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Brandenburg-Preussen

Graf L. Caldegari
in: money trend 12/1979, S.12.

Es gehört zu den Launen der Geschichte, dass die Preussen ihren Namen nach einem Volksstamm tragen, der weder deutsch noch germanisch war, und der Staat Preussen, das Kernland des Reiches von 1871, nur dadurch entstehen konnte, dass er seinen Ausgang ausserhalb der Reichsgrenzen nahm.
Die Pruzzen östlich der Weichsel waren ein baltischer Volksstamm, zwischen Germanen und Slawen stehend. Noch um 1200 beteten sie ihre heidnischen Naturgötter an und beunruhigten die weiter südlich wohnenden, bereits zum Christentum bekehrten Polen.
1226 rief Herzog Konrad von Masowien den Deutschen Orden unter seinem Hochmeister Hermann von Salza zu Hilfe. Der "Orden des Spitals St.Marien vom Deutschen Hause" war Ende des 12. Jahrhunderts in Palästina als Bruderschaft zur Pflege erkrankter und verwundeter Kreuzfahrer gegründet, bald jedoch in einen vom Papst bestätigten Ritterorden verwandelt worden; in den folgenden Jahrhunderten hat so gut wie jedes deutsche Adelsgeschlecht Angehörige im Deutschen Orden gehabt.
Hermann von Salza erreichte, dass Konrad von Masowien dem Orden als Vorausgabe für die zu leistende militärische Unterstützung das Land im Weichselknie (Kulmer Land) überliess. Von dort aus drangen die Kreuzritter, wie man die Ordensangehörigen wegen ihres weissen Mantels mit schwarzem Kreuz nannte, gleichzeitig nach Norden und Osten vor und unterwarfen bis 1283 nacheinander die einzelnen pruzzischen Stammesgruppen.
Auch nach der Konsolidierung ihrer Territorialmacht gaben die Kreuzritter ihren aggressiven Drang nach Osten nicht auf. Polen und Litauen vereinigten sich und fügten dem Orden 1410 in der Schlacht bei Tannenberg eine vernichtende Niederlage zu. Im Jahre 1440 schlossen sich Städte und Adel zur Vertretung ihrer Standesinteressen gegen die Ordensherrschaft zum "Preussischen Bund" zusammen, der eine Art ständische Nebenregierung bildete und den König von Polen gegen den Hochmeister anrief.
Im Ergebnis des 13jähdgen Krieges musste der Orden 1466 Westpreussen und das Ermland an Polen abtreten, Ostpreussen geriet unter polnische Lehenshoheit. Damit war das Ordensland aus dem Deutschen Reich wieder ausgeschieden. 1510 wurde der Markgraf Albrecht von Brandenburg-Ansbach aus der fränkischen Linie der Hohenzollern zum Hochmeister des Ordens gewählt. Seine Bemühungen, das Reich für die Schicksale des Ordens stärker zu interessieren, blieben ohne Erfolg. Martin Luther, den Albrecht auf der Durchreise im September 1523 in Wittenberg besuchte, gab ihm den Rat, das Ordensland zu säkularisieren und in ein erbliches Herzogtum umzuwandeln. Albrecht befolgte den Rat und trat zum Protestantismus über, der in Preussen bereits zahlreiche Anhänger gefunden hatte. Im Vertrag von Krakau 1525 wurde die polnische Lehenshoheit anerkannt, und Albrecht wurde dafür vom polnischen König als Herzog in Preussen bestätigt.

1618 nach dem Tode des letzten Herzogs konnte dann Brandenburg das Preussenland auf dem Wege der Erbschaft als Lehen der Krone Polen übernehmen.
Hatten an der Weichsel die Ritter des Deutschen Ordens im weissen Ordensgewand mit schwarzem Brustkreuz den Christianisierungsauftrag vollzogen, so waren es in dem kargen und armen Brandenburg - "des Heiligen Römischen Reiches Streusandbüchse" - die Zisterziensermönche, ebenfalls im weissen Ordenskleid mit schwarzem Gurt und dem schwarzen Skapulier. Das Schwarz und Weiss beider Orden ist deshalb auch die Farbe Preussens geworden.
Fast zwei Jahrhunderte hatten die Askanier in der Mark geherrscht und die Markgrafschaft weit über Brandenburgs ursprüngliche Grenzen hinaus ausgedehnt. Es folgten ihnen Markgrafen aus den Häusern Bayern und Luxemburg. Diese kümmerten sich wenig um märkische Lebensbedürfnisse. Das Land geriet buchstäblich unter die Raubritter.
1411 wurde der Burggraf Friedrich VI. von Nürnberg aus dem Hause Hohenzollern zum Stadthalter ernannt. Die Hohenzollern waren eigentlich in Schwaben beheimatet und durch Belehnung seit dem Ende des 12. Jahrhunderts Burggrafen von Nürnberg. Nach der Übertragung der Kurfürstenwürde (1415) folgte die Belehnung im April 1417 durch den Kaiser Sigismund als Friedrich I., Markgraf und Kurfürst von Brandenburg.
Sein Sohn Friedrich II. (1440 bis 1470) fasste den Plan, an der Spree eine fürstliche Burg anzulegen, und es kam zu dem sogenannten "Berliner Umwillen", einem offenen Aufruhr der Bürgerschaft. Doch der Kurfürst konnte sich in einem Vergleich mit den Städten Berlin und Cölln vermehrte Rechte sichern.
Im Jahre 1473 war durch Albrecht Achilles (1470-1486) ein Hausgesetz über die Erbfolge in Brandenburg erlassen worden, welches bestimmte, dass die fränkischen Lande in zwei Markgrafschaften aufgeteilt werden sollten, Ansbach und Bayreuth, während die Mark Brandenburg für unteilbar erklärt wurde.
Die Reformation ist im Einverständnis mit den Ständen, die eine Art Mitregierung ausübten, erst unter Joachim II. (1536-1571) in den Marken eingeführt worden.
Während des Dreissigjährigen Krieges hatte Kurfürst Georg Wilhelm (1619-1640) neutral bleiben wollen, sich dann dem Kaiser angeschlossen. Brandenburg zählte bei Kriegsende zu den am meisten verwüsteten Gebieten Deutschlands.
Im Frieden von Oliva, mit dem der Schwedisch-Polnische Krieg endete, erreichte Friedrich Wilhelm (1640-1688) nach zweimaligem Parteiwechsel die Befreiung Ostpreussens von der polnischen Lehenshoheit.
Nach der siegreichen Schlacht bei Fehrbellin (1675) über die auf Veranlassung Frankreichs in die Mark Brandenburg eingefallenen Schweden bekam Friedrich Wilhelm den Beinamen "Grosser Kurfürst".
In seinen Landen hatte er viele Tausende von Hugenotten, Juden, Waldenser und Salzburger aufgenommen und grosszügig gefördert.
Sein Sohn Friedrich III. (1688-1713) erhielt gegen das Versprechen einer Teilnahme am spanischen Erbfolgekrieg und Unterstützung des Hauses Habsburg bei der Kaiserwahl die kaiserliche Zustimmung zur Erhebung des Herzogtums Preussen zum Königreich. Solange Westpreussen noch zu Polen gehörte, konnte Friedrich sich nicht König von, sondern nur König in Preussen nennen.
Von Ostpreussen her gesehen, bedeutete der 18. Januar 1701 die Konsequenz aus der Entscheidung von 1525, nach Pruzzenzeit und Ordensstaat eine neue Ära in der Landesgeschichte, die Vollendung durch das "Churhaus Brandenburg". Der tags zuvor gestiftete Orden vom Schwarzen Adler sollte mit seinen stark geistlich bestimmten Statuten offenbar den Anschluss an die Tradition des Ordensstaates versinnbildlichen.
Die Vorgänge in Königsberg 1701 und in Versailles 1871 sind von unterschiedlicher historischer Bedeutung, aber sie werden durch einige bemerkenswerte Züge vergleichbar. Es fällt auf, dass das preussische Königtum nicht in der Residenz der brandenburgischen Kurfürsten an der Spree, sondern in einer Stadt ausserhalb der Grenzen des Reiches begründet wurde, ebenso wie die Proklamation des preussischen Königs zum Deutschen Kaiser nicht in der preussischen Hauptstadt oder in einer anderen deutschen Stadt vorgenommen wurde, sondern im besetzten Frankreich.



Literatur:
Hubatsch W.: Hohenzollern in der deutschen Geschichte
Carsten F.L.: Entstehung Preussens
Schoeps H.J.: Preussen
Dietrich R.: Kleine Geschichte Preussens


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