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Die Erzgebirgische Prägemedaille des XVI. Jahrhunderts
hier ohne Abbildungen, Fußnoten und ohne Katalog
(auch weitere Monogrammisten AS, Φ, AL, DS, ... fehlen hier)


EINLEITUNG     (S.11 ff)

Die ewige Sucht des Menschen nach leicht verdientem Gewinn hat zugleich mit der Entdeckung der reichen Silbergruben im Erzgebirge Scharen von Menschen in diese Gegend gelockt, zu Beginn des 16. Jahrhunderts besonders nach Jáchymov (St. Joachimsthal), das mit den übrigen erzgebirgischen Städten in regstem Verkehr stand. (*1) Bald kamen auch Goldschmiede, um das Silber zu Gegenständen aller Art, die einen Absatz versprachen, zu verarbeiten. Und sie ersannen immer neue Dinge, die sich für eine Verarbeitung in Silber eigneten, machten schöne Handsteine oder Stufen (*2) und verfertigten Prägeeisen für silberne Schaugroschen d. h. Porträtmedaillen auf Herrscher und bedeutende Persönlichkeiten der Zeit.

Zwei Fussnoten:
(*1): Schneeberg entstand 1471, Annaberg 1496, Jáchymov (St. ]oachimsthal) 1516, Marienberg 1521, Bozií Dar (Gottesgab) und Horni Blatná (Platten) um 1532
(*2): Handstein (lapides manuales) bedeutet eigentlich ein Stück Erz, das die Handfläche ausfüllt. Mit dem Worte werden auch solche Edelschmiedearbeiten bezeichnet, bei denen der Künstler aus Silbererz in natürlichem Zustande durch Anschmelzen und Abspalten von Metallteilen ganze figürliche Szenen, nicht selten auch aus dem biblischen Leben verfertigte; das Ganze wurde dann auf einen Silberfuß gesetzt. Mit der Herstellung von "Handsteinen" haben sich auch Concz Welcz und besonders sein Nachfolger Caspar Ulich befaßt, welch letzteren Mathesius in der Sarepta "einen kunstreichen Meister auf allerlei Erzstufen" (Stuffa = Erzstück) nennt. ...

Personenmedaillen

Neben den Bildnissen jagellonischer und habsburgischer Herrscher, die unabhängig von ihrer Einstellung entweder als Landesherren oder römisch-deutsche Kaiser, sei es auf Bestellung oder durch die Verleger ausgegeben wurden, nehmen die sächsischen Fürsten, der Landgraf von Hessen als Förderer der neuen Lehre den ersten Platz ein. Entsprechend der grundsätzlichen Orientierung der erzgebirgischen Prägemedaille sind es dann vor allem die Reformatoren M. Joh. Hus und Luther, deren Bildnisse vom Volke begehrt wurden und deshalb in verschiedener Darstellung Stoff für die Schaugroschen unserer Meister geboten haben. Es ist selbstverständlich, daß hervorragende Persönlichkeiten des Erzgebirges, wie die Mitglieder der Familie Schlick und die hohen Beamten wie Griespeck, Geitzkofler u. a. dabei nicht zu kurz kamen.

Biblische Medaillen

Besonders aber hatten es die Goldschmiede auf die breiten Volksschichten abgesehen, indem sie mit Berechnung auf die religiöse Einstellung der Massen solche biblische Medaillen herstellten, auf denen korrespondierende Szenen des Alten und Neuen Testaments, Typus und Antitypus, etwa wie in der Biblia pauperum, abgebildet wurden, die sich bald zu einem marktläufigen Artikel entwickelten und den bisherigen Holzschnitten und Kupferstichen mit biblischen Darstellungen schon deshalb vorgezogen wurden, weil sie neben ihrer größeren Dauerhaftigkeit als Geschenke auch einen Materialwert repräsentierten und weiterhin als Amulette getragen bzw. als Schmuck des Hausrates und der Kleidung verwendet werden konnten. Aus dem Grunde ist auch die Mehrzahl von ihnen noch heute mit Ösen versehen oder trägt wenigstens deren Spuren. Medaillen dieser Art wurden auch mit gedrehten oder künstlerisch hergerichteten Einfassungen versehen und ihrerseits mit kleinen Anhängern geschmückt (siehe Textabbildung Nr.1), sowie nicht selten zur Erhöhung des Eindruckes ganz oder teilweise vergoldet.

Abb.1: Die Dreifaltigkeitsmedaille des Nickel Milicz als Anhänger

Die typologische Behandlung des Lebensweges Christi, von der Verkündigung Mariä bis zur Ausgießung des hl. Geistes, seiner Wunder, seiner Lehre, die Sinnbilder des thronenden Christus, des Jüngsten Gerichtes, der Person der Mutter Gottes und ihres Lebensganges boten eine schier unbegrenzte Möglichkeit für die Erzeugung solcher Gelegenheitsmedaillen, deren Bilder sich als symbolische Geschenke zu jedem Anlasse im menschlichen Leben, zu Geburt, Taufe und Hochzeit, als Oster-, Weihnachts- und Neujahrspfennige eigneten. Durch Herstellung dieser Medaillen in den verschiedensten Größen und Gewichtsverhältnissen wurde nicht nur dem Reichen, sondern auch dem kleinen Manne die Möglichkeit geboten, sich diese Erzeugnisse der Erzschneidekunst anzuschaffen, die gerade bei den Bergleuten, die schon infolge ihres gefahrvollen Berufes zur Frömmigkeit und Gottgläubigkeit, aber auch zum Aberglauben neigten, besondere Vorliebe fanden.

Auch die Geistlichkeit wird den Absatz dieser Medaillen gefördert haben, die durch ihre heiligen Sprüche die gelockerten Sitten der reich gewordenen, aus allen Gegenden durch die Silberfunde herbeigerufenen Bevölkerung dem religiösen Leben und Sinn zurückführen sollten, wie wir häufigen Andeutungen u. a. des St. Joachimsthaler Pastors Johann Mathesius entnehmen können. In seiner 10. Hochzeitspredigt hebt er rühmend hervor. daß "in diesem Tal viel schöner Historien, auß altem vnd newem Testament, auch auss erbarn und züchtigen Heidnischen Historien, auff schawgroschen gepreget, und in Ertz geschnitten sind."

"Ich könnte viel schöner groschen und stuffen erwehnen," fährt Mathesius fort, "die hie im Tal zugericht, darinn neben trefflicher kunst, viel schöner artickel der waren Religion zu sehen sindt, neben die alten Jüdischen seckeln und andern schönen manumenten. In diesem fall sind künstler nicht zu beschuldigen, Denn ein jeder sol Gottes ehr mit predigen, schreiben, gießen und mahlen fördern helfen. Wie Dürer und Lucas (sc. Cranach) nit allein jungen Mahlern und Goldschmieden irer kunst, sondern neben iren Passionen, mit viel andern schönen und lieblichen kunststücken, ge dienet haben."

Nach Mathesius unterhielt man in St. Joachimsthal seinen Gast damit, daß man ihm neben guter Musik gewöhnlich auch seltene Stufen und Münzen zeigte, was beweist, daß man dort schon damals solche Medaillen sammelte.

Aus dem Gesagten geht bereits hervor, daß die erzgebirgische Prägemedaille ganz überwiegend religiös eingestellt war. Die notwendige kulturgeschichtliche Voraussetzung bildete die Reformation, welche gerade in Sachsen und den angrenzenden Gebieten besonders rasch und nachhaltig Boden gefaßt hatte. Die religiöse Umwälzung und die mit ihr verbundene erhöhte Wertschätzung des Bibelwortes bildeten also die geistige Grundlage für eine der bedeutendsten Erscheinungen auf dem Gebiete der Schaumünze überhaupt nächst der Porträtmedaille. Eine gewisse Hinneigung zu Motiven, wie sie die Plakette verwendet, kann nicht übersehen werden. Der neue "Werkstoff" - das massenhaft gewonnene Silber - und die an der Münzung von Guldengroschen jenseits und diesseits des Erzgebirges erprobte Münztechnik ermöglichten die einfache und zahlenmäßig nicht begrenzte Vervielfältigung der Entwürfe durch Prägung.

Vielleicht deutlicher als die Porträtmedaille läßt die religiöse Schaumünze weitreichende Zusammenhänge und Vorstufen erkennen, deren bildlicher Inhalt sich mit dem unserer Stücke weitgehend deckt. Die medaillenförmigen Elfenbein- und Perlmutterschnitte der gotischen Kunst, sowie der Renaissance (siehe Textabbildung Nr. 2) entnehmen ihre Darstellungen gleichfalls nicht selten der Bibel, ein Hinwels, daß es weniger auf die Technik und das Material als vielmehr auf den Gehalt dieser innerlich verwandten Arbeiten ankommt.

Abb.2: Anbetung des Kinde. Perlmutter. Zweite Hälfte des 15. Jahrhundert.

Abb.3: Christus und zwei Engel - Anbetung der heil. drei Könige. Gravierte Medaille (Vat.Bibliothek)

Ehrwürdige Vorläufer der religiösen Schaumünze neuerer Zeit dürfen wir in den frühchristlichen gravierten Weihemünzen (siehe Textabbildung Nr. 3) erkennen, die Pilgerzeichen u. ä. des hohen und späteren Mittelalters bilden in gewissem Sinne eine ältere Parallele, durch das ganze Mittelalter aber läuft die Reihe der seltenen Brakteatenmedaillen mit religiösen Darstellungen, also materialgleiche, technisch und inhaltlich verwandte Stücke der religiösen Schaumünze des Erzgebirges. Diese Landschaft hat damit ihren Beitrag zur Geschichte der Medaille geliefert, wie ihn ähnlich etwa Schwaben und Franken für die gegossene, Österreich-Tirol für die geprägte Bildnisschaumünze entrichteten. Auf die besondere Eigenart dieser Medaillen sei noch hingewiesen, denn die religiöse Schaumünze hat nie mehr und nirgends wieder repräsentativere Gestalt angenommen und so allgemein gültigen Inhalt dargestellt. Welch bedeutsame Rolle vor allem der fränkischen Graphik für die Bildgestaltung zukam, wird nachstehend im einzelnen zu erörtern sein. Es ist nicht zuviel gesagt, wenn wir in der erzgebirgischen religiösen Schaumünze eine Fortführung der Bibelillustration durch geprägte Medaillen sehen.

Pesttaler

Die unmittelbaren Vorfahren unserer biblischen Schaugroschen waren die "Pesttaler", die ursprünglich Gestalt und Gewicht von landläufigen Münzen (Talern und deren Teilstücken) hatten und durch ihre Bilder - eherne Schlange auf der einen, Kreuzigung Christi auf der anderen Seite - vor der damals stets drohenden Pestgefahr schützen sollten und zu den Mitteln des Aberglaubens gehörten, durch die sich das Volk vor dem grauenhaften Sterben, dem die Heilkunde der Zeit machtlos gegenüberstand, bewahren wollte.

In seiner Pestrede sagt Mathesius: "Da nun unser Gott einen durch ein Pestillutz will von dem Tod dises vergifften leibes erretten, soll einer sich drüber zu friede geben und mit glaubigen augen die auffgehenckte Schlangen ansehen, welches ist der eingeborene Son Gottes, wer an Sie glaubt, dem schadet kein tod und hertzeleid. Denn diese heilsame Schlange, darin kein gifft und galle ist, zeucht all unser gifft auß, das der Sathan in unser selle und leib gehaucht hat."

Diese ersten münzartigen Pesttaler wurden in den erzgebirgischen Münzstätten meistens in Taler- und mehrfachem Talergewicht als Dickstücke ausgeprägt und mit den Zeichen der in den Münzstätten des Erzgebirges beschäftigten Münzmeister signiert. Sie sind also als offizielle Erzeugnisse der betreffenden Münzstätte anzusehen, bei denen die Signatur des Münzmeisters nicht, wie man früher fälschlich annahm, den Eisenschneider bezeichnete, sondern die Garantie des Münzmeisters für das Gewicht und den Feingehalt der Münze zum Ausdruck brachte, wie dies bei den Umlaufsmünzen der Fall war. Die Prägestöcke hierzu fertigten meist dieselben Stempelschneider. die auch für die Münzstätte die Eisen lieferten.

Bald nehmen die Pesttaler in allen erzgebirgischen Münzstätten die gleiche Ausstattung, besonders die doppelzeiligen Umschriften an, was wohl darauf zurückzuführen ist, daß die Mehrzahl der Eisen aus einer und derselben Werkstätte hervorging, vermutlich aus der des Leipziger Stempelschneiders Melchior Peuerlein. Diese äußerlich übereinstimmende Gestaltung der Pesttaler scheint soweit gegangen zu sein, daß noch etwa 100 Jahre später (im Jahr 1619) Pesttaler von ganz ähnlichem Schnitt zur Ausgabe gelangten, und daß auf den Nachahmungen von Pesttalern sogar die seinerzeit als Münzzeichen fungierenden Rosetten nachgebildet wurden, ohne daß natürlich ihr seinerzeitiger Zweck überhaupt noch verstanden wurde (siehe Nr.20). Wo diese Nachahmungen entstanden, ist bisher noch nicht ermittelt, doch dürfte für die späteren Pesttaler das Erzgebirge als Prägeort kaum mehr in Frage kommen.

"Wiedertäfertaler"

Es scheint, als ob die Herstellung dieser Pesttaler in Münzform, von denen uns viele Arten verschiedener Jahre und stark abweichenden Gewichtes, ja sogar solche aus Gold überkommen sind, ganz besonders einträglich war, denn die Erzeugung wurde im ganzen Erzgebirge fast gleichzeitig und in sehr ähnlicher äußerer Form auf die Prägung von Osterpfennigen: Jonas mit dem Walfisch und die Auferstehung Christi (Tafel III) ausgedehnt, wobei unerwiesen bleibt, ob diese Münzen irgend etwas mit den Wiedertäufern zu tun haben und so mit Recht den Namen "Wiedertäufertaler" führen.

Pestmedaillen

Es hat weiter den Anschein, daß sich bald die Eisenschneider selbst der eigenen Herstellung dieser Gelegenheitsmünzen bemächtigten. Es werden Prägeeisen erzeugt und damit Stücke geprägt, auf denen die dargestellten biblischen Szenen plastischer gestaltet, medaillenartig ausgestattet und so von der Münze getrennt in das Gebiet der Prägemedaille eingeführt wurden. Diese Medaillen mußten zwar auch in der Münzstätte geprägt werden, doch läßt sich kaum mehr feststellen, unter welchen Bedingungen dies geschah. Anzunehmen ist, daß die Stempelschneider die Prägeeisen zu diesen biblischen Medaillen nach eigenem Gutdünken entsprechend der Nachfrage herstellten und die auf der Münze für sie hergestellten Medaillen auf Messen und bei kirchlichen Festen selbst verkauften oder für sich verkaufen ließen. Dahinsteht, ob ein solcher Vertrieb für eigene Rechnung der Stempelschneiderwerkstätten geschah oder ob ihrer Produktion Bestellungen von Mittelspersonen vorausgingen, die sich dem Vertrieb der Medaillen unterzogen.

Kremnica

Fast zu gleicher Zeit wie im Erzgebirge entwickelte sich diese Medailleurkunst auch in Kremnica, so daß es bei einigen dieser geprägten Medaillen schwer fällt, deren Provenienz einwandfrei zu sichern. Erst die Feststellung der unterschiedlichen Formen der Prägeeisen in den verschiedenen Münzstätten hat dazu geführt, unter den geprägten Porträt- und Miszellanmedaillen des 16. Jahrhunderts die in Kremnica erzeugten Stücke mit einer an Gewißheit grenzenden Wahrscheinlichkeit auszusondern.

Die Meister im Erzgebirge

Als Vater der erzgebirgischen Medaille ist der Annaberger Eisenschneider Hieronymus Magdeburger anzusehen, wenn auch ziemlich gleichzeitig mit ihm der Kremnitzer Eisenschneider Christoph Füssl mit seinen biblischen Medaillen hervortritt. Magdeburgers früheste datierte biblische Medaille, soweit bis heute bekannt, trägt zwar die Jahreszahl 1531, so daß ihr eigentlich eine Medaille des Christoph Füssl vom Jahre 1530 (Löbbecke 459) zeitlich vorausginge, doch muß abgesehen von den vielen undatierten Arbeiten Magdeburgers, die sich schließlich um diese älteste Arbeit gruppieren, die erwähnte Arbeit Füssls nur als ein in Kremnitzer Art komponierter Pesttaler angesehen werden. Auch Concz Welcz dürfte Magdeburger diesen Vorrang kaum streitig machen können, denn es ist keineswegs sicher, daß die Jahreszahl auf der Jesaias-Medaille des Conz Welcz (Nr.214) richtig 1530 und nicht vielmehr 1536 zu lesen ist.

Die erzgebirgische Medaillenerzeugung beschränkt sich auf eine verhältnismäßig kleine Zahl aus der Reihe der Goldschmiede hervorgegangener bedeutender Stempelschneider, um die sich einige unbedeutendere Meister gruppieren.

In den dreißiger Jahren des 16. Jahrhunderts, da auch die Silbergewinnung in St. Joachimsthal den Höhepunkt erreicht, arbeiten die wichtigsten Meister der erzgebirgischen Prägemedaille, soweit wir heute sehen, fast zu gleicher Zeit. In Annaberg Hieronymus Magdeburger, durch die Zahl seiner Medaillenerzeugnisse ein weitberühmter Goldschmied, in St. Joachimsthal Concz Welcz, der schon von Mathesius bewunderte Schöpfer von künstlerischen Goldschmiedearbeiten, besonders Pokalen; aus der Familie Milicz, die durch drei Generationen es verdient hat, unter die bedeutendsten Stempelschneider des 16. Jahrhuriderts gezählt zu werden, Wolf Milicz, und schließlich auch der Meister Œ. Nach dem J.1544 ist es Nickel Milicz, der fast die gesamte Erzeugung, besonders der biblischen Medaillen, an sich gerissen und dieselbe auch auf seinen Schwiegersohn Zacharias Kempf vererbt hat.

Außer den genannten kommt noch eine Reihe kleinerer, d. h. weniger bedeutender, meist anonymer Goldschmiede und Stempelschneider in Betracht, deren Person und Wirkungskreis nicht genau feststehen, deren Arbeiten aber denen des Erzgebirges nahe verwandt sind und deren Tätigkeitsfeld daher, wenn nicht in St. Joachimsthal selbst, so doch im Erzgebirge oder in dessen nächster Nähe zu suchen sein wird. Es sind dies die Meister Φ, AS, WS, DS und andere nicht signierende Künstler, die nach den charakteristischen Merkmalen der Arbeiten in Gruppen vereint angeführt werden. Die zeitliche Begrenzung ihrer Tätigkeit bilden die datierten Arbeiten, wobei es ein ungelöstes Rätsel bleibt, weshalb die Meister einzelne Stücke mit Jahreszahlen versahen, andere dagegen undatiert ließen.

Nächst Magdeburger muß als produktivster Meister Nickel Milicz gelten, und zwar nicht nur hinsichtlich der Zahl seiner Medaillen, sondern auch in der Vielseitigkeit seiner Entwürfe und deren mannigfaltigster Auffassung und Durchführung. Und wenn beiden Concz Welcz auch mit der Zahl seiner Arbeiten nicht gleichkommt, so verdient dieser Goldschmied doch die erste Stelle, was die künstlerische Begabung und seine Geschicklichkeit in der Nachahmung seiner Vorlagen betrifft. Der primitivste unter den erzgebirgischen Meistern ist der Meister Œ, obwohl gerade er für eine Familie, wie die Schlick, in besonderem Ausmaße tätig gewesen zu sein scheint. Er bleibt anonym und phantastische Erklärungen der Signatur wie "David Enderlein" sollten aus der Literatur verschwinden. Das Wirken des geschickten Graslitzer Eisenschneiders Hieronymus Dietrich ist gleichfalls noch nicht genügend erforscht.

Dagegen habe ich hier den Meister AL einbezogen, dessen Namen man bisher weder ermitteln, noch genau lokalisieren kann, wenn ich auch seine Tätigkeit nicht im Erzgebirge vermute. Nachweislich ist er in den Jahren 1555 und 1557 tätig gewesen und seine Medaille mit der Szene der Gesetzgebung Mosis auf dem Berge Sinai und der Verklärung Christi (Nr.529), die im Stile der Medaillen des Kremnitzer Meisters Christoph Füssl gehalten ist, kommt auch als Dicktaler vor, was in St. Joachimsthal wie im Übrigen Erzgebirge bei Medaillen dieser Zeit nicht mehr üblich ist. Ich habe bisher nur fünf Arbeiten dieses Meisters, den ich eher in einer österreichischen Münzstätte vermute, feststellen können.

Aus den bisher unter die erzgebirgischen Medailleure gereihten Personen sind Utz Gebhart und Wolfgang Roll zu streichen. Beide waren Münzmeister und nicht Stempelschneider und haben sich nie mit Stempelschnitt befaßt. Auch Michael Hohenauer hatte mit der erzgebirgischen Prägemedaille nichts Gemeinsames. Eine Tätigkeit Ludwig Neufahrers im Erzgebirge läßt sich weder archivarisch, noch sonst nachweisen und ich kann diesen österreichischen Medailleur mit seinen wenigen Prägemedaillen nicht unter die erzgebirgischen Stempelschneider einreihen.

Dagegen muß eine Medaillengruppe dem Leipziger Stempelschneider Melchior Peuerlein zugeschrieben werden, der bedeutenden Einfluß auf die Prägungen im Erzgebirge zur Zeit der Amtstätigkeit des Münzmeisters Utz Gebhart geübt und für denselben auch nach St. Joachimsthal Münzprägeeisen geliefert zu haben scheint.

Nachahmer

Der Leipziger Goldschmied Hans Reinhart d. Ä. wird in der Regel als der Künstler bezeichnet, der den Werdegang der erzgebirgisehen Medaille besonders beeinflußt hat. Nach seinen datierten Medaillen religiösen Inhalts fällt Reinharts Haupttätigkeit in die Jahre 1536-1544. Er kann daher nicht als Vater der biblischen Medaille des Erzgebirges angesprochen werden; vielmehr muß er, dessen Tätigkeit z. T. von der erzgebirgischen Medaille stark abhängt, eher als ihr Nachahmer gelten.

Auch der Meister der Kardinal Albrecht-Gruppe scheint sich in der Herstellung von Medaillen mit biblischen Darstellungen versucht zu haben, denn zwei derartige unsignierte Arbeiten (Tafel XXXV 2 u. 3) entsprechen durchaus der Auffassung und Höhe seiner Kunst. Sie sind zwar auch als Vorlagen im Erzgebirge benutzt worden (s. Anmerkung zu Nr.265), doch müssen wir auch diesen Versuch mit Medaillen biblischen Inhalts lediglich als einen Widerhall der erzgebirgischen Produktion bezeichnen.

Die eigentliche Prägung der biblischen Medaillen dauerte, soweit wir aus ihren Jahreszahlen schließen können, nur solange der Gewinn an Silber in den erzgebirgischen Münzstätten, in der Hauptsache zu St. Joachimsthal, in Blüte stand. Die Erzeugung beginnt vor dem Jahre 1530 und endet in den siebziger Jahren des 16. Jahrhunderts.

Die Nachkommen der einzelnen Stempelschneider haben, wie wir dies besonders bei der Familie Milicz feststellen können, noch lange Zeit den Vorteil, der durch die Möglichkeit des neuerlichen Abschlages der ererbten Prägeeisen auf sie übergegangen, durch weitere Ausprägung von Medaillen mit den alten Stempeln für sich ausgenutzt. Der Schwiegersohn des Nickel Milicz, Zacharias Kempf, hat sogar die Fabrikation von Medaillen durch deren Herstellung aus schwarzer Metallegierung (siehe Nr.267) anscheinend heben wollen, allein seine Erben haben, wohl durch den Mangel an Silber hierzu genötigt, es bald vorgezogen, die noch vorhandenen Prägestempel an Kaiser Rudolf II. zu verkaufen (siehe Medaillengruppe "Familie Milicz").

Abb.4: Taufmedaille vom Jahre 1589 für Maria Löffelholtz

Oft wurden vielgefragte Stücke auch Jahre später mit denselben Stempeln, zwar mit geänderter Jahreszahl, doch nur mit geringen Abänderungen erneut geprägt. Zu vielen beliebten Medaillen wurden wohl einzelne neue Eisen angefertigt, wenn die ursprünglichen durch die wiederholte Prägung abgenutzt oder zugrunde gegangen waren, und die gewünschte Medaille unter Verwendung des noch brauchbaren anderen Stempels weiter hergestellt werden sollte. Wir sehen dies besonders an den Medaillenreihen aus der Werkstätte des Hieronymus Magdeburger und Nickel Milicz, bei denen viele Stücke später neue Vorder- oder Rückseiten erhielten, die von den ursprünglichen abweichen und dadurch den Zusammenhang zwischen den einzelnen Phasen des Stiles dieser Meister erhellen.

Die Herstellung und der Vertrieb dieser biblischen Medaillen geht aber noch viel weiter. Nach den zahlreichen, allerorts im Umlauf befindlichen geprägten Stücken wurden sie von Goldschmieden auch außerhalb ihres ursprünglichen Entstehungsortes nachgegossen (selbst in Gold) und besonders zu Patenpfennigen mit eingravierten Namen, Widmungen, Geburtsdaten und Jahreszahlen (siehe Textabbildung Nr.4), Schützenkleinodien u. a. noch viel später verwandt.

Eine besondere Art dieser oft groben Nachgüsse, und zwar solche mit einem erhöhten Schutzrande, weist öfter zwei eingeschlagene Punzen auf: links zwei gekreuzte Hämmer mit den Buchstaben SB, rechts die Meistermarke DF (siehe Textabbildung Nr. 5 u. 6). Das erstere Zeichen dürfte wohl das Beschauzeichen der erzgebirgischen Bergstadt Schneeberg sein, die Buchstaben DF aber das Meisterzeichen des von 1580 bis 1613 dort tätigen Goldschmiedes David Freitag darstellen.

Beschauzeichen von Schneeberg
Meisterzeichen des Goldschmiedes David Freitag in Schneeberg
Abb.5: Schneeberger Abguß einer St. Joachimsthaler Medaille mit Beschauzeichen und Goldschmied-Monogramm

Wir finden eine Reihe von Nachgüssen, auf denen nach Hans Reinharts Art Baumzweige, Blätter u. dgl. der Darstellung aufgelötet sind; einige hievon sind auf Tafel XXXVI zusammengestellt. Ein mit dem Schneeberger Beschauzeichen und dem Meisterzeichen des David Freitag versehener Guß (siehe Textabbildung Nr.6) zeigt ebenfalls aufgelötete Blätter, wie es in der Werkstatt Hans Reinharts Mode war. Dies bezeugt, daß nicht alle diese Nachgüsse aus Reinharts Offizin stammen, sondern daß wir es hier mit Nachahmern des Leipziger Meisters zu tun haben, von denen der Goldschmied David Freitag in Schneeberg bisher als einziger namentlich festgestellt werden konnte.

Abb.6: Abguß einer St. Joachimsthaler Medaille mit dem Monogramm des Goldschmiedes David Freitag in Schneeberg

Auswirkungen

Obwohl verschiedenen Ortes Miscellanmedaillen im Stile der erzgebirgischen Pesttaler und religiösen Schaugroschen bis weit ins 17. Jahrhundert hinein, sei es in Münzstätten geprägt oder durch Medailleure und Goldschmiede gegossen wurden, müssen wir uns hier mit einem allgemeinen Hinweis darauf begnügen. Untersuchungen über diese Stücke, so wünschenswert sie auch wären, mangeln fast vollständig. In jedem Falle aber ist der Zusammenhang zu berücksichtigen, der zwischen unseren Reihen und den Ausläufern einer Entwicklung besteht, deren Ergebnis auf katholischer Seite in den Weihemünzen des italienischen und süddeutschen Barocks vorliegt.

Signaturen

Nur ein sehr kleiner Teil der Prägemedaillen trägt das Zeichen der Eisenschneider, und auch diese Signaturen lassen sich bisher nicht mit vollkommener Sicherheit deuten. Die Mehrzahl dieser Medaillen trägt keine Signatur, ja sogar ein großer Teil solcher, die nach Stil und Aussehen sonst signierenden Meistern zugehören, ist unsigniert.

Es hat den Anschein, daß Stempelschneider, denen man einen engeren ständigen Kontakt zu einer Münzstätte in Lieferungen von Eisen für die laufende Münzprägung nachweisen kann, sowohl ihre privaten Miscellanmedaillen, wie die vielleicht im offiziellen Auftrag gearbeiteten Porträt-Medaillen ohne Signaturen ließen, daß dagegen weniger bedeutende und nicht für die Münze arbeitende Goldschmiede ihre Monogramme auf ihren Erzeugnissen anbrachten. Diese Vermutung scheint sich an Hand der Arbeiten der Stempelschneiderfamilie Milicz zu bestätigen, da wir von ihren Mitgliedern, die sämtlich für die St. Joachimsthaler Münze Eisen geliefert haben, keine signierte Medaille vorfinden. Eine analoge Erscheinung bietet auch die Kremnitzer Münze, wo zu dieser Zeit die Obereisenschneider Christoph Füssl und Abraham Eysker ihre Medaillenarbeiten sämtlich unsigniert lassen, und unter den vielen Arbeiten des Lucas Richter nur die große Medaille mit dem Sündenfall und der Geburt Christi vom Jahre 1565 (Lanna 1438) eine Ausnahme bildet. Bei Hieronymus Magdeburger finden wir die Signatur H mit Punkt darüber erst von 1532/1533 an, der Zeit, als er die offizielle Stellung eines Eisenschneiders in Annaberg niedergelegt hatte.

Eine Zuweisung an die einzelnen Werkstätten erschweren auch die rechtlichen Verhältnisse der Zeit, die noch keinen Schutz des geistigen Eigentums kannten, weshalb die einzelnen Stempelschneider nicht nur graphische Vorlagen, sondern auch Medaillen anderer Werkstätten, namentlich solcher, die nicht mehr in Tätigkeit, deren Erzeugnisse aber beliebt waren, ohne Scheu bis ins kleinste Detail nachahmten.

Ich möchte hier nur auf einige Fälle hinweisen, in denen die Werkstätte von Milicz die Offizin des Goldschmiedes Concz Welcz nachgeahmt hat, so bei der großen Medaille der Erschaffung Evas und des Letzten Gerichtes (siehe Nr.233 v. J. 1545 und Nr.404 v. J. 1569), wie bei den Medaillen mit der Geburt und der Anbetung des Christkindes (Nr.231 v. J. 1545 und Nr.381 v. J. 1557, Nr.384 v. J. 1559 und Nr.400 v. J. 1567) und vielen anderen.

Angesichts der langen Reihe von Jahren, in denen die erzgebirgische Medaille fortdauernd hergestellt wurde, versteht es sich von selbst, daß ihr Äußeres und besonders die Schrift der Mode der Zeit unterlag. In den Motiven und Bildern selbst hielten sich die Meister sehr lange an ihre alten Vorlagen. Die anscheinend gleichen Darstellungen, die z. B. Fiala dazu verleiteten, alle Medaillen, auf denen sich Personen an einer Säule anhalten, deshalb in eine Werkstatt zu pressen sind in dem Falle nicht einmal die Erfindung jener Werkstatt, die sie vielleicht nur zuerst verwandte, sondern sie sind Nachahmungen einer viel älteren graphischen Vorlage. Bei einer Beurteilung und Gruppierung der Arbeiten lediglich nach diesen Momenten konnte man zu keinem positiven Ergebnis gelangen; ließen sich doch nicht einmal die datierten Arbeiten z. B. in die Lebenszeit eines bestimmten Künstlers einzwängen.

Kein geringerer Fehler bei der Zuteilung dieser Medaillen an bestimmte Meister war es, daß man bisher Porträt- und biblische Medaillen der einzelnen Werkstätten nicht zusammen behandelte; denn nur die gleichzeitige Beurteilung dieser beiden, aus derselben Werkstätte hervorgegangenen Medaillengattungen, kann zu sicheren Ergebnissen führen, zumal sich beide Gruppen nicht nur in der Arbeitsart, sondern auch in ihrer Datierung gegenseitig ergänzen.

Herstellung der Eisen

Wollen wir die Zugehörigkeit einzelner geprägter Medaillen an bestimmte Werkstätten untersuchen, so müssen wir uns zuerst vergegenwärtigen, wie die Künstler, bzw. Eisenschneider bei ihrer Arbeit vorgingen.

Selten wurden die Prägeeisen in der Weise hergestellt, daß das negative Bild unmittelbar in das Metall graviert und diese Matrize (Tiefschnitt) nach der Härtung zum Prägen verwendet wurde. In der Regel wurde nach einer graphischen Vorlage, Plakette oder schon nach einem Modell eine Patrize (Positiv) geschnitten, die nach ihrer Härtung durch das Senkungsverfahren auf einen formfertigen, ungehärteten Blindstock übertragen wurde. Dieser Abdruck, durch Einschlagen von Punzen der Buchstaben und Ziffern für die Schrift, die Jahreszahlen u. dgl. versehen und entsprechend nachgraviert, wurde dann gehärtet und bildete so den fertigen Prägestempel. Punzen zur Herstellung der Medaillenstempel sind zwar nicht auf uns gekommen, doch bilden die Wiederholungen von Medaillen mit gleichen, nur wenig geänderten Darstellungen genügenden Nachweis dafür, daß einzelne Figuren und Teile der Szene auch mit Punzen in den Blindstock eingeschlagen wurden. Man kann nicht annehmen, ein Stempelschneider hätte nach Jahren (siehe z. B. Nr.379 und Nr.400a) einen Stempel mit gleicher Darstellung und gleichen Maßen wiederholt, wenn nicht zumindest einzelne Punzen noch in seinem Vorrat vorhanden gewesen wären.

Natürlich konnten bei der umfangreichen Erzeugung von Medaillen in manchen Werkstätten die Meister nicht alle Matrizen selbst schneiden oder gravieren. Besonders die Teile, die sich ständig wiederholten, mussten sehr wohl von Gehilfen mittels dazu bereitgehaltener Punzen, deren jede Werkstatt genügend vorrätig hatte, auf die Prägestöcke übertragen werden. Solche mit Punzen hergestellte Medaillenteile waren hauptsächlich die Umschrift und die Ziffern, ferner die Zeichen, durch welche die Worte der Umschrift voneinander getrennt wurden sowie verschiedene Verzierungen im Felde, die vielen Medaillen gemeinsam, sich oft wiederholten, z. B. die Bildung des Abschnittes, die Kartuschen und die Blätterumrahmung, sowie manche Flächendekorationen.

Gruppierung der Medaillen

Wollen wir die Einordnung bestimmter Gruppen von Medaillen Gruppe nach Werkstätten vornehmen, so müssen wir vor allem diese Zeichen der einzelnen Werkstätten festzustellen suchen. Keine Werkstatt hat die Verwendung solcher Punzen plötzlich unterbrochen, sondern immer erst allmählich, je nachdem sie abgebraucht waren, neue Punzen im Betrieb eingeführt. Wir können also bei sorgfältigem Studium dieser Punzen auch die zeitliche Abfolge der undatierten Medaillen in ein und derselben Werkstatt durch die Feststellung bestimmen, daß man mit der Verwendung einer Punze erst zu einer Zeit aufhörte, als man schon eine neue im Gebrauch hatte.

Dieses System der Zugehörigkeit bestimmter Arbeiten einer Werkstatt ist besonders dort wichtig, wo der Künstler durch eine längere Zeit arbeitet, so daß in der Figurendarstellung verschiedene Phasen seiner Tätigkeit festgestellt werden können, die auf seinen künstlerischen Aufstieg oder auf einen Niedergang der Kunst des Meisters hinweisen, wie man dies z. B. an der Familie der Milicz beobachten kann, deren Werkstätte wir fast 65 Jahre durch drei Generationen hindurch verfolgen werden.

An einem Beispiel mag dargestellt werden, wie man an Hand datierter Porträtmedaillen und Jetons undatierte biblische Medaillen zeitlich bestimmen kann. Auf der Tafel Nr.LIX ist eine Reihe undatierter kleiner Medaillen abgebildet, die alle schon nach ihrem Aussehen einer Gruppe zugehören, und die man nach der Aufschrift, dem Abschnitt, der Blätterumrahmung u. a. äußeren Merkmalen ein und demselben Meister zuschreiben kann. Eine Besonderheit dieser Arbeiten ist es, daß in ihren Umschriften oft ein umgekehrtes N (И) vorkommt. Suchen wir nun dieses И auf den datierten Porträtmedaillen, so finden wir es auf den Medaillen Ferdinands und Maximilians aus den Jahren 1562 (Nr.322) und 1565 (Nr.323), die den gleichen Blätterrand, die gleiche Schrift, das gleiche umgekehrte И aufweisen. Da diese untergeordneten Bestandteile, wie erwähnt, an den Medaillen mit Werkstätte-Punzen hergestellt wurden, können wir auf diese Weise feststellen, daß die obengenannte Gruppe von undatierten Miscellanmedaillen, die Fiala in der Sammlung Donebauer als "einer früheren Zeit angehörig" bezeichnet (siehe S.492 Anm. zu Meister I, dessen Medaillen Fiala in die Jahre 1525/35 setzt), mit den erwähnten Porträtmedaillen eine Werkstättegruppe bildet, die aus den sechziger Jahren des 16. Jahrhunderts stammt. Nicht minder wichtig ist hierzu das Studium der aus derselben Gegend stammenden Rechenpfennige. In unserem Falle sind die Rechenpfennige des Florian Griespeck mit dem verkehrten N (И) (siehe Textabbildung Nr.7) oder solche des Georg Geitzkofler (siehe Textabbildung Nr.8), die in derselben Werkstätte ihren Ursprung nahmen, nur ein weiterer Beweis dafür, daß die in Rede stehende Medaillengruppe um das Jahr 1564 entstanden ist.

Abb.7: Nickel Milicz: Rechenpfennig des Florian Griespeck vom Jahre 1564 (Silber)

Abb.8: Nickel Milicz: Rechenpfennig des Münzmeisters Georg Geitzkofler vom Jahre 1564

Werkstätten und Schulen

Die Menge der Medaillen, die z. B. die Werkstatt Milicz herausbrachte, führte dazu, daß der Meister, der die ganze Arbeit kaum selbst bewältigen konnte, nicht nur die sich wiederholenden Punzen-Arbeiten seinen Gesellen anvertraute, sondern auch einzelne ganze Medaillenherstellungen seinen älteren, bzw. geschulteren Hilfskräften überließ und so geradezu eine Schule von Gesellen bildete, die in seiner Art arbeiteten. Je nach der Geschicklichkeit der einzelnen Gesellen fiel dann eine Medaille wohl besser oder schlechter aus. Wir können daher nicht die Arbeit einer Werkstatt ablehnen, weil vielleicht einmal ein Bild in der Qualität nicht den Meisterwerken derselben Werkstatt oder Schule entspricht. Bei der Zuteilung von Medaillen an einzelne Künstler verstehen wir darunter nicht nur die Arbeiten des Künstlers selbst, sondern auch diejenigen seiner Werkstätte, welche die gleichen Hilfsmittel bei der Herstellung der Prägestöcke benutzt hat. Sicher wirkt die große Fruchtbarkeit manches Künstlers oft überraschend, aber wenn wir bedenken, daß ein solcher Künstler zahlreiche Gesellen beschäftigte, und daß der Markt immer wieder und immer neue Ware verlangte, so nimmt es nicht wunder, wenn wir selbst in dieser frühen Zeit einer Werkstatt, bzw. Schule mehr als 150 Werke zuschreiben können.

Erzeugungsort

Alle erzgebirgischen Medaillen wurden ursprünglich geprägt und ganz offenbar erfolgte die Prägung in der lokalen Münzstätte, denn wir haben keinerlei Nachrichten darüber, daß die Eisenschneider etwa eigene Prägestätten gehabt hätten. Daher müssen wir die Künstler an den Orten suchen, an denen sich eine Münzstätte befunden hat. Im Erzgebirge kommen hiefür die Städte St. Joachimsthal, Schneeberg, Annaberg, Buchholz und Freiberg in Betracht. Man nahm bisher an, daß alle biblischen Medaillen aus St. Joachimsthal stammten, weshalb diese in der numismatischen Literatur gewöhnlich unter dem Orte St. Joachimsthal angeführt, ja sogar St. Joachimsthaler Medaillen genannt wurden. Daß dem nicht so ist, beweist die Zuteilung solcher Medaillen an außerhalb St. Joachimsthals wohnende Meister, die sogar die Stempel zu St. ]oachimsthaler Münzen geschnitten haben, ebenso wie später (um 1568) die St. Joachimsthaler Werkstätte von Milicz Eisen für die Prager Münze geliefert hat. Die Eisenschneider, soweit sie uns nicht zugleich als Goldschmiede bekannt geworden sind, hatten zu ihrer Zeit meist eine ziemlich untergeordnete Stellung; die meisten sind uns deshalb sogar dem Namen nach unbekannt. Die Tätigkeit eines Concz Welcz, Hieronymus Magdeburger oder Nickel Milicz ist uns zunächst eigentlich aus ihren Goldschmiedearbeiten bekannt geworden. Es wird vielleicht noch lange dauern, ehe wir die Anonymität der anderen Meister vollkommen sicher zu beseitigen imstande sein werden; nur glückliche Funde in den Archiven werden hier helfen können.

Vorbilder für Porträtmedaillen

Die erzgebirgischen Stempelschneider müssen wir wohl als Künstler in ihrem Fach ansehen, doch sind die Darstellungen ihrer Medaillen selbst meist nicht ihr geistiges Produkt. Ihre Porträts sind auch auf Gußmedaillen-Vorlagen zurückzuführen, von denen einige einwandfrei feststehen.

Abb.9a: Quentin Matsys: Erasmus von Rotterdam (Vs)

Abb.9b: Quentin Matsys: Erasmus von Rotterdam (Rs)

Daß unsere Medaille auf Erasmus von Rotterdam (Nr.45) auf die so verbreitete Medaille des niederländischen Meisters Quentin Matsys von 1519 (Habich, Die deutschen Schaumünzen, I,2, S.XLVIII, Fig.47ab; siehe Textabbildungen Nr. 9a und 9b) zurückgeht, ist kaum zu bestreiten. Nur beispielsweise sei weiter angeführt, daß das Porträt des Heinrich Schlick (Nr.282) auf ein etwa 1520 entstandenes Porträt von Hans Schwarz (Habich 180) zurückzuführen ist, daß die Bildnisse Karls V. und Philipps auf der Medaille Nr.320 mit denen auf der Augsburger Medaille Habich 106 (in der Art des Daucher und "Forster") nahe verwandt sind. Auch die Ludwig- und Maria-Medaille (Nr.49) geht auf Hans Daucher (Habich 66) zurück, der nach Habich (I,1, S.19) ebenfalls die Vorlagen für die Schlick-Medaillen Nr.177, sowie Nr.279 und Nr.284 geliefert hat. Das Brustbild Karls V. (Nr.46) ist jenem von Hans Schwarz (Habich 268) sehr ähnlich. Wir sehen Hagenauers Porträt des Herzogs Georg (Habich 563) auf mehreren erzgebirgischen Prägemedaillen (Nr. 43, 43a, 43b, 64, 173) kopiert. Das Porträt Karls V. (Nr. 47) ist jenem von Mathes Gebel von 1530 (Habich 1010) und von Ludwig Neufahrer (Habich 1308) fast gleich und geht scheinbar auf eine gemeinsame graphische Vorlage zurück. Auf Mathes Gebel (Habich 1077 bzw. 1080) sind auch die Bilder Johann Friedrichs von Sachsen (Nr. 314 und 339) zurückzuführen. Ebenso geht das Porträt des Gendorf (Nr. 316 und 317) auf eine Gebelsche Medaille zurück.

Die Porträtmedaillen des Nickel Milicz sind hauptsächlich von Joachim Deschler beeinflußt worden. Vielleicht ist sogar das Pariser Exemplar der Porträtmedaille Deschlers auf Ferdinand ohne Schrift (siehe Anm. bei Nr.318) Modell für die Arbeiten des Milicz gewesen. Jedenfalls hat Milicz Deschlers Medaille auf Ferdinand und Maximilian vom Jahre 1548 (Habich 1577, siehe Textabbildung Nr.49) gekannt, die weiter auch Hieronymus Dietrich im Jahre 1549 als Vorlage gedient hat (Nr.536). Auch Antonio Abondio und V. Maler sind nicht ohne Einfluß auf die St. Joachimsthaler Arbeiten geblieben (siehe Nr.516). Vorbilder Für die Darstellung biblischer Szenen haben schon die frühesten

Vorbilder für biblische Darstellungen, Graphik

Für die Darstellung biblischer Szene haben schon die frühesten anonymen Graphiker zahlreiche Vorlagen vermittelt, die sozusagen Allgemeingut waren und in immer ähnlicher Form weiter nachgeahmt wurden. Wenn wir heute auch mit großer Wahrscheinlichkeit behaupten können, daß das eine oder das andere Bild unserer Medaillen auf bestimmte Holzschnitte und Kupferstiche der großen Meister, so Albrecht Dürers, Hans Holbein des Jüngeren u. a. und der Kleinmeister, besonders Hans Sebald Behams (siehe Textabbildung Nr. 10) zurückzuführen ist, so wird es doch schwer falten, für die Mehrzahl der Szenen solche Vorbilder zu finden, zumal die Darstellungen der

Abb.10: Hans Sebald Behan: Titelblatt zur deutschen Bibel, Frankfurt a.M. 1533

genannten Meister infolge ihrer ungeheueren Verbreitung in den verschiedensten Modifikationen vervielfältigt wurden. Wichtig aber scheint die Beobachtung zu sein, daß unsere erzgebirgischen Meister ganze Reihen von Stichvorlagen bestimmter Meister für ihre Zwecke übernommen, und wir dürfen ruhig sagen, ausgebeutet haben, indem sie oft jeder Einzelheit der Darstellung und selbst dem ihnen ungewohnten Idiom der Aufschriften folgten. Vor allem trifft dies auf die reihenmäßig erschienenen biblischen Stiche eines Georg Pencz und Augustin Hirschvogel zu.

Dagegen war es bisher nicht möglich, in dem umfangreichen für diese Zwecke durchgesehenen Material die Vorlagen für die eigenartigen Entwürfe zu den religiösen Medaillen des Hieronymus Magdeburger und Concz Welcz in zureichendem Maße festzustellen. Auch die übersichtlich herausgegebenen Illustrationen der deutschen Bibeln des 16, Jahrhunderts bringen hierfür keine unmittelbaren Nachweise.

Plakette

Hierbei darf auch der bedeutende Einfluß sowohl der italienischen als auch der deutschen Plakette, besonders jener Peter Flötners, auf unsere Medaillen nicht· unberÜcksichtigt bleiben,26) Man muß auch in Betracht ziehen, daß der Stempelschneider sein Vorbild schon deshalb nicht genau kopieren konnte, weil ihm einfach sein Material eine vollkommene Nachahmung technisch gar nicht erlaubte und oft auch Raummangel, sowie vor allem das Rund der Medaille zu einer Um.stellung oder Umänderung der Details des Bildes zwang, Wir werden uns hier nur mit wenigen Beispielen von Vorbildern und Hinweisen auf ihre graphischen Vorlagen bzw. Plaketten begnügen, und es bleibe Kunsthistorikern vorbehalten, in dieser Beziehung weitere wichtige Forschungen anzustellen und den Zusammenhang der Vorbilder mit den Darstellungen auf unseren Medaillen ins richtige Licht zu setzen.

Literatur

Zuerst hat Eduard Fiala in seiner Beschreibun der etwa 140 biblischen Medaillen der Slg. Max Donebauer eine Gruppierung dieser nach Meistern versucht. Seine Einteilung, die den heutigen Anforderungen nicht mehr genugt, war jahrelang Grundlage für die Anordnung dieser Medaillen in den verschiedenen Sammlungen und Katalogen. Um eine selbständlgere Einteilung bemühten sich der Verfasser des Kataloges Löbbecke (München 1908), Professor Regling bei der Zusammenstellung des Katataloges Lanna (Berlin 1911) und dann Dr. Gaettens anlaßltch der Bearbeltung dieser Medaillen in den Auktionsverzeichnissen der Fa. A. Riechmann & Co., der auch als erster mehrere graphische Vorlagen im Auktionskatalog XVIII abgebildet hat. Auch der Medaillenkatalog der Firma Merzbacher (München 1900), der sehr viele dieser Arbeiten enthält, birgb neue Rlchtlinien, Aber diese Autoren haben meist darin gefehlt, daß sie die Gruppen immer und weiter spalteten, so daß sich schließlich Meister, dle nur ein einziges Jahr gearbeitet hatten, ergaben. Man muß bedenken, daß die Tätigkeit eines Medailleurs, je nach dem Lebensalter, das er erreichte, 20, 30 und mehr Jahre umfasst, daß der Künstler sich mit der Zeit vervollkommnen, im Alter wohl auch verschlechtern kann, daß aber seine gesamte Tätigkeit von einer gewissen Manier geleitet wird, die seine einzelnen Arbeiten zu einem Ganzen verbindet. Bei kritischer Beurteilung aller erreichbaren Arbeiten ist es möglich, zu gewissen Ergebnissen zu gelangen, die aber so lange nicht als definitiv gelten können, als die ergebirgischen Archive nicht vollkommen geordnet und veröffentlicht sind.

In dieser Beziehung sind erst die Arbeiten des Direktors Dr. E. W. Braun in Opava (Troppau) über Concz Welcz bahnbrechend zu nennen, dessen Verdienst es ist, diesen St. Joachimsthaler Goldschmied und Medailleur sichergestellt und ihm den unter diesen Medailleuren gebührenden Platz angewiesen zu haben.

Meine bisherigen aus den stilkritischen Prüfungen und den sie bestätigenden archivalischen Nachrichten hervorgegangenen Abhandlungen über die erzgebirgischen Medailleure werden bei den einzelnen Meistern zitiert.

Umfang der Arbeit

Es war mein Bestreben, im nachstehenden so viele dieser Medailleurarbeiten als möglich zusammenzubringen, sowohl an Porträtmedaillen, als auch an solchen mit biblischen Darstellungen, ohne natürlich Anspruch auf Vollständigkeit erheben zu können. Wenn ich eine Neuordnung nach den oben angeführten Gesichtspunkten versuchte, wollte ich damit keine definitive Einteilung dieser Medaillen schaffen, sondern nur den Boden bereiten für künftige, vielleicht berufenere Forscher auf diesem Gebiet.

Aus der Arbeit hier sind die Porträt- und Miscellanmedaillen Kremnitzer Ursprungs herausgenommen worden, die ich schon in meiner Abhandlung "Kremnicti rezaci zelez a medaileri Krystof Füssl, Lukas Richter a Abraham Eysker" zusammengestellt habe. Neue Kremnitzer Arbeiten, die ich bei meinen Studien zu dieser Arbeit feststellte, werden in einem Nachtrage dazu folgen.

Spätere Nachgüsse von biblischen Medaillen, besonders solche mit eingravierten oder überarbeiteten Jahreszahlen, die auch in Gold vorkommen, habe ich hier nicht einbezogen, sondern meine Arbeit nur auf die ursprünglichen Medaillen beschränkt und auf solche, die der Meister selbst später wiederholte.

Abbildungen

Ich habe mich bemüht, die Abbildungen innerhalb der einzelnen Gruppen, soweit tunlich, chronologisch anzuordnen. Da es aber oft vorkommt, daß ein Meister in späteren Jahren ein schadhaftes Eisen neu fertigte und mit dem noch brauchbaren Eisen zu einer neuen (Zwitter-) Medaille vereinigte, mußte ich, um nicht die beiden gemeinsamen Seiten zu wiederholen, die spätere Medaille bereits mit der ursprünglichen vorwegnehmen. Auch die ungleiche Größe der Medaillen hat oft dazu genötigt, durch Vereinigung von Medaillen, wenn möglich gleichen Durchmessers, die chronologische Ordnung zu unterbrechen, abgesehen davon, daß es nicht immer leicht fällt, undatierte Arbeiten zeitlich ganz genau einzuordnen. Die mir nach Abschluß des Tafeldruckes zugekommenen Medaillentypen habe ich im Text abgebildet und mit dem Suffix a, b usw. der Hauptnummer angereiht.

Bei den Abbildungen der Medaillen mußte ich mich oft mit weniger gut erhaltenen Exemplaren begnügen, als solche vielleicht aus mancher Sammlung zu erhalten gewesen wären, und zwar deshalb, weil die Beschaffung von Abgüssen aus Privatsarnmlungen mitunter recht schwer und das mehrmalige Photographieren ein und desselben Stückes mit nicht unerheblichen Kosten verknüpft ist. Die Mehrzahl der Medaillen mußte ich nach Photographien vom Original selbst wiedergeben, die manchmal vielleicht nicht so klar sind wie Photographien nach Gipsabgüssen, doch konnte ich nur dadurch diese Arbeit schneller zum Abschluß bringen.

Sicher werden im Laufe der Zeit auch hier noch nicht verzeichnete Medaillen auftauchen, die in mancher mir unbekannten Sammlung verborgen blieben, doch wird es dann wesentlich leichter fallen, diese der vorliegenden Zusammenstellung einzuverleiben. Einige Medaillen, die ich zwar in der numismatischen Literatur verzeichnet fand und die nach ihrer Beschreibung unzweifelhaft ins Erzgebirge gehören, von denen ich aber kein Stück, Gipsabguss oder Abbildung auftreiben konnte, habe ich unter Hinweis auf die Literatur angeführt.

Grundsätze des beschriebenen Teils

Bei der Beschreibung der einzelnen Medaillen habe ich immer zuerst das Bild, dann erst die Um- bzw. Aufschrift angegeben. Gerade bei biblischen Medaillen halte ich dies für übersichtlicher, weil jeder Beschauer solcher Stücke zunächst das Bild betrachtet und erst dann die Umschrift zu lesen pflegt. Bei den Medaillen führe ich nur den Durchmesser und - die Pesttaler ausgenommen - nicht das Gewicht an, da mir dieses bei seinen starken Schwankungen hier überflüssig erscheint.

Bei der Zusammenstellung der Arbeiten der einzelnen Meister habe ich Wert darauf gelegt, auch die verschiedensten Verkoppelungen festzuhalten, selbst wenn wir wissen, daß viele Stücke dieser Art, soweit sie nicht geprägt vorkommen, aus späterer Zeit, in der diese Medaillen nachgegossen wurden, stammen. Solche Medaillen aber, bei denen unsere biblischen Darstellungen nur als Ersatz für eine vom Künstler nicht geschaffene Rückseite zu einer Medaille späteren Datums vorkommen, habe ich hier nicht einbezogen. Wir finden solche Verkoppelungen nicht nur bei Personen-Medaillen, sondern auch bei solchen mit biblischen Darstellungen späteren Datums. Obwohl alle hier angeführten Medaillen ursprünglich geprägt waren, mußte ich mich doch manchmal mit gleichzeitigen, aber auch mit späteren Abgüssen begnügen, wenn ich ein Original nicht erreichen konnte. Bei diesen Gußstücken nach geprägten Medaillen mußte ich dabei auch einen offensichtlich kleineren Durchmesser in Kauf nehmen.

Bei der Zitierung, wo eine Medaille beschrieben oder veröffentlicht ist, habe ich mich nur an die bekannten Werke und die hauptsächlichsten Kataloge gehalten, aber keinen Wert darauf gelegt, alle Kataloge anzuführen, in denen diese oder jene Medaille verzeichnet steht. Auch bei der Angabe des derzeitigen Standortes von Medaillen habe ich nicht alle Kabinette und Sammlungen angeführt, in denen ich diese Medaille antraf, sondern ich nahm die Sammlung des Nationalmuseums in Praha als Grundlage und ergänzte sie aus den reichen Beständen der Bundessammlung in Wien, des Landesmuseums in Opava (Troppau) und anderer Kabinette; von Privatsammlungen habe ich vor allem die Sammlung des Herrn Karl Niklovits in Budapest reichlich benutzt. Nur bei den in diesen Sammlungen fehlenden Stücken gab ich deren Standort besonders an.

Ich bin mir der vielen Mängel meiner Arbeit wohl bewußt, aber ich ging davon aus, mit dieser Zusammenstellung möglichst bald dem Numismatiker ein Nachschlagebuch, dem Kunst- und Kulturhistoriker eine Grundlage zu weiterer Arbeit auf diesem bisher noch so vernachlässigten Gebiet in die Hand zu geben. Nur aus diesem Gedankengange heraus habe ich auch besonderen Wert auf ein sonst vielleicht zu anspruchsvolles Register gelegt.






Monogrammist Hieronymus Magdeburger und seine Schule  S.51 ff

Adolf Erman hat als erster das Monogramm auf den Stempelschneider in Freiberg und Annaberg Hieronymus Magdeburger bezogen. "Dieser Künstler hat mancherlei hübsche Medaillen zum Verkauf verfertigt. Ich kenne aus Autopsie eine mit der Geschichte der Hagar, eine andere mit der Taufe Christi und ]ohannes in der Wüste, eine dritte mit Paulus und Saulus sowie ein Porträt Georgs des Bärtigen von Sachsen vom Jahre 1530. Wichtig ist unter seinen Arbeiten eine Medaille auf Hus (B.P.M. 158), deren eine Seite mit seinem Monogramm, die andere aber mit LN:F bezeichnet ist. Dadurch wird ein dritter sehr tätiger Medailleur dieser Zeit lokalisiert, der Künstler Ludwig Neifahrer."

Die letztere Zwittermedaille ist für Hieronymus Magdeburger, dem schon die Brüder Erbstein einige geprägte Schaustücke aus den Jahren 1526-1533 zuteilten, verhängnisvoll gewesen. Eduard Fiala glaubte daraufhin den Monogrammisten unter den Eisenschneidern, die mit Ludwig Neufahrer in irgend einer Beziehung standen, suchen zu müssen und die Erklärung für das Monogramm in den Anfangsbuchstaben des Namens von Michael Hohenauer gefunden zu haben, der Stempelschneider in Wien und später Münzmeister in Praha war. Ich habe bereits in meinem Aufsatz "Michael Hohenauer oder Hieronymus Magdeburger?" darauf hingewiesen, daß diese Annahme irrig ist, habe vielmehr die Beziehungen des Monogramms zu dem Vornamen Magdeburgers "Hieronymus" glaubhaft gemacht, indem ein Mann mit dem "heiligen Namen" (...) in dem verwandten IS sehr wohl sein Zeichen suchen konnte.

Archivalische Nachrichten über Hieronyrnus Magdeburger hat zuerst Heinrich Bolzenthal kurz zusammengetragen und Georg Habich hat sie in seiner Abhandlung "Peter Flötner oder Hieronymus Magdeburger?" ergänzt. Darnach stammt Magdeburger aus einer alteingesessenen ratsfähigen Familie der Bergstadt Freiberg, welche der dortige Chronist Andreas Möller unter den vornehmen Geschlechtern nennt, die in der Domkirche begraben liegen. Nach Möller wäre ein Paul Magdeburger, der in der Zeit von 1400 bis 1416 dreimal Bürgermeister war, Vater unseres Magdeburger gewesen. Ursprünglich war Hieronymus in Freiberg fabrorum monetae magister und Stempelschneider bei der Münze und ist dann in gleicher Eigenschaft sowie als Goldschmied in Annaberg von 1507 bis 1533 nachweisbar. Schon im Jahre 1507 wird er als Verfertiger des kleinen Siegels der Gemeinde Buchholz genannt. Er wird 1516 als Ratsherr, 1521 als Stadtrichter erwähnt, 1526 unter den Revisoren des Kirchenschatzes der St. Anna-Kirche. Hierbei erfahren wir, daß er Goldschmied war und sich mit Arbeiten der Kleinplastik befaßte. Er saß 17 Jahre lang im Rat, war dreimal Richter und fungierte als stadtlicher (städtischer) Goldschmied, "der viel silber-Heyligthumb alhier gemacht und sein hausz in der großen Kirchgaszen erbawet hat." 1509 verfertigte er ein wertvolles silbernes Brustbild der hl. Anna, das bei Ausbruch eines Feuers in seinem Hause in Gefahr geriet. Auf einer Bleitafel, die 1533 in den Turmknopf der St. Anna-Kirche gelegt wurde, heißt er Hieronymus Magdeburgk judex.

In dem gleichen Jahre 1533 legte er alle seine Ämter nieder und verließ nach den Annaberger Annalen des Petrus Albinus die Stadt.

Habich nimmt nun ann, daß Magdeburger nach seinem Weggang von Annaberg zwar eine Zeitlang in Augsburg geweilt, aber bereits etwa 1535 wieder nach Sachsen zurückgekehrt sei und meint, daß er sich dann nicht in Freiberg, sondern in Meißen niedergelassen habe. Er beruft sich hierbei auf das Zeugnis Agricolas, der sich in seinem ersten Buche vom Werte der Metalle und von den Münzen hierzu wie folgt äußert: "Neulich hat zu Meißen der Freybergische Bürger, Hieronymus Magdeburger, auf Fürstliche Vergünstigung nicht wenige Medaillen von feinem Silber gemacht, mit den Contrafaiten unserer Fürsten, und berühmter Leute, sowohl der Alten, alß die nechst vor uns gelebet haben, und noch leben." Tentzel fährt nach diesem wörtlichen Abdruck fort: "Diese Worte Agricolae hat auch Andreas Mollerus in seinem Freybergischen Theatro Chronico pag. 490 wiederholet und dabey gemeldet, daß gedachter Hieronymus eine Zeitlang Schmiede-Meister in der Freybergischen Münze gewesen, und hernach nach Annaberg in die Müntze von Hertzog Georgen von Sachsen gesetzt worden."

Habich denkt hierbei an die Stadt Meißen, während Sponsel unter Tentzels Meißen die Landschaft versteht und Magdeburger nach Freiberg zurückgehen läßt, indem diese Münzstätte in der Sachsen-Albertinischen Markgrafschaft Meißen lag.

Der Umstand, daß ein Bildnis des Meisters CW, unter dem wir wohl niemand anders als den St. Joachimsthaler Goldschmied Concz Welcz vor uns haben, sich auf einer Medaille Philipps des Großmütigen vom Jahre 1535 (Nr.79) zugleich mit einer Rückseite von Hieronymus Magdeburger findet, und daß es ferner eine geprägte biblische Medaille gibt, deren eine Seite Meister , die andere der erzgebirgischeMeister CE im Jahre 1538 (Nr.108) gemacht hat, läßt darauf schließen, daß Hieronymus Magdeburger sich nicht in der Stadt Meißen aufgehalten, sondern unweit von dem Sitze dieser Stempelschneider gearbeitet hat, so daß wir ihn zu den erzgebirgischen Eisenschneidern zählen können, ja sogar die Reihe dieser Künstler mit ihm beginnen müssen, denn es ist wahrscheinlich, daß bereits die Medaille von Friedrich dem Weisen und Johann vom Jahre 1525 (Nr.31) und noch viele andere ältere Arbeiten von seiner Hand herrühren. 11)

11) soll lauten:
Die geprägte Medaille auf den Kurfürsten Friedrich den Weisen vom J. 1522 und auch andere Prägemedaillen des Hauses Wettin aus dieser Zeit sind erwiesenermaßen Arbeiten des Nürnberger Goldschmiedes u. Eisenschneiders Hans Krafft (1513-1527). Siehe Dr. R. Ehrenberg, Nachricht über Nürnberger Münz- und Medaillenprägungen im Auftrage Friedrichs des Weisen von Sachsen, Mitt. d. b. N. G., München 1889, S.97 ff., sowie Habich I,2, S. LVI ff.

Wenn wir den Meister als Hieronymus Magdeburger ansprechen und seine signierten und unsignierten Arbeiten zusammenstellen, finden wir eine geschlossene Reihe von etwa 80 Stück geprägter Medaillen, deren letzte 1539 datiert sind. Aus Habichs Replik "Der heimliche Flötner" erfahren wir, daß Hieronymus Magdeburger im September 1540 starb, was aus einem Briefe seines Sohnes Hiob hervorgeht. Auch dieser Umstand stützt weiterhin die Annahme, daß Meister mit Hieronymus Magdeburger identisch ist, so daß sie jetzt wohl kaum noch angezweifelt werden kann.

Die Arbeiten des Meisters bilden eine einheitliche Reihe, deren Charakter sich für die letzten Jahre nur wenig durch ein kräftigeres Relief und durch Verkleinerung der Schrift verändert. Sie lassen kaum den Gedanken aufkommen, daß dieser Meister auch die schönsten, künstlerisch vollkommensten Werke der Gußmedaille der deutschen Renaissance gefertigt habe, die Medaillen auf Georg den Bärtigen, sowie alle die Arbeiten, welche die Literatur zu der Gruppe "Meister des Kardinals Albrecht" und "Meister des Pistorius" zählt. Ich will mich nicht auf die Frage einlassen, wer der Meister dieser Medaillengruppen ist, glaube aber unter Hinweis auf die Zusammenstellung der geprägten Arbeiten Hieronymus Magdeburgers sagen zu können, daß man den Meister jener Gußmedaillen doch anderswo wird suchen müssen.

Wenn wir uns die Reihe der Arbeiten Magdeburgers vor Augen halten und vergegenwärtigen, daß hier an 40 Bildnisse auf Fürsten, wie auf berühmte Männer, sowohl früherer Jahre, wie auch solcher von Magdeburgers Zeitgenossen vor uns liegen, so haben wir in den obigen Worten des Georg Agricola nur eine weitere Stütze unserer Annahme. Dann wäre es gar nicht nötig darüber nachzudenken, ob mit dem Ausdruck "cudebat" eine wirkliche Prägung gemeint ist oder nicht, wenn ich selbst auch Habichs Standpunkt teile, daß man im 16. Jahrhundert den feinen Unterschied zwischen geprägten und gegossenen Medaillen wohl kaum gemacht hat. Es hat sich für Agricola sicher nicht darum gehandelt, die Art der Erzeugung der Medaillen zu unterstreichen, sondern er sieht in Magdeburger einfach den Stempelschneider, dessen Arbeiten auf der Münzstätte hergestellt werden.

In der Reihe der fraglichen Gußmedaillen finden wir einige Bildnisse von Personen, an denen dem Meister offenbar weniger gelegen war als an anderen, deren geprägte Porträtstücke unter den hier aufgeführten Medaillen figurieren, und es wäre kaum erklärlich, warum unser Meister diese Persönlichkeiten in der Qualität der Medaillen zurückgesetzt hätte. Auch der Umstand, daß durch die sichere Feststellung des Todes von Magdeburger im Jahre 1540 die doch zusammenhängenden Arbeiten aus den vier folgenden Jahren von dem Komplex der Gußmedaillengruppe getrennt werden müßten, spricht gegen die Autorschaft Magdeburgers.

Es könnte mir der Vorwurf gemacht werden, daß ich seinerzeit sdbst die Rückseite der Medaille Georgs des Bärtigen als sehr ähnlich jener der Medaille des Meisters H bezeichnet habe. Ich glaube jedoch, daß diese Ähnlichkeit lediglich darauf zurückzuführen ist, daß die beiden Wappen wohl auf ein und dieselbe, heute unbekannte graphische Vorlage zurückgehen, daß aber die einzelnen Künstler gleichwohl ihre Selbständigkeit darin zum Ausdruck gebracht haben.

Das Charakteristische für die Medaillen des Hieronymus Magdeburger ist das sehr flache Relief der Bilder, das sich erst beiläufig im Jahre 1556 etwas erhöht. Die Mehrzahl seiner Medaillen ist schon an dem inneren Blattkranz zu erkennen. Sie haben gewöhnlich außer der Umschrift noch eine Aufschrift im Felde, die gemeinhin ein Zitat aus der heiligen Schrift gibt. Die Bilder füllen meist das ganze Medaillenfeld, wo dies aber, besonders in den ersten Jahren, nicht der Fall ist, wird das Datum und die Signatur oder das Zitat im Abschnitt angebracht. Die Schrift selbst ist in der Unterscheidung der starken und schwachen Hasten der Buchstaben ungemein charakteristisch, verhältnismäßig groß, verkleinert sich dagegen in seinen letzten Jahren, behält aber auch dann noch ihren früheren Charakter. Man kann die zeitlichen Unterschiede hierin am besten auf Zwittermedaillen beobachten, bei denen zu einem noch brauchbaren Prägeeisen eine neue Vorder- oder Rückseite angefertigt werden mußte, bei deren Herstellung spätere Buchstabentypen zur Anwendung kamen. Hervorzuheben wären als besonders kennzeichnende Buchstaben das N, bei dem der Mittelstrich sehr stark ist und das für eine Zeitlang oben und unten eine dicke Umbiegung zeigt; das fast kreisrunde O, das X mit den geschweiften Strichen H, das einer 8 ähnliche S u. a. Magdeburger verwendete häufig Buchstaben-Ligaturen, so CH, CHR, HE, CE; auch die charakteristischen Ziffern Z, 3, 4 und 5 unterscheiden diese Medaillen von anderen Medaillengruppen.

Ganz eigenartig sind die Schrift-Trennungszeichen Magdeburgers: am auffallendsten das Dreiblatt mit den außen geschlitzten Blättchen (♣). Die Signatur ist in der Umschrift oder im Abschnitt, aber auch im Bilde selbst angebracht. Das völlige Fehlen der Signatur auf vor 1532/1533 entstandenen Arbeiten lässt sich auf seine Stellung als beamteter Eisenschneider der Annaberger Münze bis zu dieser Zeit zurückführen (siehe Einleitung S.24).

Auf den geprägten Originalen sind die Porträts und die Figuren meist vergoldet, die Gesichter der Personen stets ins Profil gestellt.

In seinen Darstellungen wird Magdeburger die graphischen Künstler, namentlich die Bibel-Illustratoren seiner Zeit benutzt haben, ohne daß es in jedem Falle gelänge, diese Vorlagen heute sicher festzustellen. Einige Vorlagen sind im nachstehenden Medaillenverzeichnis angeführt.

Bei der Aussonderung der Medaillen Magdeburgers bieten wohl einige Krenmitzer biblische Medaillen durch die ähnliche Mache und Ausführung gewisse Schwierigkeiten. Wenn wir uns aber die angeführten Eigenschaften Magdeburgers vor Augen halten, werden wir auch diese Medaillen von seinem Werke unterscheiden können.

Den Arbeiten Magdeburgers werden wir auch einige Pesttaler zurechnen müssen, für die der Künstler anscheinend, soweit man nach dem Außeren schließen kann, die Eisen geliefert hat. Sie sind hauptsächlich durch die in Magdeburgers Werkstatt so beliebte doppelzeilige Umschrift unschwer zu erkennen und hängen (siehe Nr.18) auch mit gleichzeitigen Münzprägungen St. Joachimsthals zusammen (siehe Nr.75).

Art und Zahl von Magdeburgers Werk, seine Stellung am Beginne der erzgebirgischen Prägemedaille rechtfertigt die Frage nach der Herkunft seines Stiles. Für die Porträtstücke kommt er - worauf mich ebenso wie auf das Folgende Dr. Dworschak aufmerksam machte - geradewegs von den ersten sächsischen Großsilbermünzen her, deren Entwürfe in Nürnberg zu den ansehnlicheren Schaustücken und Groschen Friedrichs des Weisen gestaltet wurden; insbesondere die Verteilung der Schilde in der Umschrift ist sächsische, von den Siegeln übernommene Eigenart und die organische Entwicklung der großen Silbermünze zur Bildnismedaille kann auch hier nicht übersehen werden. Magdeburgers bis in den Anfang des Jahrhunderts zurückreichende Tätigkeit als Münzstempelschneider rechtfertigt vielmehr die Frage, inwieweit er etwa selbst an der Schöpfung der neuen Typen der sächsischen schweren Sorten oder doch am Eisenschnitt für dieselben Teil hat. Hierüber müssen die Forschungen Paul Bambergs Aufklärung bringen.

Es folgt der Katalogteil zu ab Nr.31.

...

Nachtrag zu Hieronibus Magbeburger (S.258f)

Nach Drucklegung des Werkes fand soeben Frau Dr. Em. Nohejlová neue Nachrichten im Archiv des Ministeriums des Innern, die bestätigen, daß Hieronymus Magdeburger im Jahre 1528 in Annaberg gelebt und im Einvernehmen mit dem dortigen Münzmeister Melchior Irmisch (&134; 1537) gearbeitet hat.

Dieser wichtigen, mir frdl. zur Verfügung gestellten Nachricht, die irrtümlich im Aktenfaszikel 1538 eingereiht, entnehmen wir weiter, daß Magdeburger 1528 Herzog Georg von Sachsen um dessen Verwendung besonders bei Christoph von Gendorf bat, um Arbeit in St. Joachimsthal zu erhalten. Magdeburger begründet seine Bitte damit, daß er für St. Joachimsthal bereits Probestücke zu einem Guldengroschen verfertigt und daß solche Arbeit vielen Beifall gefunden habe. Bei diesem Guldengroschen kann es sich wohl nur um den Taler (Nr.75) handeln, womit hier zum erstenmal archivalisch eine bestimmte Arbeit als jene des Hieronymus Magdeburger bezeichnet und dadurch auch eine Reihe stilistisch gleicher Gepräge (Nr. 17, 19, 21, 22, 33, 34, 35, 36, 43a, 43b) als Magdeburgers Werk nachgewiesen wird. Dadurch wird auch der undatierte Schautaler Nr.75 mit 1528 datiert, was wiederum bezeugt, daß die Rosetten in der Umschrift einiger Gepräge Magdeburgers (siehe auch Nr.17 und 19) auf das Münzzeichen des St. Joachimsthaler Münzmeisters Hans Weizelmann keinen Bezug haben können, sondern nur ein in Magdeburgers Werkstätte übliches Trennungszeichen darstellen.

Magdeburgers Bitte hatte den Erfolg, daß ihm Herzog Georg ein Empfehlungsschreiben ausfertigen ließ. Beide Urkunden werden hier ihres wichtigen Inhaltes wegen vollinhaltlich wiedergegeben.(...)

Am Schlusse eines Berichtes des Peter Tunkher v. J. 1549 nach dem Tode des Münzmeisters Hans Weizelmann ist ein Gegenbericht der Münzkosten (ohne Datum) angeschlossen, in dem außer einem ungenannten St. Joachimsthaler Eisenschneider auch von Bezahlung "etlicher Stück Obereisen und Stöck dem Eisenschneider auf St. Annaberg" die Rede ist. Es scheint also, daß es noch vor dem Jahre 1540 zu einer Lieferung von Prägeeisen seitens Magdeburgers für die Münzstätte in St. Joachimsthal gekommen ist.







Monogrammist Œ (CE)   (S.104 f)

Der Name dieses Monogrammisten konnte, obgleich er fast alle seine Medaillen signiert und datiert, bisher nicht ermittelt werden. Versuche hierzu machte Eduard Fiala in seiner Beschreibung der Slg. Donebauer. Er bezeichnete hier das Monogramm mit den Buchstaben DE, gab seinem Inhaber den Namen David Enderlein und identifizierte ihn mit einem Manne dieses Namens, der im Jahre 1567 Amtsverwalter von St. Joachimsthal war und 1570 starb. Fiala selbst gab später diesen Gedanken auf und vermutete unseren Monogrammisten in dem Graslitzer Goldschmied Hieronymus Dietrich, von dem wir nur wissen, daß er auf Empfehlung des dortigen Amtmannes Georg Albin von der Niederhaidt im Jahre 1549 die Prägestöcke für die Maximiliansmedaillen schnitt. Da aber das Monogramm nicht gut mit diesem Namen in Einklang zu bringen ist, interpretierte er es als Dietrich Eisenschneider oder Ehronymen Dietrich. Auch diese Theorie ist unhaltbar. Nach dem Stand der Dinge muß man annehmen, daß der Monogrammist nur vom Jahre 1530 bis 1541 gearbeitet hat. (Nach freundlicher Mitteilung des Herrn Paul Bamberg in Wannsee fand dieser in einem sächsischen Aktenstück von 1530 die Nachricht, daß man in Sachsen mit dem Gedanken umging, Münzstempel bei einem Eisengräber in St. Joachimsthal zu bestellen, "der vor andern fürnemlich auf Conterfehung und sonst geschickt sein soll," doch wußte man den Namen nicht, und Heinrich von Könnritz sollte um Auskunft gebeten werden. Seine Antwort ist leider noch nicht aufgefunden. Vielleicht wird sie uns einmal die Anonymität unseres Meisters aufklären.) Zwar findet sich auf einem 1549 datierten Jeton des Mathias Zeller von Puchberg vor der Jahreszahl ein unserem Monogramm ähnliches Zeichen, doch dürfte dieses nichts mit dem gesuchten Monogrammisten zu tun haben.

Wie alle erzgebirgischen Medailleure verfertigte auch der Monogrammist Œ Porträtmedaillen auf das sächsische Herrscherhaus und auf Mitglieder der gräflichen Familie Schlick, und wenn er auch Rechenpfennige für den Münzmeister Weizelmann hergestellt hat, ist damit nicht gesagt, daß er in St. Joachimsthal gearbeitet haben muß, weil hier zu dieser Zeit auch Concz Welcz und Wolf Milicz tätig waren. Es ist keineswegs ausgeschlossen, daß es sich um einen Künstler handelt, der in einer anderen erzgebirgischen Stadt wirkte.

Die Arbeiten des Monogrammisten Œ haben ihren eigenen Charakter. Sie sind recht bescheiden und zeugen von keiner bedeutenden künstlerischen Begabung, obwohl ihre Komposition ziemlich kühn und selbständig ist. Soweit seine Medaillen eine Gruppe von Personen veranschaulichen, sind sie sehr primitiv geschnitten und die Dargestellten alle in einer Reihe nebeneinander angeordnet. Die Schrift ist ungleichmäßig und nachlässig; man kann ihr keinen besonderen Ausdruck zusprechen; als Trennungszeichen werden die verschiedensten, oft auch untereinander abwechselnde Zeichen gebraucht. Unser Monogrammist signiert meist im Felde, in welchem er auch die Jahreszahl anbringt, Er signierte selbst Rechenpfennige, die er offenbar alle für den Münzmeister Weizelmann arbeitete, und die er teilweise mit biblischen Szenen versah. Seine Stücke treten heute nur vereinzelt auf, es wurden deren scheinbar nur wenige geprägt, und es ist daher schwer, sie alle in einer Zusammenstellung zu erfassen. Aus den Monogrammen selbst, soweit solche gut erhalten vorkommen, schließe ich, daß der Künstler nicht einen mit dem Buchstaben D beginnenden Namen führte, da kein Grund zu der Annahme vorhanden ist, daß er gerade diesen Buchstaben verkehrt zeichnete, sondern daß es sich vielmehr um ein Monogramm handelt, das aus den Buchstaben CF, GF bzw. CE besteht.

Es folgt der Katalogteil ab Nr.171.






Monogrammist CW (Concz Welcz) und seine Schule   (S.113 ff)

Auf einer Tuschfederzeichnung der Albertina, die einen reich verzierten Pokalentwurf darstellt (Tafel XXVI), von dem wir leider nicht wissen, ob er auch zur Ausführung gelangt ist, liegt vor einem Baumstumpf ein Steinblock mit der dreizeiligen Aufschrift: CONCZ· / WELCZ / ·15·3Z· An dem Block lehnt ein Mann, der in seiner Linken das sog. Balleisen der Bildschnitzer hält. E. W. Braun hat hier mit Recht darauf hingewiesen, daß das am Fuße des Pokals auf der Zeichnung angedeutete Bergwerk das Symbol einer Bergstadt darstellt; der Meister, für den der Entwurf bestimmt, wäre damit in St. Joachimsthal zu suchen und Braun sieht in ihm den Erzeuger jener St. Joachimsthaler Medaillen, die mit dem ligierten Monogramm CW oder mit den Buchstaben CW signiert sind.

Mathesius erwähnt in seiner zehnten Hochzeitspredigt einen Kelch, den 1548 Frau Margarethe von Hassenstein für die St. Joachimsthaler Pfarrkirche bei Cuntz Wels für 50 Taler bestellt hat. Dieser Kelch wurde 1553 geliefert.

Über Concz Welcz gibt es nur wenig archivalische Nachrichten. Im Joachimsthaler Ratsprotokollbuch 1538 (50 fol. 63: 1547 März 1. Dinstag nach Invocavit): Hans Ammon ist von wegen Cuntz Welsen abermals abgeweist, das ime ein rat von wegen Olrich Rappen Sohn nichts wais zu erkennen. Do er aber kein gnuge, stehet im das ordentlich Recht bevor.

Da die Witwe des Concz Welcz 1555 wieder geheiratet hat, müssen wir spätestens 1554 als das Todesjahr von Concz Welcz annehmen. Seine letzte signierte Medaille stammt aus dem Jahre 1552, der Hassensteinsche Kelch wurde, wie gesagt, 1553 geliefert.

Wenn wir den Monogrammisten GW bzw. CW (sein Buchstabe C ist einem G sehr ähnlich) mit jenem des ligierten CW identifizieren, so erhalten wir eine geschlossene Reihe datierter und signierter Medailleurarbeiten, der wir nach dem Stil und auf Grund von Verkoppelungen noch eine Anzahl unsignierter Medaillen anschließen können. Fast alle diese Arbeiten kommen geprägt oder in alten Nachgüssen vor.

Ob sich Concz Welcz auch mit der Herstellung von Stempeln für die Münze beschäftigt hat, ist nicht erwiesen. Dagegen steht fest, daß er außer Medaillen und Goldschmiedearbeiten auch Handsteine hergestellt hat. Einen solchen mit ligiertem CW signierten Handstein, der einen aus einem Felsen wachsenden Baum darstellt, an dessen Fuß eine unbekleidete Charitas mit einem Kinde sitzt, hat bereits E. W. Braun unter den Schätzen des Kunsthistorischen Museums in Wien angeführt (siehe Tafel XXXVIII).

Auch ein 1545 datiertes und mit dem ligierten CW signiertes Siegel der Stadt St. Joachimsthal hat laut Signatur Concz Welcz geschnitten. Es hat eine doppelzeilige Umschrift: SIGILLVM: SECRET: LIBERE: CIVITATIS. VALLIS: S: IOACHIMI ORTE CIRCA· MDXVI: AN: CHRISTI: SCVLPT: im Felde: 1545 - ANNO. Dieses Siegel (siehe Textabbildung Nr. 27) bildet einen guten Wegweiser für die Anordnung der Arbeiten dieses Meisters.

Abb.27. Concz Welcz: Siegel der Stadt St. Joachimsthal vom Jahr 1545.

Die älteste mir bekannte datierte Medaille, GW signiert, trägt die Jahreszahl 1530. Ich habe bereits in der Einleitung erwähnt, daß diese Jahreszahl auch 1536 lauten kann. Ein Buchsbaummodell eines Meisters WϽ aus dem Brit. Museum in London mit dem Bilde Georgs von Sachsen hat Habich beschrieben und abgebildet. Es scheint, als ob es sich hier um eine mit dem Monogramm in Spiegelschrift signierte Arbeit von Concz Welcz handelte: Kurfürst Georg mit der Drahthaube unter einem von zwei Pilastern getragenen Bogen, in dessen Zwickeln Putten mit Wappenschiiden kauern; in den Pilasterfüllungen Figuren und Rankenwerk. Auf der Brüstung vertieft: SIC: OCVLOS: SIC: ILLE GEMS: SIC ORA FEREBAT darunter ·G·SAXONIE·D· im Felde WϽ (siehe Textabbildung Nr. 27a). Habich setzt dieses Modell, analog den Schautalern Georgs, in das Jahr 1527. Ein Vergleich des Buchsmodelles mit dem Pokalentwurf von 1532 macht es sehr wahrscheinlich, daß wir schon hier eine Arbeit des Concz Welcz vor uns haben. Wir könnten demnach seine Tätigkeit mit Vorbehalt etwa durch die Jahre 1527-1553 begrenzen.

Wie ich bereits in der Einleitung ausführte, wurden gerade die Arbeiten des Concz Welcz von anderen Werkstätten nachgemacht, und zwar oft so genau, daß eine Unterscheidung dieser Medaillen schwer fällt. Auf die Medaille mit der Erschaffung Evas und dem Jüngsten Gericht habe ich schon oben (S. 25) hingewiesen. Vergleichen wir aber die Medaille von Concz Welcz auf die Schlacht von Pavia mit der auf die Schlacht von Mühlberg von Nickel Milicz, so finden wir eine derartige Übereinstimmung der Idee, Auffassung, Mache usw., daß nicht zu verwundern ist, wenn beide Arbeiten Concz Welcz zugeschrieben worden sind.

Abb.27a. Concz Welcz[?]: Georg der Bärtige (Buchsbaummodell).

Bei undatierten Arbeiten ist es oft schwer festzustellen welche Werkstätte mit einer Arbeit zeitlich voranging, doch ist es wahrscheinlich, daß in den meisten Fällen Concz Welcz den Zeitgenossen mit seinen Arbeiten als Vorbild diente, wenn er auch hin und wieder seinerseits andere Arbeiten nachahmte, so den Meister CE und die sächsischen Meister Hieronymus Magdeburger und Hans Reinhart. Alle genannten Meister scheinen übrigens in dieser Beziehung in einem engen Verhältnis zu einander gestanden zu haben. Aus untereinander verkoppelten Prägestücken läßt sich sogar darauf schließen, daß man die Prägeeisen gegenseitig auslieh, ja wohl gar vielleicht einander abkaufte.

Aber auch beim Vergleich aller signierten Arbeiten unseres Künstlers finden wir wieder derartige Unterschiede in der Qualität, daß man kaum wagen dürfte, diese Medaillen einer und derselben Offizin zuzuschreiben, wenn sie nicht signiert wären. Vergleichen wir nur die beiden Medaillen auf die Erschaffung der Eva aus den Jahren 1545 (Nr.233) und 1552 (Nr.240): dort eine der schönsten biblischen Medaillen des XVI. Jahrhunderts, die ein erzgebirgischer Meister zustandegebracht hat: eine kühne Aufstellung der Personen besonders im Jüngsten Gericht, hier eine primitive, lineare, fast münzenartig flache Arbeit. Dies ist wohl eben nur daraus zu erklären, daß neben den vom Meister selbst gearbeiteten Stücken auch viele Werkstattarbeiten unter seiner Signatur zur Ausgabe gelangten, die als Marktware und für den kleinen Mann von den Gesellen ausgeführt wurden.

Die Medaille mit der Darstellung des Letzten Abendmahles (Nr.266) ist im Durchmesser die größte Arbeit von Concz Welcz und die größte erzgebirgische Medaille. Auch hier scheint sich der Stempel bald abgenützt zu haben, denn das einzig bekannte Stück [im Museum Opava (Troppau)] scheint gegossen zu sein. Eine Wiederholung der Medaille im Jahre 1551 (Nr.239) kennen wir heute nur in geringen Blei-Abgüssen. Sie dürfte eine Konkurrenzarbeit zu der großen Dreifaltigkeitsmedaille des Hans Reinhart darstellen, jedenfalls scheint die Rückseite von dieser Arbeit stark beeinflußt.

Auf eine direkte Porträtbestellung bei Concz Welcz läßt wohl der Umstand schließen, daß das Porträt auf der Medaille des Landgrafen Philipp von Hessen auf der Vorderseite CW signiert ist, während die Rückseite das Zeichen Magdeburgers trägt (Nr.79). Nach fast eben diesem Porträt der Vorderseite hat in dem gleichen Jahre Magdeburger selbst eine Medaille auf Georg von Sachsen und den Landgrafen von Hessen geprägt (Nr.78), auf der auch das Brustbild dieses Landgrafen seine Hand zeigt.

Die geschäftlichen Beziehungen des Concz Welcz zum Hause Habsburg scheinen nicht besonders rege gewesen zu sein. Das Porträt Karl V. auf der kleinen signierten Medaille vom Jahre 1537 (Nr.209) ist eine derart primitive Arbeit, daß wir keineswegs annehmen können, sie sei etwa auf Bestellung des Hofes selbst geliefert worden. Daraus, daß dieser Hof die Werkstätten des Meisters CE und der Milicze vorzog, läßt sich schließen, daß Concz Welcz auch zur Münzstätte St. Joachimsthal in keiner offiziellen Beziehung gestanden hat. Sogar die außerhalb Böhmens arbeitenden Meister Hans Reinhart und Hieronymus Magdeburger waren für den Hof mehr beschäftigt als Concz Welcz.

Alle genannten Meister aber verfertigten auch sehr viele Medaillen für den sächsischen Hof, und es ist kaum anzunehmen, daß man Concz Welcz auch von dieser Konkurrenz vollkommen ausschloß, zumal er gerade in dem Jahre 1537, das die schönsten sächsischen Porträtmedaillen ins Leben rief, besonders tätig war.

Abb.27b: Unbekannter Meister: Georg der Bärtige.

Wenn wir die Medaille Karls V. aus dem Jahre 1537 (Nr.209) mit der kleinen Georgsmedaille vergleichen, die auf der Rückseite die Kreuzigungsszene trägt (Habich, Flötner oder Magdeburger, A. f. M. u. Pl. 1925, Tafel IV-4; die Rs. ist abgebildet auf Tafel XXVII-10), so ergibt sich ein auffallender Zusammenhang zwischen beiden. Auf der Rückseite der Karlsmedaille finden wir im Abschnitt die Signatur CW zwischen den Blättern, die Concz Welcz so häufig bei seinen Arbeiten als Dekoration bzw. Interpunktion verwendet, und im Abschnitt der Georgsmedaille steht die Jahreszahl 1539 zwischen ähnlichen Blättern. Ein gleicher Abschnitt erscheint auch auf der Rückseite der Romulus- und der Ceresmedaille (Nr.234 und Nr.235) unseres Meisters. Die Umschrift der Medaillenrückseite mit der Kreuzigungsszene weicht von der der Vorderseite sowohl in den Buchstabentypen als auch in dem Trennungszeichen stark ab. Die Frage, ob hier nicht die Rückseite der Georgsmedaille aus der Offizin des Concz Welcz herrühren könnte, liegt nahe. Und dies ist umso eher möglich, als auch die kleine Medaille Georgs aus dem Jahre 1537 (mit der Umschrift und dem dreifach behelmten Wappen, Habicht, l. c., Tafel IV-5; siehe Textabbildung 27b) auf eine Prägearbeit zurückgeht und die Schrifttypen den auf Medaillen des Conz Welcz vorkommenden Buchstaben sehr ähnlich sind.

Es folgt der Katalogteil ab Nr.205.






...

Auch zwischen Nickel und seinem Vater Wolf Milicz können wir nach ihren Arbeiten eine Grenze ziehen und feststellen, wann Nickel Milicz' Tätigkeit beginnt. Es sind die Grenzjahre 1544-46, aus denen vor allem der Prägestock für das "Letzte Abendmahl" stammt, eine offensichtliche Arbeit des Nickel Milicz, die oft mit Prägestöcken seines Vaters gekoppelt vorkommt.

Betrachten wir nun die einzelnen Meister, die unserer Werkstätte vorstanden:

1. Wolf Milicz   (S.144f)

Die anscheinend älteste Arbeit von Wolf Milicz ist 1533 datiert. Archivnachrichten über ihn gibt es wenige; wir hören eigentlich nur, daß er in den Jahren 1539-1545 Lieferant der Joachimsthaler Münzstätte war. Er ist ein geschickter und sehr fruchtbarer Stempelschneider, dem wir viele charakteristische Porträts des österreichischen und sächsischen Herrscherhauses, wie auch der Grafen von Schlick u. a. hervorragender Persönlichkeiten seiner Zeit verdanken. Vielfach stellt er seine Bildnisse in Vorderansicht bis zum Gürtel dar, wobei die Arme oft nur Stummeln gleichen.

Außer der kennzeichnenden Eigenschaft, in der Umschrift die Jahreszahl gewöhnlich in römischen Ziffern an das Ende der Legende zu setzen, verwendet Wolf Milicz auf den meisten seiner Porträt- und biblischen Medaillen ganz eigenartige Trennungszeichen, welche seine Arbeiten zu einer (umfangreichen) Gruppe zusammenzufassen erlauben. Es ist dies ein dreilappiges Blättchen mit kurzem Stiel, das fast einer vierblättrigen Rosette (??) gleicht. Außer diesem Zeichen verwendet Wolf Milicz zur Schrifttrennung auch ein Ästchen mit einem oder mehreren Blättern.

Alle Medaillen der Milicz haben einen aus zwei Reihen spitzer Blätter bestehenden Rand, der ein charakteristisches Zeichen dieser Werkstatt von ihrem Anfange bis zu ihrem Eingehen geblieben ist.

Es folgt der Katalogteil ab Nr.267.





2. Nickel Milicz und seine Werkstatt   S.156-160

Nickel Milicz arbeitet anscheinend seit dem Jahre 1545 für die St. Joachimsthaler Münzstätte, hat aber im Jahre 1568 auch 18 Stück Eisen an die Prager Münzstätte geliefert und auch in einigen der allernächsten Jahren für diese gearbeitet. Im Jahre 1555 richtet er an die Böhmische Kammer eine Supplik, die er als Eisenschneider und Goldschmied unterschreibt. Im Jahre 1559 stiftet er der Stadtkirche zu St. Joachimsthal eine Auferstehung Christi, nach Art der Kartons grau in grau gemalt. Ein Gpstlch von ihm aus dem Jahre 1567 befindet sich im Egerer Archiv (siehe Textabbildung Nr. 45). Sein Wappen ist ein wagrecht halbierter Schild mit den Buchstaben NW; im oberen Felde befinden sich drei liegende Halbmonde, im unteren drei schräg von rechts nach links gelegte Balken (siehe Textabbildung Nr.46). Nickel Milicz saß 1544, 46, 47, 61 im St. Joachimsthaler Stadtrate und war hier in den Jahren 1563 und 1564 Schulherr.

Abb.45: Unterschrift des Nickel Milicz auf dem im Egerer Archiv erliegenden Gesuch vom J. 1567

Schon 1544 führt Nickel Milicz neue Trennungszeichen auf seinen Medaillen ein und zwar einen Rhombus mit einem Kreis in der Mitte, wie wir ihn auf der Medaille des Nikolaus Schindel aus diesem Jahre sehen (??). Dieses Trennungszeichen, das einzige seiner Art in der Medailleurkunst, verknüpft eine ganze Reihe der Miliczschen Arbeiten; es wird etwa 1550 von einem Ringlein (o) abgelöst, wie wir solches auch auf den Münzen sehen, für welche die Werkstätte von Milicz sowohl nach St. Joachimsthal, als auch nach Prag die Eisen geliefert hat. Dieses Zeichen wird dann zum typischen Trennungszeichen für die St. Joachimsthaler Münzstätte und gibt auch zahlreichen biblischen Medaillen ihren Charakter, was den BearbeIter des Kataloges der Slg. Löbbecke veranlaßte, diese Arbeiten unter der Bezeichnung "Meister mit der Interpunktion (⦂ x o)" zusammenzufassen. In der Werkstätte des Milicz wurde anfangs der sechziger Jahre das umgekehrte N = И verwendet, auf das ich schon in der Einleitung aufmerksam machte. Wir finden dieses И auch auf den St. Joachimsthaler Zweikreuzerstücken aus den Jahren 1563 und 1564 sowie auf den Rechenpfennigen des Florian Griespeck und Wolfgang Puellacher, zu denen diese Werkstätte gleichfalls die Prägeeisen lieferte.

Abb. 46. Unterschrift und Siegel des Nickel Molicz auf einer Quittung vom Jahre 1568.

Die Schrift der Miliczwerkstatt paßt sich in den sechziger Jahren der Mode an, was sich hauptsächlich in den typischen Buchstaben A und T, dessen Querstrich gewöhnlich verkehrt, d. h. statt abwärts aufwärts gebogen ist, im G und in anderen Buchstaben zeigt. Ab 1565 verwandelt sich besonders die 1 in der Jahreszahl in eine Ziffer, die dem Buchstaben J ähnelt. In dieser Zeit beginnt die Werkstatt Milicz mit der Verwendung neuer Trennungszeichen und zwar der fünfblättrigen großen Rosette ✿, Jie wir sowohl auf Porträt- als auch auf biblischen Medaillen verwendet finden. Letztere verbindet dann seit 1546 zu einem Ganzen auch noch die typische Kartusche unter dem Bilde, die dazu Veranlassung gab, diese Medaillen in einer elgenen Gruppe der "Medaillen mit der ausgeschweiften Kartusche" zu vereinigen.

Wenn wir in Erwägung ziehen, daß die Werkstätte des Nickel Milicz vom Jahre 1544 bis ungefähr 1570, also volle 25 Jahre, gearbeitet hat, ist es nicht verwunderlich, daß wir Medaillen finden, die eine gewissermaßen selbständige Gruppe innerhalb des Ganzen bilden, doch können wir bei aufmerksamer Beobachtung diese Arbeiten immer nach bestimmten Zeichen der Reihe einordnen.

Nickel Milicz verwendet noch einige Prägestöcke seines Vaters. Hierdurch sind Zwittermedaillen mit Daten aus der Lebenszeit von Vater und Sohn entstanden. Zur Zeit des Nickel Milicz muß dessen Werkstätte, besonders in den fünfziger und sechziger Jahren, ungewöhnlich groß und fruchtbar gewesen sein, wenn wir bedenken, daß sie nicht nur die Lieferung der Eisen an die damals noch stark beschäftigte St. Joachimsthaler Münzstätte ausführte, sondern oft auch für die Prager Münze aushalf und außerdem noch eine so große Anzahl biblischer und Porträtmedaillen auf den Markt werfen konnte, von denen uns ja heute sicher noch lange nicht alle bekannt sind. Daneben können wir an den Arbeiten des Nickel Milicz die Erscheinung beobachten, daß er Punzen für Medaillen älteren Datums bei der Herstellung neuer Prägeeisen venvendet, womit eine Wiederholung der gleichen Darstellung auf einer neuen Medaille desselben Durchmessers entsteht, die aber durch scheinbar untergeordnete, durch die Zeitspanne verursachte Abweichungen sich von der ursprünglichen Medaille unterscheidet. Der Meister benützt nämlich für die Buchstaben, Trennungszeichen u. dgl. die neuen ihm in der Werkstatt zur Verfügung stehenden Punzen und ersetzt auch den glatten Binnenreif durch einen abwechselnd aus Strichen und Punzen zusammengefügten Kreis. Wir können diese Beobachtung an einer ganzen Reihe von Medaillenwiederholungen machen, von denen einige durch ihre Datierung auch das Jahr, wann diese Wiederholung erfolgte, erkennen lassen.

Die Feststellung der Bilderserien, die Nickel Milicz als Vorlage für seine Medaillen benutzte, bildet auch ein weiteres Beweismaterial für die Zuteilung von Arbeiten an seine Werkstätte. Dies bestätigt nur die bereits bekannten Ergebnisse des lediglich stilvergleichenden Studiums dieser Medaillen, das ihre Zugehörigkeit erhärtet, selbst wenn wir ihr Vorkommen im "Prager Verzeichnis" als nicht genügend beweiskräftig annehmen. Zugleich wird auch ein neuer Beweis dafür erbracht, daß das bisher nicht näher aufgeklärte Zeichen auf Prägeeisen von St. Joachimsthal "A" nicht als absolut zuverlässig für die Zuteilung der Medaillen gelten kann, da wir der Werkstätte des Nickel Milicz mit gutem Gewissen auch Medaillen zuschreiben können, die aus Prägeeisen hervorgingen, die diese Punze nicht aufweisen. Für die Medaillen des Nickel Milicz gelang es, ganze Serien von graphischen Vorlagen gerade für seine hervorragendsten Arbeiten festzustellen, die, wie erwähnt, auch bei der Erfassung seines Werkes eine beachtliche Rolle spielen. Sie sind um. so wichtiger, als durch ihre eigene Datierung oder ihr Ausgabedatum manche undatierte Medaillen nach rückwärts zeitlich festgelegt werden. Unter den Autoren dieser Vorlagen spielt Hans Sebald Beham nicht nur durch seine Bilder aus den "Holzschnitten zum Alten Testament", sondern auch durch seine Stiche eine führende Rolle. Nicht minder wichtig sind Serien von Stichen des Georg Pencz, solche des Heinrich Aldegrever und die "Concordanz des Alten und Neuen Testaments" von Augustin Hirschvogel, dessen Verse oft auch die Medaillenumschriften abgegeben haben. Auch Holbeins Holzschnitte aus den "Bildern zum Alten Testament" haben Milicz reiches Vorlagematerial geliefert.

Es folgt der Katalogteil ab Nr.308.





3. Zacharias Kempf   S.227

fehlt hier.







Monogrammist WS 1541 - 1549     (S.235)

Dem Jahre 1541 entstammt eine Medaille Kaiser Karls V., deren Brustbild dem der Medaille des Wolf Milicz (Nr.271) vollständig gleich ist. Auch die Rückseite zeigt ein ähnliches, nur in der Zeichnung abweichendes Wappen; oben ist in der Umschrift ein Schild mit dem verschlungenen Monogramm WS angebracht. Der Wortlaut der Umschrift beider Seiten stimmt mit der auf der MedaIlle des Hieronymus Magdeburger (Nr.46) überein und ist sonst auf Medaillen von Milicz nicht üblich. Diese Rückseite wird im Jahre 1549 auch zu einer Medaille Karls V. verwendet, deren Brustbild mit dem fast identisch ist, das auf der Medaille der Schlacht bei Mühlberg (Nr.313) vorkommt. Auch die Interpunktion und die Buchstabenform der Umschrift ist bei bei den Medaillen anders, als sie sonst die Werkstätte Milicz verwendet.

Beide Medaillen sind mir in einem geprägten Exemplare noch nicht vorgekommen. Wenn auch eine derartige Künstlersignatur hinsichtlich ihrer Form und vor allem ihrer Anbringung auf der Medaille nicht üblich ist, muß hier doch mit einem Medailleur (Goldschmied) gerechnet werden, der vielleicht in St. Joachimsthal tätig war und bei Herstellung dieser Medaille ein fremdes Bildmodell verwendet hat und nur durch eine andere Umschrift seine Selbständigkeit bezeugt.

Es folgen zwei Katalognummern: 527b & 527c.







Hieronymus Dietrich     (S.241 ff)

fehlt hier.



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