl, daß manche Stände, besonders die rheinischen Kurfürsten, den Goldgulden nun einmal höher gesetzt haben wollten als den silbernen und fügten deshalb hinzu: "Item wo jemandt rheinisch Gult zu bezahlen verpflicht und sich jhenigen, davon man die Bezahlung schuldig, mit obbemelt Werung für das Guld je nicht bezahlen lassen wolten, das man dann vff die 70 Kr. noch 2 Kr. für den Goldguldin zu erlegen schuldig sey und sich meniglich damit vngeweigert bezalen lassen soll".

Sicher zielten die Kommissare von Anfang an auf den Guldenwert von 72 Kreuzer, jedoch als kluge Leute ließen sie andere vorangehen. Am 27. September machten also einige Stände der Silberpartei geltend, daß man lieber den Silbergulden ebenso wie den goldenen 72 Kreuzer gelten lassen solle, denn das sei viel bequemer. Sogleich legten die Kommissare (am 28.) einen neuen Vorschlag vor, der diese Doppelwärung festsetzte.

Hiermit waren die meisten einverstanden, nur wurde noch einige andere Kleinmünzen gewünscht, von den Fürstlichen statt der vorgeschlagenen 5-Kreuzer sächsische Groschen (21=60 Kreuzer), von den Österreichern 12- und 6-Kreuzerstücke, - aber die Kurfürsten am Rhein wollten nichts davon wissen, daß, wenn auf Gold kontrahiert sei, mit Silber bezahlt werden dürfe.

Darüber wurde noch manche Tage gestritten, ohne daß man weiter kam; es blieb dabei, daß, wie die Kurfürstlichen am 29. September vorgeschlagen, dieser strittige Punkt vom Kaiser entschieden werden sollte (2. Oktober). Am 5. Oktober wurde der neue Münzfuß der Reichssilbermünzen und einiger Landmünzen, besonders der lübischen, festgestellt. Endlich wurde ein Bericht an den Kaiser über die gefaßten Beschlüsse aufgesetzt und über die Währung die Entscheidung der Majestät erbeten. Dieser Bericht ging wörtlich in den Reichsabschied vom 14. Februar 1551 über, nur daß auch die Währung, wie wir gleich sehen werden, bestimmt wurde.

Sodann wurden einige Interimsvorschriften bis zur Publizierung der Reichsmünzordnung erlassen, die schon in dem erwähnten Mandat von 1549 enthalten sind, ferner das Verbot, Edelmetall auszuführen und die Münzstätten zu verpachten. Endlich versprach der Kaiser, die Münzordnung in den Niederlanden, der König, sie in Böhmen und Ungarn einzuführen zu wollen. Die in Nürnberg versammelten Reichswadeine sollten alle umlaufenden Sorten probieren.

Diese Probierung wurde um Trinitatis 1551 fertig; sie enthält eine sehr große Menge nicht nur deutscher, sondern auch fremder Münzen und schlägt einige formelle Änderungen an dem Konzept der neuen Ordnung vor. Das Resultat der Probierung ging in die Ordnung vom 28. Juli 1551 über, in der auch der Wert jener probierten Sorten gegen die neue Reichsmünze festgesetzt wurde.

Kommen wir nun aber auf die Frage nach der Währung zurück. Jener Gleichsetzung der beiden Gulden widerstrebten nicht nur die rheinischen Kurfürsten, sondern auch die Reichsstädte.

Wir hörten, daß bis etwa 1540 beide Münzen im Verkehr 68 bis 70 Kr. galten, dann aber besonders der Goldgulden weiter gestiegen ist. In einem Gutachten, das die Reichsstädte am 8. Oktober 1550 dem Kaiser überreichten, sprachen sie die Befürchtung aus, das Gold zu verlieren. Frankreich, Englang und andere suchten es auf alle Weise festzuhalten und an sich zu ziehen. Jüngst erst habe Frankreich seine Krone um 1 Sol erhöht. Deutschland habe schon sein meistes Gold verloren, man müsse also den Rest zu behalten suchen, denn es sei für eine so vortreffliche Nation schimpflich, kein Gold zu haben.

Daß der Goldgulden im Wert gestiegen sei, könne eigentlich nicht behauptet werden, er sei vielmehr weniger wert als vor 50 bis 80 Jahren; man brauche nur, um das einzusehen, seinen Wert mit dem damaligen reichhaltigen Silbergelde und den jetzigen Batzen zu vergleichen. In einem Gulden früheren Silbergeldes sei mehr Silber als in 76 Kr. jetziger Batzenmünzen, für die man ihn heute bekomme.

Wenn aber die Städte weiter behaupteten, daß man früher für eine Mark Gold 12 bis 13 Mark Silber bekommen habe, so hat schon Soetbeer gesagt, daß solch ein Wertverhältnis in damaligen Zeiten nicht existiert habe. Die Städte fürchteten, daß, wenn der vom Kaiser vorgeschlagene Münzfuß eingeführt würde, wenn der Goldgulden 72 Kr. gelte und somit ein Wertverhältnis von einer Mark Gold gegen nur 10 Mark 14 Lot 3 Quint (10,92) Silber herauskomme, alles noch in Deutschland befindliche Gold verloren gehen würde.

Es war die alte Klage der Besitzer der Goldgulden, daß die Silbergrubenbesitzer ihr Silber gegen das Gold in zu hohem Zahlwerte ausbrächten. Es müssen noch weitere Verhandlungen über diesen Gegenstand gepflogen worden sein, denn der Augsburger Reichsabschied vom 14. Februar 1551 sagt im 36. Paragraphen. "Als sich bisher zwischen den Churfürsten, Fürsten und Ständen, so nicht Bergwerk haben, und den Churfürsten, Fürsten und Ständen, so mit Bergwerk begabt sind, von wegen des Wertes des Silbers und Ausbringens, auch anderer Sachen Irrung und Streit erhalten, daß doch jetzo sie derhalben vereinigt und verglichen" - nämlich dahin, daß beide Gulden 72 Kr. gelten und der silberne zu 8 Stück 30½ Kr. aus der kölnischen Mark Feinsilber ausgebracht werden sollte, oder den Gulden zu 60 Kr. gerechnet zu 10 Fl. 12½ Kr.

Dem Wunsch der rheinischen Kurfürsten und der Städte willfahrte der Kaiser also nicht, denn die Münzordnung ließ es dabei, setzte eine ausnahmslose Doppelwährung fest. Die anderen Verordnungen derselben über die Exekutive und die ganze Probationsordnung werden wir im letzten Abschnitt betrachten.

Das erste sofort in die Augen springende Kennzeichen der Ordnung von 1551 ist der Sieg der österreichischen Kreuzerwährung. 1524 war in Eßlingen der meißnische Groschen zur Reichsmünze erhoben worden, dann aber hatte König Ferdinand im Jahre 1535 sein Kreuzergeld den Süddeutschen aufgenötigt, und nun gelang ihm das auch im Reiche. Daß neben den 12-, 10-, 6-, 3-Kreuzern und Kreuzern den Territorien erlaubt wurde, ihre besonderen Landmünzen weiter zu prägen, hat damit prinzipiell nichts zu tun. In der Tat haben auch norddeutsche Stände wie Brandenburg, versucht, kleines Kreuzergeld zu münzen, aber auf die Dauer was das unmöglich: der Kreuzer hat sich nördlich des Mains, Thüringens, des Erzgebirges, Schlesiens, nie eingebürgert.

Wenn der Reichsabschied vom 14. Februar 1551 behauptete, daß sich die Stände auf den Fuß, wie ihn die Ordnung angab, verglichen hätten, so ist daran schwer zu glauben. Die durch ihre Bergwerke so wichtigen sächsischen Fürsten fehlten bei den Verhandlungen, und auf sie kam doch sehr viel an. Fürsten wie Joachim von Brandenburg konnten gut raten, die Taler so schwer und fein wie möglich zu münzen. Joachim selbst münzte sie kaum, sondern brauchte sächsische. Welche Einbuße aber bedeutete es für die Sachsen und Lüneburger, daß ihre Guldengroschen nach dem Reichsedikt statt 72 Kr. oder 24 Gr. nur noch 68 Kr. oder 23⅔ gelten sollten! Wenn deren Vertilgung auch nicht sogleich verlangt wurde, so hatte die Ordnung doch keinen Zweifel darüber gelassen, daß sie einmal geschehen müsse, was theoretisch gewiß ein Fortschritt gegen das Gesetz von 1524 war, in dem nichts über die Behandlung der älteren Sorten gesagt war.

Die Landstände Sachsens fürchteten, daß ihr Kurfürst, vom König fortwährend dazu gedrängt, die Reichsmünzordnung doch endlich annehmen und ihre Taler abschaffen würde. Aber Ferdinand erreichte nichts; vielmehr bestätgte der kluge Kurfürst August in seiner Münzordnung von 1558 den seit 1534 befolgten sächsischen Fuß, nur mit der Änderung, daß 8 Guldengroschen nicht eine Mark oder 16 Lot, sondern nur 15 Lot 3 Quint 2 Pfennig (15⅞ Lot) wiegen sollten.

Wenn der Fuß von 1534 in Sachsen wirklich befolgt worden wäre, dann hätten die sächsischen Taler 69,10 Kr. gelten müssen, aber die Tarifierung des Reichs auf 68 Kr. ist doch wohl richtig. Denn die sächsischen Münzmeister betrogen den Kurfürsten, indem sie den Fuß verschlechterten. Um die Prägung besser kontrollieren zu können, ließ August seit 1556 nur noch in der einen Münzstätte Dresden arbeiten, alle anderen hob er auf.

Befolgte Sachsen die Reichsmünzordnung von 1551 nicht, so taten das aber auch weder Joachimsthal, wo der Taler schon 1544 ebenso wie in Sachsen auf 72 Kr. gesetzt waren, noch die Norddeutschen. Die Lüneburger Herzöge setzten vielmehr im Jahre 1555 mit vielen kleineren niedersächsischen Ständen ebenso den Taler auf 24 meißnische Groschen oder 36 Mariengroschen (72 Kr.), wie sie denn auch nach sächsischem Fuße münzten.

Unter diesen Umständen war es kaum möglich, daß Ferdinand den Silbergulden nach Reichsfuß prägen konnte. Zunächst hinderte ihn daran der Türkenkrieg. Er bat den Kaiser, deswegen eine Zeit lang davon absehen zu dürfen. Dann aber konnte ihn auch Salzburg nicht befolgen, da dieses Stift im Handel und Verkehr ganz auf Österreich angewiesen war. Der Erzbischof ersuchte am 4. April 1552 Bayer, ebenfalls mit der Einführung zu warten, bis man sehe, wie der König verfahre.

Aber erst Ende 1555 befahl Ferdinand, daß vom 1. Mai 1556 an der ältere österreichische Taler nicht mehr 70, sondern ediktmäßig nur 68 Kr. gelten sollte. Und nicht nur hatte er den Reichsständen am 25. September 1555 befohlen, das Verpachten ihrer Münzstätten zu unterlassen, sondern er nahm nun auch seine eigenen verpachteten in Verwaltung und ließ seit Anfang 1556 nach dem Reichsfuß von 1551 münzen, auch die Berechnung nach kölnischer Mark endlich einführen. Obgleich Ferdinand wußte, daß er so zum Wohle des Ganzen an seinen Einkünften Opfer bringe, hat er doch, besonders in den Münzstätten zu Hall und Klagenfurt, 1556-1560 bedutende Mengen von Talern nach diesem Fuß prägen lassen.

Aber er blieb damit allein, es gelang ihm weder, wie gesagt, den Kurfürsten August zu gleichem zu bewegen, noch ging die Prägung von Reichsguldinern eines einzigen anderen Reichsstandes über einige Versuche hinaus. Nur Dreikreuzer und Kreuzer haben Bayern und Kurbrandenburg in erheblicher Menge geschlagen. In Joachimstal befolgte der König selbst den Reichsfuß nicht.

Da also außer ihm niemand mit Ernst an diesen hielt, da der König allein die alten Taler 68 Kr. gelten ließ, die anderen die ihrigen 72, so konnte Österreich die seinen unmöglich festhalten, sie gingen über die Grenze, wo sie ihrem Gehalt gemäß zu mindestens 70 Kr. genommen wurden. Daher sah sich Österreich schon am 30 Mai 1556 genötigt, sie wieder auf 70 Kr. zu setzen, seitdem denn auch das meiste Silber nach altem österreichischen Füß vermünzt wurde.

So war man denn überall davon überzeugt, daß die Reichsmünzordnung von 1551 reformiert werden müsse, und zwar war der einfache Grund der, daß der alte tiroler und sächsische Guldengroschen schon viel zu verbreitet war, daß viel zu viel Stücke davon in der Welt existierten, als daß man ihn einfach hinweg dekretieren konnte. Wenn auch der Kaiser, wenn die Sachsen, der Salzburger, die Lüneburger und die fränkischen Brandenburger gewollt hätten, sie konnten die Taler gar nicht mehr beseitigen. Aber die Sachsen und andere wollten es auch nicht, sie wußten wohl, daß sie sich dadurch ruiniert hätten. Man ging in Deutschland mit starken Schritten der reinen Silbewährung entgegen.

Bevor ich zu den weiteren Verhandlungen des Reichs übergehe, möchte ich noch kurz einige technische Errungenschaften erwähnen, die um 1550 in Augsburg gemacht worden waren. Nach den Forschungen von de Vaissière und Mazerolle ist damals dort der Balancier erfunden worden. Der Goldschmied Marx Schwabe habe, wie der französische Gesandte am Hofe Karls V. 1550 seinem König berichtete, der Durchschnitt und der Balancier erfunden.

Daß Schwabe diese Instrumente "erfunden" habe, kann man aber wohl nicht sagen. Den Balancier haben für die Münzprägung wohl zuerst benutzt Bramante, Leonardo da Vinci und Benvenuto Cellini. Die Reckbank, vielleicht auch die Streckwalzen und den Durchschnitt, hat Leonardo da Vinci erfunden.

Aber allgemeiner bekannt geworden sind diese Geräte wohl erst um 1550 in Augsburg, wie sie denn Heinrich II. von Frankreich damals dort für 3000 Dukaten erwarb und darauf in Paris benutzen leiß.



V. Der Reichsmünztag zu Speier 1557*) und die Reichsmünzordnung von 1559

*) Zumeist nach meinem Aufsatz "Der Speierer Münztag von 1557", ZfN 29 (1912) 47-80.

Die Münzverhandlungen wurden vom Reichstag zu Regensburg 1557 wieder aufgenommen; da aber andere Geschäfte alle Zeit in Anspruch nahmen, wurden Münzsachen und Kammergerichtsbeschwerden auf eine eigene Tagfahrt in Speier überwiesen, die am 28. Juni begann. Die Versammlung war eine stattliche: alle Kurfürsten und manche süddeutsche Stände waren vertreten. Es dominierte Kurpfalz mit acht gesandten. Von Norddeutschland hatten den Tag nur beschickt Kursachsen, Kurbrandenburg, Kurköln und Jülich.

Wie wir uns nach allem Früheren denken können, zerfiel auch diese Tagfahrt in eine Gold- und eine Silberpartei. Für den Goldgulden traten jetzt auf das energischeste die Pfälzer ein. Sie sowohl wie auch Kurtrier und Pommern, das Bedenken geschickt hatte, machten sich jene Behauptungen der Reichsstädte von 1550 zu eigen und leugneten, daß der Goldgulden im Zahlwerte zu hoch gestiegen sei. Dessen Besitzter konnten vielmehr sagen: "Sovil bistu mit deinen Patzen und andern Müntzen gefallen". Denn so viel Silber wie früher in 15, sei jetzt in 18 und 19 Batzen. "Unbillig solltest du deines Betrugs benießen und ich meinen guten Goldgulden des entgelten, das konnt doch nirgend Recht sein".

Die Pfälzer gingen noch weiter, sie wiesen die Entscheidung des Kaisers über die Währung durch das Edikt von 1551 schroff zurück, sie wollten Goldwährung: es sei durchaus nicht zu dulden, daß Silbermünze an Stelle der Goldmünze genommen werden dürfe, denn das Gold sei viel edler und könne mit dem Silber gar nicht verglichen werden. Auf das bestimmteste behaupteten sie und suchten zu beweisen, daß der Goldgulden nicht 72 Kr., sondern mehr wert sei. Es könnten wohl 28 Weißpfennige (Albus) oder 224 Pfennige 72 Kreuzern gleich gesetzt werden, aber der Goldgulden nicht.

Wenn wir auch dieses Eintreten der Pfälzer für ihre berühmte alte Münze begreifen, so wissen wir doch, daß deren Tage gezählt waren. Außerdem übertrieben sie den Wert des Goldgulden, da sie annahmen daß 71⅓ Stück aus der 18½-karätigen Mark ausgebracht seinen, während doch schon 1551 die Reichswardeine gefunden hatten, daß etwa 72 aus der 18⅓-karätigen ausgemünzt wurden.

In der Speierer Versammlung finden wir drei Meinungen: Die einen stellten wie die Reichsordnung von 1551 den Silbergulden dem Goldgulden gleich und wollten beide 72 Kr. gelten lassen. Die Herzoge von Pommern stimmten ebenso, wollten aber beide auf 70 Kr. stzen. Diese Vorschläge ließen es dabei, daß ein anderer Gulden als der Rechnungsgulden zu 60 Kr. gemünzt werde.

Dagegen wollte der pfälzische Vorschlag den Rechnungsgulden zu 60 Kr. in einem gleichwertigen Silberstück darstellen, eine gewiß wünschenswerte Idee, die wohl in den meisten Staaten einmal ähnlich ausgeführt worden ist, nachdem durch Münzverschlechterung der Wert der guten gleichbleibenden Sorten über ihre ursprünglichen Zahlwert gestiegen war, Zahl- und Rechennungsmünze sich voneinander getrennt hatten.

Jedoch den wahren Grund für den Wunsch der Pfälzer sehe ich darin, daß sie den Silbergulden von dem Goldgulden ganz losreißen, daß sie den Gedanken, beide in gleichen Wert zu setzen, verbannen wollten. Sie wollten Goldwährung, nicht Doppelwährung. Darum mußte der Silbergulden einen ganz anderen Wert bekommen, er sollte so viel Silber halten als 60 Kr. in Gold gleichstanden. Denn der Rechnungsgulden zu 60 Kr. war zu fest eingebürgert, als daß Jemand ihn zu beseitigen hoffen konnte. Ich habe zwar kein Schriftstück der Pfälzer gefunden, das dieses Motiv ausspricht, aber daß sie die Goldwährung wünschten, werden ihre eben angeführten Worte ohne Zweifel lassen. Allerdings, die Rechnungseinheit wurde nun in einem Silberstück ausgemünzt, jedoch das ist meist so gewesen, ohne daß es der Goldwährung geschadet hätte. Daß es mit dieser damals vorbei war, hatte andere Ursachen.

Die Meinung der Pfälzer gewann den Sieg, wenn auch die Gegner bei der Augsburger Beratung, die das Edikt von 1559 festsetzte, noch einmal für die Gleichstellung beider Gulden in die Schranken traten. Sie meinten, diese sei das einzige Mittel, das man trotz allen Nachdenkens dagegen habe finden können, daß das eine Metall durch das andere im Wert in die Höhe getrieben werde. Lasse man aber die Goldmünzen frei, so werde dadurch die Ordnung zerrüttet werden. Gebe man zu, daß der Goldgulden nach Willkür im Zahlwert steige, so stiegen mit ihm auch die fremden Goldmünzen, und die fremden Potentaten könnten dann mit ihren billig das deutsche Silber kaufen. Deutschland habe aber Gold- und viele Silberbergwerke, von denen sich 100000 Seelen nährten; auf diese müsse man Rücksicht nehmen.

Auch habe man zu wenig Goldgulden. Wenn jemand den Zoll mit ihnen bezahlen solle, so werde er mehr und mehr Sibermünze als Äquivalent geben müssen, denn der seltenere Goldgulden werde immer weiter steigen, da diesem Steigen ja keine gesetzliche Grenze mehr gesteckt sei. Auch seien sie zu leicht; zwar sollten sie nach Gewicht genommen werden, das sei aber nicht immer durchführbar.

Ich brauche wohl kaum darauf aufmerksam zu machen, mit welcher Klarheit hier einige Hauptpunkte des Systems, das wir heute Bimetallismus nennen, ausgesprochen sind. So wenig derselbe auch ausführbar war, damit hatten die Autoren Recht, daß es vor allem bei der Wahl der Währung darauf ankam, daß genug Währungsmünzen vorhanden waren. Es waren nicht mehr genug Goldmünzen vorhanden, darum siegte doch endlich die Silberpartei.

Aber nicht sogleich, denn es wurde durch das Reichsedikt von 1559 alles so bestimmt, wie die Pfälzer es gewünscht hatten: unter Ausschluß aller anderen Taler sollten Reichsguldiner zu 60 Kr. geprägt werden, und es sollte der vollwichtige rheinische Goldgulden auf 75 Kr. erhöht werden, während der Silbergulden des Ediktes von 1551 auf 72 Kr. stehen blieb.

Der Goldgulden drohte aber nicht nur von den alten Talern Gefahr, sondern auch von einer Goldmünze, dem Dukaten. Ich erwähnte, daß wahrscheinlich schon im Jahre 1522 vorgeschlagen wurde, diesen zu prägen. Jetzt wurde das verwirklicht, wohl auf Wunsch der Österreicher, die ihn ja immer geprägt hatten. Am 12. August 1559 wurde in Augsburg beschlossen, daß Jeder Dukaten - 67 aus der 23⅔ Karat Gold haltende Mark - münzen dürfe; alle, auch die kaiserlichen, sollten 104 Kr. gelten, wobei allerdings der Silbergehalt des Goldguldens nicht mitgerechnet sei. Wir wissen, daß dieses Silber verschwendet war. Indem nun der Dukat zur Reichsmünze erhoben wurde, war das Schicksal des Goldguldens besiegelt.

Noch ein Wort über das damalige Wertverhältnis zwischen Gold- und Silbermünzen dürfte erwartet werden. Aber es nach früheren Verträgen und Verordnungen herauszurechnen hat nicht eben viel Bedeutung, weil es dabei meist nach dem Vorteil der Verordnenden, der Kompaziszenten oder deren Majorität bestimmt wurde. Viel zuverlässiger sind nach Soetbeer die Ermittlungen der Edelmetallpreise. Jedoch konnte es wohl vorkommen, daß die Verordnungen dem Verhältnis des Marktes entsprachen und dessen Preise zu Grunde legten. Ich bin geneigt anzunehmen, daß das in den Reichsgesetzen von 1551 und 1559 angenommene Wertverhältnis dem des Marktes ziemlich entsprochen hat. Es war 1551 1:11,09, 1559 bei Goldgulden 1:11,44, bei Dukaten 1:11,53. Darin erkennt man denn auch die damalige Tendenz des Goldes, gegen das Silber zu steigern.

Leider sind zu wenig Edelmetallpreise aus jener Zeit bekannt. Sicher sind aus den süddeutschen Archiven solche zu erfahren; die mir vorliegenden genügen nicht. Denn es ist dabei nicht angegeben, mit welchen Münzsorten das Silber bezahlt wurde. Der Preis war natürlich ein verschiedener, je danach, ob das mit guten rheinischen Goldgulden oder mit schlechten niederländischen, mit neuen Talern oder gar mit schlechtem Kleingelde geschah. Die Wünsche vollends, die die eine oder die andere Partei auf den Reichstagen über die Silberpreise äußerte, müsse ganz außer Betracht bleiben.

Solche Wünsche, die wir schon oft haben erwähnen müssen, fehlten auch bei den Verhandlungen von 1557 und 1559 nicht. Wir dürfen es nicht schlechthin als Kurzsichtigkeit verurteilen, daß die meisten Stände eine Fixierung des Silberpreises verlangten. Ein geschlossener konsolidierter Staat konnte viel leichter zu freiem Edelmetallhandel kommen - obgleich es auch in solchen Ländern damit seine guten Wege hatte - als ein in viele Dynastien gespaltenes Land, die alle prägen durften und einander beim Silberkauf Konkurenz machten. Kurtrier wies auf den Schaden hin, den das Reich davon habe, daß "Nunnen und Munchen" zu prägen erlaubt sei. Also ist es begreiflich, daß ein fester Silberpreis gewünscht wurde.

Aber zu erfüllen war dieser Wunsch nicht. Wenn Trier sagte, der Silberpreis dürfe nicht über 8½ Goldgulden steigen, und Württemberg Ähnliches forderte, so waren diese Bestrebungen aussichtslos. Sodann nahm allerdings die deutsche Silberausbeute, wenn auch die Betriebskosten höher wurden, noch weiter zu, aber damals fing gerade das amerikanische Silber an, dem deutschen die ausschlaggebende Bedeutung in Europa zu rauben, so daß auch darum eine Fixierung des Silberpreises unmöglich war, was um 1557 freilich niemand wissen konnte.

Die meisten Stände Deutschlands, ja fast alle Staaten Europas, suchten damals ihren Edelmetallbestand durch Ausfuhrverbote festzuhalten. Nur selten erhoben sich Stimmen der Kaufleute dagegen, die den Edelmetallhandel betrieben und dadurch reich wurden. Um so mehr verdient die Stimme eines Gegners der Kaufleute Erwähnung, die sich 1557 gegen solche Ausfuhrverbote erhob. Der kurtriersche Gesandte und Schultheiß von Koblenz Otto von Lengefeldt, dessen Ratschlägen wir schon begegnet sind, sagte: mit seinem Golde und Silber dürfe doch Jeder machen, was er wolle. Nicht dessen Ausfuhr müsse man bestrafen, sondern Gold und Silber im Auslande in böse Münze zu verwandeln und diese einzuführen, sei strafbar. Niemand führe Gold und Silber umsonst aus, sondern nehme dafür, womit er des Reiches Untertanen betrügen könne, es sei an Gold oder Viktualien.

Dieser Ausfall gegen den damaligen Prohibitivismus war nicht unrichtig, wenn man nur Lengefeldts Animosität gegen die Kaufleute mildert. Dann kommt nämlich der sehr vernünftige Gedanke zu Tage, daß der Edelmetallhandel frei zu lassen und nur die betrügerische Einfuhr schlechter Münzen zu verhindern sei. Mit fast denselben Worten wie Lengefeldt hat im Jahre 1787 ein preußischer Staatsmann gesagt: niemand führe Edelmetall aus, um Verlust davon zu haben. Aber während damals die Freiheit des Edelmetallhandels in Preußen durchgesetzt wurde, fanden Lengefeldts Worte keinen Anklang, denn die Reichsmünzordnung von 1559 wiederholte die Verbote.

Zu den Teilmünzen

Nächst der Frage nach der Währung nahm in den Verhandlungen zu Speier 1557 und zu Augsburg 1559 die nach den Teilmünzen die meiste Zeit in Anspruch. Die früheren Teilmünzen des Silberguldens, wie sie in den Reichsordnungen von 1524 und 1551 beliebt worden waren, stellten meist solche dar, die einflußreiche Münzstände gerade prägten, 1524 die meißnischen Groschen, 1551 die österreichischen Kreuzer und deren Vielfache.

In Speier fielen aber die meisten dem Vorschlag Kurtriers bei, der statt der 1551 gewählten 1/2, 5/18 (20 Kr.), 1/6, 5/36 (10 Kr.), 1/12, 1/24 und 1/72 Gulden - halbe, viertel, achtel, sechzehntel, zweiunddreißigstel und vierundsechzigstel angab, also ein rationelles neues System noch der Hälftelung. Aber damit drang man nicht durch, das historisch Gewordene war stärker.

Die Pfälzer wünschten Teilmünzen von 1/2, 1/3, 1/6, 1/12 und 1/60 ihres 60 Kr. geltenden Silberguldens, also eine Aliquotisierung nach der Drittelung, die hier zum ersten Male für den Guldiner auftritt und seitdem nicht mehr verschwunden ist. Denn es ist von da an ein Merkmal aller Taler, daß seine Teile nach der Hälftelung, der Gulden, daß sie nach der Drittelung ausgemünzt wurden, wie wir das noch zu Zeiten des Zinnaschen, Leipziger und Graumanschen Fußes bemerken.

Der Pfälzische Vorschlag wurde etwas erweitert angenommen. Zwar wurde am 7. August 1559 den Ständen referiert, die Kaiserlichen hätten heftig darauf bestanden, daß die 12- und die 6-Kreuzer (ganze und halbe Pfundener) zu Reichsmünzen gemacht würden, da sie in Österreich von alters her gebräuchlich wären. Aber diese Münzen paßten doch zu schlecht zu den anderen, auf die man sich geeinigt hatte, und wären den 10- und 5-Kreuzern zu ähnlich in der Form gewesen. Die anderen Stände sagten ganz richtig, man müßte sonst die Landmünzen aller Stände zum Reichsgeld erheben.

Dagegen wurde versucht, eine Münze zu schaffen, die sich ohne Bruch (einzählig) den brabantischen, lübischen, pommerschen und mecklenburgischen Pfennigen anpaßte, das 2½-Kreuzerstück. Es sollte an Stelle des rheinischen Albus, böhmischen Groschen, brabanter Stübers und lübischen Schillings treten. Und da endlich Österreich die 3- und 2-Kreuzer wegen der Löhnung der Bergleute - in der Tat wohl, weil es von diesen Sorten unzählige hatte - nicht entbehren wollte, wurde das 2-Kreuzerstück (Halbbatzen, Gröschel) angenommen.

Somit waren die im Edikt von 1559 gewählten Teilmünzen 30-. 10-, 5-, 2- und 1-Kreuzerstücke (1/2, 1/3, 1/6, 1/12, 1/24, 1/30 und 1/60 Gulden).

Der Kaiser wünschte, daß alle Silbermünzen bis zum 5-Kreuzerstück eingeschlossen 15-lötig, also fein ausgebracht würden, damit ihr Ansehen ein gutes sei und Kupfer gespart würde. In Wahrheit war wohl der Hauptgrund, daß, da die alten Tiroler 6-Kreuzer 15 Lot fein waren, Österreich verhüten wollte, daß diese das Material für die neuen weniger feinen 5-Kreuzer würden. Aber die Stände meinten wohl mit Recht, die 5-Kreuzer würden so zu klein, auch müsse das ältere Bruchsilber dann mit viel Kosten feiner gebrannt werden.

Dagegen sollten den kleineren Sorten höhere Münzkosten bewilligt werden, aber nicht so hohe, daß ihre Prägung vorteilhaft würde. Es wurde also in das Edikt aufgenommen, daß alle Münzen bis zum 5-Kreuzerstück eingeschlossen 14 Lot 16 Grän, die kleineren aber weniger fein sein sollten, schon die 2½-Kreuzer nur 8-lötig.

Jedoch ebenso wenig wie die früheren Reichsmünzordnungen ging diese darin weit genug, und so kam es, daß die Nichtbeachtung der Notwendigkeit, die größeren Kosten des Kleingeldes durch einen billigeren Münzfuß einzubringen, in erster Linie den ganzen Jammer des späteren deutschen Münzwesens heraufbeschwor.

Es hatte in der Speierer Tagung nicht an Stimmen gefehlt, die dazu mahnten. Die Pommern hatten geschrieben, wenn die Erfurter Mark 10 Gulden in gutem Gelde koste, wozu man sie aber nicht bekomme, so könnten Schillinge und Witten nach dem Fuß von 1551 nicht ohne Verlust gemünz werden. Und Trier forderte zwar nicht direkt den billigeren Kleigeldfuß, aber doch, daß jeder kleine Landmünzen prägen dürfe, die auch der Prüfung unterworfen sein müsse, damit niemand außer den notwendigen Kosten mehr Vorteil davon habe als von dem Prägen der groben Sorten. Also die nötigen Kosten wollte auch Trier ersetzt haben.

Solche vernünftigen Grundsätze waren aber noch nicht Gemeingut: die Pfälzer meinten, von den dem Kleingelde gewährten höheren Münzkosten der Ordnung von 1551 komme es her, daß viele Stände kein grobes Geld mehr schlügen, wie Zürich und Solothurn. Aber ich halte es für unmöglich, daß diese und auch der König die großen Mengen der Dreikreuzer nach Reichsfuß ausgebracht hätten. Davon werden wir gleich noch hören.

Im Edikt von 1551 waren die Münzkosten für die Dreikreuzer kaum um 2%, für die kleinen Pfennige nur um 8% höher als für die groben Sorten gesetzt. In dem Edikt von 1559 ging zwar der Fuß der Pfennige bis auf 11 Gulden und 11 Fl. 15 Kr., jedoch waren die 10%, um die hier ihr Fuß hinter dem Silbergulden zurückstand, ein noch viel zu geringer Unterschied.

Soviel behaupteten freilich auch die Pfälzer, daß den kleinen Sorten 1551 ein ungenügendes Remedium zugestanden sei. Man hatte zwar ein Grän in der Feine erlaubt, im Gewicht aber gar nichts. Dies wurde in der Ordnung von 1559 nachgeholt, indem für die 5- und 2½-Kreuzer auf die Mark ein halbes, die Kreuzer 2, die Pfennige 8 Stück zugelassen wurden.

Auch davon war jeder überzeugt, daß die kleinen Münzen "mit Bescheidenkeit", d. h. nicht im Überfluß geprägt würden, "damit die nit gehäuft und die anderen höheren Münzen dardurch in Aufsteigen gebracht werden", eine doch gar zu unbestimmte Vorschrift. Die des Augsburger Vereins von 1535 war schon genauer gewesen.

Aber man hielt jetzt daran fest, daß die Zahlkraft des Kleingeldes zu beschränken sei: die Stücke unter 5 Kreuzer brauchte bei Zahlungen über 25 Fl. niemand "als Wehrschaft" zu nehmen. Diese Gebote waren der Anfang des kommenden Bewußtseins vom Begriff der Scheidemünze.

Ich habe schon auseinandergesetzt, warum die kleinen Landmünzen neben den Reichsmünzen weiter erlaubt werden mußten. In Speier wünschte das wieder Kurtrier und Württemberg, und die Ordnung von 1559 erlaubte denn auch eine ganze Reihe solcher Münzen, nur fehlen darunter die wichtigen rheinischen Albus, wohl weil man glaubte, der 2½-Kreuzer werde sie vollkommen ersetzen, was aber nicht geschah. Diese Münze war überhaupt eine tote Geburt, sicher weil ihr Fuß zu teuer und ihr Zahlwert ein zu ungewöhnlicher war.

Trier war nun wohl für Landmünzen, nicht aber, daß sie auch außerhalb ihres Ursprungslandes Währung sein dürften, was das Edikt von 1551 erlaubt hatte. Denn abgesehen von den vielen 1551 zugelassenen niederländischen Kleinmünzen wie Stübern, Doppelstübern, Anderthalbstübern, Halbstübern, Viertelstübern und Negenmanneken, die kaum der Münzkenner auseinanderzuhalten vermöchte, so werde die Valvierung auch anderer Sorten wie der märkischen Groschen und Mansfelder Spitzgröschlein, da sich meist Kreuzerbrüche ergäben, verwirren. Diese kleinen Landmünzen dürften auch nicht dasselbe Gepräge wie die Reichsmünzen tragen.

Aber, so fuhr Otto von Lengefeldt fort, man werde schreien: wenn nun in jedem Gebiete alle nicht heimischen Kleinmünzen verboten würden, so wäre das des armen Mannes Verderben! Jedoch der arme Mann, der Jeden mit seiner sauren Arbeit ernähre, auf den der Allmächtige sonder Zweifel sehe, lebe nur aus der Hand in den Mund, könne also auch nicht viel verlieren. Aber freilich müsse festgesetz werden, daß in böser Münze eingegangene Schulden nicht mit guter abgezahlt würden. Wie das zu machen, wisse man längst.

Wenn aber "die großen Kaufleute und Gewerbtreiben" durch das Einschmelzen Verluste erlitten, so sei das nur ein gerechtes Urteil Gottes; denn sie hätten duch Münzbetrug viel gewonnen, würden sich auch wieder auf irgend eine Weise zu entschädigen wissen. Der Gesandte hatte damit so unrecht nicht, wenn auch die Fürsten und Magistrate, die ihre Münzstätten zur Herstellung schlechter Sorten hergaben, die Schuld in erster Reihe trugen.

Aber auch die Ordnung von 1559 enthielt kein Verbot der Landmünzen außerhalb ihrer Heimat. Ein solches Verbot hätte am meisten den König Ferdinand geschädigt. Über dessen Dreikreuzer (Groschen) klagte 1557 am heftigsten Württemberg, und auch die anderen Stände sprachen dafür, daß der König darin maß halten und diese Prägung eine Zeit lang einstellen möchte. Die königlichen Kommissare antworteten darauf, Seine Majestät habe die 3-Kreuzer in keiner größeren Summe als ihre Bergwerke es zuließen und die Gelegenheit des Krieges gegen die Türken erforderte, münzen lassen. Hinfüro werde Sie sich solcher Gebühr wohl zu verhalten wissen. Mit dieser nichtssagenden Antwort gab sich aber der Münztag nicht zufrieden: die 3-Kreuzer, sagte man, mögen immer aus Notdurft für den Türkenkrieg gemünzt sein, aber sie seien nun einmal in Deutschland und verdrängten die groben Sorten. Majestät möchte sich darin mäßigen, denn als Stellvertreter des Kaisers müsse Sie auf die Edikte halten und die Stände, die solche geringen Sorten münzten und dazu gute einschmölzen, davon abbringen.

Zwar scheinen seit 1554 nur noch wenig 3-Kreuzer in Österreich geprägt zu sein, aber unzweifelhaft war in den gemünzten der Reichsfuß nicht befolgt worden. Besonders aber ließ ihre vorhandene große Menge den Argwohn aufkommen, daß die 14-lötigen Taler das Material für sie bildeten. Ihre Rolle war auch keineswegs ausgespielt. Wohl mit Absicht hat die Ordnung von 1559 sie abgeschafft; dennoch wurden sie weiter gemünzt und sind endlich zu einer der Münzen geworden, die während der Kipperzeit die unheilvollste Verschlechterung erfahren haben.

Um den Leser nicht mit zu verschiedenem Detail zu ermüden, möchte ich bezüglich des Verbots der Verpachtung der Münzstätten, des Kupferschmelzens durch die Stände, die keine Bergwerke hatten, und der Verhandlungen über den Beitritt der Niederlande zur deutschen Münzverfassung den hiernach Fragenden auf meinen genannten Aufsatz verweisen [Der Speierer Münztag von 1557, ZfN 29 (1912) 47-80].

Protestationen von Salzburg und Sachsen

Jedoch muß ich nun noch zwei Protestationen gegen die Münzordnung erwähnen, die am 29. Juli 1559 in Augsburg verlesen wurden, die eine von Salzburg, die andere von Kursachsen.

Der Erzbischof von Salzburg brachte die alten Klagen der Bergherren über den zu teuern Münzfuß wieder vor, der ihn besonders hart treffe, weil sein Land zumeist von den Berkweken lebe. Wenn man sage, durch die Münzordnung werde alle Ausfuhr der Erze abgestellt werden, so treffe das nicht zu, denn die Nationen, mit denen man handle, hätte geringere Münzen als die Deutschen; mit seinen schweren Münzen aber kaufe der Deutsche nicht billiger, und so werde des armen Mannes Nahrung verteuert. "Je geringer die Münz ist, je geringer ist auch der gemain Kauf aller Pfenwert", - ein Satz, der bekanntlich noch oft wiederholt worden ist.

Da nun die Niederlande, Kursachsen, die jüngeren Herzöge von Sachsen und Mansfeld die Ordnung nicht befolgen wollten, sollte er allein die Bürde tragen? Und nur zum Vorteile derer, die keine Bergwerke besäßen? Er müsse das Silber zu einem höheren Preise kaufen, als es ausgemünzt werden solle. Also möchte man einen Fuß festsetzten, dessen Befolgung möglich sei.

Es ist nun sehr merkwürdig und schwer verständlich, daß der Kurfürst von Sachsen in seinem Protest die entgegengesetzten Gründe angibt. So ist es jedenfalls schon Klotzsch ergangen, der nur sagt, Salzburg habe die Ordnung aus anderen Gründen als Sachsen abgelehnt, aber weder des einen noch des anderen Gründe angibt, wahrscheinlich weil er sich dieselben nicht zusammenreimen wußte.

Kurfürst August sagt nämlich, er könne den großen Fall der Münze, wie ihn die Ordnung verfüge, nicht mitmachen, ohne seine Bergwerke zu verderben. Unter diesem Fall versteht er aber eine Verschlechterung der Münze, besonders der kleinen. Denn wenn die große verschlechtert würde, müsse es mit der kleinen auch geschehen. Werde aber die kleine Münze geringer, so würden alle Waren teurer, er müsse dann den Bergleuten das Silber höher bezahlen, um sie festzuhalten. Das könne er aber nicht, also müsse der Bergbau aufhören und werde ganz Deutschland durch Silbermangel geschädigt.

In dieser Erörterung liegen zwei Irrtümer. Erstens ist die Behauptung nicht richtig, daß die Verschlechterung der kleinen Münze immer solchen Schaden verursache. Früher hatte Sachsen sehr richtig für die Verbilligung ihres Fußes gesprochen. Darauf nur kam es an, daß der Fuß der großen Vollmünze nicht verschlechtert würde, denn an ihr allein hing die Währung, und daß nicht zu viel Kleingeld hergestellt würde.

Der Fuß der großen Münze aber, und das war der zweite Irrtum, wurde durch die Ordnung keineswegs verschlechtert, sondern nur der Sibergulden kleiner und dementsprechend auch sein Zahlwert niedriger ausgebracht. Die Gulden der beiden Reichsordnungen von 1551 und 1559 haben dasselbe Verhältnis des Zahlwertes zum Feingewicht.

Jedenfalls behielt Salzburg Recht: keiner der Bergherren konnte auf die Dauer den Reichsguldiner zu 60 Kr. nach der Ordnung von 1559 prägen, auch der Kaiser nicht. Sein Sohn Maximilian II. hat später seine Brüder daran erinnert, mit welcher Mühe ihr Vater die Reichsordnung von 1559 zustande gebracht habe, weshalb sie dabei bleiben möchten, aber es schien diesen unmöglich.

Befolgung der Münzordnung

Man weiß, daß das Deutsche Reich sieben Jahre später doch endlich den alten Taler und zwar zu 8 Stück aus der nur 14 Lot 4 Grän feiner Mark zugestehen mußte, welcher Fuß also nur wenig schwerer, aber um 4 Grän silberärmer als der sächsische von 1558 war. Aber wenn auch die kursächsischen Landstände wieder für diesen eintraten, so ist doch zweifelhaft, ob er damals noch befolgt wurde. Jedenfalls ging Kurfürst August bald darauf zum Reichstalerfuß von 1566 über.

Österreich aber befolgte ihn nicht. Zwar ließ es bis 1573 Reichsguldiner zu 60 Kr. schlagen, jedoch deren Fuß wie auch der des Reichstaler von 1566 erschien ihm zu kostbar, und so ging es denn 1573 endgültig zu seinem alten Fuß von 1524 zurück. Also sagte sich Österreich, wie dessen bedeutendster neuzeitlicher Münzhistoriker Newald richtig bemerkt, ganz vom Reichsmünzwesen los und hielt sich auch nicht mehr an die Valvationskommissionen der drei Kreise Franken, Schwaben und Bayern gebunden, mit denen es seit 1571 einen Münzbezirk bilden sollte. Die Prägung aber der Reichsguldiner zu 60 Kr. nach der Ordnung von 1559 blieb auf den Südwesten Deutschlands beschränkt.



VI. Die Reichsprobierordnungen

Mit der Bestimmung des Münzfußes und den Geboten und Verboten über Edelmetallhandel, Schmelzen und Ähnliches glaubte das Reich die Stände doch nicht genügend verpflichtet zu haben: es hielt für nötig, noch allgemeine Verordnungen über die Kontrolle durch die Kreise und die Arbeit in den einzelnen Münzstätten erlassen zu müssen. Dieselben wurden zusammengefaßt in Probierordnungen von 1551 und 1559, deren Bestimmungen sich zum Teil schon in der Ordnung von 1524, ja in dem Gutachten der sächsischen Münzbeamten von 1522 und dem Reichsabschied von 1509 finden.

Begreiflicherweise steht das Amt des Hauptkontrollbeamten, des Wadeins, dabei in erster Linie. Der Wardein sollte eigentlich ein Kontrolleur des Münzmeisters sein, aber es sind doch nur wenige größere Münzstätten, in denen wir im 15. jahrhundert neben dem Probierer und Aufzieher (Wieger) einen besonderen Wardein finden, z. B. in Freiburg in Baden 1458, um dieselbe Zeit in Wien, wo er Anwalt hieß und "anstatt des Herzogs" bei der Münzprüfung saß, 1493 in Tübingen. Andere zogen die Magistrate der Städte zur Münzkontrolle hinzu wie es in Sachsen geschah, wieder andere schlossen mit einem Nachbarn ab, daß einer des anderen Münzen probieren wollte, so in Franken und Sachsen.

Am weitesten waren darin wohl die rheinischen Kurfürsten, die schon am Ende des 14. Jahrhunderts ihre Münzbeamten an regelmäßigen Terminen zusammenkommen und den Bestand der Probebüchsen prüfen ließen. Es war das Vorbild für die späteren Kreisprobationstage. Diese wurden zuerst durch den Reichsabschied in Frankfurt a. M. im September 1509 angeordnet, der die Goldguldenmünzung regelte. Hier finden wir schon fast alle die formalen Bestimmungen der späteren Reichsprobierordnungen, vor allem die, daß jeder Kreis auf gemeinsame Kosten einen "gemeinen Probierer" halten sollte, der die Stücke in den Probierbüchsen der einzelnen Kreisständen nachzuprüfen hatte. Zwar haben die Eßlinger Ordnung und die Reichsprobierordnung von 1551 diese Anordnungen aufgenommen, aber erst die von 1559 hat die Einführung solcher allgemeinen Probierer durchgesetzt.

Deren Haupttätigkeit ging auf den zweimal jährlich abzuhaltenden Kreisprobationstagen vor sich. Hierher hatten die Münzstände, wie es schon 1509 vorgeschrieben war, einen münzverständigen Rat, den Münzmeister, Wardein und die Probierbüchsen zu schicken, in denen sich die Proben der Werke befanden, jede vom Wardein in ein Papier gelegt, auf dem er Quantität, Gewicht, Datum verzeichnet hatte.

Die Akten der Probatiostage zeigen uns, daß diese Versammlungen meist sehr stattliche waren. Die Reise- und Zehrungskosten für diese Personen zweimal jährlich aufzubringen war aber eine große Ausgabe für die Stände und eine der Hauptursachen, warum die Abhaltung dieser Tage dort, wo wie im oberrheinischen Kreise meist kleine Herren saßen, nicht lange durchführbar blieb. So wurde denn auch die Bestimmung, daß, wer dreimal den Tag versäumt hätte, seines Münzrechts verlustig erklärt werden sollte, kaum jemals ausgeführt.

Die für den Wardein nächst dem Münzfuß wichtigste Bestimmung war die Abgrenzung der Remedien. Von solchen gaben, wie wir hörten, die Eßlinger Ordnung und die von 1551 nur solche in der Feine, erst die letzte von 1559 beide Remedien an. Die Justierung der Goldmünzen, ganzen und halben Guldiner sollte al pezzo geschehen, doch sollte der Wardein außer bei den Pfennigen und Hellern von jeder Mark der kleineren Sorten 40 bis 50 Stück stückweise auf ihr Gewicht prüfen. War ein Werk um das Remedium zu leicht, so sollte das folgende um so schwerer sein, eine zur Kipperei reizende Bestimmung, die sich aber bis ins 18. Jahrhundert erhalten hat.

Dieselbe war auch für die Feinheit vorgeschrieben. Deren Remedium betrug ein halbes Grän beim Golde, ein ganzes beim Silber.

Einige unausführbare Bestimmungen der Ordnung von 1551 beseitigte die folgende. Jene erlaubte bei den Goldmünzen dem Münzmeister, wenn ein Werk ein bis zwei Grän zu arm war, auf die Probe zu schreiben: "diß Werk geet auf mein N. des Münzmeisters Angst, Gefahr und Abenthur us." Aber für jedes fehlende Grän sollte er seiner Obrigkeit den dreifachen Wert zahlen. Man sah wohl die Verderblichkeit dieses Zugeständnisses für den Münzfuß ein.

Die andere Verfügung, die die Ordnung von 1559 gestrichen hat, ging dahin, daß der Münzmeister beim Überschreiten des Remediums über 1 Grän bis 2 Grän den anderen Münzmeistern für jeden Fall einen halben Taler zahlen sollte. Auch das konnte zum Verderben der Münzen und zu großen Mißhelligkeiten Anlaß geben. Auch daß bei Ausgabe von über 2 Grän zu armen Werken der Wardein straflos bliebe, wenn der Münzmeister sie ohne sein Wissen ausgegeben hätte, wurde nicht beibehalten, weil solcher Fall in einer richtig geleiteten Münzstatt kaum denkbar war. Streitigkeiten zwischen beiden Beamten entschied der Kreiswardein.

Bestritt aber der Münzmeister die Richtigkeit der Probierung durch den Generalwardein, so konnte sie im Beisein von zwei Räten und zwei Waddeinen wiederholt werden. Fiel sie wieder zu ungunsten des Münzmeisters aus, so zahlte dieser die Kosten und die Strafe.

Endlich wurden die allgemeinen Pflichten der einzelnen Beamten bestimmt, die auf die Münzordnung zu vereidigen waren, und zwar die Münzmeister und Wardeine auf dem Probationstage. Der Münzmeister sollte nicht eher seinen Herrn verlassen als bis alle seine Werke auf dem Probationstage geprüft waren und er seinen Abschiedsbrief empfangen hatte. Er sollte die Reichsmünzen nicht "ärgern", d. h. verschlechtern, kein Edelmetall ausführen, nichts mit seinem Wardein und den Gesellen verabreden, was der Reichsmünzordnung nicht entsprach.

Dem Wardein lag außer den Probierungen ob, die Münzstempel zu verwahren und die unbrauchbaren zerschlagen zu lassen; er sollte weder Geschenk noch Liebnus von jemand annehmen.

Die Ordnung von 1524 hatte es noch jedem Stande überlassen, ob er Akkord- oder Stücklohn geben wollte, doch verlangte auch sie, daß die Münzstätten nicht verpachtet würden, sondern deren "Verwaltung" bei der Obrigkeit bleibe. Die späteren Ordnungen sprachen nur vom Lohn allgemein, sie meinten bei den Beamten wohl Akkord, d. h. Gehalt. Aber den bedeutendsten Teil der Münzkosten bildete nicht der Gehalt der Münzbeamten, sondern der Lohn der Münzarbeiter, von denen wegen der noch fast allgemeinen Handarbeit (Hammermünzung) hunderte nötig waren.

Bei dem allgemeinen Steigen der Warenpreise in dieser Zeit ist es nicht auffallend, daß diese Leute nach höherem Lohne strebten und sich dadurch die Münzkosten verteuerten. Wenn nun die eine Obrigkeit mehr Lohn als die andere gab, so verlor diese ihre Münzgesellen, so daß dadurch kleinere Stände die Möglichkeit einbüßten, von ihrem Münzrecht Gebrauch zu machen, was freilich an und für sich nur heilsam gewesen wäre.

Es wurde gewünscht, daß die Münzkosten von Reichs wegen egalisiert würden, was besonders Kurtrier 1557 beantragte. Kurz vorher waren in Nördlingen Abgesandte der "Münzverwandten" zusammengekommen, um die Lohnfrage zu beraten. Darauf ward den Münzarbeitern in Linz und Hall höherer Lohn zugestanden (1556); ob das auch in anderen Ländern geschah, wissen wir nicht.

Aber es sind die älteren Löhne, dann die in Nördlingen geforderten höheren [siehe: Newald, Das österr. Münzwesen unter Ferdinand I., Wien 1883, S.58] und die 1559 im Reichsedikt bewilligten mitgeteilt. Es betrugen für Prägung von 100 Mark:
Die von denDie 1559
Bei PrägungDie älterenMünzarbeiternbestimmten
vonLöhnegeforderten LöhneLöhne
Taler6 Fl. 40 Kr. 0 Pf.7 Fl. 21 Kr. 2½ Pf.5 Fl. 53 Kr. 0 Pf.
Dreikreuzer8 Fl. 20 Kr. 0 Pf.10 Fl. 42 Kr. 1 Pf.8 Fl. 41 Kr. 3 Pf.
Pfennigen11 Fl. 6 Kr. 2½ Kr.14 Fl. 43 Kr. ½ Pf.12 Fl. 30 Kr. 0 Pf.
Zusammen (300 Mark)26 Fl. 6 Kr. 2½ Pf.32 Fl. 46 Kr. 4 Pf.27 Fl. 4 Kr. 3 Pf.

Also für keine Sorte sind die geforderten Löhne bewilligt worden. Nur wenig wurden die kleineren Sorten erhöht, während die der Taler noch Herabsetzung erfuhren. Im ganzen wurden sie für Herstellung von 300 Mark, je 100 von jeder Sorte, nicht um 24% wie gewünscht, sondern nur um 4% erhöht.



Schluß

Die Reichsmünzordnung von 1559 ist der größte Erfolg des Kaisers Ferdinand I. in der inneren Politik genannt worden. Es war der letzte, der im Reichsmünzwesen errungen wurde, denn die Reichsverhandlungen von 1737 und 1738 blieben resultatlos. Das Reichsgesetz von 1559 mit der Novelle von 1566 hatte aber den Erfolg, daß dadurch der Fuß der Gold- und groben Silbermünzen auf 1½ Jahrhunderte festgesetzt und dieser Fuß außer in Österreich überall befolgt wurde. Seitdem ist der deutsche Taler in fast allen Kulturstaaten der Welt bis zum heutigen Tage nachgemünzt worden, mag er nun Daalder, Talaro, Dollar, Krone, Rubel, Luis blanc, Piaster, Peso oder Fünffrankstück heißen.

Warum aber die Ordnung von 1559, soweit sie das Kleingeld betraf, nicht befolgt werden konnte, habe ich angedeutet; die daraus entstehenden Wirrsale im deutschen Münzwesen zu erzählen ist jedoch nicht Aufgabe der Reichsmünzgeschichte, sondern der Münzgeschichten der einzelnen Territorien. Ritter hat dieses Kapitel in seinen Grundzügen, Wuttke für den obersächsischen Kreis geschrieben, ich werde es in einer neueren kurtrierischen Münzgeschichte vornehmen.

Endlich möchte ich der Hoffnung Ausdruck geben, dem Leser gezeigt zu haben, welche Mühe und welches Nachdenken die Münzpolitik das Deutsche Reich gekostet hat, und wie viel schwerer es ihm wurde, darin Erfolge zu erringen als anderen konsolidierteren Staaten.



Anlage I.   Der Münzfuß

AusAusEin
MünzsorteneinerFeinheiteinerEinStück
rauhenKaratfeinenStückhält
Markbzw. LotMarkwiegtfein
A. Goldmünzen
StückKaratStückGrammGr. fein
Rheinischer Goldgulden um 150071⅓18½77192,543,282,53
Goldgulden 1524 (nicht gemünzt)892291797,092,632,41
Rheinischer Goldgulben um 15507218⅓76494,253,252,48
Dukat 15596723⅔98668,593,493,44
B. SilberguldenStückLotStückGrammGr. fein
Sachsen 15008159388,5329,23 (*)27,41
Sachsen & Joachimsthal ab 1518814 8/99318,0629,2327,20
Österreich 1524   (*)9¾ *14 5/692710,9028,8125,77
Reichsguldiner 1524 (nicht gemünzt)8159388,5329,2327,41
Sachsen & Joachimsthal ab 1534814 4/99038,8629,2326,39
Reichsguldiner 155114 1/98828,5031,1827,50
Kursachsen, Guldengroschen 1558 (*)8,06314 4/99038,9329,0026,08
Reichsguldiner 1559 [60 Kr.]14 8/993110,2124,6222,91
Reichstaler 1566814 2/98899,0029,2325,98
C. Teilmünzen des Reichsguldiner
a) 1524StückLotGuldenGrammGr. fein
Halbguldiner16159388,5314,6113,70
Orterer (1/4-Gulden)32159388,537,306,85
Zehner (1/10-Gulden)80159388,532,922,74
Groschen (1/21-Gulden)136127508,631,721,29
Halbgroschen (1/42-Gulden)272127508,630,860,64
Gröschlein (1/84-Gulden)36685008,710,640,32
b) 1551
36 Kreuzer (Halbguldiner)1514 1/98828,5015,5913,75
20 Kreuzer2714 1/98828,508,667,64
12 Kreuzer4514 1/98828,505,204,58
10 Kreuzer5414 1/98828,504,333,82
6 Kreuzer9014 1/98828,502,602,29
3 Kreuzer94½7 5/184558,662,471,12
1 Kreuzer2376 1/183788,700,990,37
c) 1559
30 Kreuzer (Halbguldiner)1914 8/993110,2112,3111,45
10 Kreuzer5714 8/993110,214,103,82
5 Kreuzer11414 8/993110,212,051,91
2½ Kreuzer124850010,331,890,94
2 Kreuzer155½850010,371,500,75
1 Kreuzer243½6 2/938910,440,960,37



Anlage II.   Valvation fremder Goldmünzen, Nürnberg 1522

Vom sächsischen Münzmeister Funk und dessen Wardein Mayerhoffer dem Reichstage zu Nürnberg 1522 vorgelegt. Maßstab war der rheinische Goldgulden, der damals 2,50 Gramm Feingold hielt.
1 Gulden hatte 20 Schillinge, 1 Schilling 12 Heller.

GuldenSchillingeHellerSumme
Fl=1/20 Fl=1/12 Sch.in Fl
Großer Real, niederländisch517105,892
Rosenobel, englisch3083,033
Henricusnobel, engl.21362,675
Flämischer Nobel, nied.21152,571
Angel, engl.2042,017
Golden Vließ, nied.11581,783
Goldener Löwe, nied.11151,571
Ungarischer Gulden17101,392
Dukat1691,338
Fränzösische Krone1601,300
Alte Krone, französisch1541,267
Andreasgulden, nied.1081,033
Löwenscher Peter, nied.01860,925
Philippsgulden, nied.017100,892
Geldernscher Reiter, nied.01710,854
Philipps Klinkert, nied.01500,750
Friedrichsgulden, nied.01470,729
Postulatsgulden, nied.01190,588
Arnoldsgulden, nied.01040,517
Dönischer und Zwollischer Gulden018100,942
Osnabrücker und Münsterischer Gulden01840,917
Davidsgulden, nied.01720,858
Geldernscher Gulden, nied.01560,775
Friesischer Gulden, nied.01680,833
Hornscher Gulden, nied.0870,429
Bremischer Gulden01990,988
Clevischer Gulden01820,908
Lothringischer Gulden01730,863
Emdenscher Gulden01660,825
Utrechter Gulden, nied.01520,758



Startseite Numismatische Texte coingallery.de