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Jehovataler - Der Gottesname auf Münzen und Medaillen

HANS-PETER MARQUARDT
money trend 9/2009 , S.140-145
(Abbildungen teilweise ersetzt aus den Netz)

Schon immer spiegelten Münzen und Medaillen den kulturellen, politischen und religiösen Zeitgeist der Epoche ihrer Prägung wider. Als im 16. Jahrhundert, infolge der Bewegung des Humanismus, die Bibel in viele Landessprachen übersetzt wurde, benutzten die Gelehrten nicht mehr ausschließlich die lateinische Vulgata (eine katholische Bibelübersetzung), sondern hebräische und griechische Texte als Grundlage. Dabei machten sie eine Entdeckung, die ihren Niederschlag auf tausenden von Münzen und Medaillen fand.

Man stellte fest, dass Gott einen Namen hat und nicht nur Titel wie "Ewiger" oder "Herr". Das Volk war begeistert, nach Jahrhunderten wieder von den Kanzeln (besonders der protestantischen Kirchen) den Namen Gottes zu hören, denn er wurde von vielen Reformatoren eifrig gebraucht. So dauerte es nicht lange, bis er auf den ersten Münzen erschien.

Den Hinweis, auf eine der ältesten Prägungen des Gottesnamens auf Münzen, finden wir in Arendt's "Müntz-Buch", Hamburg, 1631. Dort ist ein Taler des Grafen Enno II. abgebildet, dessen Prägung auf der Rückseite den Gottesnamen in gotischer Schrift beinhaltet.


Nr. 1: Angeblicher Taler Graf Ennos II. von 1529 (aus Arendt's "Müntz Buch", Hamburg 1631)
Vorderseite: *·ENNO·D:G·COM·PHRISI·ORIENTALIS·
Das Brustbild des Grafen Enno II. von Ostfriesland
Rückseite: *IN·DEO·SPERA·NON:TIMEBO·Q·IEOVA:MIHI·ABI
("Auf Gott habe ich immer gehofft und brauche mich nicht zu fürchten, denn Gott ist mein Beistand")
Das Familienwappen des Geschlechtes Cirksena (die Harpyie, einen Adler mit Jungfrauenhaupt)
und die Jahreszahl 1529.

Bis heute sind noch keine Taler dieser Prägung gefunden worden und wahrscheinlich gab es sie in dieser Form auch gar nicht. Der Numismatiker Anton Kappelhoff griff diesen Gedanken in seinem Buch "Die Münzen Ostfrieslands - Vom frühen 14. Jahrhundert. bis 1628" auf. Er bezieht sich auf Hermann Grote (1802-1895), den Konservator des königlichen Münzkabinetts in Hannover, und schreibt auf den Seiten 138,39: "Wie Hermann Grote für diese und eine Reihe anderer Bilder nachgewiesen hat, handelt es sich um Phantasieprodukte, die durch Vergrößerung anderer, tatsächlich existierender Münzen, entstanden sind."


Nr. 2: Erik XIV., Krongulden 1568 (ungarischer Gulden) 4,11g, Ø 23 mm,
Bertel Tingström S.104, Nr.1; Slg.Hagander 6
Vs.: ERIC·14:D:G·REX·SWECIE - 1568.  -  lorbeerbekränztes Brustbild des Königs n. rechts.
Rs: Ein See- und Landbild, auf dem vom Himmel ein Zepter herabfällt.
Darüber steht Jehova(h) in hebräischer Schrift als Bestandteil des bekannten Wahlspruchs des Königs: JEHOVA/DEUS DAT CUI VULT.

Nachdem dann 1568 in Schweden unter dem König Erik XIV. ein Gulden mit dem Gottesnamen in hebräischer Schrift geprägt worden war, breitete sich dieser auf Jetons, Münzen und Medaillen, im Zuge der Reformation in Europa rasch aus.

Der Wahlspruch des Königs: "Jehova dat cui vult" stützt sich auf eine prophetische Begebenheit aus der Bibel, aus dem Propheten Daniel Kapitel 4,14 und lautet übersetzt: Jehova gibt wem er will. Auf Schwedisch sagt man auch: Gud ger åt den som han vill. Natürlich will Erik darauf anspielen, dass ihm die Königswürde von Gott gegeben wurde. Er war der erste schwedische Erbkönig und nicht gewählter Monarch, wie alle seine Vorgänger. Die Meereslandschaft wäre dann die Gegend um Älvsborg, wo sich Erik aufhielt, als er König wurde und ihn das Zepter aus dem Himmel erreichte.

Warum die schnelle Verbreitung des Gottesnamens?

Zunächst müssen wir das Rad der Geschichte um einige hundert Jahre zurückdrehen - bis in die Zeit der Reformation im 16. Jahrhundert. Die führenden Reformatoren - unter ihnen vor allem Martin Luther und Johannes Calvin - übten, so unterschiedlich sie in ihrer Persönlichkeit und ihrer Geisteshaltung auch waren, auf mehreren Ebenen entscheidenden Einfluss aus: nicht nur auf die Reformation an sich, sondern auch auf den durchaus als "reformerisch" charakterisierbaren Umgang mit dem Namen Gottes, den die religiösen Umbrüche jener Zeit mit sich brachten.

Worin unterschieden sich jene beiden großen prägenden Reformatoren Martin Luther und Johannes Calvin?

Zum einen übersetzten zwar beide die Bibel und waren mit dem Namen Gottes gut vertraut; und beide benutzten diesen Namen auch ohne Scheu in ihren privaten Gesprächen und öffentlichen Reden und Debatten. Während Calvin sich jedoch entschied, den Namen Gottes auch in seinem Wort, der Bibel, zu verwenden, zog Luther es vor, dies zu unterlassen.

Zum anderen war da ihre Einstellung zur Obrigkeit: Martin Luther legte - bei allem Bewusstsein um die Oberhoheit Gottes - den Seinen die Pflicht auf, der Regierung untertan zu sein, und sprach ihnen das Recht ab, mit Waffengewalt gegen die bestehende Ordnung anzugehen. Nicht so Johannes Calvin: Er verstand die Oberhoheit Gottes durchaus in praktischer Relation zu den säkularen Mächten: Selbst Kaiser und Könige hatten sich dem Willen Gottes und seinem Wort zu unterwerfen. Versäumten sie dies, so verliehe das den Untertanen das Recht und die Pflicht, den göttlichen Willen auch gegenüber den Obrigkeiten zu verteidigen und diese zur Einhaltung der Gebote Gottes zu zwingen - notfalls mit Waffengewalt. Daraus ergab sich die von Anfang an durchaus militante Ausrichtung der calvinistischen Strömung in der Reformationsflut des 16. Jahrhunderts.

Vertreter der gut etablierten katholischen Kirche und des Staates reagierten - wenn auch aus unterschiedlichen Motiven - ausgesprochen unwillig auf die offene Provokation der Reformatoren, die aus ihrer Verachtung für die verknöcherten Hierarchien und verstaubten Dogmen der Konservativen keinen Hehl machten. Hätte der Umstand, dass die Reformer die kirchliche und teils auch die staatliche Autorität in Frage zu stellen wagten, noch nicht genügt, deren Untertanen zu den Waffen zu rufen, so vermochte spätestens die Gewaltbereitschaft der Calvinisten den Kriegswillen der Hüter der alten Ordnung zu wecken: Militärische Macht sollte die Macht des freien Geistes ersticken.


Nr. 3: Hamburg, Silbermedaille 1717 von David Gerhard von Hachten
auf das zweite Jubelfest der Reformation.
Ø 47 mm, 35,8 g.   Gaed.III 1742; Goppel 279; Schnell 143; Lagermann 22, Nr.1.
Vs.: MARTINVS LVTHERVS DOCTOR THEOLOGIÆ.
Die hochgestellten Buchstaben ergeben als römische Zahlenwerte die Jahreszahl 1717.
Brustbild von Martin Luther in seinem Mönchsgewand nach rechts. Zu beiden Seiten steht: IUBILaeum.REFormationis II.
Die unsichtbare Randschrift: GOTTES WORT UND LUTHERS LEHR WIRD VERGEHEN NIMMERMEHR
Rs.: DEIN GÖTTLICHS WORT DAS HELLE LICHT LAS IA BEI VNS AVSLÖSCHEN NICHT.
Ein Tisch mit einer Tischdecke, mit dem Wappen von Hamburg.
Auf dem Tisch eine brennende Kerze und ein aufgeschlagenes Buch, in dem BIBLIA zu lesen ist.
Der Name Jehova erleuchtet durch Strahlen den ganzen Raum.
Interessanter Weise ergeben auf dieser Seite die hochgestellten römischen Zahlenwerte die Jahreszahl 1726, da der Erfinder dieser Medaille der Meinung ist, dass die Reformation in Hamburg in diesem Jahr begonnen hatte.
Die Buchstaben unter dem Tisch ·V·H· weisen auf den Stempelschneider von Hachten hin.

In Deutschland ging eine vorerst entscheidende Schlacht zu Gunsten der Konservativen aus: Im Jahr 1547 erlitten die protestantischen Fürsten, die sich im Schmalkaldischen Bund zusammengeschlossen hatten, durch die Heere Karls V. eine vernichtende Niederlage, die den ersten Abschnitt der Reformation in Deutschland 30 Jahre nach ihrem Beginn beendete. In den Niederlanden, die damals zu Spanien gehörten, verlief die Reformation von Anfang an calvinistisch und damit in ihren Grundzügen militant begünstigt vor allem durch den Geist des Erasmus von Rotterdam, der um die Jahrhundertwende durch seine Kritikerausgaben über den Zustand der katholischen Kirche den Boden für die geistige Erneuerung bereitet hatte. Auch die spanische Krone setzte zur Niederschlagung der aufständischen religiösen Eiferer auf die Gewalt der Waffen. Doch hier formierten sich die vom Calvinismus durchdrungenen Nordprovinzen zum vereinten militärischen Widerstand.

In dieser hitzigen Phase der Reformation war es für ihre Zukunft von entscheidender Bedeutung, wie glaubhaft ihre Verfechter sie zu legitimieren Verstanden. Was lag da näher, als die Legitimation bei dem zu suchen, für den die Reformatoren zu kämpfen beanspruchten - dem Gott, der sich selbst Jehova nennt? Eine bildliche Darstellung Gottes selbst war in der Numismatik so gut wie verboten. Das war die Geburtsstunde der Idee, stellvertretend für Gott den göttlichen Namen auf ein allseits ebenso bekanntes wie beliebtes und überdies täglich gebräuchliches Handelsmedium zu prägen: die Münze.


Nr. 4: Stadt Genf, Johannes Calvin (1505-1564).     Medaille 1641 von Sebastian Dadler
auf die Jahrhundertfeier der Einführung der Reformation in Genf.
Ø 55,4 mm, 49,50 g.     Wiecek 109M; Slg. Whiting 128.
Vs.: IOANNES CALVINUS PICARD:NOVIODUN:ECCLES:GENEV:PASTOR (Johannes Calvin aus Noyon in der Picardie, Pastor der Genfer Kirchenversammlung).
Brustbild des Reformators Johannes Calvin mit langem Bart, Klappmütze und Pelzmantel nach rechts.
Rs.: DOCTRINA & VIRTUS HOMINES POST FUNERA CLARAT (Gelehrsamkeit & Tugend lebt über das Grab hinaus).   Genius mit Posaune und aufgeschlagenem Buch zwischen Rosen- und Lorbeerstrauch.




Nr. 5: Niederlande 1566.     Der Bettelnapf und die Betteltasse werden das neue Symbol des Adelsbundes der Geusen, nachdem diese durch die Spanier verächtlich Bettler genannt wurden. Gravur von Atlas van Stolk, Rotterdam 1566.

Geusen (niederländ. geuzen; frz. guex "Bettler"), erst Spott-, dann Ehrennahme für den gegen die spanische Herrschaft in den Niederlanden gerichteten Adelsbund von 1566. Die "Wassergeusen" eröffneten 1572 den Freiheitskampf (Einnahme von Briel). Die niederländischen Freiheitskämpfer, die erklärte Calvinisten waren, leiteten ihr Widerstandsrecht gegen die religiöse Unterdrückung eindeutig von den Lehren Calvins ab. Schutz und Beistand suchten sie bei Gott, dessen Namen JEHOVA sie vielfältig gebrauchten.

Der Begriff Geusen leitet sich aus dem französischen Wort geux - Bettler - ab. Nach zeitgenössischer Darstellung hat diese Bezeichnung ihren Ursprung aus der Übergabe einer Bittschrift des niederländischen Adels 1566 (Adelskompromiss von Breda) an die von Spanien als Statthalterin eingesetzte Margarete von Parma. Graf von Barlaimont soll ihr ins Ohr geflüstert haben: "Sie solle sich nicht vor einem Haufen Bettler (geux) fürchten". Dieser Haufen bestand damals aus zweihundert Berittenen, die friedlich in Brüssel einzogen, um die Bittschrift zu übergeben. Ihre Zahl sollte sich im Verlaufe der Verhandlungen noch auf bis zu vierhundert erhöhen.

Die weitgehend positive Annahme der Forderungen des niederländischen Adels von Margarete und ihr Versprechen, das Edikt an König Philipp von Spanien weiterzuleiten, versetzten die Freiheitskämpfer in gehobene Stimmung, die auch in Freudenfesten zum Ausdruck kam. Während eines solchen Festes wurde die Bezeichnung Geusen für die im Freiheitskampf verbündeten Mitglieder von den Versammelten übernommen. Hierbei anwesend waren auch Wilhelm I. von Oranien sowie die Grafen von Egmont und Hoorn.

Als sichtbares Zeichen des Bundes trugen die Mitglieder, während sie in Brüssel verweilten, graue Bettlergewänder. Aus Solidarität und Ausdruck des passiven Widerstands trugen auch viele Bewohner Brüssels eine zeitlang solche Bettlerkleidung.

Die sieben vereinigten Nordprovinzen der Niederlande begannen also um 1574 damit, den Gottesnamen in Form des hebräischen Tetragramms auf kleine Kupfer- oder Silbermünzen ohne festen Wert zu drucken - auf die Jetons, die (wie könnte es anders sein?) auf politische Ereignisse geprägt und unter das Volk geworfen wurden; daher die alternative Bezeichnung "Auswurfmünzen". Sie waren kein kurantes Zahlungsmittel, sondern eher kleine Medaillen - eine denkbar einfache Urform zielgerichteter Manipulation der öffentlichen Meinung, wie sie uns heute, von Werbestrategen bis zur Vollendung verfeinert, auf Schritt und Tritt begegnet.

Einen Haken hatte die Strategie natürlich: Die Zielgruppe dieses Legitimationsnachweises war das einfache Volk - und die Buben und Bauern auf der Straße wussten mit den hebräischen Schriftzeichen nichts anzufangen. Doch dieses Problem war rasch gelöst: Schon für 1577 ist erstmals die Prägung des Gottesnamens in lateinischen, also allgemein verständlichen Buchstaben belegt, was allen klar machte, wer in Wirklichkeit hinter der Reformation steckte - zumindest nach bescheidenem Ermessen der Reformatoren.


Nr. 6: Niederlande, Dordrecht, Kupferjeton von 1574.   Ø 30,4 mm, 6,3 g.

Nebeneffekt dieses politisch-religiös motivierten Legitimationsbemühens war, dass der Gottesname im 16. Jahrhundert in den Niederlanden immer bekannter wurde.


Nr. 7: König Karl IX. (1599-1611), schwedischer Taler von 1603, Jehovataler.
Ø 44 mm, 29,05 g.   SM 10; Dav.4510; Slg.Hagander 50.
Vs.: Über dem gekrönten Wappen von Schweden die Büste Karls IX. mit erhobener rechter Hand nach links sehend, umgeben von einer inneren und äußeren Umschrift. Die innere lautet: DEVS SOLATIVM MEVM (Gott ist mein Trost). Die äußere lautet: CAROLUS D:G HAERE(DITARIUS) PRIN(SEPS) SVECIAE (Karl, von Gottes Gnaden Erbfürst von Schweden).
Rs.: Im flammenden Kreis, der Name Gottes in hebräischen Schriftzeichen JHWH, umher zwei Umschriften. Außenkreis: *FORTITVDO*MEA JEHOVA* (Jehova ist meine Stärke) 1603 (Prägejahr). Innenkreis: *MONETA*NOVA*STOCHOLM, was Neues Geld aus Stockholm bedeutet.

Etwa zur gleichen Zeit, um 1580, studierte der schwedische Herzog Karl von Södermanland an der Universität in Heidelberg Theologie. An der theologischen Fakultät, die sich zu einer Hochburg des Calvinismus gemausert hatte, war es täglicher Usus, den Namen Gottes zu gebrauchen. Als Herzog Karl, solchermaßen calvinistisch geprägt, nach Schweden zurückkehrte, fühlte er sich berufen, militärisch gegen seinen Neffen Sigismund, König von Polen und Schweden, vorzugehen, um eine Rekatholisierung Schwedens abzuwehren. Er selbst stieg bei dieser Gelegenheit zum Monarchen auf und ging als König Karl IX. von Schweden in die Geschichte ein.

Kraft seiner Autorität als König kontrollierte Karl IX. nun auch das schwedische Münzwesen und ließ getreu seiner Heidelberger Erziehung auf seinen Münzen den Namen Gottes prägen: ab 1598 das Tetragramm, ab 1600 den Text FORTITUDO MEA JEHOVA und ab 1604 seine persönliche Maxime JEHOVAH SOLATIUM MEUM. So gelangte der Name Gottes auf kurantes Geld und in die Köpfe all derer, die es gebrauchten.

Doch gab sich Karl IX. damit keineswegs zufrieden. Um seiner religiösen Überzeugung Ausdruck zu verleihen und seinem Geschlecht, dem der Wasa, eine Bindung über die familiäre hinaus zu stiften, gründete er 1606 den Jehovaorden - keinen Ritterorden, wie die Könige sie zu ihrem Schutz und öffentlichen Prunk gründeten, sondern einen Familienorden, dem König Karl IX. persönlich als Haustheologe vorstand. Äußeres Zeichen der Zugehörigkeit zum Jehovaorden war die Jehovakette, die den Blick des Betrachters auf ein mit Edelsteinen besetztes und mit dem Namen Jehova geprägtes Medaillon lenkte. König Karl und seine Söhne Gustav und Filipp trugen die Jehovakette sowohl im öffentlichen Gepränge als auch beim Besuch der Gottesdienste.


Nr. 8: König Karl IX. sein JEHOVAORDEN, Details der Ordenskette mit dem Medaillon.
Historisches Museum Stockholm.

Gustav, der schließlich seinem Vater als König Gustav II. Adolf auf Schwedens Thron folgte, wuchs also in diesem religiös geprägten Umfeld auf. Daher gebrauchte der tiefgläubige Monarch den Namen Jehova ganz ungezwungen im täglichen Leben.

Im Jahr 1630 - der Dreißigjährige Krieg war in vollem Gange - segelte die schwedische Flotte unter Gustav Adolfs persönlichem Befehl nach Pommern und ging in Deutschland an Land. Er griff zugunsten der Protestanten in den Krieg ein und brachte den kaiserlichen Heeren unter Tilly eine vernichtende Niederlage bei. Damit rettete er den schwer bedrängten und bereits verloren geglaubten deutschen Protestantismus.

Ganz Norddeutschland wurde damals mit einem Schlag vom Katholizismus befreit. Die kaiserliche Niederlage war so umfassend, dass sich dies nicht mehr umkehren ließ. Weitere große Teile Deutschlands gerieten überdies vorübergehend unter schwedische Besetzung - und Gustav Adolf erlangte damit in den okkupierten Gebieten auch die Kontrolle über das Münzwesen. Ob in Fürth, Erfurt, Mainz oder Würzburg - um nur einige der besetzten Städte zu nennen - überall wurde schwedisches Geld auf die schwedische Art geprägt: mit dem Gottesnamen.


Nr. 9: Gustav II. Adolf, König von Schweden, Würzburg unter schwedischer Besetzung, 1631-1634,
Taler von 1632.   Ø 43,1 mm, 22,2 g.   Dav.4560, SB 9b.


Nr. 10: Karl X., König von Schweden, schwedisches Herzogtum Bremen-Verden, 1648-1660.
4 Mark 1660,   Ø 42,1 mm, ca. 30 g.   Dav.321, SB 7a.
Die Umschrift gibt den Wahlspruch des Königs wieder: IN IEHOVA SORS MEA IPSE FACIET (Meine Wege seien Jehova befohlen, er wird's wohl machen, Psalm 37,5)

Andere europäische Staaten griffen die neuen Münzbilder, die sich immer größerer Popularität erfreuten, auf und prägten nun zahlreiche Gedenktaler und -medaillen mit dem Gottesnamen - nicht nur auf Gustav Adolfs überraschenden Sieg, sondern mit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges auch auf den Westfälischen Frieden. Jehovataler und -münzen waren inzwischen in weiten Teilen Europas verbreitet, und mit ihnen wurde auch der Name Gottes wohlbekannt.


Nr. 11: Berner Taler von 1679, auch Patacon, Patagon oder Bärentaler genannt.
Ø 42 mm, 27,78 g.   Divo-Tobler 1133; Divo 41a.
Rs.: BENEDICTVS.SIT.IEHOVA.DEVS.1679. (Gepriesen sei Jehova Gott).
Acht ineinander verschlungene B bilden ein Kreuz, fünfzackiger Sternes in der viereckigen Mitte.


Nr. 12: Dänemark, König Christian IV. (1588-1648), 16 Skillingvon 1644.   Ø 28 mm, 5,4 g.
Rs.: IUSTUS JHWH IUDEX (Jehova, der gerechte Richter).

In Deutschland bestand nach der Ratifizierung des Westfälischen Friedens die bis dahin in Europa einzigartige Situation, dass drei gesetzlich geschützte Konfessionen nebeneinander existierten. Damit war das deutsche Volk das erste in Europa, das - wenn auch durch Kriegserschöpfung dazu gezwungen - Toleranz zu lernen begann, die schließlich in einem in Glaubensfragen zurückhaltenden politischen System ihren Ausdruck fand.

Deutschland war verwüstet und wurde wiederaufgebaut. Mit den vielen denkwürdigen Einweihungen und Wiedereröffnungen gelangte der Gottesname nicht nur auf viele Städtetaler, sondern wurde auch Bestandteil der sakralen künstlerischen Darstellungen in zahlreichen Kirchen.

Das 17. Jahrhundert war mit etwa 1000 verschiedenen, mit dem Gottesnamen versehenen Talern, Münzen und Medaillen das Jahrhundert des Jehovatalers - der als Inbegriff des religiösen Bewusstseins einer ganzen Ära in die Geschichte einging.


Nr. 13: Holmenkirche in Kopenhagen. Sie wurde in den Jahren 1619-20 als Marinekirche errichtet und ist das älteste königliche Renaissancegebäude Kopenhagens. Auf dem Königsportal sind die vier hebräischen Buchstaben JHWH des Namens Gottes angebracht.



Die hebräischen Schriftzeichen identifizieren

Zum Schluss stellt sich uns noch die Frage: Wie wird der Gottesname korrekt ausgesprochen?

Betrachten wir einige Beispiele, die uns helfen, die verschiedenen Schreibweisen zu verstehen.


Nr. 14: Niederlande, Dordrecht, Kupferjeton 1576.   Ø 30 mm 6,95 g.


Nr. 15: Niederlande, Dordrecht, Silberjeton 1586.   Ø 30 mm 5,60 g.

Auf beiden Jetons ist der Name Gottes in Form des hebräischen Tetragramms geprägt. Diese hebräische Quadratschrift wurde etwa bis zum 7., 8. Jahrhundert n. Chr. ohne Vokalisation geschrieben und die Aussprache wurde mündlich weitergegeben, doch ist die genaue Aussprache des Tetragramms verloren gegangen. Der Versuch, durch Berücksichtigung der transliterierten Konsonanten JHWH und Zufügung gewählter Vokale die Aussprache wieder herzustellen, kann nur unvollkommen ausgehen. Ob zwei oder drei Vokale gebraucht werden, die Möglichkeiten sind zu vielfältig. Das Ergebnis kann sowohl "Jahwe(h)" (Jahve) wie auch "Jehowa(h)" (Jehova) oder ähnlich lauten.

In den Niederlanden, von denen die Verbreitung des Gottesnamens "Jehova(h)" über Europa, besonders durch die Numismatik, ausging, ist seit Jahrzehnten eine Abkehr von dieser Namensform zu beobachten und es wird jetzt die Form "Jahve" bevorzugt. Das geht sogar so weit, dass einige Numismatiker, wenn sie einen "Jehovataler" in der Hand haben auf dem der Name "Jehova(h)" steht, von "Jahve" sprechen.

Dabei kann sich die Numismatik einer Tatsache rühmen, die ihr kaum bekannt und bewusst sein wird, dass sie die einzige Hilfswissenschaft der Geschichte ist, die seit Aufkommen der Jehovamünzen und besonders der Jehovataler im 16. und 17. Jahrhundert die Namensform "Jehova(h)" nicht nur gebraucht sondern auch über Jahrhunderte bewahrt hat. Während in neuzeitlichen Kirchendekorationen, Bibelübersetzungen, allgemeiner Literatur, ja, und selbst in neuen Enzyklopädien dieser Name, egal in welcher Schreibform auch, fast nicht mehr erscheint, ist er seit seines Aufkommens bis in die gegenwärtige Zeit in den heutigen aktuellen numismatischen Auktionskatalogen zu finden. Obwohl auch hier langsam eine Tendenz zu erkennen ist, ihn nicht mehr zu erwähnen. Doch gemäß meinen Beobachtungen ist das einer gewissen Unsicherheit über die heutige richtige Schreibweise zuzuordnen.


Nr. 16: Deutschland, Mainz (früher Erfurt), Gustav II. Adolf von Schweden
10 Dukaten auf seinen Sieg bei Breitenfeld 1631.   Ø 42 mm, 34,84 g.   Slg.Hagander Nr.113


Nr. 17: Deutschland, Erfurt, Gustav II. Adolf von Schweden
10 Dukaten auf den Jahrestag seines Sieges bei Breitenfeld, "Purimdukat".   Ø 42 mm, 34,82 g.   Slg. Hagander Nr. 97

Die Prägung dieser beiden Golddukaten wird durch den strahlenden Gottesnamen dominiert. Die Vokalisation der hebräischen Schrift, besonders durch das System der Massoretenschule Tiberias am Galiläischen Meer unter der Familie Ascher, fand im 11. Jahrhundert n. Chr. ihren Höhepunkt und mit dem Codex Leningradensis B 19A einen großartigen Abschluss. Wenn Gelehrte, Hebraisten, diesen Codex lesen, ergibt das nur dann einen Sinn, wenn sie Wort für Wort die angegebene Vokalisation berücksichtigen und nicht verändern.

Auf beiden Dukaten ist das Tetragramm gemäß der massoretischen Vokalisation mit e (zwei Punkte), o (ein Punkt, oben) und a (zwei Striche zum T geschrieben, unten, eigentlich sind es zwei Punkte und einer in der Mitte darunter, aber in der Schnelligkeit der Schreibweise werden sie einfach zu einer Strichkombination gemacht) punktiert. Soll dieses so dargestellte Tetragramm unverfälscht wiedergegeben werden, so ist es durch die Vokalisation auf "Jehowah" (Jehovah) festgelegt.


Nr. 18: Medaille von 1632 auf den Tod des Schwedenkönigs Gustav II. Adolf in der Schlacht bei Lützen am 6. November, Silber, Ø 41 mm.


Berühre die Abbildung, um die Rückseite zu sehen.
Nr. 19: Medaille von auf den Tod des Schwedenkönigs Gustav II. Adolf und Überführung seine Leiche nach Stockholm 1634, Ø 78 mm.

Bei genauerer Betrachtung ist zu erkennen, dass das Tetragramm auf der letzten Medaiile falsch dargestellt ist, denn es besteht transliteriert aus den Konsonanten WHWH. In beiden Darstellungen begnügt sich die Vokalisation oben auf ein o und unten auf ein a. Richtig wiedergegeben lautet der Name Gottes in dieser Punktation "Jhowah" (Jova).

...

Zusammenfassend können wir sagen, dass die Numismatik einen wesentlichen Beitrag zur Bewahrung und Verbreitung des Gottesnamen geleistet hat.


Weitere Publikationen des Verfassers (jehovataler.de):
• Der Name Gottes auf Münzen, Talern und Medaillen, 203 Seiten, 125 Bilder, 2004
• The Name Jehovah at the Time of the European Reformation, 842 Seiten, 676 Bilder, 2011, lieferbar.

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